- Gemeindenetzwerk - https://www.gemeindenetzwerk.de -

Argumentationshilfe zur Diskussion um das „Betreuungsgeld“

Argumentationshilfe zur Diskussion um das „Betreuungsgeld“

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/GRÜNE hat ein Rechtsgutachten (1) vorgelegt, das eine Verfassungswidrigkeit bei Artikel 6 GG annimmt, da „keines der mit einem Betreuungsgeld verfolgten Ziele geeignet [ist], die durch das Betreuungsgeld verursachte Ungleichbehandlung verschiedener Familienformen zu rechtfertigen“ (S.15), wobei es allerdings die Problematik der -einseitig erfolgten- staatlichen Subventionierung der Drittbetreuung („Krippenplätze“) unbeachtet lässt. Demgegenüber stellt der ehemalige BVerfG-Richter Prof. Dr. Jentsch (2) fest: „Zweifellos sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder, die das Grundgesetz verbürgt, durch eine Politik, die die Kindererziehung in Krippen materiell stärker fördert als diejenige zu Hause, nachhaltig berührt. Indem die Politik mögliche Erziehungskonzepte und –entscheidungen unterschiedlich fördert, greift sie damit zugleich in den Grundsatz der Gleichbehandlung ein.“

Auch das Otto-Wolff-Institut für Wirtschaftsordnung führt in ihrem Diskussionspapier zum Betreuungsgeld (3) aus, „dass die Frage nach einem Betreuungsgeld untrennbar mit der Frage der Subvention institutioneller Betreuung verknüpft ist“ (S.2) und stellt darin fest, dass es keine Argumente gibt, „die eine einseitige Förderung institutioneller Betreuung und die Diskriminierung häuslicher Betreuung rechtfertigen“ (ebda).

Es zieht das Fazit: „Entscheidet man sich als Gesellschaft für eine Förderung von Familien und Kinderbetreuung, müssen alle gleich behandelt werden – unabhängig vom gewählten Erwerbs- und Familienmodell. Abweichungen sind als unzulässige Diskriminierung und Bevormundung zu werten, die belastbarer Begründungen bedürfen. Für die Betreuung von Kleinkindern steht diese Begründung bislang aus. Wird Krippenbetreuung gefördert, müssen Familien in gleichem Maße unterstützt werden, wenn sie die Betreuung selbst organisieren“ (S.12).

Sofern der Beschluss zur Förderung von Kinderkrippen als „unumkehrbar“ angesehen wird, regt es, vergleichbar der „Thüringer Familienoffensive“, ein Betreuungsgeld für alle Eltern unabhängig der gewählten Betreuungsform an, das bei Inanspruchnahme von Drittbetreuung zur Senkung staatlicher Subventionen genutzt werden könnte (vgl. S.5).

Nach den Ausführungen von PD Dr. Müller (4) kann „der staatliche Ausbau der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen nach den üblichen ökonomischen Kriterien zur Begründung von Staatseingriffen nicht gerechtfertigt werden“ (S.132). Dieses Angebot kann nicht, „wie in der Literatur angeführt, als öffentliches Gut betrachtet werden, dessen Bereitstellung einen bundespolitischen Handlungsbedarf rechtfertigen würde. In der gängigen finanzwissenschaftlichen Diktion handelt es sich bei solchen Leistungen vielmehr um Clubgüter, die grundsätzlich privat bereitgestellt werden können. Daß solche Clubgüter zudem auch eine Reihe positiver Nutzen für Dritte – für Wirtschaft, Gesellschaft und nicht zuletzt für die Eltern – aufweisen können, kann nicht die staatliche Produktion dieser Güter begründen, sondern allenfalls eine Bezuschussung privatwirtschaftlicher Anbieter oder Nachfrager dieser Leistungen“ (S.143). Darüber hinaus folgert er, da ein Überblick über einige zentrale Forschungsergebnisse in der empirischen Literatur „Nachteile für die betreuten Kinder nicht ausschließen“ kann, „schon das allein ein Grund für eine staatliche Zurückhaltung in dieser Frage [wäre], sind doch Politiker nach ihrem Amtseid angesichts von Risiken bereits zur Abwehr von Gefahren verpflichtet (vgl. Bensel 1994, S. 322)“ (ebda).

Quellen:

1. http://www.gruene-bundestag.de/cms/familie/dokbin/363/363617.rechtsgutachten_betreuungsgeld.pdf

2. http://www.familie-ist-zukunft.de/seite/?p=330

3. http://www.otto-wolff-institut.de/Publikationen/DiskussionPapers/OWIWO_DP_2_2008.pdf

4. Müller, Christian: „ORDO • Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft“ (Lucius & Lucius, Stuttgart 2007) Bd. 58, S.131-148). Siehe auch: http://www.ordo-jahrbuch.de/de/inhalte.php?id=1

Quelle: www.Familie-ist-Zukunft.de [1], 21.12.2010