Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Licht am dunklen Ort (2 Petr 1,16-21)

Samstag 1. Dezember 2012 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Jeder, der sich noch nicht hat anstecken lassen von der Freude am prophetischen Wort und von der Freude an der Wiederkunft des HERRN, hat in diesem Abschnitt ein großes Lernstück vor sich. Wer das 1. Kapitel im 2. Petrusbrief richtig versteht, der kann gar nicht anders: Er wird hineingenommen in diese gewaltige Perspektive der Wiederkunft unseres HERRN.

Wir bleiben zunächst beim Zusammenhang. Wichtig sind da vor allem die Verse 3 und 4 des ersten Kapitels. Hier ist die Rede von den „allergrößten Verheißungen“ (μέγιστα ἐπαγγέλματα), die uns gegeben sind. Das ist ein seltenes Wort. Die Bibel ist sehr sparsam mit euphorischen Kundgebungen, aber manchmal setzt sie solche Begriffe besonders gern ein. Paulus liebt diese euphorischen und überdimensionierten Aussagen. Was signalisieren sie? Da muß man genau hinsehen. Es handelt sich im ersten Kapitel in der Tat um die „allergrößten Verheißungen“, die der Gemeinde Jesu gegeben sind.

Natürlich sind alle Verheißungen großartig, aber hier haben wir etwas Besonderes vor uns. Spurgeon hat ein Buch geschrieben, das wir wahrscheinlich alle kennen: „Kleinode göttlicher Verheißungen“. Es würde uns schwer fallen, in diesem Buch zu unterscheiden zwischen großen und allergrößten Verheißungen. Aber wenn wir den Zusammenhang von 2 Petr 1,16-21 betrachten, merken wir schnell, worauf Petrus hinaus will. Er hat eine Offenbarung Christi empfangen, die ihm signalisiert hat, dass er bald heimgerufen wird (1,14). In dieser Perspektive gesehen, ist der zweite Petrusbrief nicht nur ein Brief, sondern ein Testament, und alles wird ganz tiefgründig.

Wenn man die Mitteilung vom HERRN erhalten hat, dass man bald heimgerufen wird, dann konzentriert man sich auf das Wichtigste. Ich hoffe, dass wir alle in unseren letzten Stunden noch so hell im Geiste sind, dass wir uns auf das Wichtigste und letztlich ja auch auf das Schönste bewußt konzentrieren können.

Die allergrößten Verheißungen

Nun gibt uns Petrus also die „allergrößten Verheißungen“ mit auf den Weg. Er sagt: „Durch die Erkenntnis Gottes haben wir Zugang zu den allergrößten Verheißungen“. Er sagt zunächst noch nicht, worum es geht. Das ist sehr spannungsvoll. Aber man merkt bald, worauf er hinaus will. Es ist die Wirklichkeit von Röm. 8, dem großen Herrlichkeitskapitel, mit seiner Umwertung aller Verhältnisse. „Die Leiden dieser Zeit sind nicht vergleichbar gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“ (Röm.8,18). Und man denkt an den 1. Petrusbrief gleich am Anfang: Dort lesen wir von der Verheißung des „unverwelklichen und unauslöschlichen Erbes“ (1 Petr 1,4).

Wir fragen: was ist hier gemeint? Was ist das für eine Herrlichkeit? Was ist das für ein Erbe, auf das wir zugehen? Auch in Römer 8 ist ja von einem Erbe die Rede: „Bist du Kind Gottes, dann bist du auch Erbe“ (Röm 8,17). Wenn man sich in diese zwei Kapitel (Röm 8 und 1 Petr 1) vertieft, sie mit 1.Kor. 15 verbindet und dann dieses Kapitel 2 Petr 1 liest, merkt man, was Petrus sagen will: Es geht um die Verklärung unserer Leiblichkeit. Es geht um ein ewigkeitliches Anteilbekommen an der Herrlichkeit Gottes. Es geht um einen Leib ohne Sünde, ohne Tod, ohne Krankheit. Es geht um die totale Umwertung aller irdischen Werte und Ranglisten.

