Gemeindenetzwerk

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Perspektiven aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Schweden

Freitag 5. August 2005 von Bengt Birgersson


Bengt Birgersson

Sekretär der „Missionsprovinz“ in Schweden
Perspektiven aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Schweden

Einleitung

Als ich um diesen Vortrag gebeten wurde, lautete der mir vorgegebene Arbeitstitel zunächst: „Evangelisch-Lutherische Identität in Schweden“. Später, als das Programm unter den Beteiligten in Umlauf gebracht wurde, merkte ich, daß man von mir erwartete, die „Missionsprovinz“ vorzustellen. Um aus diesen beiden Möglichkeiten nicht wählen zu müssen, habe ich mir vorgenommen, sowohl über die evangelisch-lutherische Identität in Schweden zu reden als auch über die Missionsprovinz als eine Perspektive dieser Identität. Ich möchte zeigen, wie die evangelisch-lutherische Identität einer Kirche geformt wird und zur Blüte kommt und wie eine Kirche diese Identität wieder verliert. Ferner geht es mir um unseren Versuch, zur Wiederherstellung dieser Kirche beizutragen. Evangelisch-lutherische Identität kann natürlich auf verschiedene Weise umschrieben werden. Drei wesentliche Gesichtspunkte möchte ich herausstreichen:

1.) Die drei „Sola“: Sola Scriptura, Solus Christus (sola gratia) and Sola Fide. Allein auf der Heiligen Schrift baut und bewährt die Kirche ihre gesamte Lehre. Wer Christus ist und was er für uns am Kreuz vollbracht hat, ist der wesentliche Inhalt der Schrift und des Glaubens. Durch den Glauben sind wir gerechtfertigt und gewinnen das ewige Leben, allein durch den Glauben und nicht durch die Werke.

2.) Die sieben Kennzeichen der Kirche, wie Luther sie in seiner Schrift „Von Konzilien und Kirchen“ (1539) nennt, sind eine Möglichkeit zu beschreiben, wo man das Volk Gottes wahrhaft finden kann:

1) Wo das Wort Gottes gepredigt wird;

2) wo das Taufsakrament in guter Ordnung gespendet wird;

3) wo das Sakrament des Heiligen Abendmahls gemäß der Einsetzung Christi verwaltet wird;

4) wo das Schlüsselamt dem Wort Gottes gemäß ausgeübt wird;

5) wo das Predigtamt durch die Ordination neuer Diener (am Wort) erhalten bleibt;

6) wo man betet und Gott lobt, d.h. wo das Volk Gottes zum Gottesdienst zusammenkommt;

7) ist zu nennen das Kreuz, wo das Volk Gottes um seines Glaubens und Bekenntnisses willen leidet.

3.) Schließlich ist zu nennen die kirchliche Anerkennung der Heiligen Schrift und des Konkordienbuches – oder zumindest der Heiligen Schrift, der drei altkirchlichen Glaubensbekenntnisse und der Augsburgischen Konfession (so z.B. im Falle der Dänischen und Norwegischen Kirchen).

1. Evangelisch-Lutherische Identität in Schweden

1.1. Einige Schlaglichter aus der Geschichte der schwedischen Kirche

a) Die Christianisierung Schwedens

Als in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Reformation Schweden erreichte, waren 700 Jahre seit den ersten Missionsbemühungen dort vergangen. Der Missionar Ansgar kam ca. 830 von Hamburg nach Mittelschweden. Schon Anfang des 11. Jahrhunderts sehen wir eine etablierte christliche Kirche mit Kirchgebäuden und Gemeinden. Es bildet sich eine bischöfliche Struktur heraus mit einem Erzbischof an der Spitze und Niederlassungen klösterlicher Orden, während die alten heidnischen Gottheiten wie Wodan und Thor ihren Einfluß verlieren. Dieser uralte heidnische Glaube, der seit Jahrhunderten erloschen war, hat im heutigen säkularisierten Schweden wieder angefangen, sich auszubreiten.

Von Anfang an war der Siegeszug des Christentums in Schweden verbunden mit der königlichen Autorität, die sich zur selben Zeit etablierte. Damit einher geht neben anderen Konsequenzen eine andauernde Auseinandersetzung zwischen königlichen und päpstlichen Gegenspielern über die Macht in der Kirche von Schweden, eine Auseinandersetzung, die meistens zugunsten der königlichen Seite entschieden wurde. Diese enge Beziehung zur Monarchie war über fast 1000 Jahre hinweg im Guten wie im Bösen bestimmend für die Kirche von Schweden.

Die berühmteste Gestalt im mittelalterlichen Schweden ist sicherlich Birgitta, die später vom Papst heiliggesprochen wurde. Diese Frau mit engen Verbindungen zum königlichen Hof soll zahlreiche Offenbarungen erhalten haben, in denen sie Worte Christi über die Wiederherstellung päpstlicher Macht und die Gründung eines nach ihr benannten Klosterordens gehört haben will. Ihr in vielerlei Hinsicht gutes Glaubenswerk inspiriert bis heute nicht wenige, die für die Wiederherstellung des römisch-katholischen Glaubens in unserem Land eintreten und so am Verlust der evangelisch-lutherischen Identität in unserer Kirche mitwirken.

