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Der Heilige Geist – sein Wesen, Kommen und Wirken

Der Heilige Geist – sein Wesen, Kommen und Wirken

In einem Text für den Religionsunterricht in der vierten Klasse der Grundschule wird das Pfingstfest behandelt. Die Ereignisse des Pfingstfestes werden richtig wiedergegeben und auch das Wesen, das Kommen und das Wirken des Geistes werden thematisiert. Doch es gelingt dem Autor ein kleines verräterisches Wörtchen in den Text einzufügen. Die Ereignisse zu Pfingsten „sollen“ sich so abgespielt haben. In anderen Worten: Ob es so gewesen ist oder nicht – da kann man sich nicht sicher sein! Der Autor kann seine eigenen Zweifel an diesem Punkt nicht verbergen und so verhindert er nicht nur, dass Glauben geweckt wird, sondern er sät seine eigenen Zweifel zugleich in die Herzen der Schüler.

Dabei ist der Heilige Geist alles andere als ein Zweifler und Skeptiker. Luther schrieb in seiner Schrift „Vom unfreien Willen“ an Erasmus von Rotterdam: „Lass uns Bekenner sein und uns um verbindliche theologische Aussagen mühen und daran Freude haben, du zolle deinen Skeptikern und Akademikern Beifall, bis dich Christus auch wird gerufen haben. Der Heilige Geist ist kein Skeptiker, nicht Zweifel oder subjektive Ansichten hat er in unsere Herzen geschrieben, sondern verbindliche Aussagen, die gewisser und unerschütterlicher sind als das Leben selbst und alle Erfahrung.“

Ganz in diesem Sinne wollen wir uns hier um verbindliche theologische Aussagen zum Wesen, zum Kommen und zum Wirken des Heiligen Geistes mühen und mit diesen Zeilen freudig bekennen, dass „die Liebe Gottes ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5). Für Paulus ist die Ausgießung des Heiligen Geistes keine Eventualität, sondern eine heilsgeschichtliche und persönlich erlebte Tatsache: „…, der uns gegeben ist!“

1          Das Wesen des Heiligen Geistes

1.1       Die Gottheit des Heiligen Geistes

Der Heilige Geist hat verschiedene Namen, die alle Rückschlüsse auf seine Herkunft und sein Wesen zulassen. Er ist der Geist Gottes (2 Chr 15,1), der Geist des Herrn (Jes 11,2), der Geist des Vaters (Mt 10,20) und der Atem des Allmächtigen (Hiob 32,8). Er ist zugleich auch der Geist Jesu (Apg 16,7), der Geist Christi (Röm 8,9) und der Geist des Sohnes (Gal 4,6). Wir sehen anhand dieser Bezeichnungen, dass der Geist der Herkunft und dem Wesen nach Gott, dem Vater und Gott, dem Sohn zugeordnet werden muss.

Der Geist Gottes ist Träger göttlicher Eigenschaften. Er ist heilig, so wie Gott selbst heilig ist (Joh 14,26; Apg 5,32; Röm 1,4), er ist ewig (Hebr 9,14) und er ist allmächtig: „Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben“ (Hiob 33,4). Der Schöpfungsbericht zeigt uns, dass Gottes ewiger und allmächtiger Geist von Anfang an war und ist und bei der Erschaffung der Welt mitwirkte: „Und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser“ (1 Mose 1,1). Der Geist Gottes ist ein allgegenwärtiger Geist: „Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?“ (Psalm 139,7). Und er ist ein allwissender Geist, da er selbst die Tiefen der Gottheit erforscht (1 Kor 2,10).

Vergleiche von neutestamentlichen Bibelstellen mit ihren alttestamentlichen Bezugsstellen bezeugen ebenfalls, dass der Heilige Geist göttlichen Ursprungs und Wesens ist. Was Gott im Alten Testament durch die Propheten gesprochen hat, kann im Neuen Testament als Reden des Heiligen Geistes bezeichnet werden: „Mit Recht hat der Heilige Geist durch den Propheten Jesaja zu euren Vätern gesprochen“ (Apg 28,25; vgl. Jes 6,9-10). Im Hebräerbrief lesen wir: „Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist…“ (Hebr 10,15). In der alttestamentlichen Bezugsstelle heißt es: „So spricht der Herr“ (Jer 31,1ff). Wo der Herr spricht, da spricht auch der Heilige Geist. Auch wird in der Apostelgeschichte deutlich, dass die Lüge gegen den Heiligen Geist zugleich auch eine Lüge gegen Gott ist (Apg 5,3.4).

Wir halten fest, dass der Heilige Geist sowohl der Herkunft nach als auch aufgrund seiner Eigenschaften dem Wesen nach göttlich ist. Gott ist Geist (Joh 4,24) und der Heilige Geist ist Gott.

1.2       Die Person des Heiligen Geistes

Diese Gleichsetzung darf jedoch – wie in der Lehre der Zeugen Jehovas – nicht zu dem falschen Eindruck führen, der Heilige Geist ginge vollständig in Gott auf und sei nur eine Geisteskraft, die von Gott ausginge wie ein Kraftstrom ohne eigenständiges Persönlichkeitsprofil. Die Bibel kennt zwar den Begriff „Person“ nicht und doch ist der Begriff „Person“ eine Hilfe, um das zu fassen und zu beschreiben, was uns das Wort Gottes vermitteln und lehren will: Der Geist Gottes existiert von Ewigkeit her als eigenständige Person Gottes zusammen mit dem Vater und dem Sohn und wirkt mit den anderen beiden Personen der Gottheit in der Schöpfung und in der Erlösung.

a.) Anders als eine unpersönliche Kraft, handelt der Geist als Person. Er redet und beruft: „Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der heilige Geist: Sondert mir aus Barnabas und Saulus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe.“ (Apg 13,2; vgl. Joh 16,13). Der Geist gibt die Gaben des Geistes, wie er will (1 Kor 12,11).

b.) Der Geist lässt sich als Person behandeln. Der Geist kann gelästert und geschmäht werden „Alle Sünde und Lästerung wird dem Menschen vergeben, aber die Lästerung gegen den Geist wird nicht vergeben“ (Mt 12,31; Hebr 10,29). Der Geist kann belogen und versucht werden (Apg 5,3.9). Er kann betrübt und gedämpft werden: „Und betrübt nicht den heiligen Geist, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung“ (Eph 4,30; 1 Thess 5,19, vgl. Jes 63,10)

c.) Der Geist hat die Eigenschaften einer Person. Er hat Wille (1 Kor 12,11; vgl. Joh 3,8). Er liebt (Röm 15,30). Er weiß, was in Gott ist (1 Kor 2,11).

Der Heilige Geist ist Gott. Weil er aber durch Gottes Wort mit den typischen Merkmalen einer eigenständigen Persönlichkeit innerhalb der Gottheit offenbart wird, sprechen wir zu Recht von der Personhaftigkeit des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist befindet sich bei aller Eigenständigkeit jedoch in einer vollkommenen und ewigen Liebes- und Willenseinheit mit dem Vater und dem Sohn. Alle drei verfolgen dieselben Ziele und wirken miteinander und füreinander am Erreichen dieser Ziele.

1.3       Die Dreieinigkeit Gottes

Diese eben gemachte Beobachtung wird wiederholt bestätigt durch die sogenannten trinitarischen Formeln wie z. B. „Taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes“ (Mt 28,19) oder „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (2Kor 13,13). Immer wieder begegnen uns auch größere Aussageeinheiten, die eine trinitarische Struktur oder trinitarische Elemente aufweisen: „Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (Joh 14,26) (vgl. auch Röm 1,1-4; Röm 5,1-5; Eph 1,1-4; 1 Petr 1,1-2.3-12). In diesen trinitarischen Aussagen offenbart sich Gott in der Heiligen Schrift als Dreieiner Gott, der zwar der eine und unteilbare Gott ist, der aber zugleich in den drei Personen Vater, Sohn und Geist existiert und wirkt. Wäre der Geist nur ein unpersönlicher Kraftstrom, ergäbe es auch keinen Sinn, warum wir eben nicht nur auf den Namen des Vaters, sonder auch auf den Namen des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft werden. Wo ein Name ist, da ist auch eine Person, die durch diesen Namen benannt wird. Weil Gott sich als Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist offenbart hat, bekennen wir uns auch freudig zu dem Dreieinen Gott, der ein Gott in drei Personen ist. Auf dem Hintergrund dieser biblischen Befunde bekannten sich auch die alten Kirchenväter zu dem einen Gott in drei Personen, „ein Gott in Dreiheit und die Dreieinigkeit in Einheit, ohne Vermischung der Personen und ohne Trennung der Wesenheit“ (Symbolum Athanasium).

