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Der Streit um die Frauenordination im Luthertum als paradigmatischer Dogmenkonflikt

Der Streit um die Frauenordination im Luthertum als paradigmatischer Dogmenkonflikt[1] [1]

1.  Ein immer noch nicht abgeschlossener Konflikt

Im Juniheft 2006 der „Zeitschrift für Theologie und Kirche“ eröffnet der amerikanische Kirchenhistoriker Kenneth G. Appold einen Aufsatz über das Thema „Frauen im frühneuzeitlichen Luthertum“ mit folgenden Worten: „Der Weg des Luthertums zur Frauenordination ist ein langer, oft umstrittener und in manchen Fällen noch nicht abgeschlossener.“[2] [2] Angesichts der „Möglichkeiten, die sich im Nachhinein mit Luthers Neuauffassung des Predigtamts und mit seiner Konzeption vom allgemeinen Priestertum verbinden lassen“, ist es für Appold „erstaunlich“, daß lutherische Kirchen „erst“ seit dem Zweiten Weltkrieg damit begonnen haben, Frauen zu ordinieren, ja, daß es „in manchen lutherischen Kirchen und Gemeinden immer noch“ Widerstand gegen diese Praxis gibt. Appold, der derzeit am „Ökumenischen Institut“ in Straßburg, dem vermutlich wichtigsten think-tank des Lutherischen Weltbundes (LWB), tätig ist, nennt als „im Vordergrund“ stehende Beispiele für solch renitentes Verhalten die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK), deren größte Schwesterkirche, die Lutheran Church Missouri-Synod (LC-MS), aber „auch einige Kirchen des Lutherischen Weltbunds“, darunter ausdrücklich die Lutherische Kirche Lettlands, deren Beispiel deutlich mache, „daß der Weg zur Frauenordination auch zurückgegangen werden kann“[3] [3].

Damit verleiht Appold selbst seinen Überlegungen eine kirchenpolitische Dimension, die Beachtung verdient. Appolds Aufsatz erscheint wohl nicht umsonst in einer Zeit, in der der Lutherische Weltbund mitten in einer Zerreißprobe steht. Er fügt sich damit gut ein in die vielfältigen Versuche des LWB-mainstreams, Abweichler in Lettland und anderswo zur Raison zu bringen. Hingewiesen sei beispielsweise auf die von Reinhard Slenczka dokumentierten Repressionsversuche gegen die lettische Kirche[4] [4], aber auch auf den Briefwechsel zwischen den beiden Bischöfen der dem LWB zugehörigen Kirchen von Schweden und Kenia über die Bischofsweihen in der schwedischen Missionsprovinz[5] [5]. Mit seiner ausdrücklichen Bezugnahme auf die SELK und ihre Schwesterkirchen greift Appold zugleich ein in die Debatte, die zumindest in der SELK im Gange ist, einer Kirche also, in der nach Appold der Weg zur Frauenordination „noch nicht abgeschlossen“ ist. Appolds Urteil: „Ein Widerstand gegen die Frauenordination, der sich traditionalistisch zu begründen sucht oder auf ein ‚konfessionelles Erbe’ beruft, tut dies vergebens“[6] [6], ist Wasser auf die Mühlen der Frauenordinationsbefürworter in der SELK.

Appolds Semantik ist gezeichnet von einer Geschichtsaxiomatik, wie es für weite Bereiche der heutigen protestantischen Theologie typisch ist. Widerstand gegen die Frauenordination ergeht „immer noch“; der Weg zum ersehnten Ziel ist „in manchen Fällen“ „noch nicht“ abgeschlossen. In einigen wird er sogar „zurückgegangen“. Solche Ausdrucksweise offenbart ein soteriologisch aufgeladenes prozessuales Geschichtsbild, das aber eigenartiger Weise gerade den von Appold an den Pranger gestellten rückfällig gewordenen oder rückständig gebliebenen Kirchen nicht mehr plausibel zu machen ist. Das hängt damit zusammen, daß die Auseinandersetzung um die Frauenordination auch ganz anders wahrgenommen werden kann, nämlich nicht als Fortschritt in eine heile Zukunft, sondern als paradigmatischer Dogmenkonflikt, in dem zentrale Aspekte von Kirche und Theologie berührt sind, worauf vor Jahren schon der bayerische Bischof Dietzfelbinger hingewiesen hat[7] [7].

Allerdings wird diese Wahrnehmung von den Verfechtern des prozessualen Denkens geflissentlich bekämpft. Das läßt sich gerade in den Kirchen beobachten, in denen der Streit noch im Gange, bzw. der Weg zur Frauenordination „noch nicht“ abgeschlossen ist, die sich also gleichsam noch in einer anderen „Phase“ des „Prozesses“ befinden. Betrachtet man die Debatte innerhalb der SELK und innerhalb des LWB, so kann man nämlich eine interessante Entdeckung machen. Dort, wo die Frauenordination noch nicht eingeführt ist, wird behauptet, ein solcher Schritt wäre ein Adiaphoron und würde das Evangelium keineswegs berühren, daher auch nicht kirchenspaltend wirken[8] [8]. Dort aber, wo die Frauenordination eingeführt worden ist und die widerstrebenden Stimmen nicht verstummen wollen, ergehen bisher in der Geschichte der Kirche nie dagewesene Verwerfungen. Dabei kristallisiert sich ein  konfessions- und länderübergreifender neuer „ökumenischer“ Konsens heraus, denn das Damnamus gegen die Kritik an der Frauenordination erklingt im Anglikanismus[9] [9] ebenso wie im Luthertum, in Skandinavien wie in Deutschland. Prominentestes Beispiel ist die Verlautbarung der theologischen Kammer der EKD „Frauenordination und Bischofsamt“ aus dem Jahre 1992[10] [10]. Reinhard Slenczka, der sich selbst wiederholt kritisch mit der Praxis der Frauenordination auseinandergesetzt hat, kommentiert diesen Text wie folgt: „Wenn es zunächst den Anschein hatte, man habe es lediglich mit einer Ordnungsfrage zu tun, bei der es um den äußeren Frieden, nicht aber um das ewige Heil geht, stellt sich plötzlich im Widerspruch heraus, daß es offenbar doch um Fragen geht, die die Gemeinschaft in der rechten Lehre und wahren Kirche betreffen. So kommt es dazu, daß ein neuer Konsens nicht nur mit Disziplinarmaßnahmen eingefordert, sondern auch mit Lehrverurteilungen und Kirchenausschluß durchgesetzt wird, während man sich auf der anderen Seite auf das an Gottes Wort gebundene Gewissen beruft, das nach Röm 14 nicht nur rechtlichen, sondern geistlichen Anspruch auf Schutz hat.“[11] [11] Nach der Phase der Beschwichtigung folgt mithin die Phase der Alleinherrschaft der Frauenordinationsbefürworter, die die bedingungslose Unterwerfung aller Andersdenkenden verlangen[12] [12].

Der von Appold herbeigesehnte Abschluß der Entwicklung führt also tatsächlich zum Ausschluß. Die ausgesprochenen Verwerfungsurteile zeigen, daß die Einführung der Frauenordination faktisch kirchenspaltend wirkt, insofern sie zur Existenz zweier in vielerlei Hinsicht einander widersprechender „Kirchen“ führt. Dies wurde in prophetischer Weitsicht bereits von großen lutherischen Theologen der Nachkriegszeit formuliert. Peter Brunner stellte vorsichtig die Vermutung in den Raum, daß es sich bei der Frauenordination um eine häretische Praxis handeln könne, eine Vermutung, die er selbst durch seine Untersuchung bekräftigt sah[13] [13]. Anders Nygren kommentierte die 1958 vom schwedischen Staat empfohlene Einführung der Frauenordination in seiner Kirche mit den Worten, jetzt habe die Kirche von Schweden den gnostischen Irrweg beschritten[14] [14].

Die Einführung der Frauenordination hat also auf beiden Seiten zu dogmatisch schwerwiegenden Urteilen geführt, die wie alle Lehrverurteilungen letzte Grenzen markieren und eschatologische Qualität haben, insofern sie die Gewissen der Urteilenden im Angesicht Gottes binden. Die Radikalität des kirchlich-theologischen Wandels, der sich hier innerhalb einer Generation vollzogen hat, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Und es ist eine eigentümliche Entwicklung, daß parallel zu den zahlreichen Konvergenzbemühungen in der Ökumene in der Frauenordinationsfrage quasi neue Konfessionalisierungen erstehen. In dem Moment, in dem durch dogmatische Festlegungen der Kirche den Dissentierenden das Existenzrecht abgesprochen wird, verlieren diese jede Möglichkeit, noch am geistlichen Leben oder am theologischen Diskurs teilzunehmen, und sind gezwungen, ihr Kirchesein außerhalb der bisher gemeinsamen Mauern fortzusetzen. Ähnlich wie in der Reformationszeit ist eine solche eschatologische Krisensituation aber vor allem eine Chance, bisher womöglich wenig beachtete und nun von einer Seite als Irrtum verworfene Aspekte des Evangeliums neu und intensiv zu ergründen und Kirche damit zu bauen.

Daß dies tatsächlich geschieht, wird deutlich, wenn wir zunächst die materialdogmatische Dimension des Konflikts um die Frauenordination beleuchten, um anschließend danach zu fragen, wie es innerhalb der lutherischen Kirchen zu solch gegensätzlichen Positionen kommen kann. Denn materialdogmatische Entscheidungen setzen jeweils fundamentaltheologische Prämissen in der Hermeneutik bzw. im Schriftverständnis voraus und zeitigen zugleich ekklesiologisch-eschatologische Konsequenzen, wenn sie zum Ausschluß anderslautender Positionen führen. Insofern sollen die folgenden Ausführungen dazu dienen, die ganze Tragweite des aufgebrochenen Konflikts zu ermessen. Nur wenn die Konturen des Konflikts wahrgenommen werden, wird es auch möglich und heilsam sein, die rechten Schlußfolgerungen daraus zu ziehen.

2.  Der materialdogmatische Dissens: Zwischen Paradigmenwechseln und Vertiefung des Überkommenen

Die Rechtfertigung der Frauenordination hat in weiten Bereichen lutherischer Theologie zu tiefgreifenden Modifikationen in der Lehre geführt, die vom Amtsverständnis über die Schöpfungstheologie bis zum Gottesbild reichen. Damit soll nicht gesagt sein, daß alle Befürworter der Frauenordination alle Paradigmenwechsel auf diesen Gebieten mittragen. Wohl aber muß darauf hingewiesen werden, daß auch auf materialdogmatischer Ebene eine zunehmende – prozessuale, mal schleichende, mal galoppierende – „Radikalisierung“ der Positionen festzustellen ist[15] [15], daß also der „Stoff für verschärfte Frontstellungen“[16] [16] in den letzten Jahren sowohl in der SELK als auch im LWB oder in der EKD nicht kleiner, sondern größer geworden ist.

So wird das kirchliche Predigtamt von prominenten Befürwortern des Frauenpfarramts lediglich als Funktion oder Ausfluß des Priestertums aller Gläubigen gesehen[17] [17]. Das ist sowohl der Ausgangspunkt bzw. der zentrale zu erinnernde theologische „Grundsatz“ in der Stellungnahme der Theologischen Kammer der EKD[18] [18] als auch etwa bei Volker Stolle, dem theologischen Vordenker im Kampf für die Frauenordination innerhalb der SELK. Das Amt wird demnach als um des Friedens in der Kirche nötige Ordnung angesehen. Die Rückbindung an das apostolische Amt oder gar an die Einsetzung des Amtes durch Christus selbst wird problematisiert oder schlicht geleugnet. Entsprechend kann auch keine Rede von einer repraesentatio Christi durch den Amtsträger bei der Amtsausübung sein[19] [19]. Die Frage nach der Ausübung des Pfarramtes durch Frauen wird daher ausschließlich von dem Kriterium der „Gleichstellung“ oder „Gleichberechtigung“ her beantwortet[20] [20]. Eine Stelle wie Gal 3,28 verweist daher „die vereinzelten restriktiven Forderungen des Apostel nach Schweigen und Unterordnung der Frau“ in den Bereich  der „Regelung aktueller Ordnungsfragen“[21] [21], die sich entweder gar nicht aufs Predigtamt beziehen oder aber schlicht als zeitbedingte Akkommodation anzusehen sind. Bei Stolle heißt es gar: „In der christlichen Gemeinde spielt die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, wie sie in der Schöpfung geordnet ist, … keine Rolle mehr“[22] [22]. Von mit dem Evangelium unlöslich verbundenen und daher auch heute verpflichtenden apostolischen Weisungen kann in dieser Sicht keine Rede sein. Sie werden als zeitbedingte Momentaufnahmen neutralisiert. Die konkrete Ausgestaltung der Evangeliumsverkündigung ist dem Gutdünken der Kirche in ihrer „evangelischen“ Freiheit anheimgestellt. Das Evangelium aber wird durch sachkritische De- und Rekonstruktion nachgerade zu einem Gleichstellungsmanifest. So nimmt es denn auch nicht wunder, daß hier und da gegen „andristische Exegesen“ polemisiert[23] [23] und die Entdeckung der Weiblichkeit Gottes eingefordert wird[24] [24], so daß durch die so begründete Frauenordination dann sogar der repraesentatio-Gedanke transformiert wiederkehrt, obwohl das kaum reflektiert wird.