Die Apostel haben viel mehr als uns das heute bewusst ist in dieser neuen Rangfolge gelebt. Ihnen war diese neue Leiblichkeit unendlich wichtig. Ich selber bin erst durch Römer 8 und 1 Petr. 1 auf das richtige Verständnis von 2 Petr 1 gestoßen. Hier ist davon die Rede, dass diese „allergrößten Verheißungen“ uns Anteil verschaffen an der „göttlichen Natur“ (1,4). Luther hat diese Stelle geistlich ausgelegt: Für ihn ist Gottes Natur die Weisheit Gottes, die Kraft, die Vergebung.

Aber dann habe ich mir diese Aussage noch einmal genauer angesehen und festgestellt, dass hier von „physis“ (φύσις) die Rede ist, also von der Leiblichkeit. Hier geht es um eine neue Leiblichkeit. Die göttliche Natur ist nicht nur der göttliche Charakter, sondern wir bekommen Anteil an der unzerstörbaren Herrlichkeit Gottes. Wir bekommen einen neuen Leib. Die Bibel denkt „leibhaft“, wir leider oft nicht. Der Leib kommt unter „ferner liefen“. Interessanterweise gibt es kein Wort „Leibsorge“ – „Seelsorge“ gibt es! Das zeigt, dass wir uns in der christlichen Kirche eine Engführung geleistet haben. Wir denken vorrangig an die Seele. Aber der Mensch hat auch einen Leib. Ein guter Seelsorger muß ein guter Leibsorger sein und umgekehrt.

Es geht also um die physis, es geht um ein Anteilbekommen an der Natur Gottes. Es geht um eine neue Leiblichkeit, nicht nur ohne Krankheit und Tod, sondern vor allen Dingen auch ohne Sünde. Großartig! Ich kann Petrus gut verstehen, wenn er hier von diesen allergrößten Verheißungen redet.

Das Festmachen der Berufung

Wir betrachten nun den Abschnitt 1,5-11. Es liegt Petrus hier nun daran, dass wir, denen diese allergrößten Verheißungen zugesprochen worden sind, auch einen Anteil an ihnen erhalten. Das ist sehr interessant. Es gibt hier keinen Automatismus. Du hast Christus erkannt durch die Gnade Gottes. Aber wenn du jetzt denkst, nun läuft alles automatisch ab, dann würde dich Petrus sofort korrigieren. Er würde sagen: „Die Verheißung, die dir zugesprochen worden ist, musst du nun auch festmachen.“ Dieses persönliche Festmachen ist entscheidend.

Wie macht man denn seine eigene Berufung und seine eigene Auserwählung fest? Geht das überhaupt? Können wir dazu überhaupt etwas dazu beitragen? In der lutherischen Tradition wird man eher geneigt zu sagen: Es ist alles Gnade. Du hast überhaupt nicht die Möglichkeit, von dir her etwas fest zu klopfen. Aber Petrus denkt hier differenzierter. Wir stellen bei ihm fest: Das Festklopfen der eigenen Berufung und Auserwählung geschieht dadurch, dass ich dem Glauben die Regie übertrage in meinem Leben. Das ist das Festmachen.

Und damit es nicht nur Theorie bleibt, fügt Petrus gleich ganz praktische Konkretionen an, wie der Glaube tatsächlich in unserem Leben in die Regie kommt. Nämlich erstens, indem wir aus dem Glauben heraus göttliche Tugenden zur Entfaltung bringen. Und zweitens, indem wir uns vom Glauben neue Erkenntnisse schaffen lassen.

Als ich 1970 bei Billy Graham zum Glauben kam – am Ende eines langen Theologie- und Philosophiestudiums, bedeutete das für mich einen totalen Umbruch. Was ich in 14 Semestern studiert hatte, musste nun alles noch einmal neu bedacht, von neuen Erkenntnissen her gesichtet, relativiert, geprüft oder auch eliminiert werden. So sah das Festmachen für mich aus.

Dann spricht Petrus weiter von der Selbstbeherrschung, von der Ausdauer, von der Gottesfurcht, von der Bruderliebe. Und als letzte Steigerung – die Siebenzahl spielt auch hier wieder eine Rolle – spricht er von der Gottesliebe, von der Agape (ἀγάπη), und damit ist immer auch die Feindesliebe gemeint. Das ist die „Vollkommenheit“ in der Bergpredigt. Die Agape hilft uns, unseren Feind zu lieben und ihm alles nur erdenklich Gute zu gönnen.

