Zeit und Ewigkeit – Eine Untersuchung aus physikalischer und biblischer Sicht
Physikalisch gesehen ist das Phänomen Zeit heute gut verstanden. Denkt man über die Zeit des Menschen nach, so tun sich viele Fragen auf. Mit Hilfe eines neuartigen Zugangs wird versucht, diese Herausforderung zu lösen. Unerwarteterweise gibt es eine strenge Analogie zwischen Information und Zeit, die sich biblisch begründen lässt.
1. Einleitung
Über das Phänomen Zeit haben Menschen aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten nachgedacht. Zwei Zitate seien hier stellvertretend genannt. Augustinus (354-430) sagte hierzu: „Was ist Zeit? Wenn mich jemand fragt, weiß ich es. Will ich es einem Fragenden erklären, so weiß ich es nicht.“ 1 ½ Jahrtausende später konnte der englische Philosoph und Mathematiker Alfred North Whitehead (1861-1947) der Verwirrung des Augustinus nur seine eigene Frustration hinzufügen: „Es ist unmöglich, über die Zeit nachzudenken, … ohne von der Empfindung der Begrenztheit menschlicher Intelligenz überwältigt zu werden.“ Warum ist etwas so Grundlegendes wie Zeit so wenig verstehbar und so schwer zu erklären? Obwohl diese Aussagen nicht gerade sehr ermutigend klingen, wollen wir uns dennoch mit dieser Thematik beschäftigen. Wir nehmen die Herausforderung an, weil wir versuchen werden durch einen neuartigen Zugang zum Ziel zu kommen.
2. Die Zeit – eine physikalische Größe
Physikalisch gehört die Zeit zu einem Basissystem von sieben hinsichtlich ihrer Dimension unabhängigen Grundgrößen: Länge (m), Masse (kg), Stromstärke (A), Temperatur (K), Stoffmenge (mol), Lichtstärke (cd) und Zeit (s). Für diese Basiseinheiten gibt es eine eindeutige physikalische Definition. Alle uns bekannten (oder evtl. noch zu kreïerenden) Einheiten, die im Zusammenhang mit der Materie stehen, sind von diesen Basiseinheiten abgeleitet. Immer, wenn die sich ergebende Einheit zu unhandlich oder zu unanschaulich wird, gibt man ihr einen neuen Namen, der meistens von einem international bekannten Physiker stammt.
Beispiel: Wegen der Beziehung Kraft = Masse ´ Beschleunigung (F = m·b) folgt für die Einheit der Kraft 1 kg·m/s2. Die neue Einheit der Kraft ist nach dem englischen Physiker Isaak Newton (1643-1727) benannt, der als der Begründer der klassischen theoretischen Physik anzusehen ist: 1 N (= 1 Newton) = 1 kgm/s2.
Die physikalische Einheit der Zeit ist die Sekunde. Früher wurde sie als der 86 400ste Teil eines mittleren Sonnentages festgelegt. Diese Definition reicht für die heutigen Anforderungen längst nicht mehr aus. Seit 1967 gibt es eine neue Definition für die Sekunde. Auf der „13. Generalkonferenz für Maß und Gewicht“ von 1967 wurde international beschlossen, was hinfort eine Sekunde sein soll. Eine Sekunde ist danach als das
9 Milliarden 192 Millionen 631 Tausend 770fache der Periodendauer
einer charakteristischen Schwingung im Caesium-Atom (genauer: das Nuklid 133Cs) definiert und wird mit Hilfe von Caesium-Atomuhren realisiert. In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig stehen zwei der genauesten Atomuhren auf der Basis des Caesium-Atoms. Diese Uhren CS1 und CS2 gehören bezüglich ihrer Präzision zur Weltspitze. CS2 (siehe Bild) ist seit 1985 in Betrieb und hat eine so hohe Ganggenauigkeit, dass sie rein rechnerisch in 2 Millionen Jahren ¾ wenn es sie dann noch auf der Erde gäbe und die Erde noch existierte ¾ nur 1 Sekunde Abweichung von der idealen Uhr hätte. Das entspricht einer relativen Unsicherheit von nur 1,5×10-14. Die Ermittlung der Ganggenauigkeit geschieht durch rechnerische Abschätzung des Einflusses aller beteiligten Parameter der Uhr CS2. Die Zeit ist jene physikalische Größe, die mit der höchsten Messgenauigkeit ermittelt werden kann. Braucht man nun diese hohe Präzision?