Die Ablehnung der Frauenordination gründet hingegen zumindest bei ihren lutherischen Vertretern[25] [25] in der Wahrnehmung der Einsetzung des kirchlichen Amtes durch Christus selbst, wie es im lutherischen Bekenntnis bezeugt wird, und in der Wahrnehmung der biblischen Aussagen zur Schöpfung des Menschen als Mann und Frau in der Gleichheit der Rechte bei Unterschiedenheit der Gaben und Berufungen. Ein entscheidender Gesichtspunkt ist dabei der trinitätstheologisch-heilsgeschichtlich verankerte Aspekt der repraesentatio[26] [26], der anthropologische Implikationen in sich trägt. So wird die Einheit von Schöpfung und Erlösung bzw. Schöpfungsordnung und Erlösungsordnung ebenso betont wie der Zusammenhang von Gottesbild (Gott als Vater; Sendung des Sohnes) und Hirtenamt (Sendung der Apostel durch den Sohn; Weitergabe des Amtes an männliche Bischöfe bzw. Presbyter)[27] [27]. Wir können hier nicht auf die detaillierten theologischen Reflektionen eingehen. Hinweisen will ich aber darauf, daß der Konflikt um die Frauenordination in der SELK tatsächlich in einer beeindruckenden thematischen Breite zu einer Vertiefung oft vernachlässigter Fragestellungen geführt hat. Das gilt für die Untersuchung der Frage, ob es das „eine, von Christus gestiftete Amt der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung“ „überhaupt gibt und ob es sich zumindest im Neuen Testament finden läßt“, durch Gottfried Martens, der den amtstheologischen Grundansatz im Neuen Testament, insbesondere in den Pastoralbriefen herausarbeitet[28] [28]. Hinzuweisen ist auf die Arbeiten von Gert Kelter über die Amtstheologie der lutherischen Bekenntnisschriften und deren Positionierung zwischen den amtstheologischen Lehrentscheidungen der VELKD und Roms[29] [29]. Weitere Beiträge beleuchten etwa die „Lehre von den Schöpfungsordnungen“ und deren Verankerung im lutherischen Bekenntnis[30] [30] oder die Amtslehre bei Pastoraltheologen des 19. Jahrhunderts[31] [31]. Auch die in der Frauenordinationsdebatte immer wieder aufgeworfene „Adiaphorafrage“ wurde vom lutherischen Bekenntnis ausgehend beleuchtet[32] [32].

Die Theologische Kommission der Missouri-Synode hatte bereits im Jahr 1985 in Anknüpfung an den Ansatz von Peter Brunner auch zur Frauenordination Stellung genommen[33] [33]. Dies wurde 1993 in ausdrücklicher Auseinandersetzung mit Argumenten für die Frauenordination von William Weinrich in einer unerreichten Studie vertieft[34] [34], indem er in Aufnahme insbesondere von 1Kor 11 und Eph 5 im gesamtbiblischen Kontext der Frage auf den Grund ging, weshalb die spezifische Zuordnung von Mann und Frau in der Schöpfung sich im Verhältnis von Christus und seiner Kirche widerspiegelt. Nach Weinrich lassen sich die apostolischen Weisungen fürs Amt gleichsam als Ergebnis der göttlichen Heilsökonomie verstehen, weshalb sie keineswegs als zeitbedingt qualifiziert werden können, sondern die Kirche bleibend verpflichten[35] [35]. Bei all diesen Arbeiten handelt es sich nicht um Sonderlehren verbohrter Konfessionalisten, vielmehr bezeugen sie einen breiten Lehrkonsens mit lutherischen Theologen, die sich schon früher im 20. Jahrhundert mit der Frage der Frauenordination auf exegetischer und dogmatischer Ebene auseinandergesetzt haben. Ich nenne neben Peter Brunner nur die Namen der deutschen Theologen Hermann Sasse, Joachim Heubach und Hermann Dietzfelbinger sowie der Skandinavier Regin Prenter, Bertil Gärtner[36] [36] und Bo Giertz. Ein Generationen, Länder und Konfessionen[37] [37] übergreifender Konsens in diesen, die Frauenordination berührenden Lehrfragen ist also nicht nur auf seiten der Frauenordinationsbefürworter festzustellen.

Da nun aber beide Seiten in den Bewertungen des Verhältnisses zwischen Mann und Frau, von Schöpfungsordnung und Heilsordnung, von Hirtenamt und Gottesbild, von Evangelium und apostolischen Weisungen zu entgegengesetzten Lehraussagen kommen, sich freilich gleichermaßen auf Schrift und Bekenntnis bzw. lutherische Lehrtradition berufen, müssen wir uns dem dahinter stehenden fundamentaltheologischen Gegensatz im Umgang mit Schrift und Bekenntnis zuwenden.

3.  Der fundamentaltheologische Dissens

Der nicht nur bei Appold zu hörende geschichtstheologisch begründete Vorwurf an die Frauenordinationsgegner, „zurückgeblieben“ zu sein, wiederholt sich in fundamentaltheologischer Hinsicht sowohl in der Auseinandersetzung um den rechten Schriftgebrauch als auch im Streit um die Frage nach der Katholizität, der Traditions- oder Bekenntnisgemäßheit der Frauenordination.

3.1. Der Dissens in der Beurteilung der Schriftgemäßheit der Frauenordination

So wird den Gegnern der Frauenordination vorgeworfen, sie befleißigten sich eines fundamentalistischen Schriftverständnisses[38] [38] bzw. sie argumentierten nach der barocken „dicta-probantia“-Methode[39] [39], was heute, im Zeitalter der Historisch-Kritischen Methode, nicht mehr als angemessener Schriftumgang angesehen werden könne. Gegen dogmatische Festlegungen wird auf die grundlegende Vielfalt der biblischen „Traditionen“ verwiesen, „die gerade in ihrer Verschiedenartigkeit und Zeitverflochtenheit gelesen sein wollen“, daher gelte: „In der Bibel gibt es weder eine geschlossene Lehre vom Amt noch ein zeitübergreifendes Dogma zur Rolle der Frau. Vielmehr verweist uns die Geschichte des Urchristentums auf unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Gemeindesituationen und stellt sich einer vorschnellen Systematisierung entgegen.“[40] [40] Stolle spricht entsprechend programmatisch von einer „neutestamentlichen Konzeptualisierung kirchlicher Ämter“[41] [41]. Diese zeitbedingten Konzeptualisierungen sind aber nun sowohl nach Stolle als auch nach der Theologischen Kammer der EKD an der „Mitte des Evangeliums“ zu messen. Von dieser Mitte her kann und muß dann nachdrücklich Sachkritik an irreführenden Schriftstellen geübt werden, die daher auch keine die heutige Kirche verpflichtende apostolische Autorität beanspruchen dürfen[42] [42]. Bei Stolle heißt es: „Biblisch-theologische Beiträge, die zur Entscheidungsfindung in dieser Sache helfen können, können in der Spur lutherischer Hermeneutik nicht darin liegen, an apostolische Anordnungen als bleibend bindende Bestimmungen zu erinnern. Sie werden vielmehr von der Mitte des Evangeliums her gerade auch die Gestaltungskräfte des Wortes Gottes in Rechnung setzen, …“[43] [43]

Läßt man sich vom Fundamentalismusvorwurf nicht abschrecken von einem eigenständigen Blick in die schrifttheologischen Ausarbeitungen der lutherischen Theologen, die die Frauenordination ablehnen, so stellt man fest, daß von einem undifferenzierten Gebrauch vom Kontext isolierter „dicta probantia“ nicht die Rede sein kann. Das betrifft insbesondere die sorgfältige Ausarbeitung von Peter Brunner, die wohl nicht umsonst von der Theologischen Kammer der EKD zuerst karikiert und dann verworfen wird[44] [44]. Brunner selbst setzt sich ebenso wie die vielen an seine Arbeit anknüpfenden oder auf anderem Weg zu ähnlichen Ergebnissen kommenden Theologen ausdrücklich von einem fundamentalistischen bzw. biblizistisch-legalistischen Schriftverständnis ab[45] [45]. Ausgangspunkt seiner exegetischen Beobachtungen ist aber die differenzierende Wahrnehmung, daß es in der Heiligen Schrift solenne göttliche Institutionen oder Ordnungen gibt, die keineswegs zeitbedingt sind, die auch nicht nur Willenskundgebungen Gottes darstellen, sondern aus sich heraus – d.h. kraft göttlicher Allmacht – universale und damit auch gegenwärtige Realität setzen, die von uns wahrgenommen sein will. Solche göttlichen Ordnungen findet Brunner einerseits in der Einsetzung des Amtes durch Christus selbst, andererseits in der urzeitlichen Schöpfung des Menschen als Mann und Frau in ihrer spezifischen Zuordnung zueinander. Durch die ganze Heilige Schrift zieht sich das Zeugnis vom Aufeinanderangewiesensein und der Unaustauschbarkeit von Mann und Frau, von der Gleichheit der Rechte und der Unterschiedenheit der Berufungen von Mann und Frau in Ehe und Gemeinde. Die Stiftung der missionarisch-weltweiten Evangeliumsverkündigung und der Verwaltung der Sakramente durch Jesus selber ergeht neutestamentlich niemals abstrakt, sondern immer personal gebunden. Die beiden klassischen Hauptbelegstellen zur Frage des Frauenpredigtamts (1Kor 14 und 1Tim 2) stellen somit in diesem gesamtbiblischen Kontext keineswegs kulturelle Anpassungsleistungen[46] [46], sondern gleichsam den Schnittpunkt der schöpfungstheologischen wie der amtstheologischen Linie dar.

So lassen sich unter Beachtung der lutherischen hermeneutischen Prämisse, daß sich der Heilige Geist nicht selber widerspricht[47] [47], zahlreiche innerkanonische Spannungen plausibel machen. Dazu gehört die Beobachtung, daß Jesus einerseits viele Jüngerinnern um sich scharen konnte, andererseits in den Zwölferkreis aber nur Männer namentlich berief, um diesen dann sowohl die Sakramente als auch den Missionsbefehl anzuvertrauen. So läßt sich verstehen, weshalb Jesus sich zunächst den zum letzten Liebesdienst an ihm aufgebrochenen Frauen als der Auferstandene offenbarte und sie dann mit einem begrenzten Auftrag zu seinen Jüngern schickte, bevor er dann selbst den Jüngern begegnete, um ihren Glauben zu wecken und sie in die Welt hinauszusenden. So läßt sich verstehen, warum es für Paulus selbstverständlich ist, daß Frauen im Gottesdienst präsent und in Gebet und Lobpreis beteiligt sind, während er ihnen zugleich verbietet, in der Gemeindeversammlung zu lehren.

Es mag sein, daß die jeweiligen Exegesen nicht alle Fragen bis ins Letzte beantworten können. Dennoch läßt sich bei unbefangener Wahrnehmung erkennen, daß die je unterschiedlichen und doch in den Grundentscheidungen übereinstimmenden Auslegungen von Brunner, Prenter, Weinrich und anderen den hermeneutischen Grundlagen der lutherischen Reformation entsprechen. Das betrifft insbesondere die Wahrnehmung, daß Gott durch seine solennen ordinationes wirkt, was er sagt, eine in der Schrift vielfältig bezeugte Glaubenswahrheit, die für alle Werke der Dreieinigkeit gilt, für die Schöpfung ebenso wie für die Erlösung und das Werk des Geistes. Das betrifft ferner den Grundsatz, daß die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments eine geistliche, gottgewirkte Einheit ist.

