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Stellungnahme des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Trupbach-Seelbach zu der Hauptvorlage „Familien heute“

Wir begrüßen es, dass die Evangelische Kirche von Westfalen gemeinsam mit der Lippischen Landeskirche das Thema „Familie“ aufgreift. Es ist ein wichtiges Thema, das viele Menschen in den Gemeinden ganz unmittelbar betrifft. Vielfach begegnen uns an dieser Stelle große Unsicherheiten und schmerzhafte Erfahrungen. Die Vorlage enthält einige Aspekte zu diesem Thema, die hilfreich und weiterführend sind:

– Es wird an mehreren Stellen die Bedeutung der Familie hervorgehoben und gewürdigt, dass in Familien viel geleistet wird (S.17; 22; 45). Dem kann nur zugestimmt werden.

– Seelsorgerlich von Bedeutung ist der Hinweis, dass in der Bibel in realistischer Weise auch von Belastungen und Problemen in Familien berichtet wird (S.29).

– Dass die Relativierung der „biologischen“ Familie durch die Nachfolge erwähnt wird (S.32) trägt dazu bei, die Familie nicht zu überschätzen und macht deutlich, dass die Gemeinde als geistliche Gemeinschaft ein Ort ist, wo auch Menschen ein Zuhause haben können, die nicht in einer Familie leben oder unter familiären Schwierigkeiten zu leiden haben.

– Insbesondere angesichts sinkender Geburtenraten ist es von großer Bedeutung, hervorzuheben, dass Kinder ein Ausdruck des Segens Gottes sind (S.35-36).

– Zu begrüßen ist auch, dass nach der Vorlage die „Weitergabe der Glaubenserfahrung und Glaubenstradition“ eine „wesentliche Funktion der Familie in biblischer Sicht“ ist (S.36).

– Für uns als Gemeinde ist der Anstoß weiterführend, Familien in besonderer Weise zu begleiten und konkrete Hilfen anzubieten (S.48; 53-54).

– Als wichtigen Aspekt sehen wir die Verbindung zwischen Gemeinden und funktionalen Diensten an (S.50). Eine Voraussetzung hierfür ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Diensten selbst einen persönlichen Bezug zu christlichen Glauben und  zur Gemeinde haben.

– Interessant ist auch der Hinweis, dass heute oft Kinder ihre Eltern „lehren“, z.B. indem sie zuhause beten möchten (S.53). Dies unterstreicht die Chancen und die Wichtigkeit kirchlicher Arbeit mit Kindern.

– Schließlich fällt wohltuend auf, dass die Ausführungen immer wieder durch illustrierte Bibelworte unterbrochen werden (so z.B. S.12; 15; 19-20).

Neben den genannten positiven Aspekten ist an einigen Stellen aber auch deutliche Kritik anzubringen:

– Zunächst ist das Bibelverständnis, das sich in der Vorlage spiegelt, kritisch zu hinterfragen. Es werden z.B. die „Zentralbotschaft“ der Bibel und die biblischen Aussagen zu Ehe und Scheidung gegeneinander ausgespielt, indem gefordert wird, dass „einzelne Aussagen oder gar Vorschriften und Ermahnungen“ zu korrigieren sind, wenn sie der „Zentralbotschaft nach heutiger Auffassung widersprechen“ (S.35). Hier wird der Beliebigkeit Tor und Tür geöffnet. Denn dadurch werden die biblischen Gebote von einer zeitbedingten Interpretation abhängig gemacht und verlieren so ihre Verbindlichkeit. Dementsprechend werden die „Haustafeln“ (Kol 3, 18-4,1; Eph 5,22-6,9) als „Anpassung an die geltende Ethik“ abgewertet (S.32). Die Vorlage wird somit nicht den Grundartikeln der KO gerecht, nach denen die EKvW „auf das Evangelium von Jesus  Christus“ gegründet ist und das Zeugnis der Heiligen Schrift die „alleinige und vollkommene Richtschnur des Glaubens, der Lehre und des Lebens“ ist.

 – Dass sich die Vorlage nicht eindeutig an der Heiligen Schrift orientiert, führt dazu, dass sie keine Orientierung geben kann, sondern lediglich verschiedene Argumente und Verständnisweisen nebeneinander stellt (so z.B. S.39-40; vgl. auch S.68-75). Die Chance, vom Wort Gottes her Menschen zu helfen, die Gebote Gottes als hilfreiche „Leitplanken“ für ein gelingendes Leben neu zu entdecken, wird vertan. Die Vorlage trägt somit zum zunehmenden Werteverfall bei. Außerdem fördert sie den Pluralismus in der Kirche anstatt zu einer gemeinsamen Sicht einzuladen.

– Die fehlende Orientierung an der Bibel führt auch zu Aussagen, die dem biblischen Zeugnis eindeutig widersprechen: Es wird z.B. die Behauptung aufgestellt, dass es in Bezug auf die Familie nach den Geboten Gottes keine „vorgegebenen institutionellen Formen“ gibt (S.33). Dabei wird in der Bibel deutlich gemacht, dass ein Mann jeweils eine Frau heiraten soll (1.Kor 7,2+9). Weiterhin werden Verhaltensweisen, die in der Bibel eindeutig abgelehnt werden (z.B. homosexuelle Lebensgemeinschaften, vgl. hierzu z.B. Röm 1,27f, und Ehescheidung, vgl. hierzu z.B. Mk 10,9; 1.Kor 7,10f) als für Christen mögliche Optionen dargestellt (zu homosexuellen Lebensgemeinschaften S.35: „die Polarität von Mann und Frau kann … durch andere Gemeinschaftsformen ‚ersetzt’ werden“, vgl. auch S.71: Gleichgeschlechtliche Paare werden nicht in Frage gestellt, zur Ehescheidung S.35: Gottesdienstliche Handlung anlässlich einer Scheidung).

 – Uns ist bewusst, dass in der EKvW in der Frage der Beurteilung von homosexuellen Lebensgemeinschaften ein Dissens besteht. Dieser hätte in der Vorlage zumindest offen benannt werden müssen. Einer fairen Diskussion zuwider läuft, dass eine Anerkennung dieser Lebensform „zwischen den Zeilen“ vorausgesetzt wird und so eine Manipulation der Leserinnen und Leser erfolgt. So werden z.B. schon im Vorwort gleichgeschlechtliche Paare unter dem Begriff „Familie“ subsumiert. Wenn es dann im nächsten Abschnitt heißt, dass Familien „Anerkennung und Unterstützung“ verdienen, gilt das indirekt auch für gleichgeschlechtliche Paare (S.3; vgl. auch S.42: „Wie lassen sich die vielfältigen Formen begleiten und unterstützen,…?“). Wir, die wir hier eine andere Position vertreten, werden damit schon von Anfang an ausgegrenzt und nicht ernst genommen.

– Problematisch sind schließlich einzelne Aussagen in Bezug auf die Wahrnehmung von Familien und die Themen der Familienpolitik. Dass Erziehungsprobleme und Privatinsolvenzen nicht auf individuelle Probleme, sondern auf strukturelle Rahmenbedingungen oder Krankheiten zurückzuführen sind (so S.21), ist zumindest einseitig. Durch das Argument, dass durch das Betreuungsgeld Kindern unter drei Jahren „wichtige Fördermöglichkeiten“ entzogen werden könnten (S.69), wird unterstellt, dass Kinder in Kindertageseinrichtungen im Regelfall besser gefördert werden als bei den Eltern. Dies ist ebenfalls kritisch zu betrachten, auch wenn im Einzelfall eine Kindertageseinrichtung sicher die bessere Alternative ist. Zu fragen wäre auch, ob hier nicht eine Diskriminierung von Familien stattfindet, die von Armut betroffen sind, da das Argument ausdrücklich auf  diese Familien bezogen wird. Es ergibt sich, dass die Hauptvorlage „Familien heute“ zwar einige hilfreiche Anregungen enthält, insgesamt aber nicht zu einer Klärung von offenen Fragen im biblischen Sinne beiträgt. Sie verstärkt stattdessen die Profillosigkeit und die „Selbstsäkularisierung“ (Wolfgang Huber) der Evangelischen Kirche und macht es uns als Gemeinde schwerer, Menschen für ein Leben in der Nachfolge Jesu zu gewinnen und darin zu stärken.

Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Trupbach-Seelbach

P.S.: Die Hauptvorlage „Familien heute“ findet sich hier [1].