Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Dr. Wolfgang Philipp, Acht notwendige Fragen zum ESM

Montag 16. Juli 2012 von Christoferuswerk e.V.


Christoferuswerk e.V.

Acht notwendige Fragen zum ESM

Dr. Wolfgang Philipp ist Rechtsanwalt in Mannheim mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht und Autor zahlreicher Publikationen. Bei einer Veranstaltung der Freien Wähler in Karlsruhe erklärte er am 30.6.2012 Folgendes:

“Im Zusammenhang mit den ESM-Beschlüssen des Deutschen Bundestages und Bundesrates sollten an Abgeordnete nachfolgende Fragen gestellt werden:

1. Wissen Sie, dass die ESM-Gesellschaft mit einem Eigenkapital von 700 Mrd. € die weitaus größte Bank in Europa sein wird? (12 mal so viel Kapital wie die Deutsche Bank – 140 mal so viel Kapital wie die Deutsche Bundesbank – 65 mal so viel Kapital wie die Europäischen Zentralbank im Jahr 2010 – 5 mal mehr als das Haushaltsvolumen der EU)

2. Wissen Sie, dass in der ESM-Bank die Verfügung über das Geld und politische Macht in einzigartiger Weise vereint wird, weil sie nicht von Bankfachleuten, sondern von den Finanzministern geleitet wird? Das ist ein Zustand, den die deutsche Politik seit Kriegsende immer vermeiden wollte. Die Unabhängigkeit der Notenbank war einer unserer größten Errungenschaften.

3. Wissen Sie, dass durch den ESM Europa tief gespalten wird? Der ESM-Vertrag ist keine Einrichtung der EU, sondern ein völkerrechtliches Abkommen. Er besteht nur aus 17 Mitgliedern, während die EU 28 Mitglieder hat.

Die Konstruktion des ESM läuft darauf hinaus, in Europa eine totalitäre Herrschaft zu entwickeln, die dazu führen wird, dass die anderen 11 Staaten als Orte der Freiheit erkannt, die 17 Euro-Staaten aber Orte der Unterdrückung, Ausbeutung und Enteignung werden.

4. Wissen Sie, dass Sie einen falschen Bundeshaushalt 2012 beschlossen haben?

Deutschland ist mit 190 Mrd. € Zeichner von 27% aller Anteile des ESM. Davon sind im Jahr 2012 8,7 Mrd. € in bar einzuzahlen, der Rest stellt eine Forderung des ESM gegen Deutschland dar, deren Einzahlung jederzeit verlangt werden kann. Mit der Ratifizierung ist eine Schuld des Bundes gegenüber dem ESM in Höhe von insgesamt 190 Mrd. € entstanden. Der ESM muss, um sein Kapital darzustellen, diese Forderung auch in seiner Bilanz ausweisen.

Diese Neuverschuldung Deutschlands ist aber im Bundeshaushalt 2012 bis auf den Baranteil von 8,7 Mrd. € nicht zu sehen.

In Wirklichkeit löst allein der ESM in Deutschland eine Neuverschuldung in Höhe von 190 Mrd. € aus. Die Bundesregierung redet sich damit heraus, nach einem 2009 verabschiedeten Gesetz seien Schulden zum Erwerb einer Beteiligung im Bundeshaushalt nicht als solche auszuweisen. Sie behauptet, die Beteiligung an dem ESM stelle eine solche Beteiligung dar.

Das ist blanker Unsinn: Es handelt sich nicht um BASF-Aktien, sondern um eine Verpflichtung, aus der niemals herauszukommen sein wird, es gibt weder ein Rücktrittsrecht, noch kann der Anteil abgetreten werden. Der Anteil ist wertlos, der Bundeshaushalt 2012 eine fundamentale Täuschung der Öffentlichkeit über den wahren Sachverhalt. Für diese neuen Schulden haften wir alle. Wenn der Gouverneursrat die Einzahlung verlangt, muss der Bund durch Umschuldung Bankkredite aufnehmen und entsprechend Zinsen zahlen, die auf ewige Zeiten im Haushalt stehen werden und zwar jedes Jahr neu.

