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Mission – ein umstrittener Begriff

Mission – ein umstrittener Begriff

Einleitung: Mission – ein Un-Wort?

Als vor einigen Jahren die Taliban in Afghanistan einige Mitarbeiter der christlichen Hilfsorganisation „Shelter now“ gekidnappt hatten, war die große Diskussion: Waren diese Menschen Missionare oder haben sie ausschließlich äußerlich den Menschen geholfen, ohne auch auf Bekehrung hin gearbeitet zu haben?

Und dann, als die beiden Bibelschülerinnen aus Wolfsburg von der Bibelschule Brake im Praktikum im Jemen getötet wurden und die Familie Henschel verschleppt, gingen die Wellen noch höher mit der gleichen Frage: Haben diese Menschen missioniert oder „nur“ geholfen, ohne ein weiteres Ziel zu verfolgen? Ich beobachtete, wie sogar viele das Zeugnis über sein Leben mit Jesus von Herrn Henschel in einem arabischen Kaffeehaus, als er nach seinem Glauben gefragt wurde, als fragwürdig missionarisch angesehen haben.

Spätestens da merkte ich, dass „Mission“ oder „missionieren“ in unserer mehr und mehr von einem gottlosen Humanismus geprägten Welt zu einem Un-Wort wurde. In einer Gesellschaft, die davon überzeugt ist, dass jeder nach seiner Facon selig werden soll, ist schon die Tatsache, dass jemand seine Überzeugung wechselt, fragwürdig geworden. Noch dazu, wenn der Auslöser dafür auch bei Menschen liegt, deren überzeugendes Leben dabei mit beteiligt war.

In den meisten Ländern mit Islam als Staatsreligion ist für Menschen, die aus christlichen Familien stammen, Christ zu sein, erlaubt. Aber wehe, wenn sich ein Muslim zu Christus bekehrt. Dann ist er meist ein Todeskandidat. Umgekehrt ist es kein Problem.

Echte Religionsfreiheit beinhaltet auch die Freiheit, eines Religionswechsels. Der neue Toleranzbegriff unserer postmodernen Gesinnungsdiktatur ist aber an diesem Punkt penetrant intolerant. Die Gesinnungsdiktatur verändert sogar unsere Begrifflichkeiten und deren Werte.

Aus diesem Grund sehe ich es als notwendig an, den Begriff „Mission“ aus biblischer Sicht zu definieren. In der Encyclopedia Britannica, einem der größten Nachschlagewerke wird der Begriff „Mission“ folgendermaßen definiert: „eine organisierte Bemühung, den christlichen Glauben zu verbreiten“. Diese einseitige Definition möchte ich im Folgenden, in erster Linie biblisch hinterfragen. Dazu ist es nötig, einen kleinen heilsgeschichtlichen Überblick zu bieten, denn meine Definition ist:

Christliche Mission stellt den Menschen in einen überirdischen, ewigen Zusammenhang mit seinem Schöpfer. Was der Mensch, der sich in diesen Zusammenhang gestellt sieht, dann tut, und wie er sich entscheidet, ist nicht mehr Sache christlicher Mission, sondern seine freiwillige und eigene Entscheidung.

1. Der lebendige Gott und die Menschheit im Licht der Bibel

Wesentliches Ziel und Inhalt der Bibel ist die Selbstoffenbarung Gottes.

1.1 Schöpfung und Fall

1.1.1 Der Mensch, Ebenbild des Wesens Gottes

Gott schuf den Menschen als Ebenbild seines Wesens: ein Geschöpf, das in höherer Weise als alle sonstige Schöpfung, sein Wesen widerspiegeln sollte. Er (oder genauer sie, die Dreieinigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist), der von Ewigkeit her in ungetrübter Einheit und beständigen Beziehung war und in Ewigkeit sein wird, wollte mit einem Geschöpf, das ein Abglanz seines Wesens ist, in beständiger Beziehung sein. Die Sehnsucht danach hat Gott in das Wesen des Menschen hineingelegt. In der Unterschiedlichkeit und gegenseitigen Ergänzung von Mann und Frau sollten die Menschen seine Beziehung zu Gott, aber auch die innergöttliche Harmonie widerspiegelnd, zu einander Beziehung pflegen.

1.1.2 Freiheit – die von Gott verliehene Menschenwürde

Die Würde, die Gott dem Menschen gab, beinhaltet völlige Freiheit ohne jede Gängelung: nur im völligen Freilassen – auch dass sich (im schlimmsten Fall) die Geliebten gegen den Liebenden entscheiden können, nur darin besteht echte, tiefste, göttliche Liebe. Das Risiko, enttäuscht zu werden, ja dass sich die Geliebten gegen einen stellen, dieses Risiko geht die göttliche Liebe ein. Darin liegt die Würde, die Gott dem Menschen gibt.

1.1.3 Die furchtbare Palastrevolution

Nun ist in der für uns Menschen unsichtbaren Welt eine furchtbare Revolution passiert: einen skizzenhaften Eindruck davon könnten einige Verse vom „Sturz des Weltherrschers“ (Fürst dieser Welt) in Jesaja 14 geben. Das Kapitel ist auf Babylon gemünzt, aber die Verse 12-14 zeigen uns, dass dahinter ein Grundmuster einer Palastrevolution in der unsichtbaren Welt stehen muß, in das später in der Folge die Menschen zum Machtgewinn dieses gefallenen Lucifer – „Lichtträger“ mit hineingezogen hat: „Wie bist du vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern! Wie wurdest du zu Boden geschlagen, der du alle Völker niederschlugst! Du aber gedachtest in deinem Herzen: „Ich will in den Himmel steigen und meinen Thron über die Sterne Gottes erhöhen, ich will mich setzen auf den Berg der Versammlungen im fernsten Norden. Ich will auffahren über die hohen Wolken und gleich sein dem Allerhöchsten.“

In der Geschichte mit der Frucht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen im Paradies (1. Mose 3) ist das Furchtbare geschehen, dass sich der Mensch (Adam=Mensch, Menschheit) mit hineinziehen hat lassen in den vermessenen Versuch, an Gott vorbei Lust und Glück suchen zu wollen, seine gottgegebene Freiheit zu missbrauchen und damit selbst zu bestimmen, was für ihn gut und böse ist, anstatt sich damit zu begnügen, dass Gott die Übersicht hat und es ihm zeigen wird.

Was wirklich gut und böse ist, konnte der Mensch zwar nach dieser Scheidung von Gott, nach dieser Aufgabe der innigsten Beziehung und dieser Misstrauenserklärung gegen ihn, nicht erkennen. Vielmehr war er von da an in den Selbstbetrug verstrickt, es ohne Gottes Hilfe unterscheiden zu können.

Gott hat daraufhin in seiner Gnade das ewige Leben vorerst verschlossen. Durch Tod, Schmerzen, Krankheit und Mühe, sollte im Menschen die Sehnsucht nach inniger, paradiesischer Gemeinschaft mit Gott wachgehalten werden. Den Menschen hat ER nicht aufgegeben, vielmehr schon unmittelbar nach dem unbeschreiblichen Treubruch seinen Rückgewinnungsplan angedeutet: Der Nachkomme des Menschen (Menschen- und Gottessohn) soll der Schlange den Kopf zertreten, aber sie wird ihn in die Verse stechen.

Über das Volk seines Bundes, das in seiner Geschichte in einer schier unendlichen Reihe von Abfall und trotzdem Zuwendung Gottes, auf seinen Rettungsplan für die Menschheit vorbereitet wurde, wollte Gott den Menschen die Rettung von Gottestrennung und Tod und damit den Zugang zur paradiesischen, ungetrübten Gemeinschaft mit seinem Schöpfer, wie sie von Anfang an geplant war, anbieten.

Dieser Plan sollte dem Menschen sein Rettungsangebot aus Liebe allein anbieten. Denn echte Liebe kennt keinen Zwang sondern die Entscheidung in völliger Freiheit.

1.2 Die Religionen: menschliche Versuche, das Paradies zurückzugewinnen

Die Geschichte vom babylonischen Turm ist ein Prototyp aller menschlichen Religiosität: nämlich der Versuch, durch höchste Anstrengung zu Gott zu kommen, mit ihm in Verbindung zu kommen, oder gar sich an seine Stelle zu setzten.

In den folgenden kurzen Beispielen zeige ich einige religiöse Muster andeutungsweise auf:

1.2.1 Animismus

Soweit ich weiß, sind sämtliche traditionellen Bantu-Religionen in Ostafrika streng genommen „monotheistisch“. Sie haben alle einen Namen für den Schöpfer. Das Problem ist allerdings, dass dieser Schöpfer des Kosmos so hoch über seiner Schöpfung steht, dass ohne Mittler kein Zugang zu ihm zu bekommen ist. Weil Gott ein Geistwesen ist, und die traditionelle Bantu-Religion annimmt, dass die Verstorbenen als Geister den Leib verlassen und deshalb Gott näher sind, versucht der Bantu nun, über die Ahnengeister Gott zu bitten: – um Regen, Wohlstand, Gesundheit usw.- Besonders medial begabte Menschen werden von Schamanen dazu benützt, um mit den Ahnen zu kommunizieren.

1.2.2 Humanismus

Ein anderer Versuch, wenn schon nicht das Paradies, so doch eine lebenswerte Welt zurückzugewinnen ist der Humanismus. Das Gute im Menschen müsste verbessert werden, so dass das Böse verdrängt und überwunden wird. Diese Religion geht davon aus, dass die Fähigkeit, Gutes zu wollen und zu tun, grundsätzlich in jedem Menschen vorhanden sei. Im Humanismus wird der Tod dann auf alle möglichen Weisen verklärt. Die Frage nach dem Ursprung des Menschen und seinem Schöpfer wird so geschickt wie möglich umgangen.

1.2.3 Der traditioneller Buddhismus

Der traditionelle Buddhismus (hölzernes Fahrzeug, Theravada) stellt die Frage nach Herkunft und Zukunft der Menschheit gar nicht. Streng genommen kennt der traditionelle Buddhismus keinen Gott. Ihr Begründer Gautama Siddhartha hatte das Ziel war, mit der Tatsache von Leid und Tod in der Welt zurechtzukommen. Er hat durch seine „Erleuchtung“(Buddha=der Erleuchtete“) einen individuellen Fluchtweg aus der Welt von Freude und Leid gezeigt. Das Fluchtziel Nirvana ist Selbstauflösung in endgültiger Leidenschaftslosigkeit und Ausstieg aus dem Rad der Wiedergeburten.

Bei jüngeren Varianten des Buddhismus kamen dann auch Hilfsgötter (Bodhisatvas) und Riten mit ins Spiel, die dem Menschen zur „Vergöttlichung“ helfen sollen. „Du bist Gott und musst nur das werden, was du bist. Das geschieht durch Meditation und bestimmte Riten.“ In diese Richtung geht der moderne „Tantra-Chacra-Buddhismus“ des Dali Lama. Das Problem „Tod“ wird durch die Lehre von der Reinkarnation nicht gelöst, sondern durch das letztliche Ziel Nirvana- Auflösung ins Nichts.

1.2.4 Islam und andere Gesetzesreligionen

Ihr Gottesbild geht von einem Schöpfer aus, der denjenigen Menschen belohnen wird, der alle seine Gebote und Regeln beachtet. Wer das nicht tut, wird im Jenseits ewige Strafe empfangen. Eine persönliche, wechselseitige Beziehung vom Schöpfer zum einzelnen Menschen, die den allmächtigen Gott sogar „Vater“ nennen könnte, ist nicht denkbar. Eine Gewissheit, ins Paradies zu kommen, kann es nicht geben.

1.3 These: Der Mensch ist deshalb religiös, weil er den lebendigen Gott nicht persönlich kennt

Gottesbegegnungen der Menschen in der Bibel sind immer mit einem Erschrecken über den ungeheuren Abstand zu seiner Heiligkeit verbunden. Kein Mensch kann sich je dem lebendigen Gott nahen, ohne dass er vergehen müsste wie Wachs im Feuer. Ich erinnere nur an Jesaja, der allein vom Sehen des Gewandes Gottes im Tempel so erschrak, dass er bekennen mußte: wehe mir, ich vergehe… In dem Moment, wo er dem lebendigen Gott begegnet, löst sich alle Religion auf und es bleibt ein Erschrecken.

2. Die Bibel und die Ziele Gottes mit den Menschen

2.1 Gottes Plan zwischen Fall und Vollendung 

Das Prädikat für den Menschen nach seiner Erschaffung aus Mann und Frau, nach seiner Einsetzung als Verwalter für die Erde ist: „Sehr gut!“

„Wenig niedriger als Gott“ (Psalm 8,6) wurde der Mensch geschaffen. Im paradiesischen Zustand als vollendete Kinder ihres Schöpfers war den geliebten Menschen nur eines vorenthalten: selbst zu entscheiden, was „gut“ und „böse“ ist. Und nachdem der Mensch mit aller Freiheit ausgestattet wurde, behielt sich der Schöpfer auch die Dauer seines Lebens vor. Im Notfall müsste. Er so den Schaden, den von Ihm abgefallene Menschen anrichten würden, durch den Tod begrenzen.

Nachdem das Unglück des Abfalls von Gott geschehen ist, sorgt Gott dafür, dass die Sehnsucht nach paradiesischer Ewigkeit im Herzen des Menschen bleibt. Das geschieht durch alle Mühen und Lasten des Lebens, bzw. auch durch die Todverfallenheit des Menschen.

Aber mitten in aller Not hat Gott schon am Anfang einen Plan mit einem besonderen Nachkommen der Menschheit, der den Verführer, die Schlange, den Satan, besiegen soll, allerdings unter dem Opfer seines irdischen Lebens (1. Mose 3,15).

Der Schaden liegt im Herzen des Menschen

Herz in der biblischen Anthropologie ist der Sitz der innersten Motivation des Menschen.

„Das Dichten und Trachten des Menschenherzens ist böse von Jugend auf“ vor und nach der Sintflut. Das gute menschliche Herz ist in dem Moment versteinert, in seine Motivation „Lust und Freude ohne Gott“ wurde. Da wurde von menschlicher Seite Gott das Vertrauen aufgekündigt. Das Misstrauen im Herzen des Menschen, in seiner innersten Motivation und Steuerung sagt ihm: „Gott enthält dir etwas vor. Nun musst du dir das eben selber suchen!“ Nach Jer. 17,9 ist das Herz des Menschen „trotzig und verzagt“.

Durch den Propheten Hesekiel läßt Gott an zwei Stellen: 11,19 und 36,26 sagen, dass ER das steinerne Herz (verhärtet, Sklerotisch) wegnehmen wird und ein fleischernes Herz geben will. Sein Ziel ist also eine Transplantation, ein Eingriff auf Leben und Tod. So einem Eingriff muss bei uns ein Mensch durch Unterschrift zustimmen. Dem Eingriff geht voraus, dass der Mensch seine hoffnungslose Lage einsieht und alles auf eine Karte setzt.

Mit dem alten Herzen würde die Grundmotivation im Menschen falsch bleiben, nämlich die Unterscheidungsgabe zwischen dem, was vor Gott im Horizont seiner Ewigkeit gut und böse ist, fehlt ja durch den Gott misstrauenden Egoismus. So ist Sünde auch nicht in erster Linie die Übertretung von Einzelgeboten. Die kann man recht und schlecht in einer Gesetzesreligion „haltbar“ machen (Pharisäismus). Sünde ist ursprünglich und ursächlich das Fehlen einer innigen Kommunikation mit Gott, der allein die Unterscheidungsfähigkeit von Gut und Böse hat.

„Das Gesetz von außen“ im Alten Bund führt uns zu der Einsicht, dass wir es nicht schaffen, es zu halten, ohne dass es „in uns hineinkommt“ als Befähigung zum Wollen und Vollbringen. Das ist Gottes erklärtes Ziel und sein neuer Bund.

2.2 Der Universalanspruch Jahwes im Alten Bund (Proselyten…)

Vorbereitende Maßnahmen an Menschen mit kranken Herzen:

In aller menschlichen Schwäche und Unvollkommenheit ist Abraham ein Mensch, mit dessen Nachfahren Gott seinen Rettungsplan verwirklichen wollte (Gen.12,3).

Die positiv herausragenden Führungsgestalten der Nachkommen Abrahams, alles Menschen mit Fehlern und Versagen, sind eine Abschattung des Retters der gefallenen Menschheit, der Mühe und Leid auf sich nimmt, um sein Volk zu führen und zu retten: U.a. Mose, Josua, Samuel und David. Sie alle stammten aus einem Volk, das in besonderer Weise Gottes rettendes Eingreifen erfahren durfte in der Herausführung aus der ägyptischen Sklaverei. Auch diese Sklaverei in Ägypten ist im Blick auf die Versklavung der Menschheit unter Sünde und Todesangst eine Abschattung.

In der Folge des Abfalls von ihrem Gott, ließ Gott sein Bundesvolk in die Hand von Feinden fallen, damit sie sich in der Not wieder zu ihm wenden sollten. Als nach der Zerstörung der Stadt Jerusalems durch die Babylonier im Jahr 587 v. Chr. Die gesamte Oberschicht des Volkes nach Babylon verschleppt wurde, benützte Gott diese „Strafe“, um sein Volk inmitten des Götzentums der Babylonier zur Besinnung zu bringen. Da hinein spricht auch Hesekiel Gottes Wort von der geplanten Herztransplantation.

Eine kleine Gruppe des Gottesvolkes erlebte dort nicht nur eine tiefgreifende Umkehr zu Gott. Ihr wurden auch durch prophetische Offenbarungen vom „Gottesknecht“ schon lange vor dem Kommen des Messias ein Einblick in dessen Ziele gewährt. Zu seinen erklärten Zielen gehört es vorrangig, alle Völker aus ihren Religionen zum lebendigen Gott zurückzuholen (Universalanspruch Jahwes).

„Segen“ im AT bedeutet eine intakte Gottesbeziehung mit all ihren positiven Folgen. Durch Abraham sollen alle Völker gesegnet werden (Gen.12,3).

Jahweh erhebt im Exil seines Volkes gerade angesichts des mächtigen babylonischen Reiches mit seinen vielen Gottheiten den Anspruch, der lebendige Gott für alle Menschen zu sein. Sein Knecht wird das Recht unter die Heiden bringen (Jesaja 42,1) und seine Weisungen bis zu den entferntesten Inseln bringen (Jes.42,4). Es ist ihm zu wenig, nur wieder Israel herzustellen, sondern ER wird auch zum Licht der Heiden bis an die Enden der Erde (Jes.49,6). Als das Opferlamm Gottes bringt der Gottesknecht die Vielen, d.h. auch aus anderen Völkern Gerechtigkeit.

Der Messias, der Retter der Menschheit, wird auch die Heidenvölker in sein Licht ziehen (Jesaja 60,3).

2.3 Der Menschensohn

Der Menschensohn (Dan.7) ist eine apokalyptische Rettergestalt, die in der Traumvision des Daniel nicht aus der vergehenden Welt kommt, sondern von „oben“ (mit den Wolken des Himmels), aus der unvergänglichen Welt Gottes. Ihm ist vom Schöpfer das Gericht über die Menschheit anvertraut (V.13-15). In seinem Gericht entmachtet er die gottlosen Herrscher, und lässt diejenigen Menschen an seiner ewigen Herrschaft teilhaben, die ihr Leben „dem Höchsten geheiligt“ haben (Daniel 7,27).

Mission heißt Sendung

Der Menschensohn bei Daniel ist eine Gestalt, die aus den Sphären Gottes hinabgesandt wird, um auf der Welt von Unrecht, Unterdrückung, Elend, Krankheit, Gewalt und Tod, Gottes Gericht zu halten. „Gericht“ ist im AT ein Jubelbegriff: Diejenigen, die vor keiner menschlichen Instanz mehr irgendetwas zu erwarten haben, warten sehnsüchtig darauf, dass Gott sein letztes Wort spricht. ER tut es, indem ER seinen „Menschensohn“ schickt.

2.4 Die Mission des Gottessohnes

Die Mission des Gottessohnes wird am klarsten im Johannesevangelium erklärt. Der in 1. Mose 3, 15 zum ersten Mal erwähnte Nachfahre Adams kommt aus seiner menschlichen Line von Abraham her, als „Menschensohn“ aber von Gott her, der in seiner trinitarischen Einheit den Menschen als Widerspiegelung seines Wesens schuf. Der, der Mensch wurde, war immer schon mit dem Vater. Bei der Schöpfung war er gleichsam das aus dem Vater herauskommende „Es werde“, das Dinge und Lebewesen schafft, die vorher nicht dagewesen waren. Er redete zu den Seinen, besonders durch seine Propheten und durch vollmächtige Worte, die durch seinen Geist belebt, in die von Gott abgefallene Welt hinein, neues Leben schaffend, wirkten.

In Jesus aber wird der Schöpfer vollkommen abgebildet, nicht so verdreht wie bei Adam und Eva. Der Menschensohn ist neuer Sproß der Menschheit, von Gott eingepropft in den Stamm seines alten Bundesvolkes zum Segen für alle Völker, die nun auch die Gelegenheit bekommen sollen, Glieder des Bundesvolkes Gottes zu werden.

3. Der neue Bund: „Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit“

3.1 Mission: die Sendung des Menschensohnes

Gott hat seinen Menschensohn gesandt, damit jeder, der sich IHM anvertraut, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat (Joh.3,16).

Wie nun Mission aussieht, hat Jesus dem Nikodemus am Beispiel der erhöhten Schlange in der Wüste zur Zeit des Mose erklärt (Joh. 3,14). Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die sich IHM anvertrauen, ewiges Leben haben.

Sünde, Leben ohne die intime Beziehung zum lebendigen Gott ist das tödliche Schlangengift, Jeder Mensch ist von diesem Gift infiziert.

Nun stellen sie sich vor: sie sind dort in der Wüste, gebissen von einer Schlange und warten unter unsäglichen Schmerzen auf den Tod. Da bekommen sie die Nachricht: Nur die Zeltwand zurückschlagen oder herauskrabbeln, um hochzusehen. Die natürliche Reaktion: So ein Blödsinn, das kann nie helfen!

„Ich habe nichts mehr zu verlieren, ich probiere es!“ – gerettet!

„Ich sehe, der Mensch im Nachbarzelt ist wieder gesund geworden. Ich probiere es auch!“

Andere aber: So ein Unsinn! Das kann es nicht geben. Mein Sachverstand spricht dagegen! Lieber verrecke ich, als dass ich so einen Blödsinn glaube!

Immer, wo Jesus Christus bezeugt wird, gibt es auch Widerspruch!

3.2 Der Menschensohn sendet uns …

3.2.1 …als Seine Zeugen

„Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein… bis an das Ende der Erde!“ (Apg. 1,8)

Die Kraft des Heiligen Geistes nach der Himmelfahrt Jesu ist: „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ Wir wollen, was ER will: nämlich dass alle, die sich IHM anvertrauen, ewiges Leben haben: sich der Herzverpflanzung unterziehen, dem alten Leben sterben und Christus in sich leben lassen. So ein radikaler Eingriff geht nur mit Unterschrift des Patienten. Die Sendung als Zeugen Jesu beinhaltet, dass ich keinerlei Druck auf die Menschen ausübe. Das wäre zwecklos und sinnlos. Unser Leben bezeugt, dass wir ohne IHN nicht so sein könnten, wie wir sind. Also weisen auch die Hilfeleistungen von Familie Henschel im Jemen, von „Shelter now“ und von unzähligen anderen auf den hin, der „in ihnen lebt“. Wird ein Zeuge in den Zeugenstand gerufen, dann wird er an der Wahrheitsfindung schuldig, wenn er die Aussage verweigern würde.

3.2.2 …als Schüler, die in die Schule Jesu einladen

In Mt. 28, 18-20 bezeugt der Menschensohn, dass ER der ist, der vom Vater alle Vollmacht anvertraut bekam. Wenn ER im Heiligen Geist in uns lebt dann wird seine Vollmacht auch in uns und an uns. Wir sind Lernende, die immer mehr umgestaltet werden dazu, wozu Gott uns haben möchte, als Widerspiegelung seines Wesens, das in Jesus Christus sichtbar wurde. Als Lernende machen wir Fehler und lassen uns korrigieren. Wir sind auf einem Weg, auf den wir andere, die auch die Schule Jesu mitmachen wollen, einladen sollen. In diese Schule kommen wir über die Taufe: Immerwährendes Sterben des alten Adam, der sich selbst verwirklichen will, weil er seinem Schöpfer misstraut, und neues Leben durch das neue Herz, „Christus in uns“. Sich beständig daran erinnern lassen, was Jesus uns anvertraut hat: Bleiben unter dem Wort Gottes, und uns gegenseitig daran erinnern. Wir bleiben in der Schule bis zum Lebensende. Lehrer ist nur der, der bereits vollendet ist. Wir sind als Schüler Hilfslehrer.

3.2.3 Risiken und Nebenwirkungen der Sendung

Jesus vergleicht in Lukas 8 seine Sendung mit der Weizenaussaat auf ein vierfaches Ackerfeld. Nur ¼ , also 25 Prozent des ausgesäten Samens fällt auf fruchtbares Land und bringt tatsächlich Frucht. Warum so viel daneben geht, ist nicht eine Frage, die wir zu beantworten hätten.

Jesus tröstet uns aber an anderer Stelle über die kleine Zahl derer, die wirklich am Ende zu Seiner Herde gehören, indem er uns verspricht, dass der Vater gerade in dieser Minderheit seine Pläne an Sein Ziel bringen wird: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es hat meinem Vater gefallen, euch das Reich zu geben“.(Lukas 12,32)

Jedenfalls gilt dem fruchtbringenden Viertel der Sendung Jesu ein überwältigender Erfolg: 1:100. Das ist mehr als bei unserem hochentwickelten Hybrid-Weizen. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und in einer Ähre die Körner gezählt. Dabei bin ich nicht über 60 in einer Ähre gekommen. Dabei muss man bedenken, dass unter wesentlich schlechteren Bedingungen im Orient und einem damals üblichen Saatgut dieser Erfolg unglaublich ist.

Jesus sagt damit aus, dass seine Sendung scheinbar zu ¾ erfolglos ist, und doch am Ende ihr Ziel voll erreicht. Der Erfolg wiegt alle Misserfolge weit auf!

Wer sich senden lässt, hat keine besseren Karten als der Herr Jesus Christus selbst: „Haben sie mich verfolgt, werden sie euch auch verfolgen“ (Johannes 15,20).

„Wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (Matthäus 10,16) werden die Boten Jesu gesandt.

Verfolgung, Anklagen, Verhöre, gehasst werden, Verleumdung usw. all das wird nicht ausbleiben. Trotzdem werden sie, weil im Heiligen Geist Christus in ihnen wohnt, das Ziel erreichen: „Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“, lässt Gott seiner Gemeinde in Smyrna ausrichten (Offenbarung 2, 10).

Mag sein, dass die Sendung Jesu den leiblichen Tod mit sich bringt. Jedenfalls ist das Ziel die Krone des ewigen Lebens, also Königskindschaft des Königs aller Könige für immer – ohne Ende.

4. Wenn die Mission erfüllt sein wird

Das Paradies, das uns für dieses irdische Leben verschlossen bleibt, ist uns für die Ewigkeit versprochen: Leben ohne Tod in uneingeschränkter und immerwährender Gemeinschaft mit unserem Schöpfer, dem dreieinigen Gott (Offenbarung 22, 1-5).

Dann sind wir nicht mehr gesandt, sondern an Seinem Reich, Seiner Herrschaft mit beteiligt, erleuchtet vom Schöpfer selbst. Dieses Ziel ist kein Phantom, sondern Wirklichkeit, die nur unsere irdischen Organe noch nicht wahrnehmen können. Wir werden aber mit dem Auferstehungsleib in dieser Wirklichkeit für immer unangefochten leben.

Das schenke Gott uns allen! Amen.

Pfarrer Gerhard Muck, 4.12.2010, Regensburg
(Referat bei der Jahresversammlung der AEA)

Pfarrer Gerhard Muck
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