Betrachtet man dagegen den Schriftgebrauch der Frauenordinationsbefürworter, so findet man zwar auch hier Beteuerungen, die Schrift als Gotteswort anzusehen. Daß dies jedoch ganz anders verstanden wird als in der lutherischen Tradition, wird daran deutlich, daß beim faktischen Schriftgebrauch immer wieder ein charakteristischer „Subjektwechsel“[48] [48] festzustellen ist. Die Rede ist nicht von göttlichen Setzungen, sondern von jeweils zeitbedingten „Ordnungsstrukturen“. Das Hirtenamt gilt nicht als Stiftung Christi, die seine Apostel für die nachapostolische Zeit gleichsam an die Bischöfe und Presbyter „tradieren“, sondern die Rede ist von Konzeptualisierungen kirchlicher Ämter. An die Stelle des Gegenübers von Herr und Kirche, von Haupt und Leib, von Gebot und Gehorsam tritt somit das Konzept der traditionsgeschichtlichen Entwicklung, das die neutestamentlich erreichten Entwicklungsstufen als zeitbedingte Varianten, keineswegs aber die weitere Christenheit verpflichtende Wegmarken ansehen kann[49] [49]. Ja, man kann durchaus fragen, ob denn die Polemik gegen die „dicta-probantia“-Methode nicht in Wirklichkeit auf die Frauenordinationsbefürworter selber zurückfällt. Denn die Art und Weise, wie man etwa Schriftstellen wie Gal 3,28 aus dem Kontext (in dem es um ein Lehren im Gottesdienst oder eine öffentliche Ausübung des Hirtenamtes gerade nicht geht) herausreißt und gegen vermeintlich illegitime innerkanonische Fehlurteile zum Verhältnis von Mann und Frau in der Amtsfrage ausspielt, spricht für sich.

3.2. Der Dissens in der Beurteilung der Bekenntnis- oder Traditionsgemäßheit der Frauenordination

Das traditionsgeschichtliche Konzept ist es dann auch, das hinter dem Motiv vom prozessualen Weg zur Frauenordination steht und damit den Umgang der Befürworter mit der Tradition der Kirche prägt. Behauptet wird einerseits, daß das lutherische Bekenntnis zur Frage der Frauenordination schweige, daß sich andererseits vom Konzept des Priestertums der Gläubigen die Ordination von Frauen eigentlich nahelege, auch wenn sie zur Reformationszeit (noch) nicht verwirklicht werden konnte, weil man Rücksicht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse nehmen mußte, die sich aber inzwischen geändert hätten. Die Tradition, insbesondere die lutherische Tradition, habe aber den Weg zur Frauenordination mit zunehmender Deutlichkeit freigemacht.

Auch hier entdeckt man immer wieder – insbesondere in der Verwendung von Lutherzitaten – die völlig unbedarfte Verwendung der den jeweiligen Kontext ignorierenden „dicta-probantia“-Methode[50] [50]. Außerordentlich befremdlich ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der Umgang von Volker Stolle mit Luthers Äußerungen. „Luther hatte offenbar große Schwierigkeiten, die Wirklichkeit des kirchlichen Amtes überhaupt theologisch zutreffend zu erfassen und zu definieren.“[51] [51] Mit immer neuen Karikaturen wird Luthers Amtsverständnis demontiert, bevor es dann resümierend heißt: „Der Ausschluß der Frauen vom Amt der Kirche, wie ihn Luther begründet, erweist sich als ein Element in seinem Amtsverständnis, das eine Zeitbezogenheit darstellt und deshalb auch zeitgebunden ist. Demzufolge stellt die Ordination von Frauen keinen Bruch mit der Lehrtradition der lutherischen Kirche dar, sofern man Luther für sie als maßgebend annehmen kann.“[52] [52]

In ähnlicher Weise argumentiert Appold in seinem eingangs erwähnten Überblick über „Frauen im frühneuzeitlichen Luthertum“. Völlig zu Recht weist Appold zunächst darauf hin, daß es im orthodoxen Luthertum eine hohe Wertschätzung der Frau und auch weiblicher Ämter wie etwa der Hebamme gegeben hat[53] [53]. Auch daß Frauen als Hebammen und Lehrerinnen in enger Anbindung an das Pfarramt arbeiten konnten, ist eine wichtige Erinnerung. Interessant sind zudem Appolds Hinweise auf Ansätze für eine Wiedergewinnung des altkirchlichen Diakonissenamtes. Caspar Ziegler schlug dafür auch eine spezifische feierliche Handlung für die Amtseinführung (Konsekration) vor[54] [54]. Obwohl Appold keinen einzigen Beleg für eine Ordination von Frauen zum Predigtamt anführen kann[55] [55], zieht er dann aber das Fazit: „Sämtliche Voraussetzungen für die Frauenordination lassen sich im 16. und 17. Jahrhundert finden.“[56] [56] Zu diesen Voraussetzungen gehört nach Appold „eine deutliche Relativierung … der gegen die Frauenordination gebrauchten Bibelstellen“ bereits bei Luther und „bei fast allen Exegeten der Orthodoxie“[57] [57]. Auch Appold behauptet, Luther und die lutherischen Theologen hätten die „Unterordnung“ der Frau nicht schöpfungstheologisch, sondern ausschließlich als Folge des Falls nach Gen 3,16 verstanden und daher immer wieder relativiert[58] [58]. Allein die sozialhistorisch bedingte Anschauung der mangelnden Eignung der Frau für den Predigtdienst habe die Frauenordination verhindert[59] [59]. Appold folgert ganz auf der Linie Stolles: „Kehrt man nun zur Ausgangsüberlegung zurück und stellt erneut die Frage, ob die Frauenordination einen Bruch mit dem konfessionell-lutherischen Erbe darstellt, so kann diese Frage eindeutig mit ‚nein’ beantwortet werden.“ Vielmehr sei als „lutherische Tradition“ jene theologische Linie zu identifizieren, „die sich von Luthers Auffassung von allgemeinem Priestertum und Amt über die vielen kirchlich tätigen Frauen der frühen Neuzeit hinaus … erstreckt: eine Linie, die die Hindernisse für die Frauenordination sukzessive abbaut und den Weg bis zur vollständigen Öffnung des Amtswesens der Frau vorbereitet.“[60] [60]

Für die Auseinandersetzung mit Stolles „Traditionsbeweis“ sei auf die Arbeiten von Rudolf Eles, Tom Hardt und David P. Scaer hingewiesen[61] [61]. Deren Kritik an Stolle kann weitgehend auch auf Appolds Umgang mit der Tradition übertragen werden. Zu fragen ist zunächst einmal, wie denn Appold selber die von ihm wiederholt aufgerufene Verbindung von Amt und allgemeinem Priestertum bei Luther und in der lutherischen Tradition versteht. Die lutherischen Bekenntnisschriften jedenfalls sprechen im Zusammenhang ihrer Ausführungen zum Predigtamt an keiner Stelle vom allgemeinen Priestertum. Das Predigtamt gründet nach lutherischer Auffassung im Mandatum Christi, nicht im allgemeinen Priestertum. Auch die Behauptung, die Ausführungen der lutherischen Theologen über die Frau seien ausschließlich hamartiologisch, das heißt, von Gen 3,16 her, und soziologisch begründet, trifft den Befund zumindest bei Luther nicht[62] [62]. Der Hinweis auf das Diakonissenamt und eine Ordination zu demselben beweist lediglich, daß manche Theologen den Ordinationsbegriff auf verschiedene kirchliche Ämter anwenden konnten. Sollen die Aussagen lutherisch-orthodoxer Exegeten, die von Appold fast pauschal als Wegbereiter der Frauenordination in Anspruch genommen werden, wirklich in den Blick kommen, so müßten insbesondere die Kommentare zu 1Kor und 1Tim herangezogen werden. Darauf verzichtet Appold in seiner kirchenpolitisch motivierten Zusammenstellung ebenso wie auf eine Sichtung des Locus de ministerio in den zahlreichen dogmatischen Werken der Orthodoxie[63] [63].

In Frage stellen kann man getrost bereits die Behauptung, das lutherische Bekenntnis schweige zum Thema Frauenordination. Karlmann Beyschlag schreibt in seiner Dogmengeschichte unter Hinweis auf CA 14: „Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß das ‚rite vocatus’ von CA 14 maskulin ist. Die prot. ‚Frauenordination’ zum geistlichen Amt ist also nicht nur schriftwidrig, sondern auch bekenntniswidrig.“[64] [64] Beyschlag hat für dieses Zitat Spott von seiten derer auf sich gezogen, die seinen Hinweis auf das männliche Geschlecht des Amtsträgers nicht im Kontext der Dogmengeschichte wahrnehmen wollen, in dem es bei Beyschlag sachnotwendig steht[65] [65]. Nicht nur bei Beyschlag ist der Hinweis zu finden, daß die Traditionslinie, in der die Frauenordination steht, nicht die vom Neuen Testament bis zur Reformation reichende, sondern die gegenläufige gnostisch-sektiererische Linie ist. Zu CA 5 schreibt Beyschlag: „An dieser Formulierung fällt vorab ins Gewicht, daß sie die bis auf den I Clemensbrief zurückgehende abendländische Überzeugung wiederholt, wonach die Einsetzung des kirchlichen Amtes (…) Priorität hat vor der Gabe des hl. Geistes, der den Glauben wirkt. Hier lehnt sich die CA an das kath. Vorverständnis an und entzieht gleichzeitig dem Schwärmertum die Grundlage.“[66] [66] Die Abgrenzung von Gnosis und Schwärmertum betrifft dabei sowohl die Wahrnehmung des Amtes als auch der schöpfungstheologischen Zuordnung von Mann und Frau[67] [67]. Beyschlags Behauptung, das lutherische Bekenntnis widerspreche der Frauenordination, wird freilich nur dem plausibel, der bereit ist, die breite Rezeption der göttlichen Institutionen oder Ordnungen in den lutherischen Bekenntnisschriften auch wahrzunehmen[68] [68]. Denn dasPredigtamt wird ebenso wie die spezifische Zuordnung von Mann und Frau in den Bekenntnisschriften heilsgeschichtlich als in den heiligen Stiftungen des Schöpfers und des Erlösers verankert angesehen.

3.3.  Der hermeneutische Grundkonflikt

Der Dissens in der Bewertung der Schrift- und Traditionsgemäßheit der Frauenordination offenbart zwei gegensätzliche Herangehensweisen an Schrift und Tradition. Er liegt mithin auf dem Gebiet der Hermeneutik.

Auf der einen Seite haben wir das Konzept eines traditionsgeschichtlichen Prozesses, der in seiner Verbindlichkeit mit Abschluß des Kanons keineswegs an sein Ende gekommen ist, sondern zumindest in dieser Frage erst mit Einführung der Frauenordination an sein Ende – seinen autoritären und nicht revidierbaren Abschluß –  kommen kann. Die Schrift bietet jenseits der „Mitte des Evangeliums“ eine Vielzahl zeitbedingter Traditionsbildungen[69] [69]. Diese Sichtweise führt zu dem beobachteten fortwährenden Subjektwechsel bei der Wahrnehmung der biblischen Inhalte. Die Herausbildung des Amtes ist eine menschliche Konzeptualisierung, nicht Gebot und Wirkung Christi oder seines Geistes. Die „Mitte des Evangeliums“ versetzt die heutige Kirche wiederum in die Freiheit, selber zu zeitgenössischen Lösungen der kirchlichen Lebensfragen zu finden. Es geht dabei keineswegs um sachliche („dogmatische“) Wiedererkennbarkeit oder gar Identität mit früheren Stadien des Prozesses. Vielmehr reicht es, die eigenen Transformationen als Wirkungen des Evangeliums plausibel zu machen. Diese Wirkung besteht in erster Linie darin, die äußeren Formen und Lebensäußerungen der Kirche der heutigen Zeit anzupassen.