b) Die Reformation: Gustav Wasa, Olavus Petri
und die Synode von Uppsala

Als der schwedische König Gustav Eriksson, der sich später Gustav Wasa nennen sollte, 1521 Stockholm eroberte, begann eine neue Epoche in der schwedischen Geschichte. Zugleich markierte dieses Datum den Anfang einer neuen Periode in der schwedischen Kirchengeschichte. Unter Wasas Herrschaft erreichte die Reformation Schweden. Aber das war insbesondere dem Pfarrer Olav Petri zu verdanken, der über einen langen Zeitraum als Sekretär des Königs und Pfarrer an der Kathedrale von Stockholm diente. Gustav Wasa benötigte riesige Geldmengen für seine Kriege und stürzte sich selbst und das Land in hohe Schulden. Im Durchbruch der Reformation in Europa erkannte Gustav Wasa ein riesiges ökonomisches Potential in Gestalt des Reichtums der Kirche. Gustav Wasa war selbst kaum ein geistlicher Mensch. Aber Gott benutzte ihn für die Vorbereitung der Reformation in Schweden. Wasa entfernte die Bischöfe und enteignete ein Kloster nach dem anderen. Zunächst traf er damit kaum auf Widerstand. Das änderte sich, als die Boten des Königs begannen, die Kirchenglocken und das Kirchensilber in den Gemeinden einzusammeln. Olav Petri, der sich zunächst treu und loyal dem König gegenüber verhalten hatte, merkte zunehmend, daß der König die reformatorischen Ideen mißbrauchte, um ökonomisch Kapital daraus zu schlagen – der König selbst bereicherte sich im Übermaß – und um seine eigene Macht über die Kirche zu sichern. Zunehmend kam es zu Konflikten zwischen König und dem Reformator. Bekannt sind die Vorfälle, als Olav Petri in der Stockholmer Kathedrale predigte und in Gegenwart des Königs öffentlich dessen gottloses Leben, seine Flüche und Eidesschwüre geißelte.

Man mag darüber staunen, wie Gott in seiner Gnade einen eher gottlosen König, einen machiavellischen Prinzen, benutzt, um der Reformation den Weg zu bereiten. Der Reformator jedoch war ein ganz anderer. Olav Petri war geprägt durch seine Studien z.B. in Wittenberg. Es ist bemerkenswert, daß Luthers Name im Zusammenhang mit der schwedischen Reformationsgeschichte keine große Rolle spielt im Unterschied zu den Namen Melanchthon und Olav Petri. Das ist möglicherweise prägend für das reformatorische Selbstverständnis in Schweden: Bis heute weisen von der Reformation herkommende Christen darauf hin, daß Luther es ablehnte, eine Kirche nach ihm zu benennen. Möglicherweise hat dies zuletzt zum Verfall der evangelisch-lutherischen Identität beigetragen. Als Gustav Wasa starb, wurden nacheinander seine drei Söhne König. Der erste war noch gottloser als sein Vater. Der zweite Sohn hingegen wollte das Land zurück in die römisch-katholische Kirche führen. Der dritte hatte reformierte, zwinglianische und calvinistische Ideale. Aber zu dieser Zeit hatte der schwedische Klerus bereits eine ausgeprägte evangelisch-lutherisch Identität, so daß der König gezwungen war, die Faktizität der Reformation anzuerkennen. Auf der sogenannten Synode von Uppsala 1593 wurde erklärt, daß die schwedische Kirche Teil der Kirche Gottes auf Erden sei und das Wort Gottes, wie es in der Heiligen Schrift vorliege, als die oberste Norm für Leben und Lehre der Kirche festhalte, frei vom römisch-katholischen Papsttum. Man erkannte die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse und die Augsburgische Konfession an. Man kehrte zur Kirchenordnung zurück, die 1571 angenommen worden war. Diese Synode bedeutete für Schweden die endgültige Etablierung der Kirche als evangelisch-lutherische. Aber es sollte noch fast 100 Jahre dauern, bis mit der Kirchenordnung von 1686 das ganze Konkordienbuch zum Fundament der Kirche wurde.

c) Die Konsolidierung im 17. Jahrhundert
und die Aufklärung im 18. Jahrhundert

Das Ziel einer evangelisch-lutherischen Identität der schwedischen Kirche fand Unterstützung durch starke Einflüsse aus dem orthodoxen Luthertum Deutschlands, das seinerseits im schwedischen König Gustaf II. Adolf einen mächtigen Schutzpatron hatte. Das 17. Jahrhundert ist eine Zeit der Konsolidierung und theologischer Klarheit. Wir bekamen eine neue Gottesdienstordnung und ein neues Gesangbuch (1695), das allgemein rezipiert wurde. Aber es entwickelte sich ein Verlangen nach Uniformität und Einheitlichkeit mit allen Vor- und Nachteilen. Dieses Verlangen ist bis heute charakteristisch für Schweden. Die Mitgliedschaft in der Staatskirche und die Staatsbürgerschaft gelten als gleichermaßen wichtig. Jeder, der in Schweden lebt, muß seine Kinder im evangelisch-lutherischen Glauben und Bekenntnis erziehen, auch wenn man selbst einer anderen Konfession angehört. Doch Glaubenszwänge stellen nicht in jedem Fall günstige Umstände für einen lebendigen und persönlichen Glauben dar. Heute gibt es nun ein starkes Verlangen nach Uniformität in Gestalt eines liberalen Glaubens und Lebensstiles. Die Aufklärung trifft Schweden wie den Rest Europas als eine Macht, die das Leben der Kirche verdunkelt. Das Licht der Offenbarung wird ersetzt durch das Vertrauen auf die Vernunft. Als Konsequenz verliert die Kirche ihre Kraft.