5. Wissen Sie, was es mit der “Rekapitalisierung ausländischer Banken” auf sich hat? – Ich will es Ihnen sagen:

a) Es ist bereits gängige Praxis und im ESM-Vertrag auch für die Zukunft vorgesehen, dass ein sehr großer Teil der notleidenden Euro-Staaten zufließenden Gelder nicht für diese Staaten, sondern zur “Rekapitalisierung” von Banken in diesen Staaten verwendet werden, auch privaten Banken. Dabei geht es um riesig Summen. In Griechenland ist von 50 Mrd. €, in Spanien von über 60 Mrd. € die Rede.

b) Für diese Schulden fremder ausländischer Banken haftet dank des Abstimmungsverhaltens frei gewählter Abgeordneter des deutschen Volkes jeder Deutsche vom Säugling bis zum Greis. Die Frage, ob das die Verfassung erlaubt, ist nicht einmal gestellt, geschweige denn erörtert worden.

c) Die Abwicklung solcher Rekapitalisierung von Banken hat kriminellen Charakter: Die begünstigten Banken müssen für die empfangenen Gelder zwangsläufig Aktien ausgeben. Diese sind durch die zufließenden Gelder werthaltig und gelangen in das Eigentum der jeweiligen Staaten, die Empfänger des Geldes waren. Gleichzeitig werden je nach dem Ausgabekurs auch die alten im Kurs verfallenen Aktien wieder aufgewertet, so dass zu Lasten des deutschen Steuerzahlers vermutlich zahlreichen Aktionären ausländischer Banken ihre Kursverluste ersetzt werden.

d) Keine Bank gibt Kredite ohne Sicherheiten. Der ESM müsste also Kredite, welche er ausländischen Staaten zur Rekapitalisierung ihrer Banken gibt, davon abhängig machen, dass diese Staaten die empfangenen neuen Aktien an den ESM verpfänden. Geschieht dies nicht, kann es passieren, dass diese Staaten ihre Schulden bei dem ESM nicht zurückzahlen, die wertvollen Aktien aber behalten und anderweitig veräußern. Werden die Aktien verpfändet, tritt beim ESM und damit bei den Steuerzahlern kein oder nur ein geringer Schaden ein. Es ist unfassbar, dass die hier möglichen Sicherheiten nicht verlangt worden sind. Die Unterlassung könnte als Untreue gewertet werden.

6. Wissen Sie, dass die Behauptung, das Kapital des ESM sei auf 700 Mrd. € begrenzt, nicht stimmt?

Eine genaue Lektüre des ESM-Vertrages lässt erkennen, dass der Gouverneursrat die noch nicht eingezahlten Anteile nicht unbedingt zum Nennwert, sondern auch in anderer Weise, d.h. mit einem Aufgeld einziehen kann. Dieses Aufgeld hat zu keiner Zeit der Beschlussfassung des Deutschen Bundestages unterlegen. Der Gouverneursrat kann also auch mehr als 700 Mrd. € von den Mitgliedern einziehen, die gegenteiligen Behauptungen der Bundesregierung und anderer Propagandisten sind unwahr.

7. Wissen Sie, dass nach dem ESM-Vertrag dessen Forderungen gegen notleidende Euro-Länder dort Vorrang vor allen anderen Forderungen haben sollen?

Wissen Sie, dass dies zwar für den ESM günstig klingt, aber zur Folge haben wird, dass diese Staaten von niemand anders mehr Kredit erhalten werden? Sie werden vollständig in ihrer Kreditfinanzierung vom ESM abhängig, was einer totalen Sozialisierung gleichkommt.

8. Wissen Sie, dass die in den GesetzentwĂĽrfen jetzt vorgesehene Beteiligung des Bundestages bei BeschlĂĽssen des ESM rechtlich zweifelhaft ist?

Diese vom Bundesverfassungsgericht verlangte Beteiligung steht nämlich nur in dem ESM-Finanzierungsgesetz, das rein innerdeutsch ist und nicht in Brüssel hinterlegt wird. Sie müssten in dem Ratifizierungsgesetz stehen und mit diesem hinterlegt werden.

Der Zustimmungsvorbehalt für den Bundestag verstößt möglicherweise gegen den ESM-Vertrag, zumindest aber müsste diese deutsche Regelung mit dem Ratifizierungsvertrag in Brüssel hinterlegt und damit allen anderen Partnern notifiziert werden. Möglicherweise ist die gesamte Regelung über die Beteiligung des Bundestages rechtlich gegenüber den anderen Partnern nicht durchsetzbar, der Europäische Gerichtshof wird es eines Tages entscheiden. Die Vertretung des deutschen Volkes durch den eigenen Bundestag steht auch insoweit in dieser wichtigen Frage auf tönernen Füßen.”

Felicitas KĂĽble, Christoferuswerk, 7. Juli 2012 (Christliches Forum)

 

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 16. Juli 2012 um 14:16 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik, Wirtschaftsethik.