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Eine Frage der Liebe Teil I

Freitag 27. August 2010 von Arbeitskreis Bekennender Christen Bayern


Arbeitskreis Bekennender Christen Bayern

Eine Frage der Liebe. Menschen mit homosexueller Identität verstehen – als Kirche verantwortlich handeln

1. Der Anlass – die Eingabe Nr. 68 an die Bayerische Landessynode

„Die Prodekanatssynode München-Nord hat bei ihrer 9. Tagung am 17. November 2009 in der Evangeliumskirche München Hasenbergl unter TOP 8 folgende Eingabe an die Landessynode beschlossen: Die Prodekanatssynode München-Nord hält –mit Blick auf das EU-Antidiskriminierungsgesetz und unter Berücksichtigung von 16 Jahren „Fürther Erklärung“ sowie der seitdem stattgefundenen Entwicklungen – eine Überprüfung der Praxis innerhalb der Evang.–Luth. Kirche in Bayern im Umgang mit gleichgeschlechtlich lebenden Pfarrerinnen und Pfarrern im Sinne der Gleichbehandlung für dringend geboten. Die betrifft besonders die Stellenbesetzungspraxis hinsichtlich Gemeindepfarrstellen und die Möglichkeit des Zusammenlebens von Pfarrerinnen und Pfarrern mit eingetragener Partnerschaft im Pfarrhaus. Die Landessynode möge geeignete Maßnahmen beschließen, die eine Diskriminierung von gleichgeschlechtlich orientierten Pfarrerinnen und Pfarrern in Zukunft ausschließen.“

Die Prodekanatssynode München-Mitte hat sich am 28. Januar 2010 die Eingabe der Prodekanatssynode München-Nord „zu Eigen gemacht“ und unterstützt diese. Mit Rücksicht darauf, dass der Landeskirchenrat in einer dafür vorgesehenen Klausur die Thematik bearbeiten will, und mit Rücksicht auf die Tagung des Lutherischen Weltbundes, der bei den Fragen der Homosexualität (künftig häufig abgekürzt mit HS) ähnlich der Anglikanischen Weltkirche im Konflikt zwischen südlichen/-östlichen und nördlichen/-westlichen Mitgliedskirchen vor der Zerreißprobe steht, hat die Landessynode die Behandlung der Eingaben 68 auf ihre Herbstsitzung (Nov. 2010) verschoben. Das zeigt an: Weder innerkirchlich noch in der weltweiten lutherischen Ökumene ist die Thematik „Homosexualität“ mit einem einfachen Rückgriff auf eine gesicherte und allgemein anerkannte lutherische Konsensposition gewissermaßen „geschäftsmäßig“ zu behandeln.

2. Gottes Wort – vielfältig und eindeutig

Eine lutherische Kirche, die sich als „Kirche des Worts“ versteht und ihre einzige Lehrautorität aus Gottes Wort (sola scriptura) bezieht, kommt nicht umhin, gewissenhaft nach dem biblischen Befund zum Thema zu fragen. Vier Textgruppen gelten als die klassischen Belegstellen der Bibel. Dabei ist immer der jeweils übergreifende theologische Zusammenhang zu berücksichtigen.

2.1 Die Erzählungen von Sodom (1. Mose 19) und Gibea (Richter 19)

Nach herkömmlicher Auffassung haben sich die Männer von Sodom versuchter homosexueller Nötigung schuldig gemacht, als sie von Lot drei Gäste forderten, „um sie zu erkennen“. Das Wort „erkennen“ steht häufig -wenn auch durchaus nicht immer – für „Geschlechtsverkehr haben“. Der Gesamtzusammenhang der Sodomgeschichte klärt die Wortbedeutung von „erkennen“ eindeutig, wenn Lot, um seine Gäste zu schützen, seine Töchter anbietet: „Die haben noch keinen Mann erkannt, die will ich herausgeben unter euch, und tut mit ihnen, was euch gefällt.“ Ganz ähnlich wird die Gibea-Erzählung überliefert. So war gewiss homosexuelles Verhalten nicht die einzige Sünde Sodoms, aber eben doch eine davon – weshalb die Stadt unter Gottes Gericht fiel und vernichtet wurde.