Im Hintergrund dieses Ansatzes steht ein binäres bzw. dualistisches Wirklichkeitsverständnis. Das Evangelium kommt einer letztlich überhistorischen Idee sehr nahe, die von ihren kanonisch verbürgten geschichtlichen Ausformungen getrennt werden kann. Da aber die Geschichtlichkeit für das Evangelium von Christus ein konstitutiver Faktor ist, weil göttlicher Inhalt (bzw. göttliche Person) und irdisch-geschichtliche Form kraft der Inkarnation nicht mehr voneinander zu trennen sind, hat die ausdrückliche Kritik an seinen neutestamentlich tradierten Ausformungen Rückwirkung auf das Evangelium selbst. Dieses wird, wie Regin Prenter zu Recht schreibt, „eine zeitlose Idee“, „die ihre geschichtliche Grundlage“ zu verlieren droht[70] [70].

Das aber hat unmittelbare rechtfertigungstheologische Konsequenzen, die ebenfalls das Evangelium zentral treffen. Denn wird eine wie auch immer geartete „Mitte des Evangeliums“ von den mit dem Evangelium verbundenen Mandata Christi und seiner Apostel isoliert, so wird letztlich das Werk des Herrn Christus ersetzt durch das Werk der Kirche. Das Ergebnis ist ein Konstruktivismus, wie er in Teilen der postmodernen Sprachphilosophie weit verbreitet ist. Man lebt, so schreibt der Romanist Gumbrecht zu diesem Konstruktivismus, in der Überzeugung, „der Mensch könne alles – vom ‚Geschlechtlichen’ über die ‚Kultur’ bis hin zur ‚Landschaft’ – nach Belieben ohne weiteres ummodeln, denn alles sei ‚doch bloß eine menschliche Konstruktion’[71] [71].“ Am Rande sei vermerkt, daß dieser Konstruktivismus nicht nur hinter dem gesellschaftspolitisch dominierenden „Gender Main-Streaming“[72] [72], sondern auch hinter der mit dieser Bewegung verbundenen kirchlichen Kapitulation gegenüber der Schwulenbewegung steht, wie weit immer diese Kapitulation auch im Entwicklungsprozeß schon fortgeschritten sein mag.

Ein solcher Konstruktivismus ist bereits von der Reformation in der Auseinandersetzung mit dem Schwärmertum in all seinen Gestalten mit Nachdruck um des Evangeliums willen bekämpft worden. Nicht umsonst läßt sich die Kriteriologie des Bekenntnisses für die Gestaltung des kirchlichen Lebens keineswegs auf ein abstraktes Evangelium oder gar auf eine „Mitte des Evangeliums“ reduzieren, sondern nimmt ausdrücklich die solennen (heiligen!) Ordnungen Gottes auf, die alleine in der Kirche göttliches Recht setzen können. Nach reformatorischer Überzeugung stiften die heilsgeschichtlich verankerten, neutestamentlich verbürgten Gebote Jesu und seiner Apostel Gewißheit über das, was nach göttlichem Recht zum Heil der Menschen und zur Erbauung der Kirche in dieser geschehen soll[73] [73]. Das ist gerade nicht Ausdruck einer geschichtslosen Hörigkeit, sondern entspricht der Wahrnehmung der Präsenz des dreieinigen Gottes, der durch seine geschichtlich in der Schrift überlieferten Gebote spricht und wirkt. „Geschichtlicher Bericht und Gebot“, so heißt es bei Prenter, „vereinigen sich im Evangelium unlösbar zu einer Ganzheit.“[74] [74]

Was hier daher auf dem Spiel steht, ist nicht nur die Autorität der Schrift, die ja ebenso wie die Autorität Luthers von allen Seiten beansprucht wird, sondern vor allem ihre Effizienz und Suffizienz, die keineswegs auf ihren Vorbildcharakter in der zeitgemäßen Akkommodation der Botschaft reduziert werden können. Vielmehr ist die Schrift darin wirksam und ausreichend, daß der dreieinige Gott durch die in der Schrift überlieferten Einsetzungsworte sowohl in der Schöpfung als auch in der Heilsordnung wirkt, was er sagt. Der Konflikt ist mithin ein ontologischer. Denn wenn Gott wirkt, was er sagt, dann haben wir es in Fragen der biblischen Zuordnung von Mann und Frau in der Gemeinde wie in Fragen des Amtes mit gegenwärtigen Realitäten zu tun, Wirklichkeiten, die der lebendige Gott durch sein geschichtlich verbürgtes kanonisches Wort hier und heute setzt und definiert, wie Dietzfelbinger es ausgedrückt hat, „nicht bloß ‚zeitgebunden’, sondern zentral und bis in die letzten Gründe menschlichen Daseins“[75] [75]. Und vom Amt schreibt Prenter auf der Grundlage des Zeugnisses von Schrift und Bekenntnis: „Es liegt mithin in der Einsetzung des Amtes, … daß sie nicht nur Stiftung ist als Errichtung einer Institution, die dann von der Gemeinde selbst verwaltet werden kann, sondern daß sie die fortwährende Sendung ist, so daß jeder, der in das Amt eintritt, unter dasselbe göttliche Mandat gestellt ist wie die Apostel. Sie handeln also als Vertreter Christi.“[76] [76] Verschließt man die Augen vor diesen Realitäten, macht man sich an ihre Dekonstruktion, um Neues und Zeitgemäßes zu konstruieren oder konzeptionalisieren, so verliert man das Heilsame, das Gott durch sein Wort sagt und wirkt[77] [77].

4. Die ekklesiologischen und eschatologischen Konsequenzen

Daß es bei der Frauenordination tatsächlich nicht um eine Randfrage geht, sondern um die Grundlagen der Kirche, erfährt seine letzte Bestätigung, wenn man wahrnimmt, wie sich der aufgezeigte hermeneutische und materialdogmatische Konflikt auf ekklesiologischer und eschatologischer Ebene auswirkt und fortsetzt. Das betrifft die Bestimmung des für die Einheit der Kirche konstitutiven Lehrkonsenses und die Bestimmung des damit verbundenen Häresiebegriffs. Daß damit auch die letzten Dinge berührt sind, zeigt schließlich der Konflikt um die Frage nach der Heilsgewißheit.

4.1.  Der Konflikt um den Magnus Consensus und die Häresie

Beide Konfliktparteien appellieren an den „magnus consensus“ und wollen auch auf diesem Weg ihre Verbundenheit mit der lutherischen Reformation zum Ausdruck bringen. Die Theologische Kammer der EKD verweist darauf, die Einführung der Frauenordination sei im „magnus consensus“ ergangen[78] [78] und dulde daher keinen Widerspruch. Damit hat diese Entscheidung nach Ansicht der Kammer sogar Anteil an der Autorität von Schrift und Bekenntnis und erheischt absoluten Gehorsam[79] [79]. Der innerkirchlich ausgerufene „casus confessionis“ wirkt sich aus auf die zwischenkirchliche Ökumene. „Falsche ökumenische Rücksichten“ werden von der Theologischen Kammer der EKD in dieser Frage harsch abgelehnt, ja, gerade „aus ökumenischer Verpflichtung“ „muß die evangelische Kirche“ lehren und praktizieren, „daß es keine Gründe aus der Heiligen Schrift und dem Bekenntnis gibt, Frauen von der Ordination zum Pfarramt … auszuschließen“[80] [80]. Dietzfelbinger war noch der Ansicht, mit dem „Schritt zur Frauenordination“ habe die lutherische Kirche die „ökumenische Mitte verlassen“ „und sich an den Rand“ „drängen lassen“[81] [81].

Nun hat Reinhard Slenczka freilich darauf hingewiesen, daß es nach reformatorischer Anschauung in Fragen von Schrift und Bekenntnis keine Mehrheitsentscheidungen geben kann. Der im lutherischen Bekenntnis formulierte magnus consensus kam dadurch zustande, daß die mit Schrift und katholischer Kirche übereinstimmende Lehre formuliert und als Angebot an alle sich in dieser Kirche befindlichen Christen öffentlich gemacht wurde mit der Einladung, in diesen Konsens einzustimmen. Beim magnus consensus geht es also in erster Linie um den Nachweis der Apostolizität und Katholizität der eigenen Lehre, um den diachronen, die Zeiten umgreifenden Lehrkonsens, der dann den synchronen,  zeitgenössischen Konsens trägt und definiert. Der Konsens darf also nicht allein gegenwarts- oder zukunftsbezogen sein, wie es nach Johannes Wirsching für das Phänomen des Häretischen typisch ist[82] [82]. Erst recht kann es nicht angehen, daß in Mißachtung der Unterscheidung der beiden Reiche ein Konsens mit Gesellschaft oder Politik über den Konsens mit früheren Generationen der Kirche gestellt wird[83] [83]. Brunner schreibt in aller Klarheit in Anwendung der Zweiregimentenlehre: „Ein Argument, das aus der veränderten Stellung der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft die Möglichkeit ihrer Einsetzung in das Hirtenamt glaubt ableiten zu können, hat daher in der Kirche kein Recht …“[84] [84]

Dennoch ist sowohl bei der Einführung der Frauenordination als auch etwa bei der Debatte um die Segnung der Homo-Ehe eine Übernahme politischer Konsensfindungsmechanismen in die Kirche zu beobachten. Im dialogischen Prozeß, der mit nachgerade abergläubischen Heilserwartungen verbunden ist[85] [85], kommt es schrittweise zum Meinungsumschwung und schließlich zu einer mehrheitlichen Meinungsbildung zugunsten eines „neuen Konsenses“. Interessant ist nun freilich, daß es z.B. in der EKD und in der Kirche von Schweden einen in der Politik üblichen „Minderheitenschutz“ gerade nicht geben soll. Schon diese Beobachtung zeigt, daß sich die Politisierung der Kirche mit dem ihr anvertrauten Evangelium offensichtlich nicht verträgt. Die eintretende Vermischung der beiden Reiche zeitigt totalitäre Resultate. Die ausgerechnet in einer vermeintlich pluralistischen und toleranten Zeit ergehenden radikalen Gehorsamsforderungen der kirchlichen Autoritäten an die Frauenordinationsgegner sprechen hier für sich. Und man kann durchaus beobachten, wie sich diese Totalitarisierung bereits in der Beschwichtigungsphase ankündigt. Wo Schrift und Bekenntnis zum Gegenstand unserer De- und Rekonstruktionen werden, kommt es zu einer Polarisierung der Kirche, die theologisch als Häretisierung bezeichnet werden muß, in dem Sinne, wie Peter Brunner formuliert hat: „An die Stelle der Bindung an das Bekenntnis tritt die Bindung an diese oder jene theologische Schulmeinung, die nun notwendig selbst mit der exklusiven Autorität eines Dogmas auftreten muß. Wo die Autorität der Schrift verlorengeht, tritt an die Stelle der Confessio der Kirche die Hairesis der Schule.“[86] [86] Wer sich nicht der Schulbildung anschließt, wird mit Karikaturen („hierarchisch abgehoben“), Schmähungen und Verdächtigungen[87] [87] überzogen, als dialogunfähig oder gar ideologisch verblendet bzw. überkommenen Rollenbildern verhaftet bezeichnet. Der Grundsatz des Bekenntnisses „sine vi, sed verbo“ kann eben in beiden Phasen außer Kraft gesetzt werden, in der Phase der Beschwichtigung ebenso wie in der Phase der endgültigen Durchsetzung der „Schule“. Nicht selten werden die Medien funktionalisiert[88] [88] oder wird in der Diskussion mit der vermeintlichen Unvereinbarkeit mit weltlichen Gesetzen gedroht. Die Politisierung zieht sich bis hinein in die inhaltliche Auseinandersetzung. Dies zeigt sich überall dort, wo die nach Schrift und Bekenntnis geistlich-theologisch qualifizierte Wirklichkeit der Relation von Mann und Frau, Amt und Gemeinde soziologisch als „Rollenverhalten“ uminterpretiert wird[89] [89]. Im gesellschaftlichen Kontext durchaus angemessene Kriterien werden sachfremd an die Schriftinhalte herangetragen, ja, diese Kriterien sollen zunehmend die sogenannte kirchliche Agenda bestimmen[90] [90].

Der entscheidende Maßstab für die Definition und Grenzziehung zwischen Konsens und Häresie ist letztlich allein die Sozialschädlichkeit. Die Verletzung oder Störung der harmonischen Gemeinschaft darf auch in Gewissenskonflikten nicht toleriert werden und wird daher disziplinarisch geahndet. Reinhard Slenczka fragt zu Recht: „Wohin ist eine Kirche der Reformation gekommen, wenn sie Mehrheitsentscheidungen kirchlicher Instanzen für heilsnotwendig erklärt, wenn diejenigen, die dem aufgrund der Schrift widersprechen, diffamiert werden und wenn schließlich an das Wort Gottes gebundene Gewissen durch Zwangsmaßnahmen diszipliniert werden?“[91] [91] Nachdenklich müßte es machen, daß die so agierenden Kirchen immer mehr Züge einer quasi-papistischen Totalherrschaft annehmen – bis hin zum Anspruch der Unfehlbarkeit[92] [92].

4.2.  Der Konflikt um die Heilsgewißheit

Gerade in dieser Situation ist es um so bemerkenswerter, daß die Legitimität des Frauenpfarramts immer wieder Einzelpersonen[93] [93] oder Kirchen unplausibel erscheint, so daß sie trotz aller Widerstände und Gegenmaßnahmen zum ursprünglichen Konsens zurückkehren. Dieser reformatorische Konsens aber kennt als oberstes Kriterium nicht die „Sozialschädlichkeit“, sondern die „Heilsschädlichkeit“ (Johannes Wirsching). Hier weiß man, daß die Kirche ihre Grenzen nicht selbst schafft, sondern auf sie stößt, wo die Stiftungen Gottes verlassen werden. Hier lebt man zugleich von der Verheißung, daß nicht wir die Kirche tragen und durch Anpassung an die Gesellschaft und ihre Normen sichern können, sondern allein der Herr selbst durch sein Wort und Sakrament. Dort, wo dieses lauter und rein verkündet wird, findet man sich mit denen zusammen, die das ebenso tun, wie auch immer das zunächst organisatorisch aussehen mag. Lassen sich Kirchen zum magnus consensus von Schrift und Bekenntnis zurückführen, wie das in Lettland geschehen ist, so ist das ebenso Grund zur Freude, wie wenn sich die aus der Kirche von Schweden ausgegrenzten Brüder und Schwestern in der „Missionsprovinz“ sammeln. Beide Ereignisse sind anschauliche Beispiele dafür daß, wie Slenczka schreibt, auch nach der Einführung der Frauenordination „die Beunruhigung der Gewissen durch das unveränderte Wort der Heiligen Schrift“ bleibt, „dessen Wirkung auch durch kirchliche Entscheidungen niemals außer Kraft gesetzt werden kann“[94] [94].

Eine letzte Zuspitzung, ja einen letzten Beweis für den zutiefst endzeitlichen Charakter des Konflikts, bietet ein Vergleich der Auseinandersetzung um die Gewißheitsfrage in den beiden zu Anfang beschriebenen Konfliktphasen. Während in der Phase der Beschwichtigung die Ablehnung der Frauenordination mit dem Argument der fehlenden Heilsgewißheit im Fall der Pfarramtsführung durch Frauen von den Befürwortern des Frauenpfarramts karikiert oder gar mit Hinweis auf eine Abhängigkeit von Rollenbildern psychologisiert und lächerlich gemacht wird[95] [95], taucht eben dieses Argument nach Einführung der Frauenordination im Argumentations- und Disziplinierungsarsenal ihrer Verteidiger wieder auf. So heißt es in einem von Slenczka zitierten Bericht des ehemaligen Hannoverschen Landesbischofs Hirschler: „Wenn es um die Bestreitung des Rechts der Ordination von Frauen geht, dann ist eine andere Ebene erreicht. Das steht in unserer Kirche nicht mehr zur Disposition. Wer in unserer Kirche in den Dienst der Verkündigung berufen ist, hat nicht das Recht, die Frauenordination in Frage zu stellen. Warum? Weil daran die Frage der Heilsgewißheit der Gemeindeglieder hängt. Wenn die Ordination von Frauen nicht als vor Gott sachgemäßes Handeln der Kirche angesehen wird, wenn das umstritten ist, dann können Gemeindeglieder nicht mehr gewiß sein, daß der Gottesdienst, den sie unter der Leitung ihrer Pastorin feiern, der Ort der verheißenen Gegenwart Gottes ist. Sie können nicht gewiß sein, daß ihnen in der Verkündigung Gottes Wort zugesagt wird, daß das Abendmahl das Abendmahl des Herrn ist, daß die Vergebung, die ihnen die Pastorin zuspricht, Gottes Vergebung ist. Wer am Gottesdienst teilnimmt, muß gewiß sein können, daß hier im Auftrag Gottes geredet und gehandelt wird.“[96] [96]

Mit dieser klaren und in sich konsistenten Aussage haben sich die mahnenden und warnenden Prophezeiungen derer erfüllt, die schon in der ersten Konfliktphase wußten, daß die Frauenordination im Bereich der lutherischen Kirche zu einer Kirchenspaltung führen muß[97] [97]. Die Einsicht, daß es doch um letzte Dinge, ja, um das Heil selber geht, zwingt zur Entscheidung[98] [98]. Der auf beiden Seiten zu beobachtende theologische Klärungsprozeß hat zur Vertiefung des Gegensatzes zwischen immer weiter gehenden Paradigmenwechseln und einer breiten und erneuten Vergewisserung um den überkommenen kirchlichen Lehrkonsens geführt. Die Behauptungen aus der Beschwichtigungsphase, bei der Einführung der Frauenordination sei das Evangelium nicht berührt und stünde die Kirchengemeinschaft nicht auf dem Spiel, müssen angesichts der jüngsten Entwicklungen als widerlegt gelten. So nimmt es nicht wunder, daß wir jetzt dabei sind, in eine dritte Phase des Konflikts einzutreten, nämlich die immer schärfere Disziplinierung auf kirchenamtlicher Ebene und die diese Maßnahmen flankierende – nachträglich oder vorauseilend bestätigende – kirchengeschichtliche Revision, wie wir sie bei Appold und Stolle beobachten können.

Unser Überblick hat freilich auch gezeigt, daß es keineswegs erstaunlich ist, daß der Konflikt um die Frauenordination immer noch im Gange ist. Er gründet im Handeln des dreieinigen Gottes in Schöpfung und Erlösung. Mit Rudolf Eles halten wir daher fest: „Amt und Gemeinde sind von diesem Schöpfungs- und Erlösungskonzept Gottes nicht abtrennbar. Sie werden, was ihre Substanz betrifft, niemals entlassen unter das glaubensfremde Gesetz der unterschiedlichen, sich hier langsamer, dort schneller verändernden gesellschaftlichen Konkretionen. In das Amt, das Christus repräsentiert, können nur Männer berufen werden; und die Gemeinde, die sich als Braut versteht und die Stimme des Bräutigams hören will, wehrt sich gegen die Auflösung dieses irdischen Symbols für ihr Verhältnis zu Christus“[99] [99].



[1] [100] Erweiterter und mit Anmerkungen ergänzter Vortrag auf der Tagung des Arbeitskreises evangelikaler Theologen am 15./16.9.2006 in Schriesheim bei Heidelberg.

[2] [101] Kenneth G. Appold: Frauen im frühneuzeitlichen Luthertum: Kirchliche Ämter und die Frage der Ordination, in: ZThK 103, 2006, S. 253-279, hier S. 253.

[3] [102] Allerdings müßte man sich für ein solches Urteil genau betrachten, wie bzw. unter welchem Druck die Einführung der Frauenordination in Lettland einst zustande gekommen ist.

[4] [103] Reinhard Slenczka: Die Heilige Schrift, das Wort des dreieinigen Gottes, in: KuD 51, 2005, S. 174-191, hier S. 177, Anm. 8: „Die Kirchenleitung soll ihren Einfluß in Zusammenarbeit mit den Partnerkirchen im Lutherischen Weltbund geltend machen und darauf dringen, daß die in Frage gestellte Frauenordination als status confessionis (Bekenntnisfrage) gewertet wird.“ So lautet die von Slenczka zitierte Resolution der nordelbischen Synode vom 28. September 1996; vgl. auch ebd., S. 174, Anm. 1; ferner: Ders.: Die Ordination von Frauen zum Amt der Kirche, in: Ders.: Neues und Altes. Ausgewählte Aufsätze, Vorträge und Gutachten. Band 3, Neuendettelsau 2000, S. 183-196, hier S. 183.

[5] [104] Vgl. die Dokumentation des Briefwechsels zwischen Erzbischof Hammar und Bischof Obare in: Lutherische Beiträge 10, 2005, S. 57-61, ferner: Johannes Junker: Eine Missionsprovinz in Schweden, ebd., S. 52-56; Bengt Birgersson: Perspektiven aus der Ev.-Luth. Kirche in Schweden, in: Lutherische Beiträge 11, S. 92-105.

[6] [105] Appold, Frauen, S. 279.

[7] [106] Hermann Dietzfelbinger: Veränderung und Beständigkeit. Erinnerungen, München 1984, S. 319: „Nach meiner Überzeugung hat die Tatsache, daß wir in dieser nur scheinbar nicht erstrangigen, in Wirklichkeit aber fast alle Grundprobleme der Gemeinde Christi berührenden Sache nicht mit der nötigen Geduld einen gemeinsamen Weg beschritten haben, die Konsolidierung und die innere Kraft der VELKD wesentlich behindert.“

[8] [107] Das ist das wiederholt ausgesprochene ceterum censeo der Ringvorlesung der (damaligen)Fakultät der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel, wie sie unter dem Titel „Frauen im kirchlichen Amt? Aspekte zum Für und Wider der Ordination von Frauen“ veröffentlicht worden ist (Hg.: Volker Stolle, Oberursel 1994, OuH 28, im folgenden: Fakultät, Frauen). Vgl. dazu die wichtige Kritik bei Gottfried Martens: Stellungnahme zu Volker Stolle (Hrsg.): Frauen im kirchlichen Amt?, Berlin/Hannover 1995, S. 10; ferner Hermann Sasse: Ordination von Frauen? In: Lutherische Blätter 26, Nr. 110, 1974, S. 3, der dort mit Blick auf diese Argumentation vom „große(n) Beruhigungsmittel für verwirrte Gewissen in modernen Kirchen“ spricht: „Das Evangelium steht nicht auf dem Spiel!“ – „Lediglich eine äußere Ordnung wurde geändert!“

[9] [108] Vgl. FAZ, 11.3.1994: „Wer sich der Frauenordination widersetze, irre im Glauben – ein kleiner Bannfluch ex cathedra aus Canterbury nach Rom“.

[10] [109] = EKD-Texte 44.

[11] [110] Reinhard Slenczka: ”Magnus Consensus”. Die Einheit der Kirche in der Wahrheit und der gesellschaftliche Pluralismus, in: Ders.: Neues und Altes. Ausgewählte Aufsätze, Vorträge und Gutachten. Band 3, Neuendettelsau 2000, S. 13-57, hier S. 13f.

[12] [111] Vgl. EKD, Frauenordination, S. 8. Dazu paßt der Brief von Bischof Walter Obare Omwanza, Kenia, an Erzbischof K.G. Hammar vom 16. März 2004, in: Lutherische Beiträge 10, 2005, S. 59-61, hier 60: „Die Weihe von Frauen zum apostolischen Priesteramt ist eine Neuheit … Diese gnostische Neuheit fordert nun offenbar nicht nur die Alleinherrschaft in der Kirche, sondern auch Tyrannei, weil sie nicht einmal eine minimale Zusammenarbeit mit dem klassischen Christentum, wie dies insbesondere in den lutherischen Bekenntnisschriften niedergelegt ist, tolerieren kann.“

[13] [112] Vgl. Peter Brunner: Das Hirtenamt und die Frau, in: Ders.: Pro Ecclesia. Gesammelte Aufsätze zur dogmatischen Theologie, Band 1, Fürth, 3. Auflage 1990, S. 310-338, hier S. 319; S. 332: „Die mit der Erschaffung des Menschen gesetzte Kephale-Struktur des Verhältnisses Mann-Frau und das durch diese Ordnung der Frau in eigentümlicher Weise geltende Gebot der Unterordnung (Hypotage) stehen in der Kirche Jesu Christi bis zum Jüngsten Tag in Kraft. Sollte jemand das tatsächlich wirksame Bestehen dieser Ordnung und die tatsächliche Gültigkeit des dieser Ordnung entsprechenden Gebotes durch Lehre und Verkündigung bestreiten, so würde er an einem zentralen Punkt, an dem das Ganze der christlichen Botschaft letzten Endes auf dem Spiel steht, eine falsche Lehre verkündigen; er wäre Häretiker.“

[14] [113] „Då det nu fattade beslutet icke blott innebär ett avgörande av den begränsade frågan om kvinnliga präster, utan enligt min övertygelse tillika inkluderar, att vår kyrka växlar in på ett för henne hittills främmande spår i riktning mot gnosticismens och ’svärmarnas’ åskådning… måste jag framföra mitt djupa beklagande av det fattade beslutet och anmäla min reservation till detsamma.” (Kyrkomötets protokoll nr 4, 1958, S. 154) „Da der nun gefaßte Beschluß nicht nur eine Entscheidung über die begrenzte Frage der weiblichen Priester bedeutet, sondern nach meiner Überzeugung zugleich einschließt, daß unsere Kirche in eine für sie bisher fremde Spur einwechselt in Richtung auf eine Anschauung des Gnostizismus und der ‚Schwärmer’, muß ich meine tiefe Klage über den gefaßten Beschluß vortragen und meinen Vorbehalt dagegen anmelden.“ Für die Übermittlung des Zitats danke ich Herrn Rev. Eric Andrae, Pittsburgh, für die Übersetzung aus dem Schwedischen Herrn Pfarrer Jürgen Diestelmann, Braunschweig.