2          Das Kommen des Heiligen Geistes

2.1       Der Heilige Geist im Alten Bund

In der Geschichte Israels wurden jeweils nur einzelne auserwählte Menschen vom Heiligen Geist erfüllt. In der Zeit der Richter kam der Geist auf Männer wie Simson, die mit außergewöhnlichen Kräften ausgestattet wurden, um die Feinde Israels zu besiegen (Richter 14,6). Auch die Könige Saul oder David erhielten den Geist, wobei der Geist Gottes wieder von Saul wich, als dieser sich von Gott abwandte (1 Samuel 16,4). David betete darum, dass Gott ihm die Gabe des Geistes nicht entziehen möge: „Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir“ (Ps 51,13). Die Gabe des Geistes wurde im Alten Bund einzelnen Personen insbesondere im Zusammenhang mit ihren Ämtern als Könige, Priester und Propheten gegeben und konnte wieder entzogen werden.

2.2       Der Heilige Geist und der Messias

Darüber hinaus durchziehen zwei Verheißungslinien das Alte Testament. Die erste Verheißungslinie kündigt das Kommen des Messias an, der sein Volk erlösen wird von seinen Sünden und in besonderer Weise Träger des Geistes Gottes sein wird: „Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn“ (Jesaja 11,1.2).

2.3       Der Heilige Geist und das Volk Gottes

Die zweite Verheißungslinie kündigte an, dass der Geist Gottes auf das ganze Volk ausgegossen werden sollte: „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen“ (Joel 3,1.2).

2.4       Jesus Christus und der Heilige Geist

In Jesus Christus erfüllten sich diese beiden Verheißungslinien. In der Taufe des Johannes offenbarte der himmlische Vater, dass in seinem Sohn Jesus Christus der verheißene Messias und Träger des Heiligen Geistes auf die Erde und zu seinem Volk gekommen war: „Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen“ (Mt 3,16). In Jesus Christus erfüllte sich auch die zweite prophetische Linie in Bezug auf das Kommen des Geistes. Johannes der Täufer hatte gesagt: „Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt…, der wird euch mit dem Heiligen Geist taufen“ (Mt 3,11). Mit Blick auf seinen nahenden Kreuzestod und die Himmelfahrt bereitete Jesus seine Jünger auf das verheißene Kommen des Heiligen Geistes vor: „Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden“ (Joh 16,7). 40 Tage nach seiner Auferstehung von den Toten und am Tag seiner Himmelfahrt wies Jesus seine Jünger an, in Jerusalem auf das Kommen des Geistes zu warten: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein“ (Apg 1,8). Zehn Tage später, also am 50. Tag (pentekoste) nach der Auferstehung Christi wurde der Heilige Geist während des jüdischen „Fest der Erstlingsgaben“ auf die wartenden Jünger ausgegossen. An diesem Tag erfüllte sich die Verheißung der Propheten. Der Geist wurde auf die aus dem Volk Israel ausgegossen, die Jesus als den Messias erkannten, in seinem Namen die Vergebung ihrer Sünden annahmen und sich auf seinen Namen taufen ließen (Apg 2,38). Die Jünger, die den Heiligen Geist empfingen, waren die „Erstlingsgabe“ aus dem Volk Israel.

Das Pfingstfest ist zugleich das Gründungsfest der weltumspannenden Gemeinde Jesu. Der Heilige Geist fügt seither Menschen aus allen Nationen zum Leib Christi hinzu und er stattet die Gemeinde mit den Gaben des Geistes aus (1 Kor 12,1ff). Das Sprachwunder, das hier geschah, muss im Zusammenhang der babylonischen Sprachverwirrung gesehen werden. Damals wurden die Nationen durch Gottes Gericht verstreut. Mit dem Kommen des Messias und der Ausgießung des Heiligen Geistes sammelt Gott die Nationen und fügt sie zusammen zu einem Volk, das in Ewigkeit Gottes Volk sein wird.