2.2 Bezugsstellen aus dem Heiligkeitsgesetz (3. Mose 18 und 3. Mose 20)

„Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau, es ist ein Gräuel“ (18,22). „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen“ (20,13).Was hier völlig unzweifelhaft als homosexuelle Handlung zwischen Männern zu verstehen ist, wird von Kritikern als homosexuelle Variante der im Altertum weit verbreiteten Tempelprostitution gedeutet: Die Bibel lehne – so sagen diese (1) – im 3. Mosebuch als Gräuel nicht allgemein Homosexualität ab, sondern Formen ritueller homosexueller Prostitution. Einen stimmigen Beleg zu dieser Engführung bleiben die Kritiker schuldig. In gleichem Zusammenhang (3. Mose 18,6-20) sind ja auch Handlungen erwähnt, die keineswegs auf einen kultischen Kontext weisen. Die Bibel selbst rechtfertigt somit diesen Versuch der Engführung nicht. Ein weiterer Einwand (2) setzt grundsätzlicher an, indem er das gesamte Heiligkeitsgesetz als für uns Heutige für ungültig erklärt. Wenn es gälte, so sagt man, dann dürften wir auch heute keine Schalentiere genießen (3. Mose 11,10f) und müssten konsequenterweise – horribile dictu – bei Ehebruch die Todesstrafe (3.Mose 20, 10) vollziehen. Ein solcher Einwand verkennt das mit Christus wirksam gewordene Evangelium, woraufhin theologisch zu unterscheiden ist zwischen dem Zeremonial-, dem Justizial- und dem Moralgesetz. Ersteres und Zweites sind in der Tat aufgehoben durch das „allgenugsame“ Opfer Jesu Christi am Kreuz. Keine Versöhnungsleistungen sind mehr zu erbringen, denn „die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,5). Das Moralgesetz aber, also die Bewertung dessen, was vor Gott gut und böse ist, gilt fort, wird in den Evangelien von Jesus bestätigt (Mt 5,17ff) und in seiner Gültigkeit geradezu zugespitzt („… ich aber sage euch…“, Mt 5,22.28.32.34.3.44).

2.3 Das Eingangskapitel des Römerbriefes (Röm 1,26-27)„Darum hat sie Gott dahin gegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen; desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihrer Verirrung, wie es ja sein musste, an sich selbst empfangen.“ Der Apostel Paulus denkt – wie das Alte Testament und das gesamte Judentum – vom 1.Gebot her: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst ….“. Nach der Eingangsthese „Der Gerechte wird aus Glauben leben“ (Röm 1,17), die das Alte Testament zitiert (Habk 2,4) und dem Römerbrief sein Thema („Rechtfertigung“) gibt, behandelt der Apostel die universale Sündenverfallenheit des Menschen aufgrund der Abkehr von Gott und dessen Gebot und führt schlüssig den Gedankengang zur Notwendigkeit der Rechtfertigung durch Gottes Gerechtigkeit, die im Evangelium offenbart wird. Folge des Abfalls: „Gott hat sie dahin gegeben“– in die Verfinsterung des Herzens, die in der Selbstschändung des Leibes zum Vorschein kommt (1,24). „Dahingegeben“ (Röm 1,24.26.28) zu sein, ist kein missliches Geschick. Gott ist der Handelnde. ER ist es, der dahingibt, preisgibt, ausliefert. Gott vollstreckt somit ein Urteil. In homosexueller Neigung und Praxis verkehrt sich (para physin = wider die Natur, Röm 1,26) Geschlechtlichkeit als schöpfungsmäßig gute Gabe Gottes in deren Gegenteil und dies nicht in vermeintlicher Freiheit eines starken und positiven Lebensgestaltungswillens, sondern als Verhängnis der Sünde, der Abkehr von der Heiligkeit Gottes. Somit erklärt der Apostel Homosexualität keinesfalls etwa als eine (bessere oder schlechtere) Variante, sondern – im exakten Wortsinn! – als eine „Per-Version“ von Geschlechtlichkeit (Röm1,23.25.26). HS ist somit heftiger Ausdruck einer tiefen Beziehungsstörung, von der Martin Luther in seiner für evangelische Theologie grundlegenden Römerbriefvorlesung aussagt: „Wenn einer solchen Leidenschaften verfällt ,dann ist dies ein Zeichen dafür, dass er Gott verlassen, einen Götzen angebetet und die Wahrheit Gottes in Lüge verkehrt hat.“ Demgegenüber bestehen Einwender (3) auf einer Unterscheidung von wilder promiskuitiver homosexueller Praxis einerseits und rücksichtsvoll und treu gelebter homosexueller Paarbeziehung andererseits. Eine solche Unterscheidung kann man – freilich nur im Sinne der Begrenzung schädlicher Folgen der Sünde– vernünftigerweise nachvollziehen. Sie ist aber vor dem Hintergrund des Römerbriefes keinesfalls in der Lage, das Verhängnis der tiefgreifenden Beziehungsstörung des Menschen zum heiligen Gott irgendwie zu lindern, zu mäßigen oder gar aufzuheben.

 

2.4 Die Lasterkataloge im paulinischen Schrifttum (1 Kor 6,9-11 und 1 Tim 1,9-10)

„Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Lasst euch nicht irrefĂĽhren! Weder UnzĂĽchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben. Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid rein gewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes“ – so im 1. Korintherbrief und ähnlich im 1. Brief an Timotheus. Diese so genannten Lasterkataloge reihen zwischen Ehebrechern und Dieben, bzw. zwischen Totschlägern und Menschenhändlern die „Lustknaben“/„Weichlinge“ und „Knabenschänder“ ein, was auf die im Altertum weitverbreitete Päderastie deutet, bei der ältere Männer mit heranwachsenden Jungen verkehrten. Kritiker (4) wenden ein, dass wegen dieser Bestimmung von Sonderformen homosexuellen Fehlverhaltens auf Grund der beiden Lasterkataloge keine generalisierende Ablehnung der Homosexualität an sich getroffen werden könne. Dieser Einwand bricht unter der genaueren Betrachtung (5) der Ăśbersetzungsunschärfe Luthers jedoch zusammen: „Malakos“ ĂĽbersetzt Luther mit „Weichling“, die Revisionsausgabe der Lutherbibel von 1984 mit „Lustknabe“. Gemeint ist eine Person, die homosexuelle Handlungen an sich ausĂĽben lässt. „Arsenokoites“ ĂĽbersetzt Luther mit „Knabenschänder“. Gemeint ist ein Mann, der mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr hat. Die einen sind die aktiven, jene die passiven Partner des gleichgeschlechtlichen Verkehrs zwischen Männern. Die Aussagen lassen sich also nicht begrenzen auf den Verkehr zwischen Männern und heranwachsenden Knaben. An erster Stelle werden die „UnzĂĽchtigen“ genannt. „Unzucht“ (porneia), die „Unfähigkeit, sich selbst zu zĂĽgeln“ ist ein Grundlaster, dass einen „Sitz im Leben“, nicht in den HĂĽften hat, sondern das vielmehr aus dem Herzen kommt und den Menschen unrein macht (Mk 7,20f; Mt 15,18f). Gemeint ist jede Form geschlechtlicher Kommunikation auĂźerhalb der Ehe, und unter „Ehe“ – das zu betonen, ist heute erforderlich geworden – ist selbstverständlich die „Ehe von einem Mann mit einer Frau“ zu verstehen. Somit ist mit dem Begriff „porneia“ auch das gesamte Feld der Homosexualität entschieden ablehnend beurteilt. So lässt sich zusammenfassend sagen: „Die biblischen Aussagen des AT und NT beurteilen Homosexualität, auch wenn zeit-, religions und rechtsgeschichtliche Bedingungen extrapoliert werden, negativ als ein Verhalten, das nicht sein soll und in der Gemeinde, mindestens fĂĽr andere erkennbar, nicht geduldet werden kann.“ (Friedrich Seegenschmidt (6) Diese Ablehnung kommt verschiedentlich -zum Teil fĂĽr unsere heutigen Ohren in auĂźergewöhnlich drastischer Sprache – zum Ausdruck:

3. Stimmen namhafter Theologen

3.1. Martin Luther: „Wenn einer solchen Leidenschaften verfällt, so ist dies ein Zeichen dafür, dass er Gott den Rücken gekehrt, einen Götzen angebetet und die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht hat.“ (Vorl. über den Römerbrief, übertragen von E. Ellwein. 2. Aufl, München 1928. S. 38)

3.2. Hans Joachim Iwand: „Darum hat sie Gott dahin gegeben. In dem Verfall ist Gottes Hand spürbar, er zwingt die Menschen dahinein, in diesen Schlamm und diese Nacht. Er will sie schmecken lassen, was die Dinge wert sind, die sie anbeten und vergötzen…“(Ausgewählte Predigten, hg von H.-H. Eßer u.H. Gollwitzer, Nachgelassene Werke Bd. 3.München 1967, S. 99)

3.3. Karl Barth: „Die Homosexualität ist eine physische, psychische und soziale Krankheit; das Phänomen von Perversion, Dekadenz und Sittenverfall tritt auf, wenn der Mensch sich der Gültigkeit der göttlichen Verordnung widersetzt.“ (Kirchliche Dogmatik, III/2, Zürich 1955, S.229)

3.4. Helmut Thielicke: Homosexualität – „libido-konditionierte Mißachtung des Nächsten“ – „den anderen Sünden gleichgestellt“ – „auf einer Linie mit dem Götzendienst, vor- und außerehelichem Verkehr, Habsucht, Alkoholismus und Diebstahl“ –„nicht auf einer Ebene mit der normalen geschaffenen Ordnung der Geschlechter“ – vielmehr eine Verzerrung und Entsittlichung der Sexualität“ – „Der Homosexuelle soll seine Neigung nicht bejahen oder gar idealisieren, sondern in Frage stellen und sich um eine ärztliche wie seelsorgerliche Therapie bemühen.“ (The Theologico-ethical Aspect of Homosexuality. In: E. Batchelor (Hg), Homosexuality and Ethics, S. 97).

3.5. Wolfhart Pannenberg: “Die biblischen Urteile über homosexuelles Verhalten sind eindeutig in ihrer mehr oderweniger scharfen Ablehnung, und alle biblischen Aussagen zu diesem Thema stimmen ausnahmslos darin überein.“„In der Gesamtheit des biblischen Zeugnisses wird also die Abwendung des Menschen von Gott besonders eklatant zum Ausdruck gebracht. Dieser Befund setzt dem Urteil einer an die Autorität der Schrift gebundenen Kirche zum Thema der Homosexualität sehr enge Grenzen, zumal die biblischen Aussagen zu diesem Thema das negative Gegenstück zu den positiven Anschauungen über die schöpfungsgemäße Bestimmung des Menschen in seiner Sexualität bilden, so dass es sich also keineswegs um marginale Urteile handelt, die ohne Schaden für die christliche Botschaft im ganzen vernachlässigt werden könnten.“„…eine Kirche, die sich dazu drängen ließe, homosexuelle Betätigung nicht mehr als Abweichung von der biblischen Norm zu behandeln und homosexuelle Lebensgemeinschaften als eine Form persönlicher Liebesgemeinschaft neben der Ehe anzuerkennen, eine solche Kirche stünde nicht mehr auf dem Boden der Schrift, sondern im Gegensatz zu deren einmütigem Zeugnis. Eine Kirche, die einen solchen Schritt tut, hätte darum aufgehört, evangelische Kirche in der Nachfolge der lutherischen Reformation zu sein.“ (Maßstäbe zur christlichen Urteilsbildung über Homosexualität. In: Beiträge zur Ethik, Göttingen 2004, S. 100ff.)

3.6. Trutz Rendtorff: „Umbewertung der Homosexualität – diese AuĂźerkraftsetzung der biblischen Norm fĂĽr den Umgang mit diesem Problemfeld in der christlichen Ethik – kein möglicher und sinnvoll zu begrĂĽndender Weg.“ „Die Reduktion von Normen und ethischen Kriterien auf das Geltenlassen natĂĽrlicher Dispositionen bedeutet eine Bankrotterklärung der Ethik.“

3.7. Ulrich Wilckens: „… zur Rechtfertigung der Sünder gehört nachdem Apostel Paulus entscheidend, dass sich der, der sie im Glauben annimmt, von ganz bestimmten Lebensweisen löst. Selbstverständlich gehört nach dem ganzen Neuen Testament zur „Heiligung“ eines Christen notwendigerweise, sich in seinem Leben von solchem Tun zu distanzieren und in seinem Leben davon freizuhalten. Es kann keine Rede davon sein, es gebe nach der Heiligen Schrift „keine ethische Häresie“. „Manchmal gewinnt man den Eindruck, als sei unter heutigen Christen das Zutrauen im Schwinden, dass Gottes Gebote ihre Wahrheit darin haben, auch modernes Leben vor lebensschädlichen Tiefenwirkungen zu bewahren.“(Gottes Wort ist der alleinige Maßstab, idea-Spektrum 9/2003, S. 22)

4. Das Kirchenwort – die „FĂĽrther Erklärung“ von 1993

Solcher vielfältige, aber eindeutige Schriftbefund trifft auf die vorfindbare Wirklichkeit homosexuellen Denkens, Lebens und öffentlichen Agierens in der Gegenwart. Die so genannte „Fürther Erklärung“ vom Nov. 1993, eine „Stellungnahme der Landessynode zu Fragen der Homosexualität“, spricht in diesem Zusammenhang wiederholt von der Homosexualität als einer „Gegebenheit“. Es war im Entstehungsprozess dieser Erklärung nicht möglich, die federführenden Autoren zum Verzicht auf diesen Ausdruck zu bewegen. Er wurde von den einen wegen seiner sprachlichen Nähe von „Gegebenheit“ zu einer theologisch als unzutreffend zu bezeichnenden vermeintlichen „guten Gabe Gottes“ im Sinne einer Schöpfungsvariante abgelehnt, von den anderen als der inzwischen im deutschen Protestantismus eingeführte Fachbegriff verteidigt. Darin kündigt sich die Entscheidung der Fürther Erklärung zugunsten der normativen Kraft des Faktischen gegenüber dem eindeutig Homosexualität ablehnenden Gesamtbefund der Heiligen Schrift als erklärungs–leitend an. In dem Dilemma, zwischen dem eindeutigem Schriftbefund und der vorfindbaren Wirklichkeit von vielfältig gelebtem homosexuellen Leben (auch im Raum der Kirche) entscheiden zu müssen, griff man auf dem Weg zur Wort-Findung auf ein Kunstmittel zurück, den differenzierten Konsens: „In der Beantwortung dieser Fragen gibt es in Kirche und Theologie unterschiedliche Positionen bzw. Akzentsetzungen. Die einen heben besonders hervor … , die anderen verweisen auf …“. Bei Lehrgesprächen auf dem internationalen ökumenischen Parkett hatte das Mittel des differenzierten Konsenses in den zurückliegenden Jahrzehnten tatsächlich erfreulich Bewegung im Sinne der Annäherung konfessioneller Standpunkte ermöglicht. Für die innerkonfessionelle Meinungsbildung in zentralen Fragen der Lehre und des Lebens allerdings bleibt dieses Mittel ungeeignet, weil dem Bekenntnis verpflichtet davon auszugehen ist, dass die erhellende Kraft der Schrift als dem lebendigen Wort Gottes (viva vox) – unbedingt – zuzutrauen ist, dass sie zu Klarheit in Lehre und Leben verhilft (7). Der Erklärungsnotstand der evangelischen Kirche in zentralen Fragen von Lehre und Leben offenbart sich als Krise der Gegenwartstheologie, deren Vertrauen in die Lebendigkeit des göttlichen Wortes offensichtlich gebrochen ist (8), (9).

5. Der anthropologische Sachverhalt

Welches ist aber die „Gegebenheit“, vor der die evangelischen Kirchen in Deutschland seit zwei Jahrzehnten zunehmend in Erklärungsnotstand geraten?

5.1. Forschungsrichtungen

Hatte man noch in den 60er Jahren drei unterschiedliche Erklärungsmodelle für Homosexualität angenommen, nämlich:- biologisch orientierte Theorien (HS beruhe auf erfahrungsunabhängigen biologisch-genetischen Gegebenheiten),- psycho-sozial orientierte Theorien (HS sei umweltbedingt, also erfahrungsabhängig, und werde erworben),- Konvergenztheorien (der HS liege eine biologische Disposition zu Grunde, deren Realisierung umweltabhängig sei), so setzt sich seit den 70er Jahren in Folge der Zwillingsforschung die Erkenntnis durch:- „Die Psychologen werden sich einig darüber, dass der homosexuelle Mensch nicht geboren, sondern gemacht wird.“ (L. Hatterer)- „Die genetische Theorie der Homosexualität ist heute allgemein verworfen.“ (Masters und Johnson).- „Erbliche und hormonelle Einflüsse scheiden nach dem augenblicklichen Stand der Erkenntnis als Entstehungs- und Steuerungsfaktoren aus.“ (Naujokat) Dennoch wird zuweilen auch heute die Annahme vertreten, dass Homosexualität auf einer frühen hormonellen Dysfunktion als Reifungsstörung beruhen könnte. In solchen eher sehr seltenen Fällen kann die Identifikation mit dem eigenen Geschlecht jedoch mit gezielten Hormongaben behutsam angebahnt werden.

5.2 Forschung und Berichterstattung

In den Jahren von 1970 bis 1995 haben sich die Forschungsaktivitäten auf Grund des starkerwachten gesellschaftlichen Interesses auffällig verdichtet. Das Medieninteresse allerdings war fast ausschließlich auf solche Ergebnisse gerichtet, die eine irgendwie biologische Bedingtheit der Homosexualität belegen können sollten. Dafür signifikant ist ein journalistisches Kettenereignis des Jahres 1993, dem Jahr der Fürther Erklärung:

– November 93: Verabschiedung der FĂĽrther Erklärung

– Sept.- Okt. 93: Entwurf der FĂĽrther Erklärung und innersynodaler Beratungsprozess.

– August 93: Das Magazin DER SPIEGEL bringt die Titelreportage vom (behaupteten) Erweis der genetischen Bedingtheit der HS.

FrĂĽhsommer 93: Die Vorlage dazu gab das amerikanische Magazin NEWSWEEK.

FrĂĽhling 93: NEWSWEEK bezog sich wiederum auf Publikationen in dem amerikanischen Wissenschaftsmagazin SCIENCE.

Winter 92/93: Der New Yorker Forscher LeVay stellte seine Ergebnisse zur Gehirnforschung zur Verfügung, die SCIENCE kommentierend aufnahm. Worum ging es? LeVay (10) und seine Forschergruppe hatten in den 80er Jahren die Gehirne von 41 menschlichen Leichen untersucht, darunter von 18 homosexuellen Männern. LeVay fand heraus, dass die so genannten „Kerne“ (INAH3) im Mittelhirn (Hypothalamus), die bei Männern normalerweise deutlich größer sind als bei Frauen, allerdings bei den untersuchten homosexuellen Männern mit denen von Frauen in gleicher Größe waren. Auf dem Weg des journalistischen Informationstransports wurde daraus allmählich die Behauptung des wissenschaftlichen Erweises der genetischen Bedingtheit von Homosexualität, die LeVay später heftig bestritt, jemals intendiert zu haben. Kontrollforschungen konnten diesen Zusammenhang auch nicht belegen. Und LeVays eigene weiterführende Forschungen führten zu der Erkenntnis: Nicht in der auffälligen Größe dieser INAH-3-Kerne liege HS – sozusagen genetisch – begründet, sondern umgekehrt: Eine fortgesetzte homosexuelle Lebensweise hätte Rückwirkungen auf die Ausprägung des Gehirns, insofern als dadurch diese „Kerne“ sich parallel zu anderen Erfahrungen permanent abweichender Lebensweise (LSD, Alkohol) deutlich verkleinerten. Interessanterweise ist die Verwechslung von Ursache und Folge im Umfeld der naturwissenschaftlichen Forschung um die Bedingtheit von Homosexualität in dieser Zeit ein häufig anzutreffendes Phänomen, was die journalistische Verarbeitung als interessegeleitet – oder ist nicht korrekter zu sagen: als ideologiebesetzt?– entlarvt.

5.3 Die Ätiologie der Homosexualität

Wie aber kann das Zustandekommen (Ätiologie)von HS erklärt werden? Die von dem niederländischen Psychotherapeuten van Aardweg weltweit gesammelten und schon 1985 erstmals bereit gestellten Studien zur Homosexualität aus 10 voneinander unabhängigen Forschungsinitiativen erbringen verblüffend übereinstimmende Erkenntnisse (11): „Die (gestörte) Familie ist der Architekt der Homosexualität.“ (Bieber (12) In späteren Jahren (meist zwischen dem 12.und 17. Lebensjahr) sich artikulierende Gleichgeschlechtlichkeit beruht auf massiver Verletzung der noch sehr plastischen Seele eines jungen Menschen in seiner frühen Kindheit. Ein Kind, das in seiner Reifung ganzheitlich auf Vater und Mutter und deren gesunde Beziehung zueinander angewiesen ist, kann erhebliche Entwicklungsstörung in seiner Identitätsbildung erfahren, wenn einer der beiden Elternteile (oder beide) nicht wirklich in seiner jeweiligen Geschlechterrolle „zu Hause“ ist. Das löst eine tiefe Sehnsucht aus. „Wir können“– so der Therapeut und Seelsorger Markus Hofmann – „die lebensgeschichtlichen Zusammenhänge nur verstehen, wenn wir uns zunächst die Funktion von geschlechtlicher Identität verdeutlichen. Sie ist die Instanz im Menschen, die ihm hilft,- sich als Mann oder Frau in einem Körper zu erleben (core gender identity),- sich als Mann oder Frau bestätigt zu fühlen (gender identity),- sich als Mann oder Frau mit männlicher oderweiblicher Kraft zu empfinden (genitale Vollwertigkeit). Identität funktioniert dabei wie ein Sicherheitsgefühl. Wenn es vorhanden ist, ist es kaum zuspüren und zu beschreiben. Wird es aber diffus empfunden oder ist es verloren gegangen, dann sehnt man sich danach zurück oder versucht alles, um diese Sicherheit wieder herzustellen. Diese Sicherheitsinstanz, die uns darüber Auskunft gibt, wer wir sind, ist etwas, das wir in unserem Leben im Dialog mit der Umwelt langsam aufbauen. Für den Mann und die Frau ist dabei der Dialog mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil und in der Gruppe der gleichgeschlechtlichen Altersgenossen von großer Bedeutung. Wird dieser Dialog … erschwert oder verhindert, dann können sich die Sicherheit und die Gewissheit, Frau oder Mann zu sein, als eigenes inneres Bewusstsein nur schwer aufbauen. „Was bleibt, ist ein diffuses Gefühl von Identität, das meist große Angst, Unsicherheit, Minderwertigkeit und Hunger nach Bestätigung und Selbstvergewisserung nach sich zieht. Dieser in der Lebensgeschichte verankerte Hunger führt letztlich dazu, dass Betroffene versuchen, mittels illusionärer Sexualität diesen zu stillen.“ (13)

5.4 Die Muster für Störungsabläufe sind vielfältig verschieden.

In – der KĂĽrze halber –  sehr grober Vereinfachung seien einige beispielhaft hier angedeutet:

1) Benny wächst in einer vaterlosen Familie auf. Seine Mutter hat das Kind nicht gewollt und findet kein Verhältnis zu ihm. Sie ist sehr viel von zu Hause abwesend und verhält sich zu ihm emotional distanziert. Das Verlangen nach Liebe und Zärtlichkeit des Kindes wehrt sie mit Zeichen des Ekels und der Lästigkeit ab. Benny wird überwiegend von seinem großen Bruder Ralf betreut. Ralf ersetzt weithin zugleich Vater und Mutter. Ralf ist außerordentlich zärtlich zu Benny. Benny lernt: Es ist gut, ein kleiner Junge zu sein. Da werde ich vom großen Ralf umsorgt und geliebt. Als Benny 15-jährig erfahren muss, dass Ralf aus dem Familienverband wegzieht, wünscht er sich einen Ralf-Ersatz; eine ruhelose Suche nach ralf-ähnlichen jungen Männern setzt ein. Wenn er auf solche trifft, versucht er sie zu umwerben und an sich zu fesseln.

2) Die 22-jährige Gerda hatte nach jeweils schnellem Scheitern von Jung-Männer-Bekanntschaften und ständigem Unglücklichsein in Beziehungssachen den Rat bekommen, eine Therapeutin aufzusuchen. Diese filtert in einer der vielen Sitzungen das Faktum des wiederholten kleinkindlichen sexuellen Mißbrauchs durch ihren Vater heraus. Gerda hatte diese Vorgänge verdrängt. Sie durchleidet den Schmerz ihrer Kindheit erneut heftig und findet Trost in der Umarmung einer Freundin, die sie stark an ihre inzwischen verstorbene Mutter erinnert. Gerda verliebt sich in die Freundin.

3) Paul ist Zwillingsbruder von Peter. Ihr Vater ist kleinwĂĽchsig, arbeitslos, Alkoholiker. Die Mutter „schmeiĂźt den Laden“. Sie beschafft das Familieneinkommen und fĂĽhrt den Haushalt mit einem straffen Regiment, nicht immer gut organisiert, mit gewaltigem Auftreten und harschen, oft sehr unberechenbaren Anweisungen. Diesem Regiment beugen sich alle, der Vater und auch drei weitere Kinder. Paul hat im Alter von 3 bis 8 mit einer sehr schweren Bronchialerkrankung zu tun, die ihn auch emotional stark belastet und in seiner körperlichen und seelischen Entwicklung zurĂĽckwirft. Aus der 1. Klasse wird er, weil er den Belastungen nicht gewachsen ist, zurĂĽckgestellt. In diesen labilen Jahren mit vielen Krankenlagern erlebter – er mehr als Peter – den Vater hautnah als völligen Versager. Sein Zwillingsbruder lernt in dieser Zeit, sich ĂĽber Widerwärtigkeiten hinweg- und im Leben durchzusetzen. An ihm kann sich Paul nicht messen. Persönliche Stärke erlebt Paul erst später, nämlich in der intimen Gemeinschaft mit gepflegten, sicher auftretenden freundlichen jungen Männern, von denen er fasziniert ist und mit denen er sich identifiziert.

5.5 Erkenntnisse aus der Biographiearbeit

Solche und eine inzwischen unüberschaubar umfangreiche Sammlung von Dokumenten aus der internationalen Biographiearbeit belegen, dass die angebliche „Gegebenheit“ der männlichen wie der weiblichen Homosexualität in Wahrheit nur als ein „Gewordensein“ verstehbar ist. Ein Satz wie dieser: „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt“ (Katholischer Katechismus, 1993), ist nicht mehr auf der Höhe der Erkenntnis, wenn man mit „veranlagt“ die Vorstellung von unwiderruflicher Vorgegebenheit verbindet. Im gleichen Jahr (1993, dem Jahr der Fürther Erklärung) ist aus dem Mund des Fachmanns zu hören: „Man darf allgemein feststellen, dass aus neueren psychiatrischen Erkenntnissen Homosexualität als eine „narzisstische Neurose“, das heißt als eine im Wesen „frühe Störung“ aufzufassen ist. Hierunter versteht man eine Entwicklungsstörung, die vor allem das Körperbild und damit verbunden die Geschlechtsidentität des Mannes oder der Frau störend beeinträchtigt. Hinzu kommen die Störungen wichtiger Ich-Funktionen. Es handelt sich also um eine Form von Pathologie, das heißt einer krankhaften Störung, die im Wesen behandlungsbedürftig ist.“ (Erwin Scharrer, Klinik Hohe Mark) Die Milieus und deren auslösende Faktoren sind durchaus verschieden. Auch kann nichtbestätigt werden, dass bei Vorliegen gewisser Faktoren zwangsläufig die Ausbildung von HS zu erwarten ist. Ferner belegt die Zwillingsforschung (wie im Fall von Paul und Peter), dass zur Genese von HS in die Beziehungsstörungen desselben Milieus noch weitere labilisierende Faktoren (bei Paul die chronische Erkrankung) einwirken, ehe sich der Hang zur Gleichgeschlechtlichkeit zu festigen imstande ist. Aber offensichtlich stellt sich das gestörte Beziehungsdreieck von Vater, Mutter und Kind mit extremen Ausprägungen der Geschlechterrolle eines oder beider Elternteile als konstitutiv dafür dar, dass das Identifikationslernen des Kindes – als Persönlichkeit beheimatet in seinem eigenen (biologischen) Geschlecht zu sein – behindert ist. HS ist somit eine Identifikationsstörung der gesamten Person mit Auswirkungen auf verschiedene Persönlichkeitsbereiche, vor allem mit sehr starken Auswirkungen auf den hochsensiblen Bereich des Sexualverhaltens. Die Ausprägung der homