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Heinrich Kemner, Schlußwort am 31.10.1992

Schlußwort am Gründungstag des Gemeindehilfsbundes (31.10.1992)

Wir wollen kein Christentum frommer Worte, sondern hier in Krelingen soll das gelten, was Jesus gesagt hat: „Wer tun wird, was ich sage, der erfährt Gott“, daß ich die innere Wendung kriege, los von mir selber, von meiner stinkigen Selbstverliebtheit, von dem Egoismus, von dem wir gehört haben, von dem Materialismus, hin zu der echten Mitte. Wir haben den Gemeindenotbund gegründet, und er wird leben, ihr werdet eintreten.

Ich vergesse nicht, wie Martin Niemöller mir sagte, im Ahldener Pfarrgarten – ich habe ihn immer bewundert, die Völligkeit seiner Haltung -, wie er mir sagte: „Du, wir beide haben den Kopf hingehalten, dich haben sie eingesperrt, ich war Hitlers Gefangener in Buchenwald. Jeden morgen um 11 Uhr, wenn ich Kartoffeln schälte, war vor meinem Fenster ein Galgen, und da wurde einer hochgezogen. Damit wollte man mich seelisch mürbe machen. Und wenn da wieder einer hochgezogen wurde, dann bin ich auf die Knie gegangen und habe geschrieen, Herr, gib, wenn morgen der Strick mir um den Hals gelegt wird, daß ich nicht fromm rede, sondern daß ich beten kann mit dem Herzen, auch für Stalin, für den andern, der mich zu Tode quält, Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun, daß ich Christus ähnlich werde.“

Ich habe von dem Augenblick an nie geduldet, daß man über ihn etwas sagte, weil er so weitherzig war, jeden Kommunisten in den Arm nahm, und für alle betete. Er war mir Freund, engster Freund, obwohl ich seine politische Gesinnung nie übernehmen konnte. Denn wir alle sind noch nicht in solcher Lage gewesen. Unter dem Druck haben wir noch nicht gelebt. Auch du wurdest ein paarmal eingesperrt, hast zweimal den Beruf verloren, warst 3 Jahre bei der Bekenntniskirche ohne Gehalt. Das alles gehört zur Nachfolge. Aber, wenn es in dieser Kirche, in der wir stehen, 500 Pfarrer gegeben hätte, die den Mut gehabt hätten, sich aufhängen zu lassen von Hitler, dann hätten wir vielleicht Millionen von Juden gerettet, dann hätte Hitler nicht mehr weiter regieren können. Kirche muß Kirche sein, Kirche muß echt werden, oder sie steht im Wege, wird verwischt und die kommende Stunde nicht durchhalten. Ich habe einem Bischof gesagt, die kommende Stunde im Sog des Endes, in dem wir stehen, da werden Sie nicht mit diplomatischen Mitteln durchkommen, auch wenn Sie noch so klug und schlau sind, sondern nur noch in der Urkraft geschenkten Glaubens, des Glaubens, der Sieg ist in Christus, der die Welt überwunden hat. Damit steht und fällt die Kirche, das ist die Botschaft, das ist hier dieses Werk. Nun fängt es an.

Ich werde jeden Monat jetzt Bericht geben über den Notbund in der Erwecklichen Stimme, wir werden Versammlungen halten, Gott wird den Anstoß weiterführen, meldet euch an, gebt eine Gabe, was ihr könnt, und denkt auch dran, was Deitenbeck immer sagt: in der Bibel steht: Mein ist beides, Silber und Gold, da steht komischerweise nichts von Kupfer und Nickel. Also es muß schon etwas sein. Und denkt dran, daß Krelingen aus Glaubensmitteln gebaut ist. Und das kann ich sagen von diesem Werk, man kann überprüfen, was man will, von vorne bis hinten, hier ist jeder Pfennig echt gebucht. Und wie oft sage ich den Mitarbeitern, das wäre eine Schande, die fürchterlichste, wenn hier etwas veruntreut würde von anvertrauten Pfunden. Deshalb danke ich euch für die Kollekte, daß wir hier noch arbeiten dürfen, daß wir Jungen jeden Tag aufnehmen, daß sie neue Menschen werden, daß sie Anstoß werden für andere, daß Gott uns beglaubigt. Ich danke euch allen.

(geringfügig gekürzte Fassung)

Die Veröffentlichung erfolgt aus Anlaß des 20-jährigen Gründungsjubiläums. Die Gründung des Gemeindehilfsbundes (bis November 1992 ‘Gemeindenotbund’) erfolgte am 31.10.1992 in der Glaubenshalle des Geistlichen Rüstzentrums Krelingen. Die Jubiläumsfeier findet am 3.11.2012 am Gründungsort statt (Näheres und Anmeldung siehe rechtes Feld ‘Einladung’).