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Die EKD und die Abschaffung der Schöpfung

Die EKD und die Abschaffung der Schöpfung
Eine Stellungnahme zur aktuellen Kreationismusdebatte aus theologischer Sicht

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat sich in zwei Publikationen zum Thema Kreationismus geäußert. In 2007 veröffentlichte der Beauftragte für Weltanschauungsfragen der Ev. Landeskirche in Württemberg, Hansjörg Hemminger, die von der Ev. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen herausgegebene Schrift „Mit der Bibel gegen die Evolution. Kreationismus und ‚intelligentes Design’ – kritisch betrachtet“ (EZW-Text 195). Vor kurzem erschien mit einem Geleitwort von Bischof Huber die von den Theologen Michael Beintker und Friedrich Schweitzer erarbeitete 24-seitige Schrift „Weltentstehung, Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube in der Schule“ (EKD-Texte 94). Beide Schriften machen eine Stellungnahme aus der Sicht konservativ-protestantischer Theologie notwendig. Um die Position der EKD in der Diskussion um Kreationismus/Intelligent Design zu verstehen, erörtere ich zunächst ihr Verständnis des biblischen Schöpfungsberichtes. Danach gehe ich auf einzelne Sachfragen ein. Ich klammere dabei die Auseinandersetzung mit den naturwissenschaftlichen Aspekten weitestgehend aus, da diese an anderer Stelle stattfindet.

1. Das den Äußerungen der EKD unterliegende Verständnis von 1. Mose 1-3

Charakteristisch für das Verständnis von 1Mose 1-3 in der modernen Theologie ist die Ansicht, daß wir es in der Bibel mit Glaubenszeugnissen zu tun haben, in denen kollektive religiöse Erfahrungen in Worte gefaßt werden. Die Bibel sei Menschenwort und als solches Niederschlag lebendiger menschlicher Religiosität. Die Bibel sei nicht von Gott und nicht von Gottes Geist eingegeben, es sei denn, man identifiziere den Geist Gottes mit der menschlichen Religiosität. Menschen hätten in der Bibel ihre Erfahrungen in Form von Mythen weitergegeben und so seien auch die Berichte von Schöpfung und Sündenfall Mythen, also Geschichten, die nicht den Anspruch erhöben, ein wirkliches Geschehen wiederzugeben. Damit ist dem Schöpfungsbericht die faktische Autorität genommen und es liegt auf der Hand, daß er als zeitloser Mythos viel leichter mit der modernen naturwissenschaftlichen Weltsicht zu harmonisieren ist. Das gilt offenbar auch für die oben genannten Autoren, auch wenn diese die hier gemachten Bemerkungen nicht ausdrücklich vorausschicken.

Aus diesem Ansatz ergibt sich, daß der biblische Schöpfungsbericht eine religiöse Wirklichkeitsdeutung liefert im Unterschied zu einem naturwissenschaftlichen Zugang zur Welt. Religiöse Wirklichkeitsdeutung habe es mit einer Dimension tun, die nicht durch Zählen, Messen und Wiegen erfaßt werden könne, sondern die intuitiv erfaßt werde. Wenn behauptet wird, die Bibel wolle kein naturwissenschaftliches Lehrbuch sein, dann mag das für sich genommen stimmen, aber hinter der Behauptung steht die Ansicht, die religiöse Wahrnehmung der Schöpfung sei eine ganz andere Kategorie der Wahrnehmung als die naturwissenschaftliche. Während letztere sich an objektiven Daten festmache, die man mit den entsprechenden Methoden erheben könne, bedeute die erste, daß der Mensch ohne einen objektiven, äußeren Anlaß der Wirklichkeit eine Art Etikett aufklebt mit der Aufschrift „Schöpfung“. Der biblische Schöpfungsglaube wird damit als Produkt religiöser Weltbetrachtung angesehen, als Resultat des Nachsinnens über die Welt. Er sei motiviert durch den Lobpreis Gottes im Gottesdienst.

Dies ist eine für die moderne Theologie typische Vorstellung. Religiöses Bewußtsein fasse seine Einsichten in eine Geschichte, die sich so nicht zugetragen habe und nicht sagen wolle, was etwa geschehen wäre, sondern die einen „Glauben“, eine bestimmte religiöse Sichtweise, zum Ausdruck bringen wolle.