Zwei wichtige, gegenläufige Faktoren kann man jedoch feststellen: 1) Die lutherische Identität ist inzwischen tief im Volk – im Klerus wie in den anderen Ständen – verwurzelt. Die Unterweisung ebenso wie die Gesangbücher, die Gottesdienstordnung und anderes sind stark vom Geist der Reformation geprägt. 2) Verschiedene pietistische, aber in der Orthodoxie verwurzelte Bewegungen erreichen das Land. Einflußreich sind J. J. Spener, A. H. Francke, M. F. Roos und später Graf von Zinzendorf. Dadurch kommt es zu verschiedenen Erweckungsbewegungen innerhalb der Kirche, die in Opposition zum aufklärerischen Vernunftglauben ebenso wie gegenüber einem toten Formalismus stehen.

d) Kirchliche Erweckungsbewegungen im 19. Jahrhundert

Drei verschiedene Bewegungen prägen die schwedische Kirchengeschichte im 19. Jahrhundert. 1.) Eine von der Aufklärung abhängige Universitätstheologie hinterläßt Spuren in der Kirchenordnung und im Gesangbuch. 2.) Es kommt wiederholt zu kirchlichen Erweckungen: Der Pastor von Lund, H. Schartau, war Initiator einer Erweckung vor allem in West- und Südschweden. Diese stark vom Württemberger Pietismus beeinflußte Bewegung war gekennzeichnet durch eine lebendige Verkündigung der Heilsordnung, des ordo salutis, und der Gnadenmittel und durch eine behutsame Amtslehre. L. L. Laestadius, Pastor und Erweckungstheologe in Norbotten, im hohen Norden Schwedens, war das Werkzeug einer besonders lutherischen Erweckung, die auch heute noch stark fortwirkt. Der Laienprediger C. O. Rosenius wirkte durch Wort und Schrift als Verkünder des Evangeliums. Er war der Vater und Namensgeber einer Laienbewegung, die von der Jahrhundertmitte an immer größer wurde und starke Auswirkungen auch in den anderen skandinavischen Ländern hatte. Ein wahrhaft biblisches und reformatorisches Verständnis der Rechtfertigung führte bei vielen Leuten in Skandinavien zu einer neubelebten Erfahrung des Evangeliums. Aber aufgrund von Defiziten in der Lehre von der Kirche trug diese Bewegung einen Samen kirchlicher Auflösung in sich. 3.) Schließlich führte das von Erlangen ausgehende Neuluthertum zu einem erneuerten Verständnis der Kirche, des Gottesdienstes und des christlichen Lebens. Aufgrund eines neuen Grundschulgesetzes, das 1846 verabschiedet wurde, erhielt die Kirche eine wunderbare Möglichkeit, die Kinder im Katechismus und in biblischer Geschichte zu unterrichten. Die schwedische Schule war nachgerade eine Schule der Kirche, wobei der jeweilige Ortspfarrer von Amts wegen als Vorsitzender der örtlichen Schuldbehörde fungierte. Was im Glauben treue Lehrer im ganzen Land über eine lange Zeit hinweg geleistet haben, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden

1.2 Die Säkularisierung des Volkes

Wenn wir uns nun der Säkularisierung in Schweden zuwenden, geht es zunächst um die Säkularisierung des Volkes und daraus folgend der Gesellschaft, dann um die Säkularisierung der Kirche selbst.

1. Die Auseinandersetzung zwischen der Arbeiterbewegung
und der Kirche.

Wenn man nach den Gründen für die fast völlige Zerstörung der evangelisch-lutherischen Identität im schwedischen Volk fragt – wobei wir nicht die Zeit und den Platz für eine durchgreifende Analyse haben – so kann man für Schweden einige wenige entscheidende Faktoren nennen. Wie sonst in Europa waren die Industrialisierung und Urbanisierung natürlich wichtige Faktoren. Es ist tatsächlich eine Tragödie in der schwedischen Geschichte und in der Kirchengeschichte, daß die Verantwortlichen in der Kirche eine ablehnende Einstellung gegenüber der wachsenden Arbeiterklasse einnahmen, deren Forderungen gegenüber den wohlhabenden Arbeitgebern oft gerechtfertigt waren. Die Pfarrerschaft verhielt sich sehr oft unglaublich loyal zur ausbeutenden Minderheit. Das führte zu tiefen Verwundungen und einer dauerhaften Kluft zwischen der Mehrheit der Bevölkerung und der Kirche. Eine genauere Analyse würde ein komplexeres Bild ergeben; aber die Kirche selbst ist in hohem Maße verantwortlich für die heutige Situation. In einem gewissen Ausmaß verband sich diese Vorgehensweise der Kirche mit einer anderen: Als die Erweckungen schwedische Gegenden erreichte und nicht immer die traditionellen Formen akzeptierte, machte die Kirche Gebrauch von der Polizeigewalt, um die Leute auseinander zu treiben und ihre Führer verhaften zu lassen.