Petrus sagt: So machst du deine Berufung fest, indem du dich einübst in diese sieben Regieanweisungen, die der Glaube in deinem Charakter und in deinem Leben übernimmt. Und dann „wirst du einen reichlichen Eingang in die Königsherrschaft Christi haben“ (Vers 11). Dann werden sich nämlich diese „allergrößten Verheißungen“ in vollem Umfang in deinem Leben erfüllen.

Glaube und Liebe – das ein unsichtbares Kreuzeszeichen, das vor uns erscheint. Wir finden es in allen apostolischen Briefen. Der Glaube wird gefördert und gefordert – das ist die Bewegung nach oben, die Vertikale. Zur Liebe wird ermahnt – das ist die Bewegung zum Nächsten, das ist die Horizontale. Es entsteht ein Kreuzeszeichen. Am deutlichsten sehen wir das in den ersten 11 Kapiteln im Römerbrief: Hier wird der Glaube konstituiert, ausgerichtet und mit Inhalt gefüllt. Ab Kapitel 12 redet Paulus dann von der Liebe.

Das ist das große Programm der Christen, auch das große Programm jeder einzelnen Gemeinde. Im 1. Timotheus-Brief ist es genau so. In Kapitel 3 lesen wir die Darlegungen für die Gemeindeleiter: Sie müssen sich um die Glaubensdinge kümmern. Danach folgen die Anleitungen für Diakone und Diakonissen. Sie müssen dafür sorgen, dass Liebe in dieser Gemeinde praktiziert wird und sich multipliziert. So wird die Berufung der Christen festgemacht.

Erweckung durch Erinnerung

Wir betrachten nun die Verse 12 bis 15. Hier kommt ein Wort, das mir sehr geläufig ist. Wenn man 16 Jahre Mitarbeiter von Heinrich Kemner in Krelingen war, kennt man den Begriff der Erweckung. Paulus und Petrus wissen viel von Erweckung. Hier redet Petrus von seinem großen Anliegen. „Ich will euch erwecken“, aber nun nicht durch eine neue Predigt oder neue Inhalte, sondern durch Erinnerung. Das ist eine interessante Wortkombination: „Ich will euch erwecken durch Erinnerung.“

Erinnerungen können erwecken, wenn sie richtig verstanden werden. Jüdische Feste sind Erinnerungsfeste. Das deutsche Wort bringt uns auf die Spur: „Er-innern“. Hier wird etwas zum persönlichen Eigentum gemacht. Wenn die Juden ihr Laubhüttenfest feiern, dann machen sie ein Geschehen in ihrem Inneren fest. Unser Abendmahl ist eine Er-innerungs-Handlung. Da wird ein historisches Geschehen geistlich in unser Inneres verpflanzt durch den Glauben. Wir werden gleichzeitig mit Christus am Kreuz. Er wird gleichzeitig mit uns.

Es ist großartig zu sehen, wie Petrus hier zum Erweckungsprediger wird. „Wenn ich abgeschieden bin, dann möchte ich, dass allezeit diese Erinnerung in euch lebendig bleibt“, und das heißt mit anderen Worten, dass diese allergrößten Verheißungen euer Leben bestimmen. Man sollte jeden Tag über sein Sterben nachdenken und diese Gedanken nicht wegschieben, sondern sie im Gegenteil fördern und den HERRN bitten: „HERR, mach diese allergrößten Verheißungen in mir so fest, dass ich gar nicht mehr anders kann als mich auf meinen Tod freuen und auf das, was dann kommt!“