Man wird dann zwangsläufig zu der Frage geführt, was für ein Gott das ist, der in den so verstandenen biblischen Texten gelobt wird. Was tut er denn? Was hat er getan? Hat er wirklich die Welt erschaffen? Das Lob Gottes als Schöpfer ist dann, wenn er die Welt nicht wirklich erschaffen hat, ein hohles Lob, ein Lob für etwas, das man nicht aussagen kann. Die religiöse Redeweise verdeckt die Unwirklichkeit des tatsächlich handelnden Gottes. Sie wirkt vordergründig fromm und will der Autarkie des Menschen widersprechen, aber leistet mit der Verneinung der Schöpfung als Tatsache der Emanzipation vom Schöpfer Vorschub.

Mit der Behauptung, daß das Bekenntnis zu Gott, dem Schöpfer nicht zum ältesten Traditionsbestand des AT gehöre, wird die Bedeutung der biblischen Schöpfungsaussage weiter verringert. Hier zeigt die Aufnahme der Quellenscheidungstheorien Wirkung, mit denen die Bibelkritik seit etwa 150 Jahren die Autorität der Mosebücher untergräbt, obwohl es kein einziges Dokument gibt, das diese These bestätigt. Man hat vielmehr gemeint, man könne die vorliegenden Textdokumente künstlich in postulierte und keineswegs evidente Quellen (Jahwist, Elohist, Priesterschrift, Deuteronomium) aufspalten. Mit der Quellenscheidung versinkt die in den Mosebüchern berichtete Geschichte im Dunkel. 1Mose 1 wird – gegen die von der Bibel bezeugte mosaische Autorschaft – von der historisch-kritischen Schriftauslegung jener ominösen Priesterschrift aus der Zeit des babylonischen Exils zugeschrieben und als rückwärtige Projektion der Weltentstehung im Kontext spätjüdischer Religiosität verstanden.

Die Reduktion der biblischen Botschaft auf geistig-religiöse Einsichten und Erlebnisse ist Ausdruck dessen, daß die Kirche und ihre Theologie generell den Bezug zur Schöpfung verloren haben. Es ist das zweifelhafte Verdienst des Berliner Theologen D.F.E. Schleiermacher (1768-1834), die „Religion“ vollständig von dem von der Reformation betonten Bezug zum äußeren Wort der heiligen Schrift abgekoppelt und auf selbständige innerpsychische Vorgänge beschränkt zu haben.

2. Naturwissenschaft und Bibel – zwei Ebenen?

Die eingangs genannten Schriften sind – neben zahllosen anderen Äußerungen zeitgenössischer Theologen zum Thema – getragen von dem Ansatz, daß der christliche Schöpfungsglaube und die Evolutionstheorie die Welt von zwei ganz unterschiedlichen Ebenen aus sehen und daher einander nicht wirklich widersprechen können. Diese Behauptung muß näher beleuchtet werden.

Ohne Zweifel muß man zugestehen, daß die Bibel kein naturwissenschaftliches Lehrbuch sein will und sein kann. Sie redet nicht in wissenschaftlicher Exaktheit und beansprucht eine solche auch nicht. Sie verneint aber den Atheismus, der für die naturwissenschaftlichen Methoden gefordert und zum Aushängeschild der Wissenschaftlichkeit gemacht wird. Wenn die Bibel sagt, daß Gott am Anfang die Welt erschaffen habe, dann widerspricht sie einer atheistischen Welterklärung unabhängig davon, ob diese im Gewand der modernen Naturwissenschaft oder im Gewand spekulativer Philosophie daherkommt.

Ferner sagt die Schrift, daß Gott die Welt wirklich gemacht hat. Dies ist vom Standpunkt der Bibel aus keine religiöse Wirklichkeitsdeutung, sondern Tatsache. Auch andere Autoren der Bibel einschließlich Jesus Christus teilen diese Sicht (vgl. z.B. Ps 102,26; Spr 3,19; Jes 48,13; Hebr 1,10; Mt 19,4-5). Die Bibel spricht gleich am Anfang und sachlich am richtigen Ort von der Erschaffung der Welt. Sie macht eine kosmologische Aussage und tritt damit in Konkurrenz zu anderslautenden kosmologischen Vorstellungen.

Es ist daher ein Ausweichmanöver, wenn Beintker/Friedrich die Betonung so sehr auf das aktuelle schöpferische Handeln Gottes, die creatio continua, legen. Daß auch dieses stattfindet, wird gewiß auch aus der Schrift deutlich (vgl. Ps 104). Doch ist es die durchgängige Aussage der Bibel, daß Gott „am Anfang“ Himmel und Erde geschaffen hat. Diese Aussage läßt sich nicht mit einer dunklen, jahrmilliardenlangen Selbstorganisation des Kosmos in Einklang bringen, ganz abgesehen davon, daß die biblische Chronologie in größtem Kontrast zu den von der Evolutionstheorie postulierten Zeiträumen steht.

Es steht nicht in der Kompetenz des Menschen, zu entscheiden, welche Kosmologie die richtige ist. Kein Mensch hat Gott bei der Schöpfung zugeschaut und niemand hat einen Urknall beobachtet. In der Diskussion geht es vielmehr um die viel grundsätzlichere Frage, wem die Kirche in der Sache mehr glaubt: dem Wort Gottes oder einer vom Atheismus dominierten Naturwissenschaft. Zieht man in Betracht, daß menschliche Wissenschaften schon oft geirrt haben und ihre Irrtümer mit und ohne kirchlichen Segen vertreten haben, so ist es allemal berechtigt, wissenschaftliche Ergebnisse, die der Bibel widersprechen, als solche zur Kenntnis zu nehmen, sie jedoch als vorläufig zu betrachten und sie zum gegebenen Zeitpunkt zu überprüfen. Auch sei daran erinnert, daß menschliche Erkenntnis niemals als Maßgabe für das Ganze genommen werden darf. Menschliche Erkenntnis nimmt immer nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit empirisch wahr. Wenn eine unmittelbare empirische Wahrnehmung nicht möglich ist, wie das bezüglich des „Urknalls“ und der postulierten Jahrmilliarden der Fall ist, dann muß generell davor gewarnt werden, daß die „Erkenntnisse“ genannten geistigen Konstrukte des Menschen als Tatsachen kolportiert werden. Damit möchte ich sagen, daß zum Beispiel die auf radiometrischem Wege abgeleiteten hohen Altersdaten fossiler Organismen, die bekanntermaßen der biblischen (Kurzzeit-) Chronologie drastisch entgegenstehen, noch nicht als Beweis für einen Irrtum der biblischen Autoren angesehen werden können. Diese Rekonstruktionen enthalten nicht überprüfbare Denkvoraussetzungen, die eine über jeden Zweifel erhabene Absolutsetzung verbieten. Um es überspitzt zu sagen: Die Naturwissenschaften können und sollen uns erklären, wie die Welt funktioniert, aber bei der Erklärung, wie die Welt geworden ist, werden sie mit ihren methodischen und inhaltlichen Grenzen konfrontiert. Überschreiten sie diese unreflektiert, geraten sie in das Schlepptau von Spekulationen und Ideologien. Die Kirche täte indes der Wissenschaft einen besseren Dienst, wenn sie deren Ergebnisse anhand der Bibel ideologiekritisch bewerten und sich nicht mit der Rede von verschiedenen Ebenen aus ihrer Verantwortung stehlen würde.

3. Die Bedeutung des ersten Glaubensartikels

Indem die EKD-Autoren den Kreationismus ablehnen, wenden sie sich offen gegen das, was die Bibel sagt und was die Kirche durch die Jahrhunderte hindurch geglaubt hat, nämlich daß Gott am Anfang die Welt wirklich geschaffen hat. Indem sie die Bibel auf die geschilderte Weise umdeuten, annullieren sie die Aussagen des ersten Glaubensartikels. Damit werden zwei wesentliche Grundlagen der Kirche gleichzeitig preisgegeben: die heilige Schrift als autoritative Grundlage der Kirche und die Erkenntnis Gottes als Schöpfer, Offenbarer und Vollender. Sie werden diesen Vorwurf vehement zurückweisen, indem sie darauf verweisen, daß sie gerade für diesen Glauben werben und eine atheistische Weltdeutung verneinen. Aber was ist das für ein „Glaube“, wenn er nur subjektiv-religiöse Weltdeutung oder ein inneres religiöses Erlebnis ist? Christlicher Glaube ist getragen von den objektiven, im biblischen Wort gegebenen Zusagen des in der Welt- und Menschheitsgeschichte handelnden Gottes. Er erfaßt eine Wirklichkeit, die wohl dem Auge verborgen ist, aber nichtsdestoweniger so ist, wie es Gottes Wort sagt. Er vertraut auf die Wahrheit dieser Aussagen, obwohl man sie nicht mit den Mitteln der empirischen Wissenschaften beweisen kann, sondern gibt ihnen um der Treue des wirklich da seienden Gottes willen Kredit, wie aus Römer 4,18-21 hervorgeht. Das jedenfalls haben die Reformatoren im Einklang mit der Schrift unter Glauben verstanden und gerade das ist am Glaubensbegriff der modernen Theologie nicht mehr erkennbar. Mit anderen Worten, die EKD redet vom Glauben, aber meint nicht das, was die Bibel darunter versteht.

Damit wird deutlich: Schon der Glaubensbegriff dieser Theologie entbehrt dessen, was Luther das „äußerlich Ding“ nannte: des äußeren, objektiven Wortes Gottes und damit einer Größe, die nicht im menschlichen Bewußtsein, sondern in der Schöpfung steht: als menschliches, diesseitiges, geschriebenes oder gepredigtes Wort. So zeigt schon das Verständnis von Glauben und Christsein das Ausfallen der geschöpflichen Dimension. Mit dem Ausfallen der geschöpflichen Dimension verkommt der Glaube zu einer gnostischen und unwirklichen Größe. Er wird zu einer hohlen Gläubigkeit, die mit den unterschiedlichsten religiösen Anschauungen gefüllt werden kann.

Damit hängt zusammen, daß die neuere Theologie auch die Bezüge der Offenbarung Gottes zur geschöpflichen Dimension problematisiert, sei dies die Fleischwerdung des Sohnes Gottes oder das Eingehen des Heiligen Geistes ins biblische Wort. Für die neuere Theologie ist Jesus in der Regel nur ein Mensch und das Göttliche an ihm ist sein religiöses Bewußtsein. Aber wesenhaft Gott ist er für sie nicht. Auf der anderen Seite stehen Christologien „von oben“, in denen Christus etwa der „eschatologische Himmelsmensch“ (Käsemann) ist, dessen Beziehung zum irdischen Jesus im Sinne der neueren Theologie nur „geglaubt“ werden kann. Ähnlich verhält es sich mit Gottes Wort: Die neuere Theologie lehnt es ab, es mit der Bibel zu identifizieren, mithin also im Sinne der Lehre von der Theopneustie (Inspiration) der heiligen Schrift das äußere, menschliche Wort als Gotteswort anzusehen. Gottes Wort ist für sie ein Ereignis im Horizont der menschlichen Existenz, was aber nichts anderes heißt, als daß es in einer inneren religiösen Erfahrung oder in einem Bewußtseinsakt besteht.

Das Ausfallen der Schöpfung wird besonders in der Leugnung der leibhaftigen Auferstehung erkennbar. Wenn die biblischen Auferstehungsberichte als Zeugnisse religiöser Erfahrungen gedeutet oder als Chiffren für die Überwindung lebensfeindlicher Mächte und nicht als Berichte von Begegnungen mit dem leibhaftig Auferstandenen verstanden werden, und wenn Christen heute unabhängig davon, ob das Grab leer war oder nicht, ähnliche Erfahrungen des Aufatmens und der Hoffnung für die Zukunft machen sollen, dann bedeutet dieser Ausfall der geschöpflichen Dimension der Auferstehung, daß es im Grunde keine wirkliche Auferstehungshoffnung gibt und daß damit auch die neue Schöpfung ausfällt. Wenn die Kirche nicht mehr an die anfängliche Schöpfung glaubt, dann hat sie auch keinen Anlaß, an die endliche Neuschöpfung zu glauben. Indem sie die leibhaftige Auferstehung der Toten nicht bekennt, verliert sie ein zentrales Element der christlichen Hoffnung.

Daß auch die Reformatoren als angebliche Kronzeugen dieses neuerlichen „Schöpfungsglaubens“ angeführt werden (Beintker/Friedrich 10-11), entspricht nicht deren Ansichten. Es stand für Luther wie für Calvin außer Frage, daß Gott am Anfang die Welt geschaffen hat, wie man unschwer aus Luthers Genesisvorlesung und aus Calvins Kommentar zur Genesis entnehmen kann. Ganz ohne Frage haben sie betont, daß der Schöpfungsglaube auch auf das Leben und die Lebensumstände des einzelnen Menschen zu beziehen ist. Doch damit haben sie mit keiner Silbe den biblischen Schöpfungsbericht und das darin beschriebene Handeln Gottes als Tatsache geleugnet, sondern ihn gegen anderslautende Ansichten verteidigt. Den Schöpfungsglauben auf das aktuelle Handeln Gottes, sprich: auf die religiöse Wahrnehmung der Welt und der christlichen Existenz zu beschränken, ist wohl das besondere Interesse der modernen Theologie, dem die Reformatoren energisch das Recht der Bibel entgegenstellen würden: von Dingen zu reden, die geschöpfliches Format haben. Wenn es darüber hinaus als Kennzeichen evangelischen Glaubens angesehen wird, bestimmten Auslegungsformen des christlichen Schöpfungsglaubens wie auch der Evolutionstheorie „kritisch“ zu betrachten und zu überwinden, dann muß man wohl parierend sagen: Die EKD sollte bei dieser Kritik die Schrift zum Maßstab machen und nicht ihre schriftwidrige Auslegung.

4. Die Herausforderung

Aus der Sicht der Rechts- und Gesellschaftswissenschaften geht es bei der Kreationismusdebatte um die Frage, welche Rolle christliche Positionen in der Öffentlichkeit und insbesondere in staatlichen Schulen spielen dürfen. Hemminger schreibt: „Der Umgang mit dem Kurzzeit-Kreationismus ist ein Problem der Pädagogik und Politik, auch der Gemeindearbeit und der Kirchenpolitik.“ Er macht damit den Kampf gegen eine Weltanschauung zum Politikum. Das steht der vom Grundgesetz vorgesehenen weltanschaulichen Neutralität des Staates entgegen und zeigt das Interesse der Kirchenmänner, einer naturalistischen Welterklärung zur Geltung zu verhelfen. Daß ausgerechnet die Kirche sich in diesem Sinne äußert, ist kein Ausdruck politisch-weltanschaulicher Freiheit, sondern der Intoleranz, und ist im Ansatz demokratiefeindlich.

Es ist darüber hinaus ein Skandal, daß die neuerlichen kirchlichen Publikationen die jahrzehntelange Tradition fortsetzen, anstelle der biblischen Botschaft widerbiblische und dem jeweiligen Zeitgeist angepaßte Positionen vorzutragen. Die Kirche sollte doch, um in rechter Weise Kirche zu sein, dem Wort Gottes mehr glauben als einer mit dem Schein der gesicherten Erkenntnis sich schmückenden naturalistisch überhöhten Wissenschaft. Wenn sie darüber hinaus die recht verstandene biblische Schöpfungsaussage diffamiert als „Verkehrung des Glaubens an den Schöpfer in eine Form einer Welterklärung, die letztlich dazu führt, daß das Bündnis von Glaube und Vernunft aufgekündigt wird“ (Beintker/Friedrich 7), dann tut sie genau das, was sie kritisiert: sie hat mit der Rede von den verschiedenen Ebenen die biblische Schöpfungsaussage als eine vernünftige und sachlich richtige Auskunft über die Herkunft der Welt aus der Hand eines weisen Schöpfers von der Wissenschaft abgekoppelt. Sie hat ohne zwingenden Grund das Wort, das die Kirche trägt, seines Sachgehalts entleert und den Glauben dem Diktat einer mit atheistischen Methoden arbeitenden Vernunft unterworfen. – Um der Selbstzerstörung der Kirche zu widerstehen tun wir, was die Kirche tun sollte: wir protestieren für den Sachgehalt des ersten Glaubensartikels und für das Recht Gottes, uns sagen zu können, wie er die Welt geschaffen hat.