[15] [114] Es ist hier nicht Raum, die Vorgänge der letzten 15 Jahre etwa in der SELK zu referieren. Einige Hinweise mögen genügen. Die Auseinandersetzung innerhalb der SELK dreht sich um die Frage, inwiefern sich Artikel 7,2 der Grundordnung, wonach zumPredigtamt der Kirche nur Männer ordiniert werden können, theologisch begründen läßt. Dazu sind in den letzten Jahren nach mühseliger Kommissionsarbeit Teilergebnisse etwa zur Frage nach den Adiaphora oder zur Frage der Schöpfungsordnung erschienen. Eine vielversprechende Ausarbeitung der Theologischen Kommission zum Thema „Amt, Ämter und Dienste“ ist derzeit Gegenstand der Beratungen der Pfarrkonvente. All diese Bemühungen sind wichtiger Ausdruck des Willens, einen gemeinsamen Weg zu gehen, der von möglichst vielen mitgetragen werden kann.

Nicht die Augen verschließen darf man allerdings vor der Tatsache, daß parallel zu diesen Bemühungen einige Befürworter der Frauenordination ihre argumentative Position vehement weiter ausgebaut und verschärft haben. Das betrifft insbesondere den Versuch Volker Stolles, Luther und die lutherische Tradition als Kronzeugen für die Frauenordination einzuführen, auf den wir weiter unten noch eingehen werden. Zugleich darf nicht übersehen werden, daß dies bei Stolle mit einem expliziten und zentrale Bereiche der Theologie berührenden Paradigmenwechsel einhergeht, der zu einer durchgreifenden Destruktion lutherischer Lehrinhalte führt (vgl. sein Buch „Luther und Paulus“ Die exegetischen und hermeneutischen Grundlagen der lutherischen Rechtfertigungslehre im Paulinismus Luthers, Leipzig 2002). Das betrifft bei Stolle nicht nur das Amt der Kirche, sondern auch die Frage nach der Rechtfertigung, die bei Stolle völlig neu „konstruiert“ wird. Auch die innerkanonische Sachkritik, die Stolle in seiner Argumentation für die Frauenordination betreibt, hat er inzwischen in seinem Buch auf andere Bereiche des Neuen Testaments und andere Lehrfragen übertragen. Da Stolle der wichtigste theologische Gewährsmann der Frauenordinationsbefürworter in der SELK ist, muß man davon ausgehen, daß auch seine noch weiter gehenden Paradigmenwechsel rezipiert werden (vgl. als Spitze des Eisbergs die Internetplattform: http://www.frauenordination.de/ [115], dort unter „Vorgänge SELK“). Beachtung verdient z.B. die nicht nur übers Internet (ebd.) verbreitete Zusammenstellung Stolles: „Ausgeblendetes, was jedoch für das Thema von großer Bedeutung ist, sowie Unklarheiten, die zu falschen Schlüssen verleiten können“, zur im Auftrag der Kirchenleitung der SELK erarbeiteten Seminareinheit: „Ordination von Frauen zum Amt der Kirche? Seminareinheit für die theologische Weiterarbeit durch die Bezirkspfarrkonvente zum Jahresthema II/2006“. Die Art und Weise, wie man diesen „Klarstellungen“ dann im kirchlichen Diskurs wiederbegegnet, zeigt, daß man es in der Tat mit einer „Schulbildung“ zu tun hat, in der einer den Ton vorgibt und andere kollektiv folgen. Zu Stolles „Destruktion des lutherischen Sinnganzen“ (so Stolle selbst in seinem Buch, a.a.O., S. 438) vgl. Heft 4/2003 der Zeitschrift „Lutherische Beiträge“ (Jahrgang 8) und meine Auseinandersetzung: Wider die alten und neuen Antinomer. Über „Paradigmenwechsel“ in der lutherischen Theologie, in: Armin Wenz: Sana Doctrina. Heilige Schrift und theologische Ethik, Frankfurt am Main 2004 (Kontexte 37), S. 335-356.

[16] [116] Fakultät, Frauen, S. 8.

[17] [117] Vgl. z.B. die von Regin renter referierte Position Gustaf Wingrens (Die Ordination der Frauen zu dem überlieferten Pfarramt der lutherischen Kirche, Luthertum Heft 28, Berlin und Hamburg 1967, S. 15).

[18] [118] Vgl. auch Appold, Frauen, der sich wiederholt auf Luthers Verbindung von allgemeinem Priestertum und Amt beruft, ohne zu klären, wie beide sich bei Luther zueinander verhalten.

[19] [119] Vgl. Volker Stolle: Im Dienst Christi und der Kirche. Zur neutestamentlichen Konzeptualisierung kirchlicher Ämter, in: LuThK 20, 1996, S. 65-131, hier S. 126.

[20] [120] In EKD, Frauenordination auf fast jeder Seite.

[21] [121] EKD, Frauenordination, S. 6. Stolle spricht entsprechend von zeitbedingten „Ordnungsstrukturen“ (Neutestamentliche Aspekte zur Frage der Ordination von Frauen, in: Fakultät, Frauen, S. 69-79, hier, S. 69), vgl. dazu die Kritik bei Martens, Stellungnahme, S. 31.

[22] [122] Stolle, Aspekte, S. 73f. Vgl. dazu kritisch Martens, Stellungnahme, S. 37: „Die Behauptung, in der christlichen Gemeinde spiele „die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, wie sie in der Schöpfung geordnet ist, … keine Rolle mehr, trifft vielleicht auf bestimmte gnostische Gemeinden, sicher jedoch nicht auf Paulus und seine Gemeinden zu. Wie man zu solch einer Behauptung angesichts von 1. Kor 11 und 14, Eph 5 und 1. Tim 2 kommen kann, ist ein Rätsel.“

[23] [123] Stolle, Aspekte, S. 78f.

[24] [124] Vgl. dazu die nicht umsonst als Stellungnahme zu „Frauen im kirchlichen Amt?“ veröffentlichte Ausarbeitung von Armin-Ernst Buchrucker: Frauenpfarramt und Feministische Theologie (Hannover 1995).

[25] [125] Als paradigmatisch hierfür ist auf den „Hirtenbrief zur Frage der Ordination von Frauen zum Amt der Kirche“ von Bischof Jobst Schöne aus dem Jahre 1994 hinzuweisen (Ders.: Botschafter an Christi Statt. Versuche, Groß Oesingen 1996, S. 70-82, hier vor allem S. 73-82).

[26] [126] Vgl. Weinrich, It is not given (wie Anm. 34), S. 29: “We need to reflect upon the inner and organic connections which bind the speaking of the Gospel and the administration of the sacraments to the inner life of the most Holy Trinity.” – und der Kontext ebd.

[27] [127] Vgl. Schöne, Hirtenbrief, S. 79: „Das Bild von Christus als dem Hirten und Bischof unserer Seelen (1. Petrus 2,25) verblaßt, wenn nicht in seinem Namen und Auftrag Hirten reden und handeln, die er als seine Botschafter (2. Korinther 5,20) ausgesandt hat. Erfahrungen und Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen, die von Menschen abgeleitet und auf sie, speziell auf Frauen, bezogen sind, können dann schnell ein neues Gottes- und Christusbild formen.“

[28] [128] Gottfried Martens: Gibt es das „eine, von Christus gestiftete Amt der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung“? Beobachtungen zur Frage von Amt und Ämtern im Neuen Testament unter besonderer Berücksichtigung der Pastoralbriefe, in: Lutherische Beiträge 10, 2005, S. 3-20. Zum neutestamentlichen Befund vgl. auch die Aufsätze von Hartmut Günther: Ordination von Frauen zum Amt der Kirche? Erwägungen zu einer umstrittenen Frage, in: LuThK 21, 1997, S. 99-113 und John W. Kleinig: Die Heilige Schrift und der Ausschluß der Frauen vom Hirtenamt, in: Lutherische Beiträge 2, 1997, S. 5-20.

[29] [129] Gert Kelter: Das apostolische Hirtenamt der Kirche als institutionalisierte Zuspitzung der potestas clavium. Entwurf einer Zuordnung von Amt, Ämtern und Diensten in der Kirche vor dem Hintergrund von CA XXVIII, in: Lutherische Beiträge 10, 2005, S. 21-34; Ders.: Parochiales oder diözesanes Bischofsamt? Versuch einer Auseinandersetzung mit neuen Ergebnissen ökumenischer Forschung, in: Lutherische Beiträge 11, 2006, S. 71-91. Vgl. auch Armin Wenz: „Vom Amt der Schlüssel“ – ein Katechismusstück und seine Bedeutung, in: Einträchtig Lehren. Festschrift für Bischof Dr. Jobst Schöne, hg. v. Jürgen Diestelmann und Wolfgang Schillhahn, Groß Oesingen 1997, S. 542-558.

[30] [130]Armin Wenz: Die Lehre von den Schöpfungsordnungen – ein überholtes Theologumenon? In: Ders.: Sana Doctrina. Heilige Schrift und Theologische Ethik, Frankfurt am Main 2004, S. 146-181.

[31] [131] Armin Wenz: The Office of the Ministry in Lutheran Pastoral Theology of the 19th Century. Wilhelm Löhe and August Vilmar: Two Confessors of a Lutheran Doctrine of the Ministry. Noch unveröffentlicht. Veröffentlichung in russischer Übersetzung von Pavel Butakov, Nowosibirsk, geplant im Tagungsband der III. Theologischen Konferenz des Lutherischen Theologischen Seminars, Nowosibirsk (22.-23.2.2006).

[32] [132] Gottfried Martens: Die Adiaphora als theologisches Problem. Ansätze zu einer Hermeneutik von FC X, in: Lutherische Beiträge 5, 2000, S. 117-127  mit dem wichtigen Fazit auf S. 127: „Daß die Wertung kirchlicher Praktiken als Adiaphora … da, wo mit dieser Wertung wirklich ernst gemacht wird, auf die Dauer zu einer Trennung von denen führen muß, die dieser Wertung widersprechen, stellt FC X deutlich heraus und mahnt uns dazu, mit der Verwendung dieser Begrifflichkeit sorgsam und theologisch verantwortlich umzugehen.“

[33] [133] Women in the Church. Scriptural Principles and Ecclesial Practice. A Report of the Commission on Theology and Church Relations of TheLutheranChurch –Missouri Synod, September 1985.

[34] [134] William Weinrich: „It is not given to Women to Teach“. A Lex in Search of a Ratio,Fort Wayne,IN, 1993.

[35] [135] Vgl. ebd., S. 29. Zu den unlöslich mit dem Evangelium verbundenen Geboten vgl. S. 30f.

[36] [136] Bertil Gärtner: Das Amt, der Mann und die Frau im Neuen Testament, in: In Signo Crucis, Bad Windsheim 1963.