Das ist natürlich ein Vorteil der Pfarrer. Sie lernen Menschen am Sterbebett kennen. Ich habe manche kennengelernt, die sterben konnten. Meine erste Erinnerung an ein solches Erlebnis geht nach Erlangen zurück. Da war ich junger Vikar. Ich wurde zu einem sterbenden Mann gerufen. Ich war innerlich angespannt, ob ich diese Situation wohl meistern könne. Ich werde in das Schlafzimmer geführt und sehe dort den Mann liegen. Da richtet er sich mit letzter Kraft auf und sagt: „Wie schön, der neue Vikar. Wissen Sie, ich kann mir gut vorstellen, wie es Ihnen jetzt geht. Und ob Sie das auf der Universität gelernt haben, mit einem sterbenden Menschen umzugehen, wohl eher nicht. Aber ich habe alles schon vorbereitet. Sehen Sie, hier ist das Stark’sche Gebetsbuch. Da habe ich auf dieser Seite mein Sterbegebet. Hier ist mein Gesangbuch, und hier habe ich den Bibeltext. Das können Sie mir jetzt alles vortragen. Darauf freue ich mich. Und dann feiern wir zusammen das Abendmahl. Und wissen Sie: Ich kann sterben!“ Es ist schön, wenn man so etwas erleben kann.

Genau das will Petrus hier tatsächlich erreichen. Paulus sagt es etwas anders in 1 Thess. 4,18: „Tröstet euch mit den Verheißungen der Entrückung. Denn ihr habt eine lebendige Hoffnung, anders als die, die keine Hoffnung haben.“

Der wiederkommende Christus auf dem Verklärungsberg

Damit sind wir bei dem zentralen Text angekommen: die Verse 16 bis 18. Wir erhalten eine Aufklärung, wann die ewige Königsherrschaft Christi eintritt. Das ist für die Gemeinden, an die Petrus schreibt, überhaupt nichts Neues. Er bezieht sich ja auf die Predigt, die sie oft gehört hatten: „Denn wir sind nicht schlauen Mythen gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres HERRN Jesus Christus.“ Sie wussten das alles. Hier geht es um Er-Innerung im eigentlichen Sinne des Wortes. Sie wussten, dass diese Verheißungen eintreten, wenn Christus wiederkommt.

Nun nimmt die Argumentation eine überraschende Wendung. Es kommt eine unerhörte Bekräftigung der ursprünglichen Predigt, die Petrus diesen Gemeinden ja schon längst gegeben hat. Er sagt: Wenn ich von der Wiederkunft des HERRN spreche, dann ist das kein schlauer Mythos, also keine von Menschen ausgedachte Göttererzählung. Im Urtext ist hier von Mythen (μύθοι) die Rede. Es ist eben keine Sehnsuchtsmelodie, kein Wunschprogramm, kein Weltuntergangsszenario. Die Wiederkunft ist ein absolutes Faktum. Und jetzt kommt das Überraschende: Er gibt einen Beweis: „Denn wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“ Im Urtext steht: „Wir sind Augenzeugen“ (ἐπόπται). Da fragt man gleich zurück: Augenzeugen der Auferstehung? Augenzeugen der Wiederkunft? Wie geht denn das?

Aber genau darum geht es! Petrus hat den wiederkommenden Herrn geschaut. Wann war das? Auf dem Berg der Verklärung! Das muß ich jetzt natürlich erläutern.

Da ging es nicht nur um die Herrlichkeit des verklärten Leibes Christi. Dieses Geheimnis hätte Christus ihnen auch bei einer anderen Gelegenheit zeigen können. Hier ging um unendlich mehr als nur um einen Eindruck von der Herrlichkeit Christi. Hier ging es um die Wiederkunft des HERRN. „Berg“ – das wissen wir – ist in der Heiligen Schrift meistens ein Offenbarungsort. Denken wir an den Sinai, den Berg der Bergpredigt und an den Verklärungsberg. Arnold Fruchtenbaum hat gemeint, das sei der Hermon gewesen, aber darum geht es jetzt hier nicht. Es geht darum, uns dieses Geschehen auf dem Verklärungsberg noch einmal vor Augen zu stellen.

Was ist auf diesem Berg geschehen? In der Lukas-Fassung (9,31) heißt es: „Sie redeten über den Ausgang, den er in Jerusalem haben sollte.“ Das klingt sehr geheimnisvoll. Beim oberflächlichen Lesen wird man wahrscheinlich an die Kreuzigung und das ganze Geschehen um Golgatha denken. Aber es geht hier um mehr. Das wird uns gleich deutlich werden. Petrus gibt uns eine Stimme Gottes weiter, und die Stimme Gottes erweist Christus eine ganz besondere Ehrerbietung: „Ehre und Preis“ (τιμὴ καὶ δόξα). Und wer die Offenbarung ein wenig kennt, der weiß, dass das dieselben Begriffe sind, die dem Lamm zukommen und zugesprochen werden. In Offb 5 lesen wir das gleiche: „Herrlichkeit und Ehre“ (Offb 5,12).