2. Die Kirche verliert die Schule

Zwischen den späten 1910er Jahren und den 1960er Jahren veränderte sich die schwedische Grundschule: Aus einer Schule der Kirche wurde eine Schule des Staates. Dies ging einher mit einer zunehmend agnostischen, atheistischen Erziehung der schwedischen Kinder. Über Jahrhunderte hinweg waren die treuen evangelisch-lutherischen Schullehrer die wichtigsten Mitarbeiter der Pastoren gewesen, indem sie dem schwedischen Volk – das mehrheitlich aus Gliedern der lutherischen Kirche bestand– eine christliche Bildung und Erziehung gewährten. Während die christlichen Familien über lange Zeit wirksam durch die Schulen unterstützt worden waren, finden wir jetzt überwiegend sozialistische Familien mit einem Lebensstil, der vom Glauben der Reformation befreit worden ist.

1.3. Die Säkularisierung der Kirche –
eine lange Entwicklung mit schlimmen Folgen

In unserer kurzen Zusammenstellung über die Säkularisierung und damit zugleich über den zunehmenden Verlust der evangelisch-lutherischen Identität können wir nur einen ungefähren Überblick über Sachverhalte bieten, die genug Material für mehrere Dissertationen bieten.

1. Universitätstheologie und Pfarrerausbildung

Was Gemeindepfarrer von der Kanzel und im Konfirmandenunterricht lehren, prägt das Leben ihrer Gemeinden. Die Pfarrerausbildung wiederum bestimmt, was die Pastoren lehren werden. Eine Zeit lang mag es Pastoren geben, die besser lehren, als ihre Ausbildung war. Aber wie der stete Tropfen den Stein aushöhlt, so verändert die angebotene Ausbildung die Pastoren der Kirche. Wenn das Fundament selber relativiert wird – im Falle der Theologie ist dies die Wahrheitsfrage – dann sind die Konsequenzen fatal. Christliche Theologie, wie sie als akademische Unternehmung in der Reformation geprägt wurde, gründet auf dem Glauben, daß Gott der Schöpfer ist, der sich offenbart hat in Jesus Christus und in der Heiligen Schrift. Eine Theologie, die durch Bibelkritik oder einen agnostischen Ansatz geprägt ist, der aus ihr eine vergleichende Religionswissenschaft macht, zerstört die Ausbildung, die auf die Zurüstung evangelisch-lutherischer Pastoren zielen soll. Sie mögen eine Menge nützlicher Dinge lernen. Aber eine kohärente Gesamtbildung, wie sie für kompetente Gemeindepastoren und Hirten nötig wäre, findet nicht statt.

In Schweden ist es heute möglich, daß der Erzbischof öffentlich verteidigt, was durch das Wort Gottes verworfen wird. Vor kurzem stellte er fest, daß vieles in der Bibel auf den Müllhaufen geworfen werden sollte, z.B. was die Bibel zur Homosexualität sagt. In einem kleinen Pamphlet (Ecce Homo!) gesteht er, daß die letzten hundert Jahre der Universitätstheologie und der Pfarrerausbildung ihn zu dieser theologischen Position geführt haben, die er nun verteidigt. Daß die staatlichen Universitäten eine konfessionelle Pfarrerausbildung nicht gewährleisten, kann man möglicherweise verstehen. Aber daß die Kirche eine agnostische Ausbildung ihrer Pfarrer akzeptiert, kann man unmöglich begreifen.

2. Durch den Verlust der Schule verliert die Kirche ihre wichtigste Möglichkeit der Katechese und des Taufunterrichts

Als der Prozeß voll im Gange war und die Kirche die Schule an den Staat verlor, protestierte oder beklagte sich kaum jemand. Zu wenige waren es, die Widerstand leisteten. Tatsächlich muß man feststellen, daß die Kirche selbst schuld ist an diesem Verlust. Die Schule war das wichtigste Mittel, das dazu diente, die getauften Kinder mit dem auszurüsten, was sie für ein nach reformatorischen Maßstäben genuin christliches Leben brauchten. Angesichts dessen ist das Schweigen der Kirche an dieser Stelle ein Merkmal der alternden schwedischen Kirche.

3. Politisierung

Vor einigen Jahren wurde die schwedische Kirche vom Staat getrennt und damit formal eine freie evangelisch-lutherische Kirche. Schon vor dieser Trennung hatte die Kirche eine Regierungsstruktur, die – dem Namen nach demokratisch– im System der politischen Parteien verwurzelt war. Das betrifft die Gemeindeebene ebenso wie die Ebenen der Diözesen, der Generalsynode und der Laienwahlmänner für die Bischofswahlen. Seit der Trennung vom Staat hat sich daran nichts geändert. Die Politisierung der Kirche bzw. die politische Beeinflussung setzt sich fort. Das ist für die Kirche eine ihrer größten Katastrophen, denn im Endergebnis verliert das Wort Gottes seine oberste Autorität für das Leben der Kirche.

1.4. 45 Jahre Frauenordination

Die Frage der Frauenordination kann unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden: dem geistlichen, dem theologischen, dem kirchenrechtlichen, dem pastoraltheologischen, etc. Als jemand, der die Ordination von Frauen zum Pfarramt im Widerspruch zu Gottes Wort und unserem Bekenntnis sieht, möchte ich auf einige geistliche Konsequenzen in der Praxis hinweisen.

1. Die Debatte und die Entscheidung

Der Entscheidung der Synode von 1958, das Predigtamt für weibliche Pastoren zu öffnen, ging eine Diskussion und Debatte innerhalb der Kirche seit den 20er Jahren voraus. Nur ein Jahr vor der Entscheidung wurde über diese Frage auf der Synode debattiert und man beschloß, das Amt nicht für Frauen zu öffnen. Nun kam es ans Licht, wie abhängig die Kirche vom Staat geworden war. Der Minister für Kirchenfragen reagierte mit aller Kraft und wütend und benutzte seine Vollmacht, um die Synode für eine weitere Zusammenkunft einzubestellen. Aufgrund der Politisierung der Kirche eröffnete sich nun die Möglichkeit, die Abstimmung zugunsten der Synodalen zu beeinflussen, die der Frauenordination positiv gegenüber standen. So konnte eine vom Staat erzwungene Entscheidung gefällt werden. 1960 wurde die erste Frau zum Predigtamt ordiniert. Viele Jahre sind seither vergangen. Heute gibt es mehr als 1000 weibliche Pastoren (von ca. 4000). Von denen, die heute in Schweden ordiniert werden, sind 60–70 % Frauen.

2. „Jetzt ist alles möglich“

Nach dem die Entscheidung für die Frauenordination gefällt war, bat einer der Bischöfe um das Wort und kommentierte den Vorgang folgendermaßen: „Jetzt hat die Kirche von Schweden sich für den gnostischen Weg entschieden, jetzt ist alles möglich.“ Keiner der Anwesenden wußte damals, wie recht jener alte Bischof von Lund – Anders Nygren – noch haben sollte. Hätte jemand eine Erneuerung der Kirche erwartet in Gestalt von Erweckungen, geistlicher Erneuerung und vollen Kirchen, so wäre er sehr enttäuscht worden.

Über die Jahre wurden die Kirchen immer leerer, so daß an vielen Orten das gottesdienstliche Leben nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Der Glaube an das Wort Gottes als Offenbarung, die von Gott kommt, wurde abgelöst durch die Vorstellung, daß wir es in der Bibel mit vergangenen Gottesvorstellungen zu tun haben. Die Auflösung der Ehen und Familien, die nicht nur von der Gesellschaft propagiert wurde, wirkt sich zerstörerischer aus, als man sich im Jahr 1958 hätte vorstellen können. Durch die Entscheidung für die Frauenordination wurde die grundlegende biblische Sicht auf die Beziehung zwischen Mann und Frau gleichsam außer Kraft gesetzt. Das wirkt sich aus auf alle Bereiche, die mit dem Verhältnis der Geschlechter zu tun haben. Das fast völlige Fehlen des biblischen Maßstabs für die Ehe und das gemeinsame Leben hat zur Zerstörung der Ehe in unserem Land geführt. Das hat zur Folge, daß so gut wie alles erlaubt ist. Mehr als die Hälfte der Ehen werden geschieden. Die meisten leben schon vor der Eheschließung zusammen – oft genug nicht mit der Person, die sie dann heiraten. Vor einigen Jahren beschlossen die Bischöfe einmütig die Einführung eines Segensgebets für homosexuelle Paare. Im Herbst 2005 wird die Generalsynode einen Vorschlag der staatlichen Kirchenbehörde erhalten, der auf die Einführung einer Zeremonie für eingetragene Partnerschaften abzielt. Seit Januar 2003 ist es bei Strafe verboten, öffentlich zu erklären oder zu predigen, daß praktizierte Homosexualität Ungehorsam gegen Gott und Sünde sei. Gefängnisstrafe droht dem, der dieses Gesetz übertritt.

3. Das verschwundene Evangelium

Ursache der Ordination von Frauen ist ein neues Verständnis der Bibel und der biblischen Autorität. Diejenigen, die sich von der Autorität des Wortes Gottes freimachen, werden bald auch das biblische Zentrum, das Evangelium selbst, verlieren. Wenn Gottes Regeln für Männer und Frauen nicht mehr gelten, wird bald auch hinterfragt, was eigentlich Sünde ist. Gottes Gerechtigkeit und Gericht wird angezweifelt. Dann aber wird keiner mehr nach Erlösung fragen oder Vergebung brauchen. Wenn das Wort Gottes angezweifelt wird, wird schließlich auch die Gottheit und Sündlosigkeit Jesu geleugnet. Sein Kreuzestod zur Sühne für die Sünde der Menschheit wird an Bedeutung und Kraft verlieren. Wenn die Bibel nicht Gottes autoritatives Wort für uns ist, sondern nur eine Sammlung vergangener Gotteserfahrungen und Gottesvorstellungen, dann werden alle Religionen über kurz oder lang gleichberechtigte Ausdrucksweisen von Gotteserfahrungen sein. Auch Mission ist dann überflüssig. Warum sollte ich das Evangelium Leuten verkünden, deren Glaube so berechtigt ist wie der meine, auch wenn ihr Gott Allah oder Krishna heißt und meiner halt Christus.

4. Verschlossene Türen für rechtgläubige Pastoren

In der neuen Kirchenordnung aus dem Jahr 2000 gibt es zwei wichtige Bestimmungen: Ein Kandidat für das Predigtamt in der Kirche von Schweden bekommt seine Zulassung nur, wenn er bereit ist, voll und ganz mit anderen Pastoren – unabhängig von deren Geschlecht – zu kooperieren. Keiner kann Hauptpfarrer (Kyrkoherde) werden, der nicht ebenso bereit ist, mit weiblichen Pastoren zusammenzuarbeiten. Das bedeutet, daß die Schwedische Kirche keine Pastoren mehr bekommt, die sich treu an das Wort Gottes und an das Bekenntnis halten. Darauf mußten wir reagieren.

1.5. Bischof Bo Giertz – ein Licht in der Finsternis

Was ich bisher beschrieben habe, ist eine schlimme Entwicklung, in der eine lebendige, authentische evangelisch-lutherische Kirche – bildlich gesprochen– beerdigt worden ist. Aber vor diesem Hintergrund leuchtet um so heller das Licht eines geistlichen Führers, eines Bischofs im wahren Sinne des Wortes. Ich meine Bischof Giertz, der 1904 geboren wurde. Zur Zeit der Einführung der Frauenordination war Bo Giertz Bischof in Göteborg, der zweitwichtigsten Stadt Schwedens an der Westküste. Er initiierte eine landesweite Versammlung und Bewegung, die das Ziel hatte, die noch vorhandenen Vertreter einer reformatorischen Identität zu vereinigen. Für viele wurde er zu einer geistlichen Führungsperson. Bo Giertz schrieb viele Bücher. Eine Reihe oft gelesener Bücher brachte ihm schon in den 40er Jahren Anerkennung ein. Als emeritierter Bischof setzte er seine Schreibtätigkeit fort und verfaßte einen Kommentar über das gesamte Neue Testament. Aber das berühmteste und meistgelesene aller seiner Bücher ist vielleicht zugleich sein wichtigstes Buch, wenn man nach der evangelisch-lutherischen Identität fragt. „Und einiges fiel auf den Fels“ (engl.: „The Hammer of God“) ist ein Roman, der in einer schwedischen Kirchengemeinde spielt und die Geschichte von drei Pfarrern in drei verschiedenen Zeiträumen erzählt. Im Blickpunkt steht dabei die Frage nach der Rechtfertigung durch denGlauben. Auch die Fragen nach der Erweckung, nach dem, was es heißt, unter dem Gesetz zu sein, wie man das Evangelium recht verkündet oder wie man Zuversicht aus der Sündenvergebung erhält, werden thematisiert. Der Roman führt uns den mit dem Tod konfrontierten Menschen vor Augen. Er zeichnet den Weg eines jungen Pastors von einem oberflächlichen Christentum zum echten reformatorischen Glauben nach. Der apostolische Hirtendienst spielt sich in einer schwedischen Umgebung ab und ist doch zugleich von einer zeitlosen Universalität. Die evangelisch-lutherische Identität in Schweden wird sehr bunt dargestellt und zugleich als eine echte Möglichkeit vor Augen geführt.

1.6. Eine vielgestaltige konfessionelle Bewegung

Wie kein anderer zu seiner Zeit hatte Bischof Bo Giertz die Gabe, die evangelisch-lutherischen Christen, Gemeinden und Traditionen zu einen und ihnen den Weg zu weisen. Sein Nachfolger im Bischofsamt zu Göteborg, Bischof Bertil Gärtner, war der letzte in diesem Amt, der sich weigerte, Frauen zu ordinieren. Um ihn sammeln sich viele der Gruppen, die ihre evangelisch-lutherische Identität bewahren wollen. Aber nach dem Tod von Bo Giertz und angesichts des hohen Alters von Bertil Gärtner hat sich die Situation verändert. Die Tatsache, daß das Kirchenregiment den Eintritt konfessioneller Kandidaten ins Pfarramt verhindert, hat zu großer Verwirrung geführt. Bei der Frage, wie in dieser Situation gehandelt werden sollte, gehen die Meinungen weit auseinander. Doch Gott sei Dank sind evangelisch-lutherische Identität, Glaube und Bekenntnis ganz sicher noch nicht in Schweden ausgestorben. Es gibt viele Aktivitäten, die das Ziel haben, den echt apostolischen Charakter der Reformation zu bewahren. Allerdings bewegen sich diese Aktivitäten in verschiedene Richtungen. Es ist offensichtlich nicht einfach, diese beieinander zu halten. Die jeweils in den verschiedenen Erweckungen verwurzelten Traditionen haben ihren je besonderen Charakter entwickelt – auch aufgrund des Mangels einer stabilen Führung. Während der letzten drei oder vier Jahrzehnte kam es immer wieder vor, daß mehrere lutherische Gruppen die schwedische Kirche verlassen haben. Aber viele – ja, die große Mehrheit – hat den Kampf für die Bewahrung der lutherischen Identität der Reformation innerhalb der schwedischen Kirche aufgenommen.

Unter denen, die in der Kirche geblieben sind, kann man im wesentlichen drei Richtungen unterscheiden: Erstens gibt es diejenigen, die darauf warten und dafür beten, daß die schwedische Kirche als eine evangelisch-lutherische Kirche wiederhergestellt wird. Zweitens finden wir diejenigen, die auf irgendeine Weise die Lösung in der Wiederherstellung der Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche sehen. Drittens schließlich gibt es die Richtung, die ich hier ausführlicher beschreiben möchte, die Missionsprovinz.

2. Die „Missionsprovinz“

2.1. Eine verzweifelte Lage

Als die „Missionsprovinz“ im September 2003 gegründet wurde, war dies eine Reaktion auf die Situation, wie ich sie gerade beschrieben habe. Aber ich muß noch einige Dinge herausstellen, die zu einer notvollen Lage geführt haben.

1. Das Fehlen bekenntnistreuer Pastoren

Eine Kirche, in deren Dienst keine treuen Pastoren mehr eintreten, muß sterben. Das fünfte der von Luther in der Schrift „Von Konzilien und Kirchen“ genannten sieben Merkmale der Kirche ist wesentlich und unverzichtbar. Ohne das wahre Evangelium und eine entsprechende Seelsorge müssen die Gemeindeglieder verkümmern. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Situation in der schwedischen Kirche absolut katastrophal, weil keine bekenntnistreuen Pastoren mehr ordiniert werden. Gleichzeitig aber gibt es Kandidaten, die eine echte Berufung zum Pfarramt haben (im Sinne der vocatio interna). Man merkt ihnen dies an – und dennoch werden sie nicht ordiniert. Das ist ein Jammer!

2. Wo findet man noch Gottes Wort?

Unser Land befindet sich in jener notvollen Situation, wie Amos sie beschreibt: Viele verlangen nach Gottes Wort, aber sie finden es nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten. Einige fahren hunderte Kilometer, um eine Gemeinde zu finden, wo das Wort Gottes lauter und rein gepredigt wird. In diesem Zusammenhang sind an verschiedenen Orten als Reaktion auf diese Lage kleine Gemeinden oder Gemeinschaften gebildet worden. Ein paar wenige treue Pastoren sind durch riesige Gebiete gereist, um diesen Gemeinden zu dienen. Einige Pastoren im Ruhestand bieten auf großartige Weise ihre Hilfe an. Aber diese Gemeinden brauchen dringend ihre eigenen Pastoren. Unsere Kandidaten werden dort gebraucht.

3. Unser Volk kennt seinen Erlöser nicht

Viele Angehörige vor allem der jüngeren Generation haben heute kaum jemals den Namen Jesus gehört. Dazu kommt, daß ungefähr eine halbe Million Muslime in Schweden leben (bei einer Bevölkerung von 9 Millionen). Trotz ihrer Zugehörigkeit zur Kirche von Schweden kennt eine große Mehrheit des schwedischen Volkes seinen Erlöser nicht. Es gibt einen enormen Bedarf an missionarischer Arbeit.

4. Die Verantwortung des Volkes Gottes

Die jammervolle Lage ist ein Ruf an jene, die die Not sehen und fühlen, ein Ruf, Anstrengungen zu unternehmen, die dazu führen, daß Gottesdienste im Geist und in der Wahrheit stattfinden können und daß junge Männer, in denen wir Gottes Berufung erkennen, ins heilige Predigtamt eingeführt werden können. Wenn wir darum beten, daß Gott Arbeiter in seine Ernte sendet, gehört es zur Berufung und Verantwortung seines Volkes, sicherzustellen, daß diese Arbeiter auch wirklich ordiniert und eingeführt werden. Das Volk Gottes, das die riesige Unkenntnis im Lande wahrnimmt, muß das Evangelium zu denen bringen, die es noch nicht gehört haben. Der apostolische Missionsauftrag ist erst erfüllt, wenn der Herr wiederkommt.

2.2. Die Missionsprovinz – ein neuer Weg und doch die alte Kirche

Aufgrund der beschriebenen Nöte und bewegt durch die grundlegende Verpflichtung aus dem apostolischen Missionsauftrag, wurde die Missionsprovinz gegründet mit dem Ziel, einen neuen Weg zu beschreiten, der Ordinationen in Übereinstimmung mit der Tradition unseres Landes gewährleistet. Solchen berufenen Männern, denen die Kirche von Schweden ihre Ordination verweigert, soll der Weg zur Ordination wieder eröffnet werden. Unser Wunsch war es dabei, die bischöfliche Tradition bei Ordinationen fortzuführen. Darum hoffen wir, ein bekenntnistreues Bischofskollegium wiederaufbauen zu können, das zugleich in internationaler Gemeinschaft mit anderen Bischöfen steht. Das war und ist unser Ziel sowohl um der Ordinationen als auch um der Aufsicht über die Gemeinden willen. Mit diesem Weg bewegen wir uns neben der großen Staatskirche. Wir gehen diesen Weg, den unser Bekenntnis uns weist, jenes Bekenntnis, das unsere Staatskirche offiziell anerkennt, aber tatsächlich verwirft.

2.3.Was bisher geschehen ist

Gegründet wurde die Missionsprovinz im September 2003 nach mehrjährigen Diskussionen und Vorbereitungen. Die Gründungsurkunde wurde von insgesamt 70 Personen unterzeichnet. Diese Gruppe umfaßt Repräsentanten der Gemeinden, Vertreter der Missionswerke, Vertreter der schon bestehenden Assoziation, die gegründet worden war, um die Missionsprovinz zu unterstützen, dazu ein Kollegium von ungefähr 30 Pastoren. Die Bischofswahl fand im Dezember 2003 statt. Drei Pastoren, die zur Missionsprovinz gehören, wurden zu Bischöfen gewählt. Der 5. Februar 2005 war dann ein bemerkenswerter Tag in Schweden, in der schwedischen Kirchengeschichte und für die Missionsprovinz. Denn an diesem Tag wurde die Tyrannei der Bischöfe gebrochen und die Tür für Ordinationen wieder aufgetan. Bischof Obare aus Kenia, Teilnehmer der letztjährigen Konferenz „Mission in Osteuropa“ in Wittenberg, reiste zusammen mit vier weiteren lutherischen Bischöfen nach Schweden, um den ersten der gewählten Bischöfe, den Pfarrer Arne Olsson, zu weihen. Nach seiner Bischofsweihe ordinierte Olsson selber drei junge Männer, zwei Schweden und einen Finnen, zum Predigtamt. Zur Zeit bereiten wir die Weihe der nächsten beiden Bischöfe und die Ordination weiterer sieben junger Pfarrer vor, von denen fünf aus Schweden und zwei aus Finnland stammen. (Anmerkung: Inzwischen wurden am 7.1.2006 von Bischof Arne Olsson sechs neue Pastoren ordinier, 5 aus Schweden, einer aus Finnland. Repressionen gegen Beteiligte wurden eingeleitet.)

2.4. Zu unserem Selbstverständnis

Was die Missionsprovinz zu sein beabsichtigt, wurde bereits ausführlich dargelegt. Es ist unsere Überzeugung, Teil der weltweiten Kirche Christi und der evangelisch-lutherischen Kirche zu sein. Ferner bekennen wir, daß das Wort Gottes oberste und einzige Norm der Kirche ist. Und wir halten fest am ganzen Konkordienbuch. Wir verstehen uns als Teil der Kirche von Schweden, obwohl diese unserem Bischof das Recht abgesprochen hat, sein Amt innerhalb der Strukturen der schwedischen Kirche auszuüben. Nichtsdestoweniger sind wir ein Teil der alten schwedischen Kirche, verwurzelt in der alten, apostolischen Kirche. Wir teilen das Erbe der Reformation und haben die feste Absicht, dieses Erbe in treuer Kontinuität zu den verschiedenen Erweckungen in unserem Land zu bewahren und anzuwenden. Da die Kirche von Schweden die Missionsprovinz nicht als Teil ihrer eigenen Struktur anerkennt, sind wir bisher in dieser Hinsicht eine Bewegung außerhalb der offiziellen Kirche von Schweden. Ob sich das eines Tages ändern wird, ist nicht abzusehen. Die Medien in Schweden gehen normalerweise auf die sogenannten Antagonisten der Frauenordination nur mit Verachtung ein. Um so bemerkenswerter ist es, daß über die Bischofsweihe und die Ordinationen vom 5. Februar im wesentlichen sehr respektvoll berichtet wurde. Nachdenklich hat uns gemacht, daß es einige Gruppen in unserer Kirche gibt, mit denen wir zwar theologisch eines Sinnes sind, die aber dennoch mehr oder weniger stark gegen die Missionsprovinz gearbeitet haben. Manchmal ist ein Gespräch mit diesen Gruppen kaum möglich, Zusammenarbeit noch weniger. Vielleicht werden uns schwerere Zeiten wieder zusammenführen. Andererseits sind wir sehr erfreut über die vielen zustimmenden Reaktionen aus dem Ausland. Mit einigen Freunden in Skandinavien sind wir eng verbunden. Wir arbeiten sehr eng mit einigen Kirchen und Erweckungsorganisationen zusammen. Besonders beglückend ist die Verbindung zu vielen Christen in Finnland. Sie haben ihrerseits darum gebeten, mehrere ihrer Pfarramtskandidaten in der Missionsprovinz zu ordinieren.

2.5. Einige zentrale Probleme

Wir haben die Erfahrung gemacht, daß Gott unsere Gebete erhört hat und den Weg zu Ordinationen eröffnet hat. Er hat uns einen neuen Weg gebahnt, auf dem wir wieder apostolischen und evangelischen Gottesdienst feiern können. Es ist sehr wichtig, wie die Missionsprovinz und ihre Leiter theologische Wachsamkeit in zentralen Fragen schärfen und wie es gelingt, dies in respektvoller Einmütigkeit innerhalb der Missionsprovinz ebenso wie nach außen hin zum Ausdruck zu bringen. Die Herausforderung besteht darin, die Wahrheit deutlich auszusprechen gegenüber der Gesellschaft, der Kirche von Schweden und auch denen gegenüber, die unsere Haltung zur Missionsprovinz und den darin vollzogenen Ordinationen nicht teilen. Eine andere offene Frage ist, wie die Kirche von Schweden in Zukunft mit der Missionsprovinz umgehen wird. Wird sie uns in zunehmendem Maße verwerfen, oder wird sie sich vielleicht öffnen und die Missionsprovinz anerkennen? Beide Möglichkeiten verlangen von der Missionsprovinz ein weises und kluges Vorgehen. Drittens schließlich sind die Beziehungen zur Gemeinschaft der weltweiten Kirche wichtig für die Missionsprovinz. Es geht darum, andere zu hören, dankbar ihre Unterstützung zu empfangen und fröhlich die Straße zu gehen, die der Herr der Kirche uns zeigt. Umgekehrt ist es genauso wichtig, daß wir gerne die Aufgabe angehen, diejenigen zu unterstützen, die uns brauchen. Die Einladung und Möglichkeit, heute als Repräsentant der Missionsprovinz diese Überlegungen mit ihnen zu teilen, verstehe ich als starkes Zeichen der Unterstützung unserer Bemühungen um die Wiederherstellung einer evangelisch-lutherischen Identität in Schweden und in unserem Teil der Welt.

Vortrag auf der 4. Lutherischen Theologischen Freien Konferenz für Zentral- und Osteuropa vom 2.–5. August 2005 in Klaipeda, Litauen (siehe hierzu LUTHERISCHE BEITRÄGE 4/2005, S. 250–252); aus dem Englischen übersetzt von Pfarrer Dr. theol. Armin Wenz.

Näheres über die „Missionsprovinz“ in Schweden unter www.missionsprovinsen.se

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 5. August 2005 um 19:04 und abgelegt unter Kirche, Theologie.