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Interview zum Beschluss über gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Pfarrhäusern

Interview mit Professor Dr. Reinhard Slenczka, D.D.,
Erlangen, zum Beschluss über gleichgeschlechtliche 
Partnerschaften in Pfarrhäusern


Bekenntnis & Sammlung: Herr Professor Slenczka, der Landesbischof hat an der Synode vorbei mit Rückendeckung des Landeskirchenrates, den Einzug homosexueller Paare in das Pfarrhaus erlaubt. Wo liegt dabei das Problem?

Prof. Dr. Reinhard Slenczka: Seit Jahren werden von protestantischen Kirchenleitungen, so auch wiederholt in Bayern, gesellschaftspolitische Forderungen aus der Öffentlichkeit aufgenommen, die eindeutig im Widerspruch zu Schrift und Bekenntnis stehen, und ohne theologische Begründung mit Mehrheitsbeschlüssen durchgesetzt. In den Gemeinden, aber auch weltweit zwischen christlichen Kirchen hat dies nicht nur zu starken Spannungen, sondern auch zur Aufhebung von Kirchengemeinschaft geführt. Was jedoch nun geschieht, ist theologisch und rechtlich ein Akt unglaublicher Willkür.

Mit seiner Erklärung vom 15. November 2010 hat Dr. Friedrich, der Inhaber des Bischofsamts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, die im Frühjahr der Landessynode in Weiden vorgelegten zwei gleichlautenden Anträge von Münchener Prodekanatssynoden, die damals wegen der zu erwartenden Spannungen nicht behandelt wurden, in persönlichem Vollmachtsanspruch (man beachte das ständige „Ich“) aufgegriffen und mit Unterstützung des Landeskirchenrates positiv entschieden und veröffentlicht. Wenn die nach Neu-Ulm einberufene Synode erwartungsgemäß diesem Beschluss zustimmt, wird sie zu einem bloßen Akklamationsgremium kirchenleitender Diktatur.

Rechtmäßig müsste sie den Beschluss nach Inhalt und Form zurückweisen und der Kirchenleitung das Mißtrauen aussprechen.

Bekenntnis & Sammlung: Welche Beweggründe mag eine Kirchenleitung haben, wenn sie ein derartiges, wie Sie sagen, offensichtlich schrift- und bekenntniswidriges Projekt vorantreibt?

Prof. Dr. Reinhard Slenczka: Nach der Kirchenverfassung (Art. 60, 1) hat der Bischof als erstes folgende Aufgabe: „Er achtet darauf, dass das Wort Gottes schrift- und bekenntnisgemäß verkündigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden“. Das ist heilsentscheidend; denn damit steht und fällt die Kirche. Wenn aber nun der Amtsinhaber wiederholt und öffentlich im Widerspruch zum eindeutigen Zeugnis der Schrift Alten und Neuen Testaments erklärt: „Homosexualität ist keine Sünde“, dann muss er wohl eine neue Offenbarung und eine über Schrift und Bekenntnis stehende Vollmacht haben, mit der er das geschriebene Wort Gottes aufhebt.

Dass bei solchem Missbrauch geistlicher Autorität die Warnung des Wortes Gottes vor zeitlichen und ewigen Strafen völlig übergangen und verschwiegen wird: „die solches tun, werden das Reich Gottes nicht ererben“ (1 Kor 6, 9.10; Gal 5, 21), mag solche nicht kümmern, die das Gericht der öffentlichen Meinung mehr fürchten, als dass sie die Rettung aus dem Gericht Gottes im Namen Jesu Christi durch Umkehr und Vergebung glauben und verkündigen (Mat 10, 32f).

Auf jeden Fall liegt hier eine Amtspflichtverletzung vor, die kirchenrechtlich zu seiner Abberufung führen muss. Doch auch ohne einen entsprechenden und nach Lage der Dinge unwahrscheinlichen Beschluss zeigt sich darin, dass ein kirchlicher Amtsträger die geistliche Vollmacht seines Amtes verloren hat, indem er beharrlich in Lehre und Leben gegen sein Ordinationsgelübde handelt.

Bekenntnis & Sammlung: Welche Folgen hat dieser Beschluss für die einzelnen Gemeinden sowie für die Gemeinschaft christlicher Kirchen?

Prof. Dr. Reinhard Slenczka: Es ist unübersehbar und unbestreitbar, dass durch eine ganze Reihe kirchenleitender Beschlüsse, die imWiderspruch zu Schrift und Bekenntnis stehen, die Gemeinschaft sowohl innerhalb der Kirche wie auch die Gemeinschaft mit anderen Kirchen vielfach und tiefgehend zerbrochen ist.

Ganz praktisch sollte man aber auch die Sorge vieler Eltern beachten, die erleben, wie ihre Kinder homosexueller Verführung oder gar Bedrängung in der Kirche ausgesetzt werden. Nicht nur hier werden Gewissen verbogen,wo nicht das unverfälschte Wort Gottes gelehrt und verkündigt wird (Mat 5, 17-20; Jes 40, 6-8; 1 Petr 1, 24-25), sondern menschliche Lehren und Leitbilder.

Dabei ist nun auf einen elementaren Fehler in der Argumentation hinzuweisen, der ständig und so auch in der Erklärung von Dr. Friedrich begegnet: „Magnus consensus“, die „einmütige Entscheidung“, ist nach unserem Augsburgischen Bekenntnis (Art. 1) eindeutig nicht eine Mehrheitsentscheidung nach herrschender öffentlicher Meinung, sondern die Übereinstimmung und Gemeinschaft in und mit der christlichen (im Lateinischen „katholischen“!) Kirche, „erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist“ (Eph 2, 20), zu allen Zeiten und an allen Orten.

Bei der Kirche geht es jedoch niemals um die Mehrheit herrschender Meinungen oder Meinungszwänge, sondern um die Einheit in der Wahrheit, die Jesus Christus ist (Joh 14, 6; 2 Kor 3, 11).

Bekenntnis & Sammlung: Was sollen wir tun?

Prof. Dr. Reinhard Slenczka: So schreibt der Apostel Paulus: „Denn es müssen ja Spaltungen unter euch sein, damit die Rechtschaffenen unter euch offenbar werden“ (1 Kor 11, 19).

Da niemand das geschriebene Wort Gottes ändern kann, können auch die Spannungen und Spaltungen, die durch dieses Wort Gottes ausgelöst werden, nicht aufgehoben werden. Denn bei diesem Wort Gottes geht es nicht nur um Zustimmung und Übereinstimmung; vielmehr deckt es Gehorsam und Ungehorsam auf; es richtet und rettet; es wirkt Verstehen, aber auch Verstockung (Vgl. 2 Kor 2,15 f.; 4,3 f.; R 9-11; Jes 6; 29,9 ff; 63, 17; Mk 4,10-12 (3-20) pp; Joh 12, 37-41; 2 Thess 2,9-12; Ps 81, 13; Joh 12, 37-42; Hebr 4, 12-13; Jak 4, 11f; 1 Kor 1, 18 ff; Apg 17, 30-31; 28, 23-28 u.a.).

Groß ist die Zahl derer, die sich von einer Kirche oder Gemeinde – meist stillschweigend – abwenden, in der sie nicht mehr die Stimme des guten Hirten (Joh 10; Mat 9, 36) hören. Manche hoffen, durch Kirchenaustritt oder Konfessionswechsel der Irrlehre, den falschen Gottesdiensten und gesellschaftspolitischen Zwängen entgehen zu können. Allerdings wird man dann immer auch erleben, dass Anfechtung und Verfolgung durch die Mächte dieser Welt in jeder Kirche wie auch bei jedem Christen aufbrechen. Aus der Kirche als der durch die Taufe begründeten Gemeinschaft des Leibes Christi kann man nur abfallen, jedoch nicht austreten.

Wohl aber kann und muss man feststellen und unterscheiden, wo „die Kirche aufgehört hat, Kirche zu sein“ und wo sie nur noch dem Namen nach existiert, wie der Herr der Gemeinde in Sardes sagt: „Du hast den Namen, daß du lebst, und bist tot“ (Offbg 3, 1).

In dieser schlimmen Situation ist es notwendig und zugleich heilsam, dass sich Pfarrer, die in Lehre und Leben dem folgen, was sie bei ihrer Ordination gelobt haben, sich zusammenschließen und gegenseitig stützen und trösten (mutuum colloquium fratrum). Es ist ebenso notwendig und hilfreich, dass Gemeindeglieder, die ihre geistliche Heimat in ihrer Ortsgemeinde verloren haben, sich um solche Pfarrer oder auch in Hauskreisen sammeln.

Vor allem aber gilt es, für unsere Kirche, ihre Diener und Gemeinden um den Geist der Wahrheit zu bitten, den unser Herr uns verheißen hat (Joh 14, 23; 15, 26; 16, 13) und auf die Verheißung des Herrn für seine Kirche zu vertrauen, auch „die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“ (Mat 16, 18).

Quelle: Bekenntnis und Sammlung III/2010. Informationsbrief der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis (KSBB) in Bayern. (www.ksbb-bayern.de [1])

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