2.5       Wie kann ich den Heiligen Geist empfangen?

Jeder Mensch muss sich bewusst sein, dass dieser Heilige Geist bis heute empfangen werden muss und empfangen werden kann. Jesus sagte zu Nikodemus im nächtlichen Gespräch, dass jeder, der Gottes Reich sehen und in das Reich Gottes gelangen will, wiedergeboren werden muss: „Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen“ (Joh 3,5). Haben wir den Geist nicht, so können wir Gottes Reich nicht erkennen und nicht in den Himmel kommen. Eine ernste Warnung, die wir beherzigen müssen!

Doch wie empfange ich die Gabe des Heiligen Geistes? Wie kommt der Geist Gottes zu mir? Paulus schreibt an die Epheser: „In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit – in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem heiligen Geist“ (Eph 1,13). Wenn Sie das Evangelium von Jesus Christus hören und glauben, dass er für Ihre Sünden gestorben ist und Sie ihm ihre Sünden bekennen, wenn Sie glauben, dass er auferstanden ist von den Toten, dann empfangen Sie die Gabe des Geistes und werden mit dieser Gabe versiegelt. Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glauben“ (Joh 7,38.39). Wenn Sie also an Jesus Christus glauben, wie er in der Heiligen Schrift bezeugt wird, dann erhalten Sie die Gabe des Geistes. Dann erleben Sie Ihr ganz persönliches Pfingstfest.

Nun meinen manche, es reiche nicht, „gläubig zu werden“, sondern man müsse sich nach einer zweiten Erfahrung oder Taufe mit dem Heiligen Geist ausstrecken, möglicherweise begleitet von spektakulären Geistesgaben wie dem sog. Zungengebet. Eine solche „zweite Erfahrung“ scheint auf den ersten Blick von den Ereignissen wie sie z. B. in Apg 8 berichtet werden, gedeckt zu sein. Beim näheren Hinsehen jedoch zeigt sich, dass es sich hier um heilsgeschichtlich einmalige Geschehnisse handelte, die auf die apostolische Zeit und das Übergreifen des Evangeliums über die enge Grenze des Volkes Israel hinaus (hier auf Samaria) beschränkt waren. Eindeutig bezeugen Jesus und die Apostel, dass die Taufe mit dem Heiligen Geist von jedem empfangen wird, der das Evangelium von Jesus Christus hört und glaubt (Joh 7,38.39; Eph 1,13; Gal 3,1.2). Wer glaubt, der hat!

3          Das Wirken des Geistes

In einem dritten Schritt wenden wir uns nun dem Wirken des Geistes zu. Der Heilige Geist heiligt uns. Heiligung bedeutet, dass der Heilige Geist uns zu Christus zieht und uns immer mehr in das Bild Christi verwandelt, damit wir vorbereitet werden auf die ewige Gemeinschaft mit Gott (vgl. Röm 1,4; 8,29; Hebr 12,14).

3.1       Der Geist verherrlicht Jesus Christus

In den Abschiedsreden des Johannesevangeliums beschreibt Jesus verschiedene Wirkungen des Geistes Gottes. So sagt er seinen Jüngern: „Er wird mich verherrlichen“ (Joh 16,14). Das tut der Geist, in dem er mir die Augen dafür öffnet, dass ich ein total verdorbener und in Ewigkeit verlorener Sünder bin, der sich selbst liebt, aber nicht Gott und seinen Christus (Joh 16,8). Doch der Heilige Geist führt mich über diesen Punkt hinaus zu der Erkenntnis, dass Jesus Christus für einen verdammten Sünder wie mich auf diese Erde gekommen ist, um ein stellvertretendes Opfer für meine Sünden zu bringen (Joh 1,29). Er führt mich also zum Kreuz von Golgatha, wo ich Vergebung meiner Sünden und neues Leben empfange. Doch von Golgatha führt mich der Heilige Geist weiter an das leere Grab und lässt mich erkennen und glauben, dass Jesus Christus tatsächlich auferstanden ist von den Toten (Röm 4,25). Er zeigt mir, dass er aufgefahren ist zum Vater und wiederkommen wird mit Macht und Herrlichkeit. Erkenne ich all dies komme ich nicht umhin, an Christus zu glauben, ihn als meinen Herrn und Erlöser anzuerkennen, zu bekennen und ihn anzubeten. So verherrlicht der Heilige Geist Christus in uns.

An dieser Stelle soll kurz auf die Frage eingegangen werden, ob Christen im Gebet den Heiligen Geist direkt ansprechen sollten. Der Heilige Geist will nicht sich selbst verherrlichen, sondern er will Christus verherrlichen (Joh 16,14), so dass er den Beter auf Christus (Joh 16,23) und durch Christus zum Vater weist (Röm 8,15). Weder Christus noch die Apostel haben je direkt zum Heiligen Geist gebetet. Da sich unser Gebetsleben an der Schrift orientieren sollte, sollten auch wir nicht zum Heiligen Geist, sondern zu Christus und zum Vater beten.

3.2       Der Geist führt in alle Wahrheit

Weiter sagt Jesus: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten“ (Joh 16,13). Der Geist öffnet uns die Augen für die Wirklichkeit und Wahrheit Gottes und für unsere Lebenslügen und die Lügen dieser Welt. Wenn uns der Geist in alle Wahrheit führt, führt er uns wiederum zu Jesus Christus, denn er ist die Wahrheit in Person. Er führt uns aber auch zum Wort Gottes, denn Gottes Wort ist die Wahrheit (Joh 17,17). Der Geist Gottes bindet immer an das Wort Gottes! Durch die Bindung an die Wahrheit des Wortes Gottes lerne ich Lüge und Wahrheit zu unterscheiden. Die Welt sagt, dass es viele Wahrheiten gibt, die alle gleich gültig sind. Es gibt viele Wege, die zu Gott führen. Wenn z. B. ein hoher Kirchenvertreter der Evangelischen Kirche behauptet, dass das Christentum keinen Absolutheitsanspruch (mehr) vertrete und auch die anderen Religionen legitime Wege zu Gott seien, dann kann ich durch den Heiligen Geist die Lüge dieser Aussage erkennen. Der Heilige Geist bindet mich an das Wort des Herrn, der sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich“. Immer wieder betonen bekannte Persönlichkeiten in Interviews auf die Frage nach der Bedeutung des Todes, dass „danach alles aus sei.“ Auch hier bindet uns der Geist Gottes an das Wort der Schrift und damit an die Wahrheit, die der natürliche Mensch nicht erkennen kann: „Denn es wird gesät verweslich und es wird auferstehen unverweslich, es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit, es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft, es wird gesät ein natürlicher Leib und es wird auferstehen ein geistlicher Leib (1Kor 15,42-44). Der Geist der Wahrheit bindet mich an Jesus Christus und sein Wort und demaskiert die Lüge, die Christus und seinem Wort widerspricht.

3.3       Der Geist vergewissert die Gotteskindschaft

Paulus schreibt an die Römer in Kapitel 8: „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“ (8,14). Und weiter: „Ihr habt einen kindlichen Geist empfangen durch den wir rufen: „Abba, lieber Vater“ (8,15). „Der Geist selbst gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind“ (8,16). Der Geist Gottes ruft durch uns zum himmlischen Vater. Und der Geist Gottes bestätigt und vergewissert meinem eigenen Geist, also in meinem inneren Wesen, dass ich durch Jesus Christus ein Kind Gottes bin. Hier haben wir eine ganz wunderbare bestätigende, glaubens-, und heilsvergewissernde Wirkung des Heiligen Geistes. Während der natürliche Mensch immer wieder in tiefe Zweifel gestürzt wird, ob der Existenz Gottes und der Sinnhaftigkeit seines eigenen Lebens so erfüllt der Heilige Geist – der eben kein Skeptiker ist – uns mit der festen Gewissheit der Kindschaft Gottes. Wo uns tiefe Zweifel plagen, sollten wir Gott darum bitten, uns mit der Gabe des Geistes auch das Geschenk der Gewissheit des Glaubens zu schenken.

3.4       Der Geist wirkt die Früchte des Geistes

Das fünfte Kapitel des Galaterbriefes zeigt uns, dass wir in der Auseinandersetzung zwischen Fleisch und Geist stehen. Ein Kampf tobt in uns (Gal 5,17). Das alte sündige Wesen will die Werke des Fleisches tun (Gal 5,19). Durch den Geist Gottes können wir diese „Taten des Fleisches“ töten: „Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben“ (Röm 8,13). An einem wunderschönen Tag sehe ich eine gutaussehende Frau, die mich freundlich ansieht. Aus dem Herzen steigt ein ehebrecherischer Gedanke auf. An diesem Punkt führt mich der Geist Gottes in den Kampf. Das Fleisch will die Frau. Der Geist bindet mein Herz jedoch an das Wort der Schrift und kämpft mit dem Wort gegen das Fleisch: „Du sollst nicht begehren!“ „Du sollst die Ehe nicht brechen!“ „Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit die Ehe gebrochen in seinem Herzen“ (Mt 5,28). Durch die Bindung an das Wort Gottes und an den auferstandenen Christus kann das Begehren des Fleisches überwunden also „getötet“ werden. In der Überwindung des Fleisches entsteht die Frucht des Geistes. Hier ist es die Treue. Die anderen Früchte des Geistes, die durch den Heiligen Geist in unserem Leben heranwachsen sind: „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit“ (Gal 5,22). Bitten wir Gott darum, dass wir im Kampf gegen die Sünde bestehen und die Früchte des Geistes in uns heranreifen.

3.5       Der Geist gibt die Gaben des Geistes

Mit der Ausgießung des Geistes wurde wie bereits erwähnt die Gemeinde Jesu gegründet. Der Geist wirkt jedoch über die Gründung der Gemeinde hinaus, indem er die Gemeinde baut, erhält und führt. Nicht ohne Grund bekennen sich Christen im apostolischen Glaubensbekenntnis erst im dritten Artikel (Ich glaube an den Heiligen Geist) auch an die „heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen“. Zu Recht nannte Luther die Kirche die „Werkstätte des Heiligen Geistes“. Der Heilige Geist führt uns in die „Werkstatt des Heiligen Geistes“, damit wir in dieser Werkstatt umgeformt und umgestaltet werden (Heiligung). Wir brauchen die Gemeinde, um vom Geist Gottes geheiligt, korrigiert und gestärkt zu werden. Dazu gibt der Geist den Gliedern der Gemeinde Gaben. Paulus schreibt an die Christen in Korinth: „Es sind verschiedene Gaben, aber es ist ein Geist“ (1Kor 12,4). „In einem jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller“ (1Kor 12,7). Der Geist gibt u. a. die Gabe der Weisheit, der Erkenntnis, des Glaubens, der Heilung, die Gabe Wunder zu tun, die Gabe der Prophetie, der Unterscheidung der Geister und der Zungenrede (zusammengefasst in a. Wortgaben, b. Dienstgaben, c. Zeichengaben). Alle diese Gaben haben ein Ziel: Sie sind gegeben, damit jeder Christ mit seiner Gabe, den anderen Christen dienen kann. So wird die Gemeinde und jeder einzelne Christ auf Jesus Christus hin ausgerichtet, wo nötig korrigiert und umgeformt und auf dem Weg zum ewigen Ziel hin gestärkt und ermutigt. Wenn uns die Schrift mahnt, die Versammlungen nicht zu verlassen (Hebr 10,25), dann muss dieser Zusammenhang im Hintergrund. Wenn ich die „Gemeinschaft der Heiligen“ verlasse, dann verlasse ich die „Werkstatt des Heiligen Geistes“. Das gereicht mir zum Schaden, da ich nicht so verändert werde, wie ich verändert werden könnte, und es gereicht zum Schaden meiner Glaubensgeschwister, denen ich ja mit meiner Gabe dienen soll.

3.6       Der Geist macht uns zu Zeugen des Evangeliums

Kurz vor seiner Aufnahme in den Himmel bereitete Jesus seine Jünger auf den Empfang des Heiligen Geistes und den missionarischen Verkündigungsauftrag vor: „Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8). Die Hinrichtung am Kreuz, die Auferstehung von den Toten und die Ausgießung des Heiligen Geistes waren damals unbeachtete und für die meisten Zeitgenossen unbedeutende Ereignisse an der Peripherie des riesigen Römischen Reiches. Wie konnte es dazu kommen, dass diese Nachricht vom gekreuzigten und auferstandenen Gottessohn in den kommenden Jahrhunderten und Jahrtausenden auf allen Erdteilen verkündigt werden sollte und für Milliarden von Menschen aller Völker und Sprachen zur frohen Botschaft wurde? Hier war und ist der Heilige Geist am Werk. Er führt Menschen zu Jesus Christus, so dass sie im Herzen glauben und mit dem Munde bekennen, dass Jesus Christus Herr und Erlöser ist. Er gibt Mut und Kraft, von Christus Zeugnis abzulegen selbst unter Todesgefahr. In der „Stimme der Märtyrer“, dem Informationsheft der Hilfsaktion Märtyrerkirche, befindet sich ein Interview mit einem ehemaligen Muslim, der unter seinen malaysischen Landsleuten das Evangelium verkündigt. Auf die Frage, ob er in seiner von staatlichen Gesetzen verbotenen und gefährlichen Evangelisationsarbeit manchmal Angst habe, antwortete er: „Klar, als Mensch habe ich Angst. Aber der Geist Gottes in mir ist mutig. Wenn du Christ bist, dann gibt es ja viel mehr, als nur das Leben hier in dieser Welt. Dann gibt es ein Leben nach dem Tod.“ Dieses Beispiel macht deutlich, wie der Heilige Geist selbst 2000 Jahre nach seiner Ausgießung immer noch unter den Völkern dieser Erde wirkt, um Christus zu verherrlichen, das Evangelium zu verkündigen und Menschen zu retten. Möge der Heilige Geist auch uns zu mutigen Bekennern und Zeugen des Evangeliums machen.

3.7       Der Geist führt in die Vollendung

Im dritten Artikel des Glaubensbekenntnisses bekennen wir Christen: „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“ Hier kommt sehr schön zum Ausdruck, dass das Wirken des Heiligen Geistes auf unsere ewige Vollendung abzielt. So schreibt z. B. der Apostel Paulus: „Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt“ (Röm 8,11). Der Heilige Geist in mir bindet mich an Christus und damit auch an seine Auferstehung. Ist Christus auferstanden, so werden auch die auferstehen, die zu ihm gehören (1 Kor 15,23). Der Heilige Geist ist demnach Anzahlung und Unterpfand auf die kommende Auferstehung von den Toten und den Antritt eines himmlischen und ewigen Erbes (Eph 1,14). Lassen wir durch den Heiligen Geist fest an Christus binden!

Freut euch, ihr Christen alle,
Gott schenkt uns seinen Sohn;
lobt ihn mit großem Schalle,
er sendet auch vom Thron
des Himmels seinen Geist,
der uns durchs Wort recht lehret,
des Glaubens Licht vermehret
und uns auf Christus weist.

Er lässet offenbaren
als unser höchster Hort
uns, die wir Toren waren,
das himmlisch Gnadenwort.
Wie groß ist seine Güt!
Nun können wir ihn kennen
und unsern Vater nennen,
der uns allzeit behüt‘.

Verleih, daß wir dich lieben,
o Gott von großer Huld,
durch Sünd dich nicht betrüben,
vergib uns unsre Schuld,
führ uns auf ebner Bahn,
hilf, daß wir dein Wort hören
und tun nach deinen Lehren:
das ist recht wohlgetan.

Von oben her uns sende
den Geist, den edlen Gast;
der stärket uns behende,
wenn uns drückt Kreuzeslast.
Tröst uns in Todespein,
mach auf die Himmelstüre,
uns miteinander führe
zu deinem Freudenschein!

Text: Georg Werner 1639
Melodie: Zieh ein zu deinen Toren (Nr. 133)

Prediger Johann Hesse, Pfingsten 2012