Worin besteht die Ehre, die dem Lamm zugesprochen wird? Sie besteht darin, dass dieses Lamm für würdig befunden wird, die siebenfach versiegelte Rolle zu öffnen. Was war das für eine Rolle? Das war die Proklamationsurkunde Christi. Sie setzt ihn ein zum König über Zeit und Ewigkeit, über die sichtbare und unsichtbare Welt. Das steht auf dieser Schriftrolle. Und wenn die sieben Siegel geöffnet, entsiegelt sind, dann öffnet sich die Rolle. Dann kann man lesen: „Wer diese Rolle in der Hand hat, ist eingesetzt zum ewigen König.“ Man kann eigentlich nur von der Offenbarung her recht deuten, was hier auf dem Verklärungsberg geschah.

Aber wir müssen noch weiter gehen. Was hat denn der HERR dort mit Mose und Elia gesprochen? Wir wollen wir uns vor Spekulationen hüten. Aus dem bloßen Bericht, dass er mit Mose und Elia gesprochen hat, lässt sich noch kein Inhalt erheben. Auch die kleine Andeutung im Lukasevangelium (Luk 9,31) reicht nicht. Dass er über den „Ausgang“, den er in Jerusalem haben sollte, gesprochen hat, das ist sehr offen und mehrdeutig formuliert und hilft noch nicht recht weiter.

Die Bibel muß aus der Bibel erklärt werden. Hier hilft das letzte Buch der Bibel weiter. Denn Mose und Elia spielen eine entscheidende Rolle im endgeschichtlichen Zusammenhang. Das sind die zwei Zeugen, angetan mit Trauergewändern, von denen im 11. Kapitel berichtet wird. Sie haben die unmittelbar bevorstehende Wiederkunft Christi zu verkündigen, unabhängig davon, ob das einer glaubt oder nicht. Sie sind berufen, ihren Dienst zu tun. Und in dem Moment, in dem der falsche Christus (der „Pseudo-Messias“ oder „Anti-Christus“) seine Maskerade ablegen und aus dem Abgrund hervorsteigen wird, da wird er als erstes die zwei Zeugen umbringen. Das ist eines der rätselhaften Geschehnisse der Offenbarung. Dreieinhalb Tage liegen sie dort, danach werden sie in den Himmel geholt. Ich beteilige mich übrigens nicht an Spekulationen darüber, aus welcher Nationalität der Antichrist kommen könnte. Warum nicht? Weil es nach meiner Erkenntnis überhaupt nicht um Nationalitäten geht. Der Anti-Christus kommt aus dem Abgrund, also von dort, wo die Dämonen wohnen. Er ist ein Dämon!

Wenn wir den Verklärungsberg von der Offenbarung her auslegen, dann wird alles griffig und verständlich. Dann verstehen wir auch Petrus hier, weshalb er ausgerechnet auf dieses Geschehen auf dem Verklärungsberg hinweist. Er hat auf dem Berg den wiederkommenden HERRN gesehen, und das bezeugt er. Als Johannes in Offb 1 diese majestätische Christusgestalt plötzlich vor Augen bekommt und zu Boden stürzt, war dieser Anblick für ihn nichts absolut Neues. Denn er hatte diesen wiederkommenden Christus, der als Richter wiederkommen wird, auf dem Verklärungsberg genau so schon gesehen.

Warum schildert nun Petrus dieses Geschehen so intensiv, obwohl er doch eigentlich von den „allergrößten Verheißungen“ reden will? Weil diese allergrößten Verheißungen vom wiederkommenden Christus eingelöst werden. Deswegen ist unsere Hoffnung als Gemeinde Jesu auf die Entrückung ganz eng verknüpft mit der Fundamentaltatsache der Wiederkunft des HERRN.