Das soll anhand der Navigation auf der Erdoberfläche verdeutlicht werden. Heute gelingt es, aufgrund der genauen Zeitmessung, die Position von Schiffen auf den Ozeanen oder von Forschern in den Wüsten metergenau anzugeben. Dies geschieht mit dem „Global Positioning System“ (GPS). 24 künstliche Erdsatelliten umkreisen die Erde. Je vier bewegen sich gemeinsam auf einer der sechs Umlaufbahnen und funken ihre Signale zur Erde. An Bord eines jeden Satelliten befinden sich vier Atomuhren. Aus der sehr genau, auf wenige Nanosekunden, messbaren Laufzeitdifferenz der Signale mehrerer Satelliten wird der geographische Ort dann rechnerisch ermittelt.
Die kleinste Zeitspanne, die die Physiker je messen konnten, ist die Lebensdauer bestimmter seltener Elementarteilchen. Von Atomkernen des Isotops Helium 5He – sie sind fünfmal so schwer wie der Kern des Wasserstoffatoms – zerfällt die Hälfte aller Atome in der unvorstellbar kurzen Zeit von 2×10-21 s. Fragen wir nach der längsten Zeitspanne, so ist es diejenige Zeit, die seit der Erschaffung dieser Welt vergangen ist.
In der Physik haben die verschiedenen reproduzierbaren Vorgänge eine unterschiedliche Dauer. Man spricht von der Schwingungsdauer T oder von der Zeitkonstante T. Einige Beispiele seien hier genannt:
Periodendauer T eines 440-Hz-Tones (= Kammerton a):
T = 1/f = 0,00227 s » 2 ¼ Tausendstel Sekunden
Die Wellenlängen des sichtbaren Lichtes liegen zwischen 380 und 780 nm (1 nm = 10-9 m = 1 Milliardstel Meter). Bei grünem Licht von 540 nm beträgt die Periodendauer:
T = 1/f = l/n = 540 nm/299 792 458 m/s = 1,8·10-15 s
T » 2 Billiardstel Sekunden
Schwingungsdauer eines Pendels mit L = 20 m Fadenlänge:
T = 2×p×WURZEL( L/g) = 8,973 s » 9 Sekunden
Ergänzend wären noch zwei wesentliche Aspekte der physikalischen Zeit zu nennen, nämlich
1. die Relativität der Zeit in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit. Dies ist in Betracht zu ziehen, wenn Größenordnungen im Spiel sind, die gegenüber der Lichtgeschwindigkeit nicht mehr zu vernachlässigen sind.
2. die Richtung des Zeitpfeils. Da nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik in einem abgeschlossenen System die Entropie niemals abnehmen kann, ergibt sich daraus eine wichtige Konsequenz für die Richtung des Zeitpfeils.
Aus Platzgründen wird hier auf die Erörterung dieser beiden Aspekte verzichtet.
Was Zeit aus physikalischer Sicht ist, wissen wir recht gut. Die Messgenauigkeit der Zeit wird ständig verbessert. Auch die physikalischen Eigenschaften der Zeit dürften weitgehend bekannt sein. Der Physik-Nobelpreisträger Richard P. Feynman sagte, dass die Zeit der Entdeckungen auf diesem Gebiet vorbei ist [1]: „Unsere Epoche ist das Zeitalter der Entdeckung der fundamentalen Naturgesetze – eine aufregende, eine wunderbare Zeit, die aber nicht wiederkehren wird.“ Zeit aber ist mehr als Physik! Jenseits dieses Horizontes gibt es aber noch manches zu entdecken. Im Folgenden wollen wir uns ein stückweit auf diese Entdeckungsreise begeben.
3. Die Zeit – eine anthropologische Größe
Mit einem Zitat des Begründers der Wellenmechanik und des Nobelpreisträgers für Physik Erwin Schrödinger (1887-1961) wollen wir uns hinführen lassen zu einem Aspekt der Zeit, der über die Physik hinausgeht. Zeit geht uns Menschen als Person an. Schrödinger sagte: „Denn die Zeit ist wahrlich unser gestrengester Herr, indem sie … das Dasein eines jeden von uns in enge Grenzen zwängt – 70 bis 80 Jahre, wie im Psalm 90 zu lesen ist.“
Wo finden wir die beste Wirklichkeitsdeutung der Zeit für unser Leben? Neben verschiedenen anderen unzutreffenden Auffassungen lehrten die griechischen Philosophen, dass die Zeit und ihre Ereignisse sich wie ein großes Rad drehen und wiederkehrenden Charakter haben. Ein Physikbuch hat einen anderen Ansatz. Philosophie und Psychologie können zwar manchen nützlichen Gedanken beitragen, aber sie greifen zu kurz, um uns eine letzte und verbindliche Antwort zu geben. Niemand kann uns das wirkliche Wesen der Zeit hinreichend beschreiben. Wollen wir Tiefgründigeres und bleibend Gültiges erfahren, so müssen wir den befragen, der die Zeit gemacht hat. Viele Autoren sind sich darin einig, dass es Zeit nicht schon immer gab. Zeit gibt es erst seit der Schöpfung der Welt. Mit dem Raum und der Materie wurde auch die Zeit erschaffen. Konsequenterweise müssen wir uns an den Schöpfer wenden, wenn wir mehr erfahren wollen als mit physikalischen Messgeräten ermittelbar ist. In seinem Buch, der Bibel, hat er uns ausgiebig darüber informiert. Aus der Bibel entnehmen wir, dass es keinen ewigen Kreislauf der Dinge gibt, sondern die uns zur Verfügung stehende Zeit ist einmalig, sie hat einen Anfang und auch ein Ende. In einem der ältesten Bücher der Bibel – im Buch Hiob – steht, dass die Zeit ein von Gott zugeteiltes und festgesetztes Maß ist: „Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit … Er geht auf wie eine Blume und fällt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht … Er hat seine bestimmte Zeit, die Zahl seiner Monden steht bei dir; du hast ein Ziel gesetzt, das wird er nicht überschreiten“ (Hiob 14,1+5). Diesen Gedanken greift Jesus im Neuen Testament auf: „Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen kann?“ (Matthäus 6,27). Diese rhetorische Frage aus der Bergpredigt hat eine kurze Antwort: Niemand! Es ist gut, wenn wir diesen Wesenszug der Zeit bedenken. Zeit ist jedem von uns fest zugeteilt. Das Wort Jesu ist präzise formuliert, denn wir können nicht verlängern, wohl aber verkürzen. Durch schlechte Lebensweise, insbesondere durch Nikotin, Alkohol, Drogen, falsche Ernährungsweise, können wir – wie uns die Mediziner bestätigen – von dem Kontingent der uns zugedachten Lebenszeit zwar absetzen, aber niemand kann etwas zusetzen.
3.1 Die fünf Dimensionen der Information
Nach der Shannonschen Informationstheorie wird der Informationsgehalt einer Zeichenfolge durch die Länge der Buchstabenkette (d. h. ausschließlich statistischer Aspekt) bestimmt, nicht aber durch den übermittelten Bedeutungsinhalt. Erst durch Einführung der weiteren Aspekte Syntax (Code, Grammatik), Semantik (Bedeutung), Pragmatik (Handlung), Apobetik (Ergebnis, Ziel) wird dem Informationsbegriff in seiner ganzen Fülle Rechnung getragen [2]. Bei Untersuchungen über den Begriff Zeit fiel mir etwas Unerwartetes auf: Obwohl Information und Zeit grundverschiedene Phänomene sind, existiert zwischen beiden eine bemerkenswerte Analogie: Das 5-Ebenen-Konzept der Information (siehe Bild) ist überraschenderweise auch auf die Zeit anwendbar. Diesen Tatbestand konnte ich der Bibel entnehmen. Hier liegt ein gutes Beispiel dafür vor, dass wir durch das Studium der Bibel wichtige Strukturen und Zusammenhänge erkennen können, auf die wir sonst wohl kaum gestoßen wären. Mit der Bibel kommt auch auf wissenschaftlich „unverständliche“ Phänomene ganz neues Licht. Im Folgenden soll das 5-Ebenen-Konzept der Zeit [3] ausführlich dargelegt werden.
3.2 Die fünf Dimensionen der Zeit
3.2.1 Erstens: Statistik der Zeit
Für den Physiker ist die Zeit als Messgröße ein reines Mengenmaß ohne jegliche Qualität. Alle Uhren erfassen nur ihren statistischen Aspekt. Auf dieser statistischen Ebene geht es bei uns Menschen um das Maß an verfügbarer Zeit, um die Zeitspanne unseres Lebens, um die Anzahl unserer Jahre. In Analogie zur Information entspricht dies der Länge einer Zeichenkette, d. h. der Buchstabenfolge. Von der ältesten Messmethode der statistischen Zeit berichtet die Bibel in 1. Mose 1,14: „Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre.“ Die Messung geschieht hier mit Hilfe der Gestirne. Die Bibel weist wiederholt auf die Kürze unserer Lebensspanne hin und benutzt zu ihrer Veranschaulichung flüchtige Ereignisse (Wind, Schatten, Dampf) aus der Natur:
Hiob 7,6-7: „Meine Tage sind leichter dahingeflogen denn eine Weberspule und sind vergangen, dass kein Aufhalten gewesen ist. Gedenke, dass mein Leben ein Wind ist“.
Psalm 144,4: „Ist doch der Mensch gleich wie nichts; seine Zeit fährt dahin wie ein Schatten“.
Jakobus 4,14: „Denn was ist euer Leben? Ein Dampf seid ihr, der eine kleine Zeit währt, danach aber verschwindet er“.
3.2.2 Zweitens: Syntax der Zeit
So wie es eine Syntax (grammatische und stilistische Regeln) bei den natürlichen und künstlichen Sprachen gibt, finden wir sie auch bei der Zeit, wobei hier die Regeln für den Umgang damit gemeint sind: Welche Strategien verwenden wir zur optimalen Zeitplanung? Welche Konzepte und Regeln zur Termingestaltung gestatten uns einen effektiven Einsatz der Zeit? Wie vermeiden wir Hektik und Streß? Wie gestalten wir unser Lebensprogramm?
Die Begriffe Kurzweil contra Langweil sind ebenfalls Aspekte der Zeit-Syntax! Die Bibel nennt die Maßstäbe, die uns zu einer guten Zeitsyntax verhelfen. Die erste Regel dieser Art finden wir in den Zehn Geboten: „Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken; aber am siebenten Tage … da sollst du kein Werk tun“ (2. Mose 20,9-10). Während der Zeit der französischen Revolution führte man den Revolutionskalender ein (1793), bei dem jeder Monat in drei Dekaden von je 10 Tagen eingeteilt wurde. Durch den neuen Kalender sollte das Gedächtnis des Volkes von allem Christlichen befreit und statt dessen die Landwirtschaft als politische Grundlage verinnerlicht werden. Entsprechend fielen die Monatsnamen aus: dem Vendémiaire (Weinlesemonat) folgten Brumaire (Nebelmonat), Frimaire (Monat des Reifes), Nivôse (Schneemonat), Pluviôse (Regenmonat) und Germinal (Monat des Keimes). Der willkürlich eingeführte 10-Tage-Rhythmus bewährte sich nicht, weil wir schöpfungsmäßig auf den 7-Tage-Rhythmus angelegt sind – so wie er auf der ganzen Welt praktiziert wird. Napoleon setzte den Revolutionskalender am 1. Januar 1806 wieder außer Kraft.
In der Bergpredigt nennt Jesus eine weitere sehr wichtige Regel für den Umgang mit der Zeit. Obwohl das Wort „Zeit“ gar nicht in diesem Vers vorkommt, finden wir hier dennoch eine grundlegende Regel für den Umgang mit der Zeit: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen“ (Matthäus 6,33).
3.2.3 Drittens: Semantik der Zeit
Mit Zeitsemantik ist der gedankliche Inhalt gemeint. In unserem Leben hat die Zeit unbestreitbar unterschiedliche qualitative Eigenschaften. Wir ordnen der durchlebten Zeit je nach Erlebnisdichte und Güte der Ereignisse einen jeweils anderen Wert zu. Für einen Fußballbegeisterten haben neunzig Zuschauerminuten bei einem Endspiel der Fußballweltmeisterschaft einen deutlich anderen Wert als wenn zwei unbekannte Dorfvereine gegeneinander agieren. Die Eintrittspreise bei öffentlichen Veranstaltungen und Einschaltquoten beim Fernsehen markieren nicht nur objektive, sondern durchaus auch subjektive Erlebniswerte in der Zeit. Ebenso ist die Höhe der gezahlten Eintrittsgelder für Galavorstellungen und Uraufführungen ein Maßstab dafür, wie kostbar die jeweilige Zeit (subjektiv) eingeschätzt wird.
Nicht die Länge unserer individuellen Zeitachse (Lebenslänge) macht unser Leben aus, sondern die erlebten Ereignisse (aktive Gestaltung und passive Erlebnisse) bestimmen die Lebensqualität. Mit der Semantik der Zeit ist die gedankliche Füllung angesprochen. Beschäftigen wir uns mit wertvollen, belanglosen, unnützen oder gar bösen Gedanken? Der Psalmist bekennt von sich: „Meine Zeit steht in deinen Händen“ (Psalm 31,16). Mit Gott erhält seine Zeit eine neue Qualität, die über das rein Irdische hinausgeht. Die Bibel will uns zu einer guten Semantik verhelfen, indem sie uns zahlreiche gute Ratschläge gibt: „Viel Gutes kommt dem Mann durch die Frucht des Mundes, und dem Menschen wird vergolten, nach dem seine Hände verdient haben“ (Sprüche 12,14).
3.2.4 Viertens: Pragmatik der Zeit
Mit Pragmatik der Zeit ist das Handeln in der Zeit angesprochen. Wie kann die Zeit bestmöglich genutzt werden? Drei Arten der Pragmatik P können wir dabei unterscheiden:
P > 0 Gutes tun (Zeit sinnvoll nutzen)
P = 0 Nichtstun, Null-Pragmatik (Zeit ungenutzt lassen oder mit
Wertlosem vergeuden)
P < 0 Schlechtes tun (Zeit des bösen Handelns)
„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde“ – so heißt es treffend beim Prediger Salomo (3,1). Es folgt dann eine lange Liste von Tätigkeiten, die unser Leben ausmachen. Auch Erholung und Entspannung haben einen festen Platz: „Und er sah die Ruhe, dass sie gut ist“ (1. Mose 49,15). Zur Pragmatik unseres Lebens gehört andererseits auch die tägliche Arbeit, die zum Erwerb des Lebensunterhaltes und damit zur Versorgung der Familie erforderlich ist. Tun wir auch diese mit Gott, so wird Segen damit verbunden sein, wie uns viele Stellen der Bibel bestätigen, so z. B. in Prediger Salomo 9,7: „So gehe hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn dein Werk gefällt Gott.“
Neben dem alltäglichen Tun gibt es aber auch die geistliche Komponente unseres Handelns. Dieses notwendige Tun spricht Jesus in der Bergpredigt an: „Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen baute“ (Matthäus 7,24). Auch die Negativ-Pragmatik ist angesprochen: „Wer aber unnötigen Sachen nachgeht, der ist ein Narr“ (Sprüche 12,11). Nicht sinnvoll genutzte Zeit ist verlorene Zeit. Verlorene Zeit ist unwiederbringlich dahin, man kann sie auf keinem Fundbüro wieder abholen.
3.2.5 Fünftens: Apobetik der Zeit
Apobetik (griech. apobeinon = Ergebnis, Ziel; 1981 vom Autor eingeführt) der Zeit bedeutet Zielorientierung in der Zeit. Haben wir einen gezielten Einsatz unserer Zeit und mit unserem Leben? Haben wir auch das ewige Ziel im Blick?
Wir wollen uns als Beispiel für ein zielorientiertes Leben einen Mann anschauen, der eine unglaubliche Karriere vor sich hatte, der diese Chance aber ausschlug, weil er eine andere Entscheidung für sein Leben traf. Es ist Mose. Im Alten Testament ist sehr ausführlich von ihm geschrieben. Im Neuen Testament finden wir eine Kurzbiographie von ihm. In Hebräer 11,24-26 heißt es: „Durch den Glauben wollte Mose, als er groß geworden war, nicht mehr als ein Sohn der Tochter des Pharao gelten … und hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens; denn er sah auf die Belohnung“.
Als Baby war Mose in einem geflochtenen Körbchen ausgesetzt. Die Pharaotochter fand den kleinen Jungen im Schilf des Nils und entschloss sich, das Baby als eigenes aufzuziehen. Mose wuchs in einer privilegierten Umgebung auf: Am Hofe des Pharao mangelte es ihm an nichts. Er studierte an den besten Universitäten des Landes, so dass es von ihm heißt: „Und Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter gelehrt und war mächtig in Worten und Werken“ (Apostelgeschichte 7,22). Eine Superkarriere war geradezu programmiert. Er hätte ein bekannter Gelehrter werden können oder Anführer des damals größten Heeres; ja er hätte sogar Pharao von Ägypten werden können. Es ist vorstellbar, dass er sich die größte Pyramide in Gizeh hätte bauen lassen können, die noch die Cheopspyramide im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten gestellt hätte. So würden heute die Touristen die Pyramide des Mose als große Attraktion bestaunen und hier ihre Dias schießen. Werbeprospekte in aller Welt würden mit den Fotos dieser Pyramide zu einer Ägyptenreise einladen.
Nichts von alledem geschah! Gott berief diesen Mann (2. Mose 3) und gab ihm den Auftrag, das Volk Israel aus Ägypten zu führen. Das bedeutet Wüste! Zuerst 40 Jahre Zubereitung in der Wüste und dann bis zum Lebensende noch einmal 40 Jahre Wüstenwanderung mit dem Volk Israel. Gibt es unterschiedlichere Alternativen für einen Lebensweg? Das Geheimnis seiner Wahlentscheidung lüftet sich, wenn wir den letzten Satz der Kurzbiographie betrachten: „denn er sah hin auf die Belohnung“. Mose sah weiter als das, was im Augenblick vor Augen war. Er konnte auf den Pharaothron verzichten und statt dessen den Rest seines Lebens in der Wüste zubringen. Er orientierte sich am Ziel, er sah auf das Ewige. Wer das Ewige sieht, der hängt nicht mehr am Vergänglichen. Paulus sagt: „Denn ich halte dafür, dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sei, die an uns offenbart werden soll“ (Römer 8,18).
4. Was ist Ewigkeit?
Wenn wir das Fließband der Zeit verlassen, beginnt für uns alle die Ewigkeit. Wir Menschen sind – im Gegensatz zu den Tieren – Ewigkeitsgeschöpfe. Unsere Existenz wird niemals ausgelöscht. Um sich eine Vorstellung von der Länge der Ewigkeit zu machen, wird gelegentlich folgendes Bild verwendet: Man stelle sich das Himalajagebirge als einen riesigen Diamanten vor. Zu diesem Gebirgsmassiv fliegt alle tausend Jahre ein Vogel, und der wetzt seinen Schnabel an diesem Berg. Wenn der Vogel auf diese Weise das ganze Gebirge abgetragen hat, dann ist eine Sekunde der Ewigkeit vergangen.
Wie anschaulich dieses o. g. Bild ‘Ewigkeit = verlängerte Zeitachse’ auch sein mag, so grundlegend falsch ist es im biblischen Sinne. Die Ewigkeit ist keine beliebig verlängerte Zeitachse und damit auch kein ins Unendliche verlängertes Zeit-Fließband. Wäre das der Fall, wäre Gott in gleicher Weise wie wir in unserem Erdenleben an die verrinnende Zeit gebunden. Gott steht jedoch darüber. Ewigkeit ist kein eindimensionales, lineares Phänomen. Sie entzieht sich aller unserer physikalischen Messtechnik und damit auch der Quantifizierung mit Hilfe gängiger Einheiten. Die Kategorien von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind aufgehoben zugunsten der Unvergänglichkeit. Ewigkeit ist etwas qualitativ völlig anderes als Zeit. Nach dem Zeugnis der Bibel hat das irdische Ende unserer Zeit, der Tod, zwei unterschiedliche Ausgänge, das Leben in der Herrlichkeit bei Gott (Himmel) oder die Existenz in der Gottesferne (Hölle).
Ich habe zwei Sätze herausgefunden, die ich zunächst nennen und dann anhand der Bibel begründen möchte:
(1) Auf der Erde gibt es keine vorstellbare Situation, die so schön ist wie im Himmel.
(2) Auf der Erde gibt es andererseits auch keine so furchtbare und schreckliche Situation wie es in der Hölle ist.
4.1 Die Hölle und die Erde – ein Vergleich
Auf unserer Erde geschehen furchtbare Dinge, die uns hinlänglich bekannt sind. Es gibt
- Kriege mit all den damit verbundenen Schrecknissen
- Folterungen und Verstümmelungen
- Plünderungen und Vergewaltigungen
- Mord und Totschlag
- Kindesentführungen und -misshandlungen
- schreckliche Krankheiten, die zum Tode führen
- Mobbing an den Arbeitsplätzen
- Todesängste bei Katastrophen (z.B. Schiffsuntergänge, Flugzeugabstürze, todbringende Lawinen, Grubenunglücke, Großfeuer in Hotels und Hochhäusern).
Bedenken wir bei alledem: Alles Schlimme in dieser Welt ist endlich. Es dauert nur eine bestimmte Zeit, dann ist es vorbei.
Alles Schlimme, auch das Schlimmste in dieser Welt ist jedoch nicht mit der Hölle vergleichbar. In zwei Aspekten ist die Hölle schlimmer: Sie ist endlos und bei weitem schlimmer als alles, was je auf dieser Erde geschehen ist. Jesus hat die Hölle realistisch beschrieben als
- einen Ort der ewigen Pein (Matthäus 25,46)
- einen Ort der Verdammnis (Matthäus 7,13)
- einen Ort des ewigen nicht verlöschenden Feuers (Markus 9,43+46)
- einen Ort der Finsternis (Matthäus 25,30)
- einen Ort des Heulen und Zähneklapperns (Matthäus 25,30)
- einen Ort, wo der nagende Wurm nicht stirbt (Markus 9,44)
- einen Ort in Flammen (Lukas 6,24).
Auch die Apostel beschreiben die Hölle als einen Ort der Finsternis, der Verdammnis und des Verderbens:
- „sie sind Feinde des Kreuzes Christi, ihr Ende ist die Verdammnis“ (Philipper 3,18-19)
- „Die werden Strafe leiden, das ewige Verderben, fern von dem Angesicht des Herrn und von seiner herrlichen Macht“ (2. Thessalonicher 1,8-9)
- „ Ihr Teil ist die dunkelste Finsternis“ (2. Petrus 2,17)
- „… welchen behalten ist das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit“ (Judas 13).
Wenn Jesus bzw. die Apostel die negativen Situationen der Erde beschreiben, dann gebrauchen sie Worte wie diese:
- „Die Welt vergeht mit ihrer Lust“ (1. Johannes 2,17)
- „Die ganze Welt liegt im Argen“ (1. Johannes 5,19)
- „O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht“ (Lukas 9,41)
- „So wird es auch diesem argen Geschlecht gehen“ (Matthäus 12,45)
- „… unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht“ (Markus 8,38)
- „dass wir erlöst werden von den verkehrten und argen Menschen“ (2. Thessalonicher 3,2).
Dies sind klare und scharfe Worte über die Situation unserer Welt. Aber nie gebrauchte Jesus solche Worte über diese Welt, wie er sie zur Charakterisierung der Hölle verwendete. Gemessen an allen Negativmerkmalen des Irdischen ist die Hölle in potenzierter Weise abgrundtief und schrecklich. Bei den Bewohnern der Erde unterscheidet Jesus zwischen Guten und Bösen, zwischen Gerechten und Ungerechten zwischen Kindern des Lichts und Kindern dieser Welt. In der Hölle gibt es keine Guten und keine Gerechten. Alle, die dort angekommen sind, sind Verdammte (Markus 16,16) und Verlorene (1. Korinther 1,18; 2. Korinther 4,3). Die Hölle ist ein Ort des nicht endenden Elends und Leides. Da die Not endlos ist, ist die Hölle ein Ort der absoluten Hoffnungslosigkeit. Nicht der geringste Schimmer an Hoffnung ist am Horizont erkennbar, weil Gott nicht mehr gegenwärtig ist. Dies zu wissen, führt zu einer immer tieferen und nie endenden Depression.
So wie alles Gute in dieser Welt begrenzt und endlich ist, ist auch das Böse begrenzt. Alles, aber auch alles in dieser Welt hat ein Ende. Hier ist alles nur vorläufig, drüben aber ist alles endgültig. Die Hölle ist genau so ewig wie der Himmel. So hat es Jesus gelehrt. In Matthäus 25,41 sagt Jesus uns heute schon, was er den Verlorenen wörtlich sagen wird: „Gehet weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!“ Unsere Predigt gerät in eine Schieflage, wenn man Jesu Verheißungen verkündigt, seine Warnungen aber verschweigt.
4.2 Der Himmel und die Erde – ein Vergleich
Auf der Erde kennen wir mancherlei Anlässe und Situationen, die wir als außergewöhnlich schön, frohmachend und beglückend empfinden. Nicht alle erleben wir dasselbe, und doch kann jeder von markanten und schönen Erlebnissen seines Lebens berichten:
- Wir lernen den richtigen Ehepartner kennen und verlieben uns zutiefst.
- Eine Frau hält erstmals ihr neugeborenes Kind im Arm und ist überglücklich.
- Ein Leistungssportler gewinnt bei der Olympiade die Goldmedaille und darf drei Minuten auf dem Siegertreppchen stehen. Jahrelang hatte er für diesen Sieg trainiert und nun surren die Fernsehkameras und verkünden diesen Erfolg.
- Ein Wissenschaftler erhält den Nobelpreis und ist hocherfreut über diese Ehrung.
- Einem Fußballfan gelingt es, eine Eintrittskarte für das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft zu erwerben, und er wird Augenzeuge des Sieges seiner favorisierten Mannschaft. Er bricht in Jubel aus.
- Ein Musikliebhaber erlebt die Uraufführung einer Sinfonie seines Lieblingskomponisten und ist entzückt.
Es gibt mancherlei Veranstaltungen (Theater, Musik, Sport) oder Begegnungen mit Menschen, die wir in unserem Leben als außergewöhnlich schön in Erinnerung behalten.
Vergleichen wir nun all die schönen Dinge des irdischen Lebens mit dem, was uns im Himmel zugesagt ist, dann erkennen wir mühelos, dass der Himmel alles nur erdenklich Gute auf dieser Erde bei weitem sprengt:
- „Daher kann er [Jesus] auch auf ewig selig machen“ (Hebräer 7,25). Im Himmel, dem Ort ohne Sünde, wird das Glück vollkommen und unvergänglich sein, denn keines der Negativmerkmale dieser Welt wird dort das Leben trüben.
- „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben“ (1. Korinther 2,9). Alles, was wir hier an Reizvollem, Sehens- und Hörenswertem auch nur aufzählen würden, verblasst im Angesicht des Himmels.
- Jesus nennt uns einen wichtigen Grund seines Kommens: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen“ (Johannes 10,10). Was hier schon beginnen darf, erfährt im Himmel die Vollendung. Der Himmel ist Leben im Überfluss. Mangel ist dort ein Fremdwort, denn es gibt nichts mehr zu verbessern. Langeweile und Müßiggang sind dort unbekannt, weil der Himmel vollkommen ist und echtes erfülltes Leben bedeutet.
- Der Himmel ist der Ort, wo wir ewig bei Jesus sind: „Vater, ich will, dass, wo ich bin auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast“ (Johannes 17,24).
- Im Himmel werden wir Jesus gleich sein: „Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein“ (1. Johannes 3,2). Nur von Jesus heißt es: „Er ist der Abglanz seiner [= Gottes] Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens“ (Hebräer 1,3). Wenn wir im Himmel Jesus gleich sein werden, dann ist konsequenterweise daraus zu schließen: Wir werden so umgestaltet, dass auch wir der Abglanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild seines Wesens sein werden.
Literatur
[1] Feynman, R. P.: Vom Wesen physikalischer Gesetze, Piper-Verlag, München, Zürich 1993
[2] Gitt, W.: Am Anfang war die Information, Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, 2002, 360 S. (vergriffen)
[3] Gitt, W.: Zeit und Ewigkeit, Christliche Literatur-Verbreitung, Bielefeld, 4. Auflage 2011, 155 S.
Dir. und. Prof. a.D. Dr.-Ing. Werner Gitt, Vortrag während des Kongresses “Ja, ich komme bald!” – Das biblische Zeugnis von Wiederkunft, Gericht und Neuschöpfung vom 01.04.-03.04.2011 in Bad Gandersheim (Veranstalter: Gemeindehilfsbund / Gemeindenetzwerk). Eine idea-Dokumentation mit sämtlichen Beiträgen der beiden Kongresse “Ja, ich komme bald!” (zweiter Kongress: 09.04.-10.04.2011 in Bad Teinach-Zavelstein) kann bei der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes zum Preis von 7,60 € bestellt werden: Mühlenstr. 42, 29664 Walsrode, 05161-911330, info@gemeindehilfsbund.de [1].