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Zur Gesetzesinitiative von MdB Volker Beck zum Verbot von sog. Konversionstherapien für Minderjährige

Antworten auf Fragen von idea

1.) Wie beurteilt Wüstenstrom den Vorstoß von Volker Beck?

Volker Beck‘s Vorstoß muss sehr ernst genommen werden, da wir heute eine gesellschaftliche Situation haben, in der Menschen ungeprüft den von Beck dargestellten Annahmen folgen. Dabei werden folgende Punkte leicht übersehen: Homosexualität ist nicht angeboren: Volker Beck legt mit seinem Entwurf nahe, dass es Menschen gäbe, bei denen Homosexualität angeboren oder zum Persönlichkeitskern der Person gehöre. Er unterschlägt dabei wissentlich oder unwissentlich Fakten, die in den Sexualwissenschaften gegen diese Annahme ins Feld geführt werden. So wird innerhalb der Sexualwissenschaft die Entwicklung von Sexualität und von sexuellen Präferenzen in einen komplexen Prozess von Sexualisation, d.h. von psychischer Bedingtheit, von Erziehung, von kulturellen Einflüssen, gestellt. Ebenso wird anerkannt, dass Menschen in ihrer sexuellen Orientierung oft weniger fixiert seien, als das allgemein behauptet wird. (Anm. 1)

2.) Homosexualität und Krankheit

Immer wieder stellt Volker Beck fest, dass bestimmte Oganisationen jeden homosexuellen Menschen per se als einen Kranken sehen würden. Dabei geht Volker Beck regelmäßig von einem eingeschränkten Krankheitsbegriff aus, den es so vor allem im Bereich von Psychopathologie nicht gibt. Denn als behandlungsbedürftig wird gerade im Bereich von Sexualität heute häufig nur noch das definiert, worunter ein Betroffener subjektiv leidet. Solche Formen des Leidens an der Sexualität werden als „ich-dyston“ bezeichnet. Genau solche Menschen bieten wir unsere Hilfe an. Zwar betont Volker Beck, dass er Therapie gerade für solche Menschen nicht verbieten lassen will, was einen Widerspruch deshalb darstellt, weil er sich explizit auf unsere Organisation oder auf das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft bezieht. Damit unterstellt er uns nachhaltig, trotz unserer öffentlichen Erklärungen in dieser Sache, dass wir uns unseriös in das Leben von Menschen einmischen würden, Therapie oder Beratung aufdrängen würden und Menschen manipulieren. Diesen impliziten Vorwurf weisen wir zurück.

3.) Schädlichkeit von Therapien

Immer wieder hat uns Volker Beck in den letzten Jahren unterstellt, wir würden Menschen durch unsere Therapien schaden. Er selbst bezieht sich dabei auf eine Untersuchung, die nach seinen eigenen Angaben in den 70er und 80er Jahren praktiziert wurden. Auf die neueren Entwicklungen, auf denen auch unsere Form der Beratung aufruht, bezieht er sich nicht. D.h. Volker Beck rekurriert auf Behandlungsmethoden wie Elektroschock Behandlung, Lobotomie oder Eisbäder, die heute jeder einhellig ablehnt. Solche unethischen Behandlungsmethoden gehen davon aus, dass man Sexualität „abtrainieren“ oder „umpolen“ kann. Wir dagegen sagen seit Jahren, dass eine sexuelle Orientierung selbst nicht direkt therapiert oder behandelt werden kann. Da Menschen über die Sexualität immer wieder innerpsychische Konflikte zu bewältigen Versuchen, kann eine sinnvolle Beratung nur dort einsetzen, wo ein Mensch einen solchen Zusammenhang bei sich entdeckt. Allerdings obliegt das der freien Entscheidung eines Menschen und nicht der Entscheidung eines Beraters oder Psychotherapeuten. Letztlich suggeriert Beck aber in der Begründung des Gesetzes und durch die Bezugnahme auf unsere Organisation, wir würden Eisbäderverabreichen, umpolen und eben keine einsichtsbestimmte Beratung durchführen.

4.) Beck greift in das Recht der freien Entwicklung von Sexualität bei Jugendlichen ein

Gerade die Sexualwissenschaft, die heute von einer Plastizität der Sexualität spricht, lehnt eine Begrenzung der Sexualität biologische Anlagen ab. Wenn Beck Therapiemöglichkeiten von Jugendlichen im Bereich der Homosexualität einschränken will, dann greift er in Elternrechte ein und gleichzeitig in die Entscheidungsfreiheit von Jugendlichen. Gleichzeitig wird ein Trend, der heute schon in Schulen Wurzeln geschlagen hat, verstärkt: An den Schulen wird nur noch die Sicht von Homosexualität wie sie von der Schwulen- und Lesbenbewegung verstanden werden will, gelehrt. Da sich nach Forschungsstand aber Sexualität immer weiter pluralisiert, gehört es zur Erziehung, Kindern und Jugendlichen nicht Informationen vorzuenthalten, sondern Kinder und Jugendliche zuzutrauen, sich mit unterschiedlichen Informationen zum Thema Homosexualität auseinanderzusetzen, damit sie befähigt werden eine eigene, begründete Meinung zu entwickeln und eine eigene Einsicht in das aufzubauen, was ihre Sexualität ist. Unter dem Deckmantel des Jugendschutzes gefährdet ein solcher Gesetzentwurf Jugendliche und beraubt sie der Entwicklung sexueller Mündigkeit und greift damit zugleich die freie Meinungsbildung an, die Grundlage des Funktionierens einer pluralen Gesellschaft ist.

5.) Alle Menschen haben das Recht zur eigenen Entscheidung

Wir fordern Volker Beck auf, Menschen heute das Recht einzuräumen, über ihre Sexualität selbst zu entscheiden. Immer wieder finden sich in unserer Beratung Jugendliche ein, die nicht vom Elternhaus geschickt wurden, sondern die heimlich zu uns kommen, weil sie mit Fragen ihrer Homosexualität deshalb mit ihren Eltern nicht sprechen können, weil diese sich schon dem Mainstream angepasst haben. Oft erleben wir gerade bei jungen Menschen, dass sie aus der eigenen Selbstbeobachtung erkennen, dass sie Menschen des gleichen Geschlechts nicht deshalb begehren, weil sie homosexuell geboren sind. Vielmehr führt oft das Leiden an der eigenen, unvollkommenen Körperlichkeit dazu, dass sie sich über die Vorstellung von einem idealen Menschen des gleichen Geschlechts angenommen zu werden, stabilisieren. Oder oft stellen sie fest, dass sie Angst haben, nicht von der Gruppe des eigenen Geschlechts sozial angenommen zu sein. Wenn sie sich dann vorstellen, dass sie von einem sozial integrierten Jungen begehrt würden oder mit ihm Sexualität haben könnten, dann löst sich diese Angst für einen Moment auf. D.h. junge Menschen entdecken im Verlauf einer Beratung, dass sie Sexualität einsetzen, auch Homosexualität, um einen Mangel in ihrer Person zu reparieren. Gerade jungen Menschen, die den Wunsch haben, heterosexuell zu empfinden, kann durch Beratung geholfen werden sich mit ihrer Körperlichkeit zu versöhnen oder soziale Ängste zu überwinden. Gelingt dies, dann erleben wir bei ca. 80% solcher Jugendlicher eine Veränderung der sexuellen Orientierung! Würde man diesen Jugendlichen eine Beratung oder Therapie verbieten, dann würde man ihnen das Recht auf ihre freie Entwicklung streitig machen.

6.) Wäre die Arbeit Ihrer Einrichtung davon auch betroffen?

Unsere Einrichtung wird von dieser Entwicklung betroffen sein. Zwar bieten wir psychologische Beratung und Seelsorge und keine Heilbehandlung an, aber Volker Beck impliziert mit diesem Gesetz ja mehr, als was das Gesetz beinhaltet. So soll jede Form von Beratung und Therapie in Sachen Homosexualität, die nicht der affirmativen Therapie entspricht, diskreditiert werden. In der Öffentlichkeit soll die Meinung, dass solche Therapien schädlich sind, weiter vorangetrieben werden, was zu weiteren Ausschlüssen unserer Arbeit aus dem öffentlichen Diskurs führen soll. So werden wir heute schon von Diskussionsprozessen ausgeschlossen, wir werden von Fortbildungen der Jugendhilfe ausgeschlossen, Mitarbeiter erhalten keine Wohnung, weil sie bei Wüstenstrom arbeiten, an Universitäten und Hochschulen müssen Mitarbeiter vor einen Genderausschuss, wenn sie einen Studiengang belegen wollen und wir wurden aufgrund falscher Verleumdungen erst gar nicht ins Diakonische Werk aufgenommen und verschiedene, auch christliche evangelikale Gruppen, distanzieren sich von uns, weil sie vermutlich Angst vor Diskreditierung haben. D.h. bislang war das Bestreben von Volker Beck bereits zielführend, weil er eine gesellschaftliche Legitimation für die Werte und Theorien der Schwulen und Lesbenbewegung anstrebt. Wer diesen Theorien widerspricht, der wird gesellschaftlich geächtet. Daher wird das Vorhaben so oder so Auswirkungen haben und zu weiteren Einschränkungen auf unsere Arbeit führen. So wird mit diesem Gesetz vermutlich auch der Weg zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit für solche Vereine und Organisationen angestrebt, die eine solche Form der Hilfe für Betroffene anbieten. Denn, es kann ja nicht gemeinnützig sein, was per Gesetz unter Strafe gestellt ist! Vor allem aber wird das Gesetz Einfluss auf Rat Suchende haben, die aufgrund dieser öffentlichen Kampagnen sich erst gar nicht aufmachen, ihre sexuelle Orientierung zu hinterfragen oder Zweifeln, die sie in sich hinsichtlich einer solchen Orientierung empfinden, nachzugehen.

Anm. 1 vgl. Gindorf Rolf; Homosexualitäten in der Geschichte der Sexualforschung; erschienen in Gindorf Rolf, Haeberle Erwin D. (Hrsg.); Sexualitäten in unserer Gesellschaft; Berlin, New York 1989; Schetsche, Michael/Schmidt, Renate-Berenike (Hrsg.): Sexuelle Verwahrlosung – Empirische Befunde – Gesellschaftliche Diskurse – Sozialethische Reflexionen: Wiesbaden 2010.

www.wuestenstrom.de [1]