Die Bekräftigung der Verheißung

Wir gehen jetzt noch etwas weiter. Petrus kommt erneut auf diese Verheißungen zu sprechen. Er wendet nun seinen Blick weg vom Verklärungsberg-Geschehen hin zur Heiligen Schrift, in der er diese allergrößten Verheißungen ausgesprochen sieht. Er sagt zeugnishaft, dass ihm diese Verheißungen nun viel gewisser geworden, seitdem er den wiederkommenden Christus auf dem Verklärungsberg gesehen hat. Dass Christus wiederkommen wird, das wusste er schon längst. Aber nun den wiederkommenden Christus selbst gesehen zu haben, das macht ihm diese Verheißung völlig sicher, fest, gewiß, unumstößlich. Das wird ihm niemand jemals wieder nehmen können.

Es ist ja schon großartig, wenn man Zusagen erhält von vertrauenswürdigen Menschen. Dass mir meine Frau vor 47 Jahren versprochen hat, dass sie mir lebenslang die Treue hält, das war damals eine große Sache. Aber dass sie mir nun tatsächlich die Treue über diese ganze Zeit gehalten hat, dass sie also ihre Zusage von damals bestätigt hat, das ist natürlich etwas ganz besonders Schönes. Ich hoffe, dass wir alle Menschen kennen, die uns Zusagen gegeben haben, die nicht nur Schall und Rauch sind, sondern die das dann auch bekräftigt haben in ihrem Leben.

Die Verheißung der Wiederkunft wurde hier in unerhörter Weise bekräftigt. „Das prophetische Wort ist uns desto gewisser geworden“ (1,19). Eine stärkere Bekräftigung der Wiederkunft Christi gibt es nicht als das, was da auf dem Verklärungsberg geschehen ist.

Der schmutzige Ort

Aber nun bleibt Petrus nicht stehen bei diesem persönlichen Erlebnis. Er sagt: „Ihr tut gut daran, dem prophetischen Wort absolut zu vertrauen“ (1,19). Und damit sind nun wir ganz direkt gemeint. Jetzt folgt die Anleitung und die Ermahnung: „Achtet auf die Verheißungen und Weissagungen wie auf eine Leuchte an dunklen Orten“.

Im Urtext heißt es eigentlich nicht „dunkel“, sondern „schmutzig“, also an dreckigen Plätzen. Jetzt wird Petrus sehr diagnostisch. Was ist damit gemeint? Es gibt verschiedene Auslegungen, aber ich habe mich für diese Auslegung entschieden, dass er hier ganz grundsätzlich und global spricht. Die Welt ist ein dunkler, schmutziger Ort für Christen: Ohne Leuchte, voller Gefahren, voller Klippen und Hindernisse. Wir haben eigentlich keine Chance, da durchzukommen. Die 50 Helden von Fukushima in Japan, die ohne Stromversorgung in den havarierten Kernkraftgebäuden versuchten, erste Aufräumarbeiten zu leisten, hatten nur eine Taschenlampe. Was wären sie ohne Taschenlampe gewesen!

Wir haben keine Chance, ohne göttliche Leuchte durch den schmutzigen und verdreckten Ort  durchzukommen, der unsere Welt nun einmal ist. Das müssen wir uns immer neu klarmachen. Ich will keine Eulen nach Athen tragen. Wir leben in einem Weltzustand, der voll ist von sexueller Perversion, voller Missachtung des ungeborenen Lebens und voller Okkultismus in unendlich vielen Gestalten.

Ich bin zusammen mit meiner Frau seit vielen Jahren in der Eheseelsorge tätig. Neulich war ein Paar bei uns, bei dem die Ehe überhaupt nicht mehr funktionierte. Wir wussten gar nicht mehr, was wir noch ansprechen könnten. Auf einmal fiel mir ein zu fragen: „Liegt vielleicht bei Ihnen eine Belastung vor?“ Und da sprudelte es geradezu heraus: „Ja, wenn Sie das meinen! Meine Mutter hat Zeit ihres Lebens Karten gelegt.“ – „Ja, in der Tat – das ist es! Warum haben Sie das nicht eher gesagt! Okkultbelastung. Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, was Sie da  für Lasten durch das Leben schleppen. Sind Sie bereit und willens, das erst einmal abzulegen und ans Kreuz Christi zu tragen? Und dann reden wir weiter.“ Daraufhin haben wir erst einmal gebetet. Diese Okkultverseuchung in unserem Land ist ganz erstaunlich und erschreckend.

Das ist der schmutzige Ort, und durch den kommen wir alleine nicht durch. Wir brauchen die Verheißungen Gottes im Wort Gottes. Das ist der seelsorgerliche Aspekt von 2 Petr 1,16-21. Ohne die Verheißungen gehen wir kaputt. Die „Kleinode göttlicher Verheißungen“ von Spurgeon habe ich schon genannt. Wir sollten dieses Buch immer wieder einmal als Jahreslektüre für unsere Andacht wählen. Unser Glaube braucht Verheißungen. Es gibt heute viele Tendenzen in Kirche und Gemeinde, wo die Christen vom Verheißungsglauben zum Erfahrungsglauben hingelenkt werden, manchmal ohne daß sie es merken. Dann wird’s immer schwierig. Unser Glaube ist ein Verheißungsglaube, und deswegen brauchen wir Verheißungen!

Ich bin so dankbar für meinen Konfirmationsspruch: „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler“ (Jes 40,31). Den ergreife ich mir immer wieder neu. Das ist für mich Unterstützung, Grundlage, Ausrichtung, Ziel – nicht nur, wenn ich kraftlos bin. Wir alle brauchen Verheißungen, und wir brauchen sie immer wieder neu.

Bis der Tag anbricht

Und nun der endgeschichtliche Aspekt: „Achtet auf diese Verheißungen, bis der Tag anbricht und der Morgenstern in euren Herzen aufgeht“ (V.19). Das kann man verschieden auslegen, aber im Blick auf Röm 13,13 meine ich, dass es hier um nichts anders geht als um die Wiederkunft Christi. Der Morgenstern kann nur Christus sein (Offb 22,16). Dass er aufgeht in unseren Herzen, das kann ja nur eine Beschreibung dieses großartigen Verklärungsgeschehens sein, das dann geschieht, wenn er kommt, uns heimholt und sich mit seiner verklärten Leiblichkeit in uns verklärt und uns sich selbst ähnlich macht.

Ein kurzer Ausflug zu Phil 3: „Unser Bürgerrecht ist im Himmel (V. 20ff), woher wir auch erwarten den Heiland, den HERRN Jesus Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.“ (Phil 3,20ff).

Dieses Aufgehen des Morgensterns in unseren Herzen scheint mir eine wunderschöne bildhafte Beschreibung dieses großen endgeschichtlichen Verklärungs- und Umwandlungsgeschehens zu sein. Das wird im Bruchteil einer Sekunde geschehen, wenn Christus wiederkommt und seine Gemeinde zu sich holt. Er holt sie aus den Gräbern heraus – das ist kein Problem für ihn. Und wenn sie bei irgendwelchen Atomangriffen umgekommen und in alle Winde zerstäubt sind und keine materielle Substanz mehr da ist – das alles ist kein Problem für Gott. Denn jeder Mensch ist ein Gedanke Gottes. Bildhaft gesprochen: Gott erinnert sich kurz, und dann ist der Mensch wieder da. Auch die abgetriebenen Kinder – alle sind sie wieder da bei Gott! Das ist für mich der einzige Trost in dieser entsetzlichen Mörderwerkstatt unserer Krankenhäuser.

Achtet auf die Verheißungen Gottes – ihr kommt sonst nicht durch! Und achtet solange darauf, bis dieser große Tag kommt und Christus sich in euren Herzen verklärt. Dann habt ihr es geschafft, und dann habt ihr den schmutzigen Ort hinter euch gelassen. Man darf natürlich nun nicht daraus die Konsequenz ableiten, dass diese Welt für uns überhaupt nichts anderes zu bieten hätte als Schmutz. Ich hoffe nicht, dass einer auf diese Idee kommt. Sie ist ja nach wie vor wunderschön, trotz Sündenfallstatus. Aber geistlich gesehen ist sie verschmutzt. Deswegen gibt es ja einen neuen Himmel und eine neue Erde, weil diese mit Sünde durchtränkte Erde und der mit teuflischer Dämonie gefüllte Himmel keinen Bestand haben können in der Ewigkeit. Sie müssen erneuert werden. Deswegen redet die Bibel von einem neuen Himmel und einer neuen Erde.