[37] [137] Vgl. aus anglikanischer Sicht: Günther Thomann: Die Frauenordination und ihre Folgen für die Anglikanische Gemeinschaft – Eine kurze Übersicht, in: Lutherische Beiträge 4, 1999, S. 106-124; aus dem evangelikalen Lager: Werner Neuer: Mann und Frau in christlicher Sicht, Gießen/Basel, 5. Auflage 1993; Markus Liebelt: Frauenordination. Ein Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion im evangelikalen Kontext, Nürnberg o.J.; Heinzpeter Hempelmann: Gottes Ordnungen zum Leben. Die Stellung der Frau in der Gemeinde, Ammerbach 1997. Zur orthodoxen Position vgl. Peter Hauptmann: Protestantische Frauenordination in russisch-orthodoxer Sicht, in: Lutherische Beiträge 1, 1997, S. 21-30. Ein historisch weit ausgreifendes und ökumenisch bedeutsames Standardwerk hat der römisch-katholische Theologe Manfred Hauke vorgelegt: Die Problematik um das Frauenpriestertum vor dem Hintergrund der Schöpfungs- und Erlösungsordnung, Paderborn, 4. Auflage 1995.

[38] [138] So der Grundtenor der Internetplattform http://www.frauenordination.de/ [115]. Es ist interessant, wie sich dieses Argument auf die sogenannte Diskussions- oder Streitkultur auswirkt. Denn auf ernsthafte Sachargumente von Theologen, von denen man sowieso schon weiß, daß sie Fundamentalisten oder verbohrte Dogmatiker sind, braucht man gar nicht einzugehen. Zu den eigentümlichen Erfahrungen, die man dann im innerkirchlichen Diskurs machen kann, vgl. die treffende Glosse von Gert Kelter: Theologie und Wirklichkeit. Eine sehr populärphilosophische Glosse, in: Lutherische Beiträge 11, 2006, S. 253-255. Was wirklich hinter dem Fundamentalismusvorwurf steckt, ist die Ausblendung der geistgewirkten Realität von Theologie und Kirche. Die postmoderne, konstruktivistische Hermeneutik verändert so völlig die Kommunikation. Denn wenn man sich über die vorgegebenen Realitäten, einschließlich der biblischen Aussagen und Inhalte, nicht mehr verständigen kann, weil diese nur zeitbedingte Konstruktionen sind und weil jedes Verstehen relativ ist, wird Kommunikation zum Machtkampf, in dem sich der stärkste („plausibelste“, mächtigste etc.) Konstrukteur durchsetzt.

[39] [139] EKD, Frauenordination, S. 5: „Gehorsam gegen die Schrift kann nicht bedeuten, daß einzelne Bibelverse als ‚Beweissätze’ (dicta probantia) isoliert und ihr engerer und weiter Kontext ignoriert werden.“

[40] [140] Ebd.

[41] [141] Stolle, Dienst, passim.

[42] [142] Vgl. EKD, Frauenordination, S. 5: „Wenn spätere Texte und Traditionen die Frauen als Verursacherinnen der Sünde in der Welt bezeichnen und ihre Unterordnung unter Männer fordern (so bes. 1. Tim 2,8-15), ist dies ein Ergebnis einer vom ursprünglichen Sinn abrückenden Wirkungsgeschichte, die sich jedoch stets aufs neue an der befreienden Botschaft des Evangeliums Jesu Christi und ihrem Verständnis der Schöpfung messen lassen muß.“; Stolle, Aspekte, S. 77: „Die einschränkenden Anweisungen dagegen nehmen legendäre Ausschmückungen auf, die sich in der Auslegungstradition mit den Texten verbunden hatten und ihre zeitgemäße Aktualisierung und Anwendung darstellen (I Kor 11,7-10; I Tim 2,13-15). Unter anderen kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen verlieren sie mit ihren eigentlichen Voraussetzungen ihre Plausibilität und werden gegenstandslos.“ Ferner Stolles Rezension von: Ulrike Wagener: Die Ordnung für das „Haus Gottes“. Der Ort von Frauen in der Ekklesiologie und Ethik der Pastoralbriefe (Tübingen, 1994), in: LuThK 19, 1995, S. 159: „Die vorliegende Untersuchung führt in guter und einsichtiger Weise in die hermeneutische Problematik hinein, daß der I Tim in den behandelten Texten von der theologischen Linie des Paulus abweicht und eine Gestaltung des Gemeindelebens von außerchristlichen gesellschaftlichen Vorgaben her sucht. Wenn das richtig gesehen ist, kommt die Kirche gar nicht um die Entscheidung herum, ob sie dem sich der antiken Gesellschaftsordnung verdankenden Modell kritiklos folgen oder der in Christus geschenkten evangelischen Freiheit Raum geben will.“

[43] [143] Volker Stolle: I Kor 14,26-40 und die Gottesdienstreform der lutherischen Reformation. Die biblische Grundlegung des Gottesdienstes als hermeneutische Frage, in: LuThK 19, 1995, S. 98-135, hier S. 135.

[44] [144] EKD, Frauenordination, S. 4f. Vgl. dazu Reinhard Slenczka: Ist die Kritik an der Frauenordination eine kirchentrennende Irrlehre? Dogmatische Erwägungen zu einer Erklärung des Rates der EKD vom 20. Juli 1992, in:  Ders.: Neues und Altes. Ausgewählte Aufsätze, Vorträge und Gutachten. Band 3, Neuendettelsau 2000, S. 197-210, hier S. 201. Martens bezeichnet Brunners Abhandlung „Hirtenamt und die Frau“ als „den wohl tiefgründigsten ablehnenden Beitrag zu dieser Frage“ (Stellungnahme, S. 4).

[45] [145] Brunner, Hirtenamt, S. 317. Vgl. Prenter, Ordination, S. 6-8; Gärtner, Amt, S. 8.

[46] [146] Vgl. Weinrich, It is not given, S. 14: Paul argues “not on the basis … of the culture and society”, but “on the basis of the story of creation”.

[47] [147] Auf diese Prämisse und ihre Anwendung durch Luther weist Hans Kirsten hin: Luther und die Frauenordination, in: Ders.: Die Kirche in der Welt. Aufsätze zur praktischen Theologie aus drei Jahrzehnten, Groß Oesingen 1983, S. 185-194, hier vor allem S. 192f.

[48] [148] Darauf weist mit Nachdruck Martens hin (Stellungnahme, S. 31-33).

[49] [149] Vgl. dazu kritisch Martens, Stellungnahme, S. 49.

[50] [150] Das betrifft insbesondere die „Belege“ für Luthers angebliche Ableitung des kirchlichen Amtes aus dem allgemeinen Priestertum. Vgl. z.B. EKD, Frauenordination, S. 3. Daß die lutherischen Bekenntnisschriften kein einziges Mal das „allgemeine Priestertum“ bei der Begründung des kirchlichen Amtes auch nur erwähnen, ist wiederum keiner Erwähnung wert.

[51] [151] Volker Stolle: Luther, das „Amt’ und die Frauen, in: LuThK 19, 1995, S. 2-22, hier S. 20. Vgl. ebd., S. 8: „Eigene kulturgeschichtliche Bedingtheiten werden damit sowohl biologisch als auch biblizistisch zu untermauern versucht.“; ebd., S. 21: „Im Gegensatz zu dem Schriftwort I Petr 2,9, das deutlich seine eigenständige Kraft, ja, geradezu eine kritische Sprengkraft entfaltet, wirkt das Schweigegebot bzw. Lehrverbot nicht aus sich heraus, sondern dient der nachträglichen biblischen Begründung von Überzeugungen, die von anderen Voraussetzungen her evident erscheinen.“

[52] [152] Ebd., S. 22. In seinem Aufsatz „I Kor 14,26-40 und die Gottesdienstreform der lutherischen Reformation“ resümiert Stolle: „Der Ausschluß der Frauen vom kirchlichen Amt wurde nicht aus dem Auftrag des Evangeliums und der Berufung durch Christus abgeleitet, sondern den menschlichen Ordnungen zugerechnet.“ (LuThK 19, 1995, S. 134). Daß Luther selbst den Ausschluß der Frau vom kirchlichen Amt vom Gebot Christi her begründen konnte, bezeichnet Stolle als „Ausnahme“ (ebd., S. 134, Anm. 132). Der Umgang mit dem Zitat von Theodosius Harnack ebd. zeigt auch, daß Stolle nur deshalb zu seinen Schlußfolgerungen kommen kann, weil für ihn die Rede von der Schöpfungsordnung immer „menschliche Ordnung“, nicht jedoch wie bei Harnack „göttliche“ Ordnung impliziert.

[53] [153] Vgl. auch: Eckhard Struckmeier: Vom Glauben der Kinder im Mutter-Leibe’. Eine historisch-anthropologische Untersuchung frühneuzeitlicher lutherischer Seelsorge und Frömmigkeit im Zusammenhang mit der Geburt (Kontexte 31), Frankfurt am Main 2000.

[54] [154] Appold, Frauen, S. 275f.

[55] [155] Vgl. ebd., S. 277: „Es gibt keinen Beleg dafür, daß Frauen im frühneuzeitlichen Luthertum für das Predigtamt ordiniert worden wären.“ Alles, was Appolds Beobachtungen zeigen (und das ist gewiß beachtenswert), ist, daß die orthodoxen Lutheraner so „frauenfreundlich“ waren, daß für diese in der Tat zahlreiche neben dem Pfarramt  existierende kirchliche Ämter zugänglich waren. Genau das ist aber auch der Vorschlag zahlreicher wichtiger lutherischer Theologen, die der Frauenordination aus theologischen Gründen ablehnend gegenüberstehen und gerade deshalb fordern, spezifische kirchliche Ämter für theologisch qualifizierte Frauen zu schaffen (vgl. Prenter, Ordination, S. 17; Brunner, Hirtenamt, S. 337f; Slenczka, Ordination, S. 195; Schöne, Hirtenbrief, S. 81). Hinweisen kann man auch auf die Tatsache, daß es in den USA gerade die Lutherische Kirche-Missouri Synode und die Römisch-Katholische Kirche sind, die mit Abstand die meisten Frauen in qualifizierten kirchlichen Ämtern – mit der einen Ausnahme des Pfarramtes – beschäftigen.

[56] [156] Appold, Frauen, S. 276.

[57] [157] Ebd., S. 276.

[58] [158] Ebd., S. 277.

[59] [159] Ebd., S. 277.

[60] [160] Ebd., S. 278f.

[61] [161] Rudolf Eles: Martin Luther und das Frauenpfarramt. Bemerkungen zu Prof. Dr. Volker Stolles Aufsatz: „Luther, das ‚Amt’ und die Frauen“, Groß Oesingen, 1995; Tom Hardt: Die Lehre Martin Luthers von der Frauenordination. Eine kritische Auseinandersetzung, in: Michael Salzmann, Johannes Junker (Hg.): Ich will hintreten zum Altar Gottes. Festschrift zum 80. Geburtstag für Hans-Heinrich Salzmann, Neuendettelsau 2003, S. 213-229; David P. Scaer: Ordaining Women: Has the Time Come? Fort Wayne 1995 (hektographierte Einführung des Professors für Dogmatik am Concordia Theological Seminary, Fort Wayne – einer Schwesterhochschule der Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel –  in die Debatte in der SELK für englischsprachige Leser). Martens, Stellungnahme, S. 52 wendet sich daher zu Recht dagegen, „den Reformator selbst gleichsam zum Kronzeugen für die Legitimität der Frauenordination anzuführen“.

[62] [162] Vgl. Hardt, Lehre, passim und Eles, Luther, S. 13, passim.

[63] [163] Appold hat in seiner Habilitation bewiesen, daß er ein profunder Kenner der lutherischen Orthodoxie ist (Vgl. dazu meine Besprechung in: Lutherische Beiträge 10, 2005, S. 261-265). Um so nachdenklicher stimmt, daß er sein theologisches Gewicht nun in dieser Weise kirchenpolitisch in die Waagschale wirft.

[64] [164] Karlmann Beyschlag: Grundriß der Dogmengeschichte. Band II. Gott und Mensch. Teil 2. Die abendländische Epoche, Darmstadt 2000, S. 401, Anm. 181.

[65] [165] Vgl. Karlmann Beyschlag: Grundriß der Dogmengeschichte. Band I. Gott und Welt, Darmstadt, 2. Auflage 1988, S. 150f: „Was aber ist ‚das Gnostische’ schlechthin? Fragt man nach dem Grundmotiv, so stößt man immer wieder auf die gleiche, letztlich defizitäre Struktur. Es ist mit einem Wort der Seinsnegativismus der gnostischen Gotteslehre (…), die Verweigerung von Schöpfungsordnung und Schöpfungstheologie (…) zugunsten einer ‚Soteriologie der Selbsterhaltung’ und ‚Selbstverwirklichung’ (…), was den Gnostizismus kirchlich untragbar machte.“

[66] [166] Dogmengeschichte II.2 (wie Anm. 64), S. 401.

