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Perspektiven, Möglichkeiten und Grenzen christlich-islamischer Begegnung im Lebensvollzug vor Ort und weltweit.

Perspektiven, Möglichkeiten und Grenzen christlich-islamischer Begegnung im Lebensvollzug vor Ort und weltweit.
Vortrag am 24. März 2006 vor der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Verehrter Präsident Neugart,
Verehrter Landesbischof July,
Liebe Mitglieder der Synode und des Oberkirchenrats,
Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie als Gäste an diesem Tag in verschiedenen Funktionen anwesend sind!

Zunächst möchte ich Ihnen danken für die Einladung, am heutigen Schwerpunkttag der Landessynode über ein Thema zu referieren, das mich seit mehr als 40 Jahren begleitet und bewegt. Jung verheiratet, reisten meine Frau und ich im Dezember des Jahres 1962 nach Pakistan aus. Zehn Jahre unseres Lebens verbrachten wir dann in Pakistan, acht weitere Jahre in Afghanistan. Diese Länder, mit all ihrer Bevölkerungsvielfalt, mit ihrer reichen und bewegenden Geschichte, mit all ihrer Faszination und Tragik, sind mir ans Herz gewachsen. Ich habe kultur- sprach- und religionsübergreifend Menschen kennen, achten und lieben gelernt und habe dabei den Erfahrungssatz von Martin Buber bestätigt bekommen: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“

 In diesen Jahren in Pakistan und Afghanistan, auch gerade in der Zusammenarbeit mit einheimischen Christen und mitten in vielerlei Anfechtung und auch Anfeindung, ist mein Vertrauen ins Evangelium gewachsen. Als wir 1962 in Pakistan ankamen, haben wir einen den Alltag der Menschen prägenden, facettenreichen Islam vorgefunden. Er war in der Bevölkerung natürlich auch durchdrungen von viel Volksislam und Aberglauben. Wir haben damals einen Islam kennengelernt, der in seiner politischen Dimension, bedingt durch die lange Kolonialzeit, noch etwas „zahnlos“ erschien. Aber damals schon wurden die Bücher von Sayyid Abul A’la Maududi (1) besonders unter der Jugend verschlungen. Der orthodoxe und politische Islam hat sich im Laufe der Jahre immer stärker bemerkbar gemacht, auch wenn noch nicht so ausgeprägt, wie in unseren Tagen und noch nicht so militant wie heute. Wenig habe ich damals geahnt, daß der Islam einmal zu Beginn des 21. Jahrhunderts erneut zur Schicksalsfrage der westlichen Welt werden könnte und sich sogar eine landeskirchliche Synode dieser Herausforderung stellt.

Im Bazar von Multan, Pakistan, stand mir einmal ein älterer Herr gegenüber und forderte mich mit folgenden Worten heraus: „Kleiner Junge, was willst denn du mit deiner kleinen Kerze, wenn wir die Sonne haben?“ Da habe ich gelernt, daß auch manchmal lächelndes Schweigen eine missionarische Tat sein kann, denn in seinen Vorstellungen war Mohammed die Sonne und Jesus Christus, die kleine Kerze. Aber es gab auch viele andere Begegnungen. Dies geschah ganz natürliche im alltäglichen Lebensvollzug, so z. B. unterwegs im Zug, in der Zuwendung zu Menschen in Krisensituationen, in unseren Kliniken, Krankenhäusern und Gemeinden oder durch die Bibel Korrespondenz Schule. Viele Gespräche fanden bei einer Tasse Tee, oder bei einem würzigen Essen statt. Manche Gespräche blieben an der Oberfläche zwischenmenschlicher Begegnung, andere führten in die Tiefe. Gerne erinnere ich mich an eine Begegnung mit einigen Sufis (Mystikern), als mir ein fast erblindeter älterer Mann sagte: „Unser Land geht durch viel Not und Elend und wir wissen fast nicht mehr aus noch ein. Wir brauchen viel Fürbitte und Hilfe. Sag Mal, betest du eigentlich für uns und wie ist denn dein Gebetsleben?“ Ein langes Gespräch schloss sich an. Wir lasen sogar in persischer Sprache die Psalmen zusammen und ich konnte offen über die im Evangelium begründete Hoffnung reden.

Eines Tages saß ich an einem Freitagnachmittag in Multan auf dem Dach unseres Hauses und habe über die Verse nachgedacht: „Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.“ (2) Denn die Erde wird voll werden von Erkenntnis der Ehre des Herrn, wie Wasser das Meer bedeckt.“ (3) Während ich über diese Verse meditierte, drangen aus verschiedenen Himmelsrichtungen die lautsprecherverstärkten Rufe des Muezzins an mein Ohr. Im Gebet sagte ich: „Vater, was denkst du über all dies?“ Ganz spontan meldete sich an meinem inneres Ohr der Gedanke: „Ich habe viel mehr Geduld als du!“ Ich mußte unweigerlich lachen und habe seither über die tragende Geduld Gottes inmitten aller Unfertigkeit dieser Welt, einschließlich meiner eigenen Unfertigkeit, nachgedacht. Der Weg des Kreuzes ist keine Sackgassengeduld, sondern die Geduld der leidenden Liebe Gottes, die aus freien Stücken den Weg des Kreuzes wählt. Er trägt in seinen durch­bohrten Händen diese Welt bis zum Ziel; und er wird zum Ziel mit ihr kommen, trotz allen religiösen und politischen Irrwegen in Geschichte und Gegenwart. Diese Erfahrung damals, hat mich als Missionar gelassener werden lassen und zugleich die Sehnsucht vertieft, in allen Lagen ein Zeuge des Evangeliums zu sein.

Die Frage, ob Gott überhaupt existiert, steht zwischen Christen und Muslimen nicht im Raum, wohl aber die entscheidende Frage, wie sich der eine, wahre und lebendige Gott uns Menschen offenbart und entschlüsselt. Hier gibt es zwischen Christentum und Islam gravierende Unterschiede und unüberbrückbare Gegensätze, die sich nicht nur an der Peripherie des Glaubens bewegen, sondern die im Zentrum der Heilsoffenbarung bestehen. 

Zeitgeist bedingt geht aber der postmoderne Mensch von der Annahme aus, alle Religionen seien mehr oder wenig nur kulturell bedingte „Blaupausen“ ein und derselben Grundstruktur des Religiösen und daher folgerichtig eben nur verschieden akzentuierte und zeitgeschichtlich verschobene Wege zum Heil. Dazu kommt, daß philosophisch und kritisch denkende Menschen sich ohnehin angesichts aufflammender Religionskonflikte fragen, ob die Religionen eher gar ein Problem als die Lösung der Probleme im Zusammenleben der Menschen sind. Politiker aber, die von Stimmen und Stimmung abhängig sind, könnten in einer Demokratie geneigt sein, alle Religionen als gleich brauchbar zu be­trachten. Auch die Meinungsbildner und Interessenvertreter des organisierten Islams in der Bundesrepublik Deutschland wissen dies und setzen längerfristig auf größere Einflussnahme. Wenn Muslime über unsere Gesell­schaft und über die christliche Kirche nachdenken, werden sie dies unter dem Gesichtspunkt tun, wie sie sich besser positionieren und etablieren können. Dabei könnte auch einmal die Frage im Raum stehen, wie nützlich oder hinderlich die Kirche bei einem solchen Bemühen eigentlich ist. (4)

Wie viel offene und verdrängte Verunsicherung im Blick auf das Evangelium gibt es dabei in unseren eigenen Reihen. Könnte der Islam zum Anlass werden, neu über die Mitte des Evangeliums nachzudenken, um sprachfähiger zu werden. Es gilt neu Rechenschaft zu geben über den Grund der Hoffnung, die uns trägt. (5) Dabei besteht die große Herausforderung darin, ob es uns gelingt, fröhlich und immer neu zu bekennen, warum wir Christen sind und auch angesichts des Islams unbeirrt Christen bleiben wollen; ja wir uns sogar freuen, wenn Muslime Jesus Christus begegnen, denn wer ihm begegnet wie er wirklich ist, begegnet dem lebendigen Gott, dem Grund aller Hoffnung und aller Freude. In diesem Sinne ist Jesus Christus das Ende der Religion, denn er ist die Antwort Gottes gegen alle Selbsterlösungs­bemühungen der Menschen.

In der Begegnung mit Menschen anderen Glaubens versuche ich als Christ drei Regeln zu beachten:

Erstens: Gehe fair und wissenschaftlich vom Selbstverständnis des Gegenübers aus, so daß sich der Muslim verstanden weiß. Dabei gilt es niemals nur die negativen Aspekte einer Religion mit den Idealen des eigenen Glaubens zu vergleichen. In der Beschäftigung mit dem Thema „Islam“ geht es mir aber auch weder um ein „Wunschbild Islam,“ noch um ein „Feindbild Islam,“ sondern um ein sachliches, differenziertes Verständnis des real-existierenden Islam in Geschichte und Gegenwart. Wir dürfen dabei auch keiner „Geschichtsbeschönigung“ oder „Geschichtsfälschung“ älteren oder neuern Datums erliegen. (6)

Zweitens: Es gilt empfindsam und barmherzig mit dem einzelnen Menschen zu sein. Es ist zu unterscheiden zwischen der Religion als System und dem einzelnen Menschen in diesem System. In der Begegnung mit Menschen anderen Glaubens darf die zwischenmenschliche Würde und Achtung nicht verloren gehen. (7)

Drittens: Als Christ bin ich im Umgang mit Andersgläubigen bemüht, Jesus Christus gegenüber immer die Treue zu halten. Die Begegnung mit Andersgläubigen kann immer auch eine potentielle Konfrontation beinhalten, denn es begegnen sich Menschen mit verschiedenen Interessen und Loyalitäten. Die Loyalität and Treue Jesus Christus gegenüber macht uns als Christen aber nicht intolerant, wie manche unserer Zeitgenossen meinen zu glauben, sondern vermittelt die Kraft des langen Atems, also die Geduld und die notwendige Liebe und Menschenfreundlichkeit, auch in der Begegnung mit Menschen anderen Glaubens.

Wenn ich über den Islam und über Muslime spreche, möchte ich also klarstellen und betonen, daß ich zwischen dem einzelnen muslimischen Mitmenschen und dem Islam als Religion differenziere. Aber der Islam als Religion kann nicht losgelöst von dem schon in seinen Anfängen vorhandenen religions-politischen Willen gesehen werden. Er ist eine Religion mit einem universalen, theokratischen und auch zum Teil totalitären Anspruch. Der einzelne Muslim muß nicht Träger dieses Anspruchs sein, denn dies entscheidet sich daran, inwieweit er seinen Glauben kennt und sich von ihm in Pflicht ge­nommen weiß. Ich sehe also in dem einzelnen Muslim nicht gleich den Vertreter des ganzen Islams, achte aber auf die Aussagen der islamischen Interes­senvertreter und Meinungsbildner und gebe mich im Gespräch mit ”Scheinantworten” (8) über den Islam nicht zufrieden, oder versuche sie entsprechend einzuordnen. Es gibt natürlich auch viele sogenannte „Kulturmuslime“, die froh sind, wenn sie nicht ständig von der Moschee kontrolliert werden. Dies aber hindert mich nicht, dieser Religion und ihrem geschichtlichen Anspruch denkend und kritisch zu begegnen, handelt es sich doch hier auch um eine Weltanschauung, die mich als Christ und als Bürger eines freiheitlichen demokratischen Staates in meinem ganzen Selbstverständnis infrage stellt. In der Begegnung mit dem Islam haben wir es eben nicht nur mit Menschen anderen Glaubens zu tun, die sich mit etwas gutem Willen leicht in einer multikulturelle Gesellschaft integrieren lassen, sondern auch mit einer religionspolitischen Ideologie, die diesem Integrationswillen zäh entgegensteht, ja der freiheitlichen demokratischen Werteordnung westlicher Demokratien die islamische Sharia als letztgültige ”Rechtleitung” entgegenstellt. Der Europäische Rat für Rechtsfragen und Forschung (The European Council for Fatwa and Research – ECFR) hat im Sommer 2004 die Muslime im Westen aufgerufen, die Gesetze ihrer Länder zu achten und nach der Scharia zu leben und sich dabei juristisch und friedlich einzusetzen, dem Islam zu seiner vollen rechtmäßigen Anerkennung zu verhelfen. (9) Schon in einer Veröffentlichung des Islamic Council of Europe aus dem Jahre 1980, in der die Gefahren des Lebens als islamische Minderheiten angesprochen und Strategien der notwendigen Selbstorganisation und Konsolidierung der islamischen Identität nach Innen und nach Außen erörtert werden, ist zu lesen: „Nachdem die Gemeinschaft gut organisiert ist, sollen die verantwortlichen Führer sich bemühen, daß die Muslime als religiöse Gemeinschaft mit der ihr eigenen Charakteristika von den Behörden anerkannt wird. Nachdem diese Anerkennung der Gemeinschaft erreicht worden ist, soll beantragt werden, sich der gleichen Rechte wie die der übrigen religiösen Gemeinschaften erfreuen zu können. Schließlich kann auch durch eine politisch konstituierte Gemeinschaft versucht werden, politische Rechte in einer Nation zu erringen. Nachdem diese Rechte zugestanden worden sind, sollte die Gemeinschaft versuchen, ihre Charakteristika im gesamten Land zu verallgemeinern“. (10) Auch das „Angebot“ des Zentralrats der Muslime (ZMD) mit der „Islamischen Charta“ vom 20. Februar 2002 muß als Station auf diesem Wege gesehen werden, denn ihr liegt eine Sharia-konforme Struktur und Denkweise zugrunde. (11)

 Der Islam ist nicht eine Religion im herkömmlichen Sinne, sondern zugleich ein ganzheitlicher Lebensentwurf, der in seiner Grundstruktur die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaft nicht vorsieht. Da der klassische Islam aber diese Trennung von Religion und Staat (Deen wa Daula) nicht kennt und sich der Islam seine Erneuerung aus einer Rückbesinnung auf seine geschichtlichen Wurzeln erhofft und zum Teil auch gewinnt, können wir den europäischen Kontext nicht losgelöst vom globalen Kontext sehen. Am Anfang des 21. Jahrhunderts steht die gesamte westliche Welt an einem Scheideweg, denn global und lokal wollen Muslime die politischen, religiösen und kulturellen Karten der Völkergemeinschaft neu mischen. Sie wollen dabei zur bestimmenden Größe auf der Tribüne der Weltgeschichte werden. Der Islam ist inzwischen auch bei uns ja zum beherrschenden Thema in Politik und Gesellschaft geworden. Die politische und ideologische Dimension des Islams muß daher mit im Blick sein. Ideologien aber haben die Tendenz, ihre Ziele zu verschleiern, kritisches Denken und geschichtliches Hinterfragen zu blockieren und Angst zu verbreiten.

Der Islam hat vielerlei Gesichter, je nachdem ob er in einem Land als Minderheit oder Mehrheit auftritt. Das Wesen einer Religion verdeutlicht sich aber nicht da, wo sich dieser „Glaube“ in der Minderheit befindet und um Anerkennung ringt, wie z. B. in der Bundesrepublik Deutschland, sondern da, wo diese „Glaubensweise“ das Sagen hat, den Alltag der Menschen prägt und wie in diesen Ländern die religiösen und ethnischen Minderheiten behandelt werden. Dies in einer zunehmend globalisierten Welt wahrzunehmen und kritisch zu begleiten ist das Gebot der Stunde. Wir können daher den „Islam in Württemberg“ nicht isoliert von den Entwicklungen in islamisch geprägten Ländern sehen. Da es im Islam im letzten Grunde noch keine wirkliche „Aufklärung“ gegeben hat und verschiedene Versuche diesbezügliche in der Geschichte immer wieder am Diktat des orthodoxen Islams gescheitert sind, ist es um so wichtiger, die Gestalt des Islam in Geschichte und Gegenwart ernst zu nehmen und sich weder durch Angst noch durch politische Korrektheit in eine Position der „schweigenden Selbstzensur“ drängen zu lassen, die der Islam selbstverständlich von allen Nichtmuslimen erwartet. (12) 

Mantrahaft wird uns heute glaubhaft gemacht, daß Islam ”Frieden” bedeutet und nur eine kleine handvoll „Islamisten“ eine friedliche Religion missbrauchen. Natürlich gibt es viele friedliebende Muslime die keine Islamisten sind und eher säkularisiert sind, auch gibt es viele konservativ Muslime, die sich der demokratischen Freiheiten des Westens erfreuen und sie nicht ändern wollen. Ja es gibt sogar „friedliebende Islamisten,” die davon überzeugt sind, daß mit etwas Geduld und Beharrlichkeit es sogar möglich sein wird, ”demokratische Strukturen” auf demokratischem Wege zu Islamisieren. Es ist noch eine offene Frage dabei, ob Gewalt bereite Islamisten diesen Prozess beschleunigen oder verhindern. Aber täuschen wir uns nicht, Islam heißt nicht „Frieden“ sondern ”Unterwerfung” unter den Willen Allahs, so wie dieser Wille Allahs in Koran und dem Leben Mohammeds zum Ausdruck kommt. Folgerichtig kann wirklicher Friede nur im Islam gefunden werden. Bei gleicher Begrifflichkeit und gleichen Worten bestehen oft gravierende Bedeutungsunterschiede. Im Islam gibt es keine wirkliche Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit, denn die individuelle Freiheit, den Islam zu verlassen, wird in allen Rechtsschulen unter Todesstrafe gestellt; ja selbst Personen, die eine historische Lesart des Korans anstreben und Aspekte des Lebens Mohammeds und der Aussagen Mohammeds als zeitbedingt relativieren wollen, werden durch offene Androhungen massive unter Druck gesetzt, auch von Persönlichkeiten die im Westen als „gemäßigt“ gelten, wie z. B. Sheikh Tantwi von der Al Azhar Universität oder Yusuf al Qaradawi, der „Star-Sheikh“ von Al Jazeera.(13) 

In diesen Tagen ist weltweit vom Aufsehen erregende Dilemma und die Not unsres Bruders Abdul Rahman zu hören. Vor ca. 15 Jahren ist er Christ geworden. Neun Jahre hat er in Deutschland gelebt, aber er ist nicht der Einzige, der in Notsituationen geraten kann. Oft werden kriminelle Taten Konvertiten angelastet oder sie werden gleich in psychiatrische Anstalten gesteckt. Der Testfall der Religionsfreiheit ist eigentlich die Freiheit, seinen Glauben selbst zu wählen und auch zu wechseln, ohne in Gefahr zu kommen.

Im Herbst 1993 hat die Synode einen Bericht vom Oberkirchenrat bekommen, für den ich verantwortlich war: “Christen in islamischen Ländern.” Ich würde Ihnen in der Synode anraten, diesen Bericht mal wieder vorzunehmen und auch die Konsequenzen und die Anregungen zu lesen. Wenn in diesem Zusammenhang der Apostasie die Sure 2, 156 gebraucht wird: „es gibt keinen Zwang im Glauben,“ so möchte ich sagen: dieser Vers – das wissen unsere islamischen Gesprächspartner – gilt eigentlich nicht bei Apostaten und bei Apostasie. Es gibt andere Verse im Koran und in der Hadith, die hier mehr sagen und gerade unsere Geschwister in Gefahr bringen. Sie kennen diese Diskussion.

Wo wir den real existierenden Islam in Geschichte und Gegenwart wirklich ernst nehmen, können wir auch nicht so tun, als ob ”Islam” und ”Islamismus” nichts miteinander zu tun hätten. Das wäre gleich, wie wenn jemand be­haupten würde, Regen habe nichts mit Wasser zu tun, denn gerade die Islamisten können sich mit Fug und Recht auf den Koran, das normative Leben Mohammeds und das islamische Rechtsverständnis berufen. (14) Da’wa (der islamische Missionsbegriff) und Djihad sind nicht geschichtliche Phänomene verganger Zeiten. Da’wa beschränkt sich auch nicht nur auf muslimische Apologetik und das Bemühen, einzelne zu bekehren, sondern beinhaltet ein weites Feld, einschließlich des Versuchs, ganze Gesellschaften zu bekehren und das etablieren islamisch regierter Staaten oder das Schaffen von Enklaven, die modellhaft den Nicht-Muslimen verdeutlichen was für Vorteile und welche Macht im Islam liegen. (15)

Eine deutsche Muslima fragte vor einigen Jahren bei einem Gespräch in einer Moschee in Stuttgart den Imam um Rat, wie sie sich als deutsche Muslima in die Politik ihres Landes einbringen könne, dessen Grundgesetz nicht nach der Scharia ausgerichtet sei. Die Antwort des Imam war eine klassische Hadith (Überlieferung Mohammeds): „Was du nicht mit Gewalt verändern kannst, das verändere durch bessere Argumente; und was Du auch nicht durch bessere Argumente verändern kannst, das verdamme in deinem Herzen.“ (16)

Wo diese Grundhaltung zu hören ist, versteht es sich, warum wir zusehends einer Parallelgesellschaft, ja eigentlich Gegengesellschaft begegnen, die sich bewusst von der dekadenten Gesellschaft des Westens absondert und eine eigene islamische Identität anstrebt, mit dem längerfristigen Ziel, daß in der Zivilgesetzgebung der europäischen Länder die islamische Sharia berücksichtig wird. (17) 

Führende Institutionen und Persönlichkeiten der islamischen Welt vertreten in unseren Tagen die Vorstellung, daß eine Rückbesinnung auf die Frühzeit des Islams der Schlüssel zur „heilen Welt“ sei. Mohammed in Medina und die Zeit der „rechtgeleiteten Khalifen“ wird als die anzustrebende Idealzeit des Islam betrachtet. In einem Gespräch mit einer deutschen Muslima und einem Sprecher von einem islamischen Dachverbandes wurde mir gesagt, daß die Zeit des Propheten in Medina und die Zeit der ersten vier rechtgeleiteten Khalifen eine Harmonie sowohl des real-existierenden, wie auch des ideal-existierenden Islams gewesen sei. (18) Dabei wird leider oft verschwiegen und übersehen, daß drei der vier ersten Khalifen ermordet worden sind und gerade in dieser Zeit eine sehr große Anzahl der Juden und Christen, die zur Zeit Mohammeds auf der arabischen Halbinsel lebten, zwangsislamisiert, vernichtet oder vertrieben wurden. Die Idealzeit des Islams geht von einem Herrschaftsbegriff aus, in dem Andersgläubige nicht gleichberechtigt, sondern höchstens noch geduldet werden. Die frühen nichtmuslimischen Bürger hatten sich der Meinungsdiktatur der Muslime zu beugen. Christen und Juden konnten als Schutzbefohlene (Dhimmy) überleben, waren aber Bürger zweiter und dritter Klasse, schutzgeldpflichtig und der Willkür der jeweils Herrschenden ausgesetzt. Die „islamische Leitkultur“ sah und sieht eine islamisch-arabische Dominanz vor, in der Nichtmuslime, aber auch Frauen, keine gleichen Rechte haben. (20) Wenn dieses Denken der Vergangenheit angehören würde, könnte man es ad acta legen und vergessen, doch dieses Denken prägt auch weiterhin bis heute das Denken und das kulturelle Zu­sammenleben in islamischen Ländern. Die gravierenden Menschenrechtsverletzungen, mangelnde Religionsfreiheit und Verfolgung von Christen und „Abweichlern“ in islamischen Ländern, können in einer globalisierten Welt nicht mehr länger übersehen oder gar klein geredet werden. (20) Ohne die Bereitschaft auf islamischer Seite, die eigene Geschichte und Gegenwart kritisch aufzuarbeiten und offen zu legen, wie man seinen Platz in der Gesellschaft sieht und über die neuralgischen Punkte, auch der universalen Gleichwertigkeit aller Menschen, gerade auch der Nichtmuslime, denkt, kann es längerfristig keinen wirklich fruchtbaren Dialog geben. (21) 

Die religiösen Zentren und Denkfabriken der islamischen Welt liegen nicht in Württemberg, noch in Europa, wohl aber befinden sich deren Vertreter und Meinungsbildner in Europa mitten unter uns und haben schon längst die Islamisierung des Westens auf ihre Tagesordnung geschrieben. (22) Die Frage ist doch nicht, wie wir den Islam definieren, sondern wie der Islam sich von seinem Selbstverständnis her definiert. Und diese Definition geschieht nicht in Berlin noch in Brüssel, sondern in den Herzzentren der Umma – der islamischen Gemeinde -, nämlich in Mekka, Medina, der Al Azhar, und in Qum, wie auch durch islamische Dachverbände, z. B. die Organisation Islamischer Konferenz (OIC) und die Islamische Welt Liga, und zunehmend auch durch entsprechende Internetseiten und durch Sender wie Al Jazeera. (23) Unter dem Begriff „Dialog der Kulturen“ versuchen islamische Interessenverbände die vermeintlichen „Lücken“ in der universalen Menschenrechts-Erklärung durch die islamische Scharia zu schließen. Darüber hinaus hat im Mai 2005 die Türkei dafür gesorgt, daß in die Warschauer Erklärung des Europa-Rats, die „Islamophobie“ in gleicher Weise wie „Antisemitismus“ behandelt werde soll. Es wurde dabei noch vorgeschlagen, für die „Überwachung“ die Hilfe und Erfahrung der OIC in Anspruch zu nehmen. (24) Ausgelöst durch ein „organisiertes Empören“ auf den sogenannten Karikaturenstreit versucht auch die OIC Einfluss in UN- Kreisen zu nehmen, damit in der internationalen Gesetzgebung eine Beleidigung des Islams gleich behandelt und gestraft werde, wie eine „Holocaust-Leugnung.“ Die Absurdität reißt dann nicht ab, wenn sich dabei die Türkei in einer „vermeintlichen Vermittlerrolle“ sieht und von der EU erwartet, daß sie entsprechende Blasphemiegesetze zum Schutz des Islam erlässt. (25)

Wenn ich jetzt auch manche sozio-politische und ideologische Herausforderung des Islams besonders betont habe, so ist der Islam nach wie vor für uns Christen und für die weltweite Kirche gleichermaßen auch eine theologische, geistliche und missionarische Herausforderung und Anfrage, der wir uns mutig zu stellen haben. (26) Im Islam wird Jesus wohl als großer Prophet geachtet, gleichzeitig aber werden die zentralsten christlichen Glaubensaussagen über ihn kategorisch abgelehnt und umgedeutet. Jesus ist nur ein begnadeter Mensch, nicht aber der Mensch gewordene Gottessohn, der am Kreuz sein Leben für uns lässt. Jesus Christus und alle alttestamentlichen Propheten werden sozusagen „islamisiert“ und in ihrer Botschaft und Wirkungsgeschichte zur Bestätigung Mohammeds und des islamischen Glaubens umgedeutet und „kaschiert.“ Dabei wird behauptet, die Schriftbesitzer, d.h. Juden und Christen, hätten ihre Schriften gefälscht, denn in ihrer ursprünglichen Form seien sie die reinste Bestätigung des Islams. Auch wenn wir den Islam in seiner nachchristlichen Dimension als eine Religion wahrnehmen, die dem christlichen Glauben diametral entgegensteht, so gilt es dennoch den einzelnen Muslim als einen Mitmenschen in den Blick zu bekommen. Alle Menschen sind gleichermaßen erlösungsbedürftig und in Gottes Augen erlösungswürdig. Daher sind wir auch Muslimen gegenüber das Evangelium als befreiende und erlösende Botschaft schuldig. (27) Ich sehe also in dem Gegenüber nicht primär einen Vertreter einer Religion, sondern einen Mitmenschen, geschaffen vom Vater, erlöst durch den Sohn und umworben durch den Heiligen Geist, der Menschen immer wieder die Augen öffnen will für Jesus Christus. Gott hat allen Menschen die Ewigkeit ins Herz gelegt, so auch die Sehnsucht nach Heil und Wohl, denn wir Menschen sind umgetrieben von Ängsten wie auch von Bedürfnissen nach Annahme vor Gott und den Menschen. Wer verlangt nicht nach Heilszuspruch und nach Gewissheit über den Tod hinaus.

 Da Jesus Christus gestern, heute und in Ewigkeit derselbe ist, (28) dürfen wir davon ausgehen, daß ER in Person eigentlich die größte Herausforderung aller Menschen und aller Religionen bleibt. Da Jesus Christus über aller menschlichen „Vereinnahmung“ steht, versteht er diese immer wieder zu durchbrechen und zu sprengen. Dies gilt so gerade auch im Blick auf den Islam, der eine islamisch definierte Meinung von ihm hegt. Zeugnisse von Muslimen, die durch eine Christusbegegnung den Weg in die Jesus Nachfolge fanden, bestätigen dies. So ist meines Erachtens die Christologie eine der zentralsten Themen in der christlich-islamischen Begegnung, der wir uns immer neu zu stellen haben. Wir haben dabei aber keinerlei Anlass noch Grund, der islamischen Sichtweise über Jesus Christus zuzustimmen oder gar unseren Glauben entgegenkommend zu redigieren. Noch dürfen wir seine trinitarische Zentralität im Heilsgeschehen durch eine falsche Rücksichtsnahme verschleiern. Da er ist, der er ist, haben wir IHN in aller Klarheit zu verkündigen. Nach Adolf Schlatter sorgt der Heilige Geist des Dreieinigen Gottes selbst dafür, daß die Frage, wer Jesus Christus ist, in unserer Welt nicht zur Ruhe kommen wird. Da der Heilige Geist der Ehrenretter Jesu Christi ist und nicht etwa nur der „Verwalter der Religionen,“ haben wir Grund, mitten in den Anfechtungen unserer Zeit ihm weiterhin fröhlich und voll zu vertrauen. Er aber, der seine Jünger in die Welt sendet, erinnert uns angesichts der kultur-geschichtlichen Wendezeit dieses Jahrhundert an sein Wort: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (29)

Anmerkungen

Einige seiner Titel sind bereits in deutsch erhältlich, wie z. B. Sayyid Abul A’la Maududi, Als Muslim leben, Cordoba Verlag 1995, 271 Seiten

2 Psalm 24, 1

3 Habakuk 2,14

4 Ursula Spuler-Stegemann, Feindbild Christentum und Islam, Herder Verlag 2004, s. 173ff

5 1. Petrus 3,15

6 Beispielhaft siehe: Eugen Sorg, “Das Land wo Blut und Honig floss”, in Weltwoche, Zürich, Ausgabe 35/05

7 Patrick Sookhdeo, Der Islam aus christlicher Sicht, ein kleiner Wegweiser durch die Welt der Muslime, Brunnen Verlag, 2001, S. 7

8 Taqiya, (Täuschung), eine gängige Praxis, die im Dialog, je nach Gesprächspartner, nicht übersehen werden darf.

9 Islam Online, Ali Al-Halawani, European Fatwa Council Urges Muslims to Respect Laws, posted auf www.islam-online.net 16. July 2004

10 Islamic Council of Europe (Hrsg.), „Muslim Communities in non-Muslim States“, Artikel von M. Ali Kettani, „The Problem of Muslim Minorities and Their Solutions“, Islamic Council of Europe, April 1980, S. 105.

11 Rainer Glagow, Die Islamische Charta des Zentralrats der Muslime, Eine kritische Wertung, in Ulrich Dehn (HG.) Islam in Deutschland – quo vadis?, EZW Texte 180/2005. Die Charta ist zu finden unter: http://www.islam.de/3035.php [1] Im muslimischen Denken spielt meistens die erste islamische Charta von Medina (auch Madina geschrieben) ein große Rolle. Amir Zaidan von der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen und Lehrbeauftragter an der Universität Frankfurt am Main, schreibt in einem Artikel über „Die Charta (Verfassung) von Medina“, daß für die Muslime in Deutschland diese Kenntnis ihrer historischen Wurzeln, nämlich der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse der ersten Zeit Mohammeds in Medina wichtig sei. Er stellt dann fest, „die erste historische Aktivität des Gesandten Muhammed (salla-ilahu ‚alaihi wa sallam) unmittelbar nach seiner Ankunft im Exil von Madina war die gezielte Etablierung einer islamischen Identität durch stufenweise Umgestaltung der überkommenen Gesellschaftsstrukturen.“ (hervorgehoben von mir) Als kritischer, zeitgeschichtlich denkender Leser wird man dann besonders wach, wenn etwas später im Artikel festgestellt wird: „Um die gesellschaftlichen und politischen Beziehungen der Muslime zu anderen Gemeinschaften zu regeln, wurde eine Vereinbarung zwischen allen Bewohnern von Madina: den neuen Machthabern, den Neuankömmlingen, den Einheimischen und allen ursprünglich dort ansässigen Minderheiten ausgehandelt und schriftlich niedergelegt. …. Die Charta von Madina als ein Dokument, das auf Quran und Sunna basiert, berücksichtigt vorhandene islamkonforme gesellschaftliche Strukturen in Madina. Sie thematisiert die Grundrechte aller Bürger, inklusive gewisse Menschenrechte und Minderheitenrechte, und legt sie erstmals schriftlich fest. Die Gewaltenteilung ist in diesem Staatskonzept ebenso enthalten wie verfassungsrechtliche Inhalte“ . Amir Zaidan, „Die Charta (Verfassung) von Medina“ in http://www.enfal.de/charta.htm [2] (gelesen 05.10.2003) Amir Zaidan meint sogar noch, daß vom Konzept der „Charta von Madina“ ein vergleichbares gewaltenteilendes „Rechtsstaatsmodell“ abgeleitet werden könne. Was er aber nicht erwähnt, ist die schlichte Tatsache, daß vor dem Kommen Mohammeds die Mehrheitsgesellschaft von Madina jüdischen Glaubens war und sich dies auf tragische Weise durch Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Mehrheitsbevölkerung noch zu Lebzeiten Mohammeds zu Gunsten der neuen Machthaber geändert hat. Weitere Information hierüber: Johan Bouman, Der Koran und die Juden – Die Geschichte einer Tragödie, Wissenschaftliche Buchhandlung, Darmstadt 1990

 12 Bat Ye’or, Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam, 7. – 20 Jahrhundert, Resch Verlag, 2002, 483 Seiten; Bat Ye’or, Islam and Dhimmitude, Where Civilizations Collide, Fairleigh Dickinson University Press, 2002, 582 Seiten

13 Siehe www.memri.org [3] in MEMRI Inquiry and Analysis, Aluma Dankowitz, Accusing Muslime Intellectuals of Apostasy, 18. February 2005; siehe ebenfalls: Ibn Warraq, Why I am not a Muslim, Prometheus Books, 2003, 402 Seiten; an Ibn Warraq, (Ed.) Leaving Islam – Apostes Speak Out, Prometheus Books, 2003, 471 Seiten

14 Unification of Religions, Fatwa Nr. 19402 vom 25. Muharram 1418H zur Frage der Stellung des Islams gegenüber den anderen sogenannten monotheitischen Religionen. Aus Internet http://isgkc/interfaith1.htm [4] (Islamic Society of Greater Kansas), gelesen 18.12.2001 oder “Unification of Religions” unter http://www.islaam.com [5] (Article http://www.islaam.com/Article.asp?id=273 [6] ) gelesen 18.12.2001
Die Fatwa ist eine Abwehr gehen die „Vereinnahmung“ des Islam in einer „Ökumene abrahamitischer Religionen“. Im folgenden wird zusammengefasst betont:

  1. Grundlegend und allgemein anerkannt im Islam ist, daß alle vorherigen Religionen sinnentleert sind und nur der Islam die letztgültige Religion auf Erden ist, welche alle anderen Religionen abrogiert hat (Sure 3,85).

  2. Der Koran hat alle vorherigen Heiligen Bücher, auch die ganze Bibel, abrogiert (Sure 5,48).

  3. Die Bibel ist aus islamischer Sicht ein gefälschtes Buch (Sure 5,13).

  4. Mohammed allein ist der letzte der Propheten und das Siegel aller Prophetie. Jesus und all die anderen Propheten, wären sie zur Zeit Mohammeds unter uns gewesen, hätten sie an Mohammed geglaubt. Wenn Jesus wiederkommt, wird er sich Mohammed und seiner Sharia unterstellen.

  5. Juden und Christen, welche der Einladung, den Islam anzunehmen, nicht Folge leisten, müssen als Ungläubige bezeichnet werden. Die Sharia verlangt dies, um nicht selbst zu den Ungläubigen gezählt zu werden.

  6. Der Unterschied zwischen der wahren Religion des Islam und anderen Religionen darf nicht verwischt werden. Religionen als Einheit zu verstehen ist als eine üble Machenschaft abzulehnen.

  7. Wer zur Einheit der Religionen aufruft, will den Islam zerstören, denn Christen und Juden haben keinen Glauben, der vor Allah bestehen kann. Schon Sheikh Al-Islam Ibn Taymiyyah (1263 – 1328 n.Chr.) hat in seiner „Manjou Al Fatawa“, einer Sammlung islamischer Regeln, betont: „Kirchen und Synagogen sind keine Häuser Allahs, sondern Allahs Häuser sind nur die Moscheen. Im Gegenteil sind diese (Kirchen und Synagogen) die Häuser des Unglaubens, auch wenn dort der Name Allahs Erwähnung findet. Häuser müssen vom Glaubensbekenntnis der Menschen her verstanden werden. Diese Leute lehnen den letzten Propheten Allahs (Friede sei mit ihm) ab und daher sind sie Ungläubige (Kuffaar), daher sind ihre Gotteshäuser geweiht für die Praxis derer, die Ungläubige sind.“

Diese Fatwa endet mit einem Aufruf an alle Gläubigen und Gelehrten im Islam, sich im Dialog nicht von den Ungläubigen betören zu lassen. Im Gespräch über die Rolle von Rechtsgutachten (Fatwa) (April 1999) mit einem führenden Muslim in Baden-Württemberg, der sich sehr Dialogbereit zu verstehen gibt, wurde mir versichert, daß Rechtsgutachten vom Ständigen Ausschuss für Rechtsangelegenheiten in Saudi-Arabien, deren Präsident Sheikh bin Baz bis zu seinem Tode im Herbst 1999 war, als die höchste und authentische Autorität für Rechtsangelegenheiten im sunnitischen Islam zu verstehen sind.

15 Da’wa ist nach Bassam Tibi die Türe für Djihad gegen alle, die nach dem Hören der Einladung immer noch abweisend sind und Schwierigkeiten der Botschaft entgegen bringen. Während Da’wa ein friedliches Überzeugen und Propagieren des islamischen Glaubens ist, sind in der Djihad alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Da’wa und Djihad gehören zusammen wie die Hand und der Handschuh, damit der Islam und die Sharia friedlich und wenn nötig mit Gewalt eingeführt und akzeptiert wird. So sind „rechte“ Muslime von Da’wa und Djihad überzeugt, denn das Eine gibt es nicht ohne das Andere. Siehe: Bassam Tibi, „War and Peace in Islam“ in Terry Nardin, ed. The Ethics of War and Peace: Religious and Secular Perspectives, S. 130

16 Gespräch bei einem Moscheebesuch mit Vikaren in einer Moschee in Stuttgart

17 siehe dazu: Stefan Luft, Droht die Gefahr islamisch geprägter Paralellgesellschaften in deutschen Städten, in: Hans Zehetmair (hrsg.) Der Islam im Spannungsfeld von Konflikt und Dialog, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, S.82ff

18 Gespräch mit muslimischen Vertretern, anlässlich einer Tagung der EKD im Herbst 2000 in Hamburg

19 Christine Schirrmacher, Ursula Spuler Stegemann, Frauen und die Scharia – Die Menschenrechte im Islam, Diederichs 2004, 254 Seiten

20 Siehe regelmässige Berichte des Arbeitskreises für Relegionsfreiheit – Menschenrecht – verfolgtre Christen der Deutschen Evangelischen Allianz, Dr. Paul V. Murdoch, http://www.ead.de/akref [7] ; Siehe aus dem Jahre 1993 für die Landessynode Herausgegeben von der IMATEL, 1993, Christen in islamischen Ländern, 84 Seiten; auch: Albrecht Hauser, Mission als Leiden in Hoffnung, Leiden am Beispiel des Islam, in den Theol. Beiträgen 01.3; Sommer 2001

21 Hier müsste auch die Bereitschaft bestehen, einmal offen zu legen, welche Aspekte der Scharia nicht verhandelbar sind und welche Aspekte der Scharia nicht mehr zeitgemäß und auch im 21. Jahrhundert ad acta gelegt werden könnten. Prof. Tilman Nagel stellt in diesen offenen Fragen, auch in den Fragen zum Grundgesetz und der Scharia, fest: “Um eine solche Übereinstimmung (zwischen Islam und Grundgesetz) herbeizuführen, müssten wesentlich Partien des Korans und der Prophetenüberlieferung für nicht mehr gültig erklärt werden; insbesondere die zahlreichen Koranstellen und Prophetenworten, die zur Gewaltanwendung gegen andere auffordern … und den absoluten Geltungsanspruch des Islam verfechten, sowie ebenfalls zahlreichen Belegen für die inferiore Stellung der Frau wäre ohne Wenn und Aber die ewige Geltung abzusprechen” in Nagel, Tilman: Kann es säkularisierten Islam geben? In: Reinhard C. Meier-Walser/Rainer Glagow (Hrsg.) Die islamische Herausforderung – eine kritische Bestandsaufnahme von Konfliktpotenzialen, aktuelle analysen 26 der Hanns-Seidel-Stiftung, München 2001, S. 19

22 Mona Abul-Fadle, Where East Meets West – The West on the Agenda of the Islamic Revival, International Institute of Islamic Thought, Herndon, Virginia U.S.A, Islamization of Knowledge Series (10), ©1412/1992, 117 Seiten

23 siehe dazu: Herbert Landolin Müller, “Das Christentum” aus der Perspektive der internationalen islamistischen Bewegung, S. 102ff in Spuler-Stegemann, Feinbild Christentum im Islam
ebenfalls: Herbert Landolin Müller, Vagabunden im Zeichen der Globalen Djihad: Fehlgeleitete Idealisten, “Freiheitskämpfer” oder “Terroristen”? in Hans Zehetmair (Hrsg.), Der Islam im Spannungsfeld von Konflikt und Dialog

24 Warschauer Erklärung, Mai 2005, des Europa-Rats, § 9

25 siehe: http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/25.02.2006/2376210.asp [8]; ferner www.dolomiten.it/nachrichten/artikel.asp?ArtID=74197&KatID=f [9]; ferner Nachricht aus dem Daily Telegraph, David Rennie in Brussels: Turkey’s foreign minister asks the EU for blasphemy laws to protect Islam, 13.03.2006

26 Siegfried Raeder, Der Islam und das Christentum, eine historische und theologische Einführung, Neukirchener Verlag, 2001, 284 Seiten

27  Muslime sehen Da’wa (propagieren) als einen integralen Bestandteil des Islam, lehnen aber christliche Mission ab. Siehe hierzu Artikel in „Muslimische Review, Soest, 1995, Heft 4: „Mohammedaner“ – Mission, S. 243 „Nun scheint der im Neuen Testament überlieferte Missionsbefehl zwischenzeitlich auch in kirchlichen Kreisen umstritten zu sein, zumindest aber die Methode, mit der er in der Vergangenheit ausgefüllt worden ist. Gleichwohl gilt, daß der Missionsbefehl zum Wesen des Christentums gehört. Das Christentum würde, wollte es auf den Missionsbefehl verzichten, seinen prägenden Charakter verlieren. Und dennoch würden Moslems oder islamische Organisationen unaufrichtig handeln, wenn sie, um das Wohlwollen kirchlicher Kreise zu erlangen, vergessen, das Ende der christlichen Islammission zu verlangen. Der Koran macht die Möglichkeit des Dialogs von der Erfüllung dieser Forderung abhängig.“

28 Hebräer 13,8

29 Johannes 16,33