Der Heilige Geist öffnet uns das Verständnis der Verheißungen

Ich komme zum Schluß. Wir sind bei den letzten Versen 20 und 21. Achtet auf die Verheißungen! Aber bitte bedenkt dabei, dass ihr es tatsächlich mit dem Wort des lebendigen Gottes zu tun habt, das er durch den Heiligen Geist Menschen eingegeben hat. Ihr habt darum keine Chance, mit euren Begriffen, mit eurer Erfahrung und mit eurem Intellekt die Dimensionen dieser Verheißungen auszuloten. Das geht nicht. Ich musste das schmerzhaft lernen. Ich habe historisch-kritisch studiert. Es war ein Umdenkprozess sondergleichen, bis ich nicht mehr versuchte, mit meinem kleinen Intellekt die Verheißungen Gottes zu verstehen und bis Gott mir durch den Heiligen Geist tatsächlich die Tiefgründigkeiten und die Mehrdimensionalität auch gerade der Prophetie immer wieder neu gezeigt hat.

Ich werde eine Szene nie vergessen. Als junger Pfarrer in Oberfranken besuchte ich einen 80-jährigen zum Geburtstag. Er hat mich auf die Spur des prophetischen Wortes gebracht. Ich wunderte mich, als ich zu ihm hineinkam. Der ganze Tisch war leergeräumt, die ganzen Blumen und alle anderen Geschenke waren an den Rand gerückt. Vor ihm lagen die Bibel und ein Kommentar zur Johannes-Offenbarung. Eigentlich wollte ich nur einen kurzen Besuch machen. Aber daraus wurde die Lektion meines Lebens, wie ein 80-jähriger mir sagte: „Herr Pfarrer, dieses Wort brauchen Sie, wenn Sie durchkommen wollen in unserer Zeit!“

Dann habe ich einen Jugendkreis gegründet. Weil kein anderer Abend mehr frei war, wählte ich den Samstagabend. Daraufhin meinten alle, dass am Wochenende niemand kommen würde. Es kamen drei Jugendliche, und wir einigten uns schnell: „Wir lesen die Johannes-Offenbarung.“ Zwei Jahre war ich dort noch Pfarrer, bis mich Heinrich Kemner nach Krelingen holte. In diesen zwei Jahren wuchs der Kreis auf 25 Personen. Wir lasen in dieser Zeit die ersten 12 Kapitel der Offenbarung. Das Meiste haben wir nicht verstanden. Und doch wurden wir sehr gesegnet, bis heute! Aus diesem Kreis sind Pfarrer und Bibelschüler und andere erwachsen, die jetzt noch geistliche Stützen dieser Gemeinde sind!

Gehen wir also nicht mit dem eigenen Intellekt an die göttlichen Verheißungen heran, sondern lassen wir uns beschenken vom Heiligen Geist. Der Heilige Geist gibt uns meistens nicht, was wir wollen – das wollen wir festhalten. Der Heilige Geist gibt uns das, was wir brauchen. Das sagen wir in unseren Eheseminaren. Viele Frauen wissen nicht, was in dem Begriff Hilfe steckt. Eine Frau ist ja Hilfe für ihren Mann (nach 1 Mose 2,18). Die meisten Frauen denken: „Wenn ich meinem Mann das gebe, was er will, dann bin ich ihm eine Hilfe.“ Und wir sagen dann immer: „Nein! Sie müssen Ihrem Mann das geben, was er braucht! Erst dann sind Sie ihm eine Hilfe. Und dafür müssen Sie erst einmal beten, damit Gott Ihnen das zeigt!“

So ist es mit dem Heiligen Geist ebenfalls. Er gibt uns das, was wir brauchen. Er gibt uns nur das Beste. Er ist unser bester Seelsorger.

Vortrag auf der Propheticon-Konferenz Kassel, März 2011

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 1. Dezember 2012 um 9:00 und abgelegt unter Predigten / Andachten.