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Stellungnahme zum Zusammenleben von homosexuellen Pfarrerinnen und Pfarrern in Pfarrhäusern

Fast jede Äußerung zum Thema Homosexualität ist von vornherein schwierig: Gründe dafür sind folgende: Geschichtliche: Die furchtbaren Verbrechen des Dritten Reiches, als Homosexuelle bestraft wurden und in Konzentrationslagern verschwanden, ragen bis heute wie dunkle Schatten in jede Diskussion über Homosexualität hinein. Persönliche: Fast jeder kennt homosexuelle Menschen, von denen viele nett und zuverlässig sind. Wer wollte ihnen da etwas vorschreiben? Seelsorgerliche: Was biblische Lehre ist, kann leicht besserwisserisch und hartherzig verbalisiert werden und eher abschrecken als helfen. Trotzdem soll hier eine Stellungnahme gewagt werden.

Auslöser dafür ist die Entscheidung des Landesbischofs und des Landeskirchenrates der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, den Einzug homosexueller Paare ins Pfarrhaus zu erlauben und die wiederholte und öffentliche Äußerung des Landesbischofs: „Homosexualität ist keine Sünde.“

Mit diesen Äußerungen, die den Synodalen und Kirchengemeinden völlig unvorbereitet vermittelt wurden, hat der Landesbischof nicht nur für mediales Aufsehen gesorgt, sondern Verstimmung hervorgerufen und zum Unfrieden in der Kirche, zur Polarisierung, Spaltung und selbst zum Kirchenaustritt in den Gemeinden beigetragen. Man hätte mehr schriftgebundene Argumentation und Orientierung erwartet, stattdessen behandelt er die Thematik als Ordnungsfrage, deren letzte Klärung in den Kirchenvorständen der Ortgemeinden erfolgen soll. „Es ist nicht recht und widerspricht den Aufgaben von Landesbischof und Landeskirchenrat (gemäß Art. 61 und Art. 66 der Kirchenverfassung), es den je einzelnen Kirchenvorständen vor Ort zu überlassen und zuzumuten, in grundsätzlichen Fragen christlicher Ethik Lehrentscheidungen in Konkurrenz zu Nachbargemeinden und ohne Konsens mit der Gesamtkirche eigenverantwortlich treffen zu sollen…“ (Mahnruf aus den Gemeinden, 5.12.2010, Redwitz). Luthers Schrift aus dem Jahr 1523 („Dass eine christliche Versammlung oder Gemeinde (sogar) Recht und Macht habe, alle Lehre zu beurteilen und Lehrer zu berufen, ein -und abzusetzen, Grund und Ursache aus der Schrift“) ist wohl grundsätzlich zu bedenken, kann aber der Kirchenleitung die Verantwortung zum Konsens und Frieden innerhalb der unterschiedlichen Kirchengemeinden nicht abnehmen.

Profilierte Theologen (z.B. Prof. Dr. Manfred Seitz, Prof. Dr. Reinhard Slenczka) haben darum Stellung bezogen gegenüber der kirchlich sanktionierten Möglichkeit von Ordination und Anstellung bei Pfarrerinnen und Pfarrern, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.

In einem offenen Brief kommen die ehemaligen Bischöfe Eduard Berger, Bischof a.D., Heinrich Herrmanns, Landesbischof i.R., Jürgen Johannesdotter, Landesbischof, Dr. Werner Leich, DD, Bischof em., Dr. Gerhard Maier, Landesbischof i.R., Dr. Gerhard Müller, Landesbischof i.R., Dr. Theo Sorg, Landesbischof i.R., Dr. Ulrich Wilckens, Bischof, i.R. aufgrund ihrer Bindung an die Heilige Schrift zu folgender Überzeugung:

„Es geht … im Grunde um nichts Geringeres als um die Frage, ob evangelische Kirchen darauf bestehen, dass die Heilige Schrift die alleinige Grundlage für den Glauben und das Leben ihrer Mitglieder und für den Dienst und die Lebensführung ihrer ordinierten Pfarrerinnen und Pfarrer bleibt, oder ob eine Landeskirche nach der anderen eine Angleichung an die in der Gesellschaft üblich gewordenen Lebensformen für so wichtig halten, dass sie dafür die Orientierung an der Heiligen Schrift aufgeben bzw. aufweichen.“

Noch strikter argumentiert die Dotoma-Erklärung (vom 9. April 2010) der Tansanischen Bischofskonferenz, die von 20 Bischöfen, davon sieben mit Doktortiteln, unterzeichnet worden ist. Der leitende Bischof von Tansania ist immerhin stellvertretender Vorsitzender des Lutherischen Weltbundes.

Das Pfarrhaus soll in den Kirchengemeinden eine orientierende Funktion haben. Durch homosexuelle Lebensgemeinschaften im Pfarrhaus wird nach außen signalisiert: Eine homosexuelle Partnerschaft steht nach christlichem Verständnis gleichberechtigt neben der Ehe von Mann und Frau. Auch wenn die evangelische Kirchenleitung beteuert, am Leitbild der Ehe und Familie festzuhalten, stehen hier Lebensvollzug und Leitbild im Widerspruch zu einander.

Die Genese der Homosexualität wird kontrovers diskutiert. Bisher konnte nicht nachgewiesen werden, dass Homosexualität auf eine genetische oder sonstige unveränderliche Veranlagung und Disposition zurückzuführen sei. Dafür gibt es zahlreiche Untersuchungen und Erfahrungen von Menschen, die Entwicklungen und Veränderungen von homosexuellen zu heterosexuellem Verhalten und umgekehrt beschreiben. Bekannt ist, dass entweder fehlende oder zu dominante Väter die Entstehung der Homosexualität begünstigen. Außerdem können verfrühte sexuelle Erfahrungen in der Pubertätszeit, die enttäuschend verlaufen sind, dazu führen, dass die Erfüllung das nächste Mal in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung gesucht wird.

Für evangelische Christen bleibt in allen Lebensfragen die Bibel als Maßstab. Es gibt keine biblischen Aussage, die Homosexualität in eine positive Beziehung mit dem Willen Gottes setzt (3. Mose 18,22; Römer 1,26-27; 1. Kor. 6, 9-11). Praktizierte Homosexualität entspricht nach den Aussagen der Heiligen Schrift nicht dem Willen Gottes. Sie gilt dort als Sünde, als Gräuel und schließt genauso vom Reich Gottes aus wie anderes Fehlverhalten, das in den gleichen Bibelstellen genannt wird. Der erste Korintherbrief geht davon aus, dass in der Gemeinde in Korinth ehemalige Homosexuelle waren, die Veränderung erfahren hatten und Gott nun mit ihrem Leib priesen. Sie haben also zuvor, sprich in ihren homosexuellen Beziehungen, Gott mit ihrem Leib nicht gepriesen. Jesus setzt bei allen Stellungnahmen zu geschlechtlichen Fragen immer heterosexuelle Gegebenheiten voraus.

Die Antwort des NT auf Sünde und Unrecht gegen Gott ist, dass Jesus gekommen ist, die Werke des Teufels zu zerstören (1.Joh 3,8). Das ist der biblische Lösungsweg. Nicht das Gesetz oder die Ausgrenzung sind die Lösung, aber auch nicht die Sanktionierung der praktizierten Homosexualität durch eine falsch verstandene Liebe. Stattdessen ist die biblische Linie der Zuspruch der Vergebung durch Jesu Erlösungswerk in seelsorgerlicher und fachlicher Begleitung und die Erneuerung des Herzens, Wollens und Denkens durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Wir dürfen mit der Kraft Gottes rechnen, die zu einem neuen, zwar nicht sündlosen, aber doch Gott wohlgefälligen Leben führt (Titus 2,11f und 3,3f). Die Erfahrung der Sündenvergebung darf immer neu erlebt werden (7 mal 70 mal“). Durch das heiligende Werk des Geistes Gottes werden Menschen freigesetzt aus antigöttlichen Haltungen und Handlungen und werden neue Kreaturen.

Da „keiner Gutes tut“, brauchen alle die Vergebung. Vergebung gibt Gott nicht pauschal. Sie ist gebunden an Reue und Bereitschaft zur Umkehr und an die Annahme der Vergebung (1.Joh. 1,9 „So wir aber unsere Sünden bekennen …). Ein bewusster und gewollter Verbleib in der Sünde ist eine Ablehnung der Gnade Gottes und führt zum Gericht (1.Sam. 2,30 1.Kor 6,9f.). Das doppelte Liebesgebot vermag diese göttliche Ordnung nicht aufzuheben.

Der Beschluss der Kirche ruft leider nicht zur Umkehr auf, sondern bestätigt durch Segnung zum Verbleib in der Sünde. Das ist das Dilemma.

Mit der Bekehrung und Widergeburt beginnt Gott mit einem Menschen ein neues Leben. Jesus sagt zur Sünderin, nachdem er ihr vergeben hat, „sündige hinfort nicht mehr“ d.h. praktiziere diese Sünde nicht mehr und distanziere dich von ihr. Jesus ruft zur Umkehr und nicht zum Verbleib.

Die neue Lehre der Kirche stellt die gleichgeschlechtliche Partnerschaft, wenn auch als Ausnahme, de facto gleichwertig neben die Ehe. Das entspricht nicht dem Gesamtzeugnis der Bibel, dort ist die Ehe die Norm für eine Partnerschaft. Neben der Ehe steht allein die Ehelosigkeit als gleichwertig.

Weltweit hat es durch die Homodebatte bereits Spaltung zwischen den christlichen Kirchen und Spannungen unter den Theologen gegeben. Die Kirche war immer auf Einheit bedacht. Jetzt bringt sie Spannungen in die Gemeinden hinein, die auch Spaltungen verursachen. Von dieser unheilvollen Lehre geht kein Segen aus.

Durch 2000 Jahre hat das warnende Gebot Gottes den Christen Kraft gegeben, die Ordnungen Gottes im Verhältnis von Mann und Frau zu bewahren, in einer Gesellschaft mit sehr wechselnden Kulturen. Die Christen haben es verstanden, das Gebot Gottes als Segen für ihr eigenes Leben und für ihre Gesellschaft zu sehen. Gleichzeitig haben sie alle Verstöße gegen Gottes Gebote, auch den Verstoß im Bereich der Sexualität, als Sünde verstanden. Ich kann die neue Lehre unserer Kirche nicht annehmen und kann mich nur entschieden davon distanzieren. Es schmerzt mich, denn ich habe meine Kirche lieb und ihr viel zu verdanken. Ich weiß mich mit vielen Christen im Land in dem oben skizzierten Schriftverständnis einig. Und ich glaube, dass Gott seinen Segen dort gibt, wo Menschen sich seinen Ordnungen unterstellen.

Nach der Schöpfungsordnung Gottes führt die Geschlechtlichkeit Mann und Frau zusammen, aber nicht Mann und Mann oder Frau und Frau. Die schöpfungsgemäße Form der praktizierten Sexualität ist beschränkt auf das Zusammenleben von Mann und Frau und hat ihren biblischen Ort in der Ehe.

Es kann nicht Aufgabe der Kirche sein, Regeln für eine ethisch verantwortliche Lebensgestaltung praktizierter Homosexualität zu definieren. Denn diese widerspricht grundsätzlich dem Willen Gottes. Das Liebesgebot der Bibel kann zur Rechtfertigung einer homosexuellen Lebensweise nicht herangezogen werden, denn es steht nicht über dem Gotteswillen.

Homosexualität wird in der Bibel im Zusammenhang mit anderen Sünden genannt. Sie darf nicht dramatisiert werden. Sie steht genauso unter der Zusage der Vergebung wie andere Sünden auch. Der Weg zu ihrer Überwindung ist ein mühevoller Weg, der auch Rückschläge beinhaltet, aber ein Weg dessen Mühe sich lohnen. Auf diesem Weg ist es befreiend, unter dem Zuspruch des Evangeliums immer wieder neu anfangen zu können, um den Kampf des Glaubens und den Kampf um Veränderung wieder neu aufzunehmen.

Als Argument gegen obige Bibelstellen wird gesagt, sie seien zu einer Zeit mit anderer kultureller Prägung geschrieben worden. Eine homosexuelle Partnerschaft, die heute auf lebenslange Treue und Verlässlichkeit angelegt ist, wäre damals nicht im Blick gewesen. Es kommt den biblischen Texten aber nicht darauf an, in welcher ethischen Verantwortung homosexuelle Beziehungen gelebt werden, sondern dass sie „wider die Natur sind“ und der Schöpfungsordnung grundsätzlich widersprechen. Die Komplementarität und das Gegenübersein von Mann und Frau sind urangelegt. Die Bedeutung von geschlechtlicher Gemeinschaft in Ehe und Elternschaft hat keine Parallele im homosexuellen Leben. Darum kann Homosexualität nicht als „Schöpfungsvariante“ betrachtet werden.

Segnen homosexueller „Partnerschaften“: Nirgendwo in der Bibel liegt eine Segensverheißung auf einer homosexuellen Verbindung. Es ist darum nicht denkbar, dass homosexuelle Paare einen Segen für ihre gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft von der Kirche erhalten können, selbst wenn sie „ethisch verantwortlich leben sollten“. Denn die Kirche kann nicht segnen, was Gott nicht segnet.

Die Mehrzahl der Seelsorger und Therapeuten, die auf dem Gebiet der biblisch therapeutischen Seelsorge homosexuell empfindende Menschen begleiten, sieht die Entstehung von Homosexualität in einer Entwicklungsstörung. Entscheidendes hat in der Kindheit und Jugend gefehlt. Seelische Entwicklungen wurden durch hinderliche Umstände unterdrückt, sodass die Persönlichkeitsreifung blockiert wurde. Aber nicht immer lassen sich Gründe für homophile Orientierung ausmachen. Homosexualität ist ein Faktum in einer gefallenen Welt. Sie ist nicht die Ursache für Gottes Zorn (Röm.1), sondern die Folge von Gottes Zorn. Sie ist eine Störung, sie ist nicht gut, sie schreit nach Überwindung. Homosexuell empfindende Menschen können einen Teil ihres Menschseins nicht verwirklichen. Sie brauchen zur Bewältigung des Defizits Begleitung, Ermutigung und Gebet. Sie haben ohne Zweifel ihren Platz in der Kirche. Im Evangelium liegt Kraft zur Veränderung. Die Segnung auf dem Weg des inneren Kampfes kann für Betroffene eine Hilfe sein. Aber eine Ermutigung, seine homosexuelle Neigung auszuleben, kann meines Erachtens niemals ausreichend biblisch begründet werden.

Die Schwulenbewegung legt ihre Mitglieder fest auf ihre (momentane) Prägung. Dagegen soll die Kirche homosexuell empfindende Menschen ermutigen, Wege aus ihrer homosexuellen Neigung zu suchen.

Pfarrer Dieter Baderschneider, Oberkotzau
Mai 2011