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Statt Kinderlosigkeit künftig Elternlosigkeit?

Donnerstag 23. September 2010 von Medrum


Medrum

Statt Kinderlosigkeit künftig Elternlosigkeit? Gewerbsmäßige Kinderproduktion und Reproduktionsmedizin eröffnen neue Perspektiven für die Politik

(MEDRUM) Unaufhaltsam scheint der Fortschritt zu sein, den Wissenschaft und Technik bringen. Die Reproduktionsmedizin könnte es bald möglich machen, die Kinderlosigkeit dieser Gesellschaft zu überwinden. Ein bestimmtes Maß an Elternlosigkeit von Kindern müsste dafür allerdings in Kauf genommen werden.

Ein gewaltiges Problem der deutschen Gesellschaft ist ihre enorme Kinderlosigkeit. Dies hat auch Thilo Sarrazin in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ beschäftigt, das wohl die wenigsten Politiker und Sarrazin-Gegner gelesen hatten, bevor sie Sarrazin förmlich zerrissen. Zu wenig Kinder heißt in der vom Ökonomen Sarrazin benutzten Sprache der Bevölkerungwissenschaft: Die Reproduktionsraten sind zu gering. Trotz Zuwanderung kann Deutschland seinen Bedarf an jungen Menschen nicht befriedigen. Im Durchschnitt liegt die Kinderzahl pro Frau seit vielen Jahren unterhalb von 1,4 Kindern. Der Normbedarf liegt jedoch knapp oberhalb von 2 Kindern. Hinzu kommt, daß die Reproduktionsrate aus Sicht des Bildungsstandes schieflastig ist. Je höher der Bildungsstand von Frauen ist, desto weniger Kinder haben sie. Für Frauen aus bildungsfernen Schichten gilt dies in umgekehrtem Sinne. Dies bereitet sowohl aus sozial- wie aus bildungspolitischer Sicht Schwierigkeiten. Denn Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern verlassen die Schule häufiger ohne Abschluß als ihre Altersgenossen aus gebildetem Milieu und sind weniger gut ins Erwerbsleben integriert. Die damit verbundenen Problemen könnten künftig – theoretisch – auf ganz neuen Wegen gelöst werden: Durch eine bedarfsgerechte „Kinderproduktion“, die auf Eltern verzichtet, wo es zu wenig kinderfreudige Erwachsene gibt.

Das Zeitalter der gewerbsmäßigen Kinderproduktion steht offenbar vor der Tür. Der Sender ARTE hat heute zum zweiten Mal den bereits 2009 ausgezeichneten Dokumentarfilm Google Baby gezeigt. Der Film zeigt, daß „Babyproduktion“ bereits zu einem kommerziellen Geschäft geworden ist. Der Sender Arte sagt in der Programmankündigung zum Film: „Ein israelischer Unternehmer bietet einen neuen Service an: ‚Babyproduktion‘. Er bietet Kunden eine kostengünstige Lösung für eine Leihmuttergeburt an: Die Leihmutterschaft wird nach Indien outgesourct und somit werden die Kosten drastisch gesenkt. Das gewünschte genetische Material kann von den Kunden gewählt werden, der Rest liegt in der Hand des Produzenten. Das Entstehen eines Babys ist zu einem vom Sex unabhängigen Akt geworden. Und die Globalisierung hat die ‚Babyproduktion‘ bezahlbar gemacht. Voraussetzung ist eine Kreditkarte. Anweisungen sind auf YouTube zu finden.“

Noch wird beim Geschäft dieses israelischen Unternehmers auf eine Leihmutter zurückgegriffen. Dies könnte in nicht allzu ferner Zukunft schon Historie sein. Zurecht sagt der Landesvorsitzende des Familienbundes der Katholiken in Bayern, Johannes Schroeter: „Die technische Unterstützung der menschlichen Elternschaft ist möglicherweise nur ein Zwischenschritt der Reproduktionsmedizin. Der nächste Schritt könnte die gesellschaftliche Produktion elternloser Kinder sein.“

Recht hat Schroeter. Die Vision, daß Kinder vollständig in der Retorte erzeugt werden, ohne Mitwirkung irgendwelcher Elternteile, beruht auf sicherer Grundlage.

Das Rezept zur Produktion „elternloser Kinder“

Die Zutaten: Man nehme eine sorgfältig selektierte Samenzelle mit dem gewünschten Erbgut, eine Eizelle mit einem zum Erbgut der Samenzelle passenden Erbgut und eine künstlich erzeugte Gebärmutter.

Die Zubereitung: Man verschmelze Samen- und Eizelle im Reagenzglas zu einem Embryo, setze den Embryo in die künstliche Gebärmutter ein, lasse das Ganze 9 Monate lang bei genau dosierter Zugabe eines optimal zusammengesetzen Kompositums von Nährstoffen bei einer Temperatur von 37 Grad unter prädiagnostischer Kontrolle reifen und entnehme nach 9 Monaten den zum Säugling ausgereiften Embryo.

Dies alles scheint nicht mehr nur Stoff eines Science Fiction Romans zu sein, sondern reale Gestalt annehmen zu können, wenn es der Wissenschaft erlaubt ist zu tun, was sie reproduktionsmedizinisch leisten kann. Forscher sind auf bestem Wege dahin, wie bereits vor etlichen Jahren berichtet wurde. Die Erzeugung von Gebärmuttern, in denen Embryos außerhalb des Mutterleibes einer Frau einige Tagen wachsen konnten, gelang Forschern in den USA bereits 2002. Sie waren optimistisch, daß es nur eine Frage von einigen Jahren sei, ein Kind vollständig außerhalb des Mutterleibs aufwachsen lassen zu können.

Die Verlockungen liegen auf der Hand. Es gäbe (ungeachtet der politischen Behauptung, daß Intelligenz nicht vererbbar sei) nur noch Kinder mit sorgfältig ausgewählten genetischen Eigenschaften, es gäbe keine eventuell störenden Eltern mehr, Defizite bei den Geburtenraten könnten flexibel nach dem jeweils prognostizierten Reproduktionsbedarf vermieden werden. Johannes Schröter meinte ferner, die elternfreie „industrielle Produktion genetischer Klone mit nachfolgender einheitlicher Aufzucht nach staatlichen Bildungs- und Erziehungsplänen“ biete zudem „optimale Chancengerechtigkeit“. Diese Perspektiven würden der Politik Auswege anbieten, um sich aus der, in der durch Sarrazin angestoßenen Integrationsdebatte, selbst um den Hals gelegten Schlinge auf pfiffigem Wege befreien zu können. Und schließlich: Elterngeld, Betreuungsgeld und ähnliche Leistungen könnten in großem Umfange reduziert und in das staatliche Bildungssystem und seine Einrichtungen investiert werden, Ausbau und Betrieb von Kinderkrippen selbstverständlich eingeschlossen. …

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 23. September 2010 um 21:25 und abgelegt unter Demographie, Gesellschaft / Politik, Medizinische Ethik.