[67] [167] Vgl. Brunner, Hirtenamt, S. 310: „In der alten Kirche war infolge der notwendig gewordenen Auseinandersetzung mit gnostischen und häretischen Gruppen die Frage nach der Gestalt des amtlichen Dienstes der Frau in der Kirche noch lebendig.“; William Weinrich: Women in the History of the Church: Learned and Holy, But Not Pastors, in: John Piper, Wayne Grudem (Hg.): Recovering Biblical Manhood and Womanhood. A Response to Evangelical Feminism,Wheaton 1991, S. 274: „Against the Gnostic, to maintain a distinction of male and female function was to confess a creation theology that respected the concrete, fleshly differences between man and woman.“

[68] [168] Vgl. Armin Wenz: Das Wort Gottes – Gericht und Rettung. Untersuchungen zur Autorität der Heiligen Schrift in Bekenntnis und Lehre der Kirche, Göttingen 1996 (FSÖTh 75), S. 15-85.

[69] [169] Vgl. zu diesem auch im ökumenischen Gespräch enorm wirksamen Konzept der „Mitte des Evangeliums“ als „eines organisierenden Prinzips in der Vielzahl der theologischen Konzeptionen, die sich in der Überlieferung, vor allem auch im Neuen Testament, erkennen lassen“,  die Kritik bei Gottfried Martens: Die Rechtfertigung des Sünders – Rettungshandeln Gottes oder historisches Interpretament? (FSÖTh 64), Göttingen 1992 (hier S. 195; dazu und zum entsprechenden „Subjektwechsel“ im Umgang mit der Heiligen Schrift vgl. ebd., passim!).

[70] [170] Prenter, Ordination, S. 18 mit der Fortsetzung ebd.: „Es geht wohl eine Linie von jener modernen Nichtbeachtung des geschichtlich bedingten äußeren Zeichens der Kontinuität des Pfarramtes mit dem Apostolat zu der existenztheologischen Auffassung des Kerygmas …“ Vgl. dazu auch die Ausführungen des Kieler Philosophen Kurt Hübner: Glauben und Denken. Dimensionen der Wirklichkeit, Tübingen 2001, S. 101f, Anm. 22:  „… als Wieder-Holung der Gegenwart Jesu Christi beim letzten Abendmahl ist der amtierende Priester dessen Stellvertreter. Daher ist auch die heute verbreitete Forderung widersinnig, diese seine Rolle ebenso Frauen zu überlassen. Mit Frauenfeindlichkeit hat, wie man sieht, das Festhalten der katholischen Kirche am männlichen Priester nicht das geringste zu tun. Im übrigen sind solche Forderungen nur ein Zeichen dafür, daß man wieder einmal, wie ja schon so oft in der Geschichte des Christentums, die Konkretheit der Eucharistie als eine Sache von Fleisch und Blut einem abstrakten und bläßlichen Symbolismus aufopfern möchte.“

[71] [171] Hans Ulrich Gumbrecht: Diesseits der Hermeneutik. Die Produktion von Präsenz, Frankfurt am Main 2004, S. 80.

[72] [172] Vgl. Volker Zastrow: Politische Geschlechtsumwandlung, in: FAZ 19.6.2006, S. 8.

[73] [173] Vgl. Prenter, Ordination, S. 8, der von „Ordnungsgeboten“ spricht, „welche die rechte, sachgemäße Überlieferung des Evangeliums hüten wollen“.

[74] [174] Prenter, Ordination, S. 9.

[75] [175] Dietzfelbinger, Veränderung, S. 318. Vgl. Brunner, Hirtenamt, S. 328: „Die Ordnung, die zwischen Mann und Frau herrscht, ist von Gott im Ursprung aller Dinge gesetzt, sie ist nicht in der Geschichte entstanden, sondern mit der Erschaffung gegeben. … Paulus hat hier den Schöpfungsbericht von 1. Mose 2 vor Augen.“ Vgl. ebd., S. 335f.

[76] [176] Prenter, Ordination, S. 12 unter Rezeption von CA 28! Zur Zuspitzung dieser Repräsentation auf die Schlüsselgewalt, vgl. ebd., S. 13.

[77] [177] Vgl. das schöne Schlußwort von Weinrich, It is not given, S. 32: “A ‘know-nothing’ hermeneutic which finds itself satisfied when explicit and particular prohibitions are wanting in Scripture will not be competent to inquire after the inner and organic relation between word and act, between what the incarnate Word did and what the Church must do to be faithful to the Gospel.”

[78] [178] Vgl. dagegen das Urteil von Dietzfelbinger, Veränderung, S. 319: „Daß das Problem, an dem immerhin alle Jahrhunderte der bisherigen Kirchengeschichte und nicht geringe ökumenische Probleme hingen, irgendwie gelöst oder zu einem Konsensus geführt sei, ließ sich beim besten Willen nicht sagen.“

[79] [179] Vgl. EKD, Frauenordination, S. 8.

[80] [180] Ebd.

[81] [181] Dietzfelbinger, Veränderung, S. 319. Vgl. für die Debatte in der SELK die in die gleiche Richtung gehende Warnung bei Martens (Stellungnahme, S. 48).

[82] [182] Johannes Wirsching: Kirche und Pseudokirche. Konturen der Häresie, Göttingen 1990, S. 176f: Der Häretiker „… kann nicht glauben, ohne der vermeintlichen Armut seines Glaubens durch Zusatzevidenzen aufzuhelfen. … Darum versteht der Häretiker sein Christusbekenntnis auch nicht als Zeugnis für die Wahrheit Jesu Christi in der Gemeinschaft der Väter und Brüder (horizontale Ökumene), sondern als das Programm einer Auswahl- oder Vortruppgemeinde in Überbietung der Väter und Brüder (vertikale oder futurische Vereinzelung). So gesehen, will der Häretiker auch nicht etwas bezeugen, sondern vor allem etwas erreichen … In alledem erweist sich Häresie als revolutionär, nicht als reformatorisch. Der christliche Revolutionär gründet am Ende immer eine (Kirche sein sollende) Partei, obwohl er doch in der Kirche bleiben und sie als die reine Gemeinschaft des Glaubens erhalten, wenn nicht wiederherstellen will.“

[83] [183] Vgl. Stolle, Aspekte, S. 79: „Die Kirche wird die Frage der Ordination von Frauen heute entscheiden müssen, weil sie in einer Zeit lebt, die auf dem Wege zu einer Emanzipation der Frau ist. Zureichende Kriterien für eine solche Entscheidung hat die Kirche, denke ich, vom Neuen Testament und von der heutigen gesellschaftlichen Stellung von Mann und Frau her.“ (Vgl. dazu die Kritik bei Martens, Stellungnahme, S. 43); ferner Stolle, Gottesdienstreform, S. 135; Dietzfelbinger, Veränderung, S. 317f: „Je stärker jedoch die Emanzipationsbewegungen in der gesamten Gesellschaft wurden, desto eindeutiger wurde der Ruf der Theologinnen nach dem Pfarramt und nach der Ordination gleich den Männern.“; Sasse, Ordination, S. 1ff.

[84] [184] Brunner, Hirtenamt, S. 334. Martens (Stellungnahme, S. 43) weist darauf hin, daß das Schriftprinzip in Frage steht, wenn „Schrift und Gesellschaft als Kriterien“ eingeführt werden: „Letzteres müßte man vom lutherischen Bekenntnis her allerdings als Irrlehre bezeichnen.“ Vgl. auch Thomas Junker: Theologische Aspekte zu den Beiträgen ‚Frauen im kirchlichen Amt?’ in Oberurseler Heft 28, Hannover 1995, passim.

[85] [185] Sasse spricht gerade mit Blick auf die Frauenordination von einer „Zeit, die wie die unsere geradezu abergläubische Erwartungen in den Dialog setzt als dem unfehlbaren Mittel jeder Entscheidung.“ (Ordination, S. 1)

[86] [186] Zitiert bei Slenczka, Consensus, S. 54.

[87] [187] Eine inquisitorische Semantik des „Verdachts“ durchzieht insbesondere die Argumentation Stolles gegen diejenigen, die sich nicht auf seine Linie zur Thematik einlassen wollen, deren Sachargumenten er auf diese Weise psychologisierend aus dem Wege geht. Vgl. z.B. Stolle, Aspekte, S. 78; dazu Martens, Stellungnahme, S. 42; Junker, Aspekte, S. 87.

[88] [188] Vgl. Slenczka, Consensus, S. 51; Martens, Stellungnahme, S. 47 (zur Rolle des Fernsehens in den zugunsten der Frauenordination ausgefallenen Entscheidungsprozessen in der Landeskirche Schaumburg-Lippe und in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden).

[89] [189] Vgl., besonders sprechend, Stolle, Luther, S. 16 zu Luthers Amtsverständnis: „Mit aller Eindeutigkeit werden die Rollen verteilt. Die Amtsträger sind gebend, die Gemeinde verhält sich empfangend. Und in dieses Amtsverständnis wird nun als integraler Bestandteil die Überordnung des Mannes über die Frau aufgenommen. Die Amtslehre wird damit in Entsprechung zur Soziallehre konzipiert.“

[90] [190] Vgl. Slenczka, Consensus, S. 45f: „In dem Maße jedoch, wie die Gremien dem parlamentarischen Vorbild folgen, wird der Konsens das alles bestimmende Ziel sein, und zwar sowohl für die Wahrung des Zusammenhalts im kirchlichen Gemeinwesen wie auch für die Durchsetzung bestimmter Beschlüsse. Daß sich sowohl bei der Wahl der Themen wie auch in den jeweiligen Einstellungen das Spektrum der öffentlichen Meinung und der politischen Richtungen in den kirchlichen Gremien widerspiegelt, ist unter dieser Voraussetzung nicht überraschend.“

[91] [191] Slenczka, Kritik, S. 202f.

[92] [192] Vgl. Slenczka, Kritik, S. 205.

[93] [193] Vgl. Martti Vaahtoranta: Dies Geheimnis ist groß – der Sinn von „des Herrn Gebot“ (1. Kor. 14,37). Einige sehr persönliche Überlegungen, in: Lutherische Beiträge 10, 2005, S. 35-42; Ulla Hindbeck: Mann und Frau nach Gottes Wort, in: Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis (Hg.): Wer „verläßt den Boden der in der evangelischen Kirche geltenden Lehre“? Zur EKD-Stellungname von 1992 „Frauenordination und Bischofsamt“, Groß Oesingen 1995, S. 54-60.

[94] [194] Slenczka, Consensus, S. 53.

[95] [195] Vgl. dazu Fakultät, Frauen, passim und die kritischen Anmerkungen dazu von Martens (Stellungnahme, S. 28): „Auch hier wird die Gewißheitsfrage, die Bindung des Gewissens an das Wort Gottes, nur noch in Karikaturform behandelt; nicht die Seite, die die altkirchliche Praxis ändert, sondern die sie beibehält, steht mit einem Mal unter dem Zwang, sich dafür zu rechtfertigen, daß sie etwas ‚zu einem Kriterium erhebt’. Damit wird das Problem aber nachgerade auf den Kopf gestellt.“ (vgl. auch ebd., S. 11f, S. 50f)

[96] [196] Slenczka, Kritik, S. 208, Anm. 16.

[97] [197] Vgl. Martens, Stellungnahme, S. 12f: „Das von der Kammer für Theologie ausgesprochene Anathema macht deutlich, daß eine Koexistenz von Gegnern und Befürworter der Frauenordination in einer Kirche, in der die Frauenordination eingeführt ist, prinzipiell nicht möglich ist.“

[98] [198] Sasse, Ordination, S. 9: „Alle diese Überlegungen auf Grund des klaren Schriftwortes machen es für die Kirche Lutherischer Reformation unmöglich, die Ordination von Frauen als gültig und erlaubt anzuerkennen. Denn diese Kirche klammert sich nicht an menschliche Überlieferungen, sondern sie bleibt gewissenhaft bei der Hl. Schrift als dem Wort Gottes. … Wir können auch nicht Gemeinschaft haben mit Pfarrern und Bischöfen, die solche Ordinationen vollziehen, die gegen Gottes Wort sind.“

[99] [199] Eles, Luther, S. 30.

Pfr. Dr. Armin Wenz, Oberursel, 2007
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors