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Eingabe an die Landessynode der Evang. Landeskirche in Baden

Montag 17. Januar 2011 von Administrator


 
Eingabe an die Landessynode der Evang. Landeskirche in Baden zum Pfarrdienstgesetz der EKD (PfdG.EKD) 

Betr.: Novellierung des Pfarrdienstgesetzes, besonders § 39 Ehe und Familie
                                                                                                  
Pfr. Ulrich Henke, Kehlhofstr. 20, 78266 Büsingen
Pfr. Günther Wacker, Pforzheimer Str. 2, 75210 Keltern-Ellmendingen
Pfrin. Renate Schmidt, Kehl-Bodersweier
Pfr. i.R. Dieter Fischer, Friesenheim
Pfr. i.R. Richard Hohendorff, Niefern-Öschelbronn
Pfr. Bernhard Würfel, Pforzheim

Antrag:

Die Landessynode möge im Zuge der Novellierung des Pfarrdienstgesetzes beschließen, dass es in der Badischen Landeskirche in Zukunft nicht gestattet wird, dass Pfarrerinnen oder Pfarrer in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften durch die Ordination in den Pfarrdienst berufen werden.

Anmerkung: Diese Eingabe hat zunächst diejenigen Pfarrerinnen und Pfarrer in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften nicht im Blick, die bereits im Dienst sind. Bei diesen schon bestehenden Dienstverhältnissen muss eine Lösung gefunden werden, die allen Beteilig-ten gerecht wird (etwa im Sinne einer auslaufenden Ausnahmeregelung).

Inhaltliche Begründung der Eingabe:

1. Dies widerspräche dem Zeugnis der Hl. Schrift.

Grundlegend für das, was Christsein ausmacht und woran sich eine christliche Lebensgestaltung orientiert ist Jesus Christus, so wie er uns im Zeugnis der Heiligen Schrift begegnet. (1)

Unbeschadet der ständigen Herausforderung, wie dieses Zeugnis in unserer Zeit konkret aussehen muss und aussehen kann, bleibt es dabei: Gelebte Homosexualität und damit gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften als gleichrangiger „Normalfall“ neben der verbindlichen Beziehung von Mann und Frau in der Ehe (2) widerspricht dem Zeugnis der Heiligen Schrift. (vgl. „Mit Spannungen leben“) (3)

Dabei ist (gegenüber bis heute wiederholten Einwendungen) festzuhalten, dass das biblische Menschenbild schon in neutestamentlicher Zeit sich grundlegend von zeitgenössischen Einstellungen unterschieden hat, nicht nur in dem Ausnahmefall von (kultischer) Prostitution oder dem Extremfall sexueller Gewalt. (4)

Es würde also in einem kirchlichen Gesetz ausdrücklich gestattet, was dem biblischen Zeugnis eindeutig widerspricht. Dies wäre ein fatales Signal unserer Kirche für unseren Umgang mit der Heiligen Schrift auch bei anderen Themen. Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Landeskirche würde in einem kirchlichen Gesetz etwas ausdrücklich gestattet, was dem Zeugnis der Bibel widerspricht. Das hat es bisher noch nicht gegeben!

2. Auch von der „Mitte der Schrift“ aus lässt sich kein „Ja“ zu homosexuellen Lebenspartnerschaften herleiten.

Die Liebe Gottes zu den Menschen – als „Mitte der Schrift“ (5) – zeigt sich in ihrer Zuwendung zu jedem einzelnen in seinem Sohn Jesus Christus. Darin kommt zum Ziel, was schon im Schöpfungsbericht bezeugt wird: Der Mensch ist geschaffen zum Ebenbild Gottes. Diese „Gottesebenbildlichkeit hat eine sichtbare Struktur: Es ist das Gegenüber von Mann und Frau in ihrem gemeinsamen Gegenüber zu Gott.“ (6)

Es war deshalb eine weise Entscheidung, als die Synode vor Jahren beschlossen hat, dass die Begleitung von Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ihren Ort allein in der Seelsorge hat (und nicht in einem öffentlichen Gottesdienst).

In der seelsorgerlichen Begleitung im Einzelfall zeigt sich die von der Liebe gebotene Zuwendung zu Menschen in ihren ganz persönlichen Lebensschicksalen. Die Erhebung der homosexuellen Lebenspartner-schaft zu einem weiteren „Normalfall“ neben der Ehe bedeutet hingegen die Selbstzerstörung des kirchlichen Zeugnisses.

3. Eine Vorrangstellung des biblischen Ehe- und Familienbildes wäre nicht mehr zu begründen.

Das Zusammenleben von Pfarrerinnen und Pfarrern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, würde es unserer Kirche unmöglich machen, in ihrer Verkündigung, Unterweisung und Seelsorge gleichzeitig am christlichen Leitbild „Ehe und Familie“ festzuhalten. (7)

In Sachen der Lebensgestaltung von Pfarrerinnen und Pfarrern ist eine zutiefst persönliche Frage berührt, bei der jede und jeder immer auch an sein Gewissen gebunden ist. Gleichwohl kann sich niemand im Pfarramt der Tatsache entziehen, mit seiner persönlichen Lebensführung dafür zu stehen, wie glaubwürdiges, authentisches Christsein gelebt werden soll, wofür christliche Kirche steht. (8)

Weiter ist zu erwarten, dass das Verbot der Segnung von Menschen in homosexuellen Partnerschaften in einem öffentlichen Gottesdienst auf Dauer nicht aufrecht erhalten werden kann, wenn es per Gesetz gestattet ist, dass Pfarrer bzw. Pfarrerinnen in einer solchen Partnerschaft leben. (9)

4. Gesellschaftliche Tatbestände begründen keine theologischen Maßgaben. (10)

Die Orientierung an einem staatlichen Partnerschaftsgesetz kann nicht maßgebend für kirchliche Ordnun-gen sein. (11) (Apg 5, 29 – Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.)

Es ist der „Lobbyarbeit“ von Gruppen zu widerstehen, die für eine breite Anerkennung homosexueller, bise-xueller und transsexueller Formen des Zusammenlebens in der Gesellschaft (12) und eben auch in der Kirche kämpfen. (Kirchenamtliche Anerkennung und Übernahme des staatlichen Lebenspartnerschaftsgesetzes „sakralisiert“ (13) dieses in den Augen der Befürworter.)

Der Druck, der dabei ausgeübt wird, steigert sich zunehmend. Wer Kritik äußert, wird nicht selten in völlig unsachlicher Weise als „homophob“ und „fundamentalistisch“ etikettiert und damit pathologisiert oder in die Ecke eines kriminellen Extremismus gestellt. (14)

5. Dies hätte negative Auswirkungen auf das ökumenische und innerevangelische Miteinander.

Eine Beschlussfassung, die die bisherige Praxis beendet, würde zu einer weiteren Belastung der ökumenischen Beziehungen führen; vor allem mit der römisch-katholischen und der orthodoxen Christenheit, sowie der großen Mehrheit der (wachsenden) Kirchen in der 2/3-Welt.

In den lutherischen und anglikanischen (Welt-) Kirchengemeinschaften hat dieses Thema Spaltungen bewirkt, bei vielen afrikanischen Kirchen eine zunehmende Distanz zu „westlichen“ Kirchen. Dies in einer Zeit, in der die ganze Christenheit durch andere Religionen und durch einen selbstbewussteren Atheismus stärker herausgefordert ist als je zu vor. Gerade jetzt können wir uns eine Schwächung der weltweiten Ökumene nicht leisten.

Bitte bedenken Sie, dass kirchliche Regelungen an dieser Stelle nicht nur die in der Sache betroffenen Personen persönlich berühren, sondern in einem sehr tief greifenden Maß eine ganz große Zahl von Gemeindegliedern – nicht nur, aber besonders von jenen, die einen pietistischen oder evangelikalen Hintergrund haben.

Mag die Erfahrung, hier immer wieder vor den Kopf gestoßen zu werden, nicht unbedingt dazu führen, sofort aus der Kirche auszutreten (zu groß ist immer noch die Liebe zur Kirche), so ist doch mit einem weiter fortschreitenden inneren – und langfristig auch äußeren – Rückzug zu rechnen. (15)

Bad Herrenalb, den 10.01.2011

für den Landesarbeitskreis des Pfarrerinnen- und Pfarrer-Gebetsbundes (PGB) in der Evang. Landeskirche in Baden

Ulrich Henke, Günther Wacker, Renate Schmidt, Dieter Fischer, Richard Hohendorff,  Bernhard Würfel

Anmerkungen:

1 Vgl. Vorspruch zur Grundordnung der Evang. Landeskirche in Baden.

2 Zu sehen ist in diesem Zusammenhang die Neudefinierung des Begriffes der partnerschaftlichen Treue in weiten Teilen der Schwulenbewegung. Selbst Mitglieder der HuK (http://huk.org/allgem/7gruende.htm – 28.12.2010) betonen explizit, dass sie auch beim Bestehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch andere Sexualpartner haben. Damit wird sogar ein Gebot aus dem Dekalog (das Verbot des Ehebruchs) in eklatanter Weise außer Kraft gesetzt bzw. neu definiert.

3 Eine Orientierungshilfe des Rates der EKD zum Thema „Homosexualität und Kirche“, „EKD-Texte“ Heft 57 (1996).

4 Unsere Generation ist nicht die erste, die auf die Heilige Schrift hört. Das haben schon andere vor uns getan. Aus dieser Tradition der gläubig Hörenden können wir nicht aussteigen. Auch die Reformatoren haben sich sehr genau auf die Theologen der alten Kirche berufen. In dieser Tradition sind die Bekenntnisschriften entstanden als Zeugnis des gemeinsamen Hörens der ganzen Kirche. In den Bekenntnisschriften der Reformatorischen Kirche gibt es bei der Auslegung des 6. Gebotes fundamentale Aussagen über die Ehe.

5 Orientierungshilfe 2.1

6 Siehe auch: Klaus Baschang, Kirche, Homosexualität und Politik; idea Dokumentation 3/2010, 7.

7 Orientierungshilfe 3.4 (einschließlich der dort vorgenommenen Präzisierungen).

8 So zu Recht im Entwurf Pfarrdienstrecht der EKD § 3 (2), § 24 (3) u.a.

9 Die Menschen haben hohe Erwartungen an die Kirche, wenn sie ihr Kinder und Jugendliche in der Jugendarbeit, im Unterricht und bei Freizeiten anvertrauen. Pfarrerinnen und Pfarrer in gleichgeschlechtlichen Lebens-partnerschaften würden Heranwachsende in unnötige Verwirrungen in einer Lebensphase führen, in der Sexualität noch formbar ist.

10 Vgl. auch Barmen 3.

11 Vgl. auch Manfred Seitz, Eingabe an die Landessynode der ELKB; Pkt. 4).

12 Von anderer Seite könnte z.B. auch die Anerkennung polygamer Lebensformen angestrebt werden.

13 Seitz, Eingabe Pkt. 2).

14 In der innerkirchlichen Diskussion wird immer wieder behauptet, in dieser Sache handle es sich nicht um eine „Bekenntnisfrage“. Nach den Erfahrungen in den letzten Jahren (Christival Bremen, Kongress für Psychotherapie und Seelsorge in Marburg usw.) wird deutlich, dass das Ganze von bestimmten Gruppen ihrerseits zur „Be-kenntnisfrage“ (Stichwort „verfassungsfeindlich“) aufgebaut wird. (Vgl. auch Baschang, 10ff.)

15 Vgl. Entscheidungen in dieser Sache in anderen Landeskirchen. (Bereits der Beschluss der EKD-Synode und v.a. dann die Entscheidung der Bayerischen Landessynode hat eine Kirchenkritik der Kirchentreuen ausgelöst, die eine neue Dimension darstellt. Die Enttäuschungen derer, die sich bisher nicht zu Wort gemeldet haben, sind außergewöhnlich groß. Es wird zu Übertritten in Freikirchen und in die Katholische Kirche aufgerufen, die Gemeinschaftsverbände geraten in eine Zerreißprobe, weil sie gefragt werden, wie sie denn ihre Mitgliedschaft in den Landeskirchen noch verantworten können.)

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 17. Januar 2011 um 16:52 und abgelegt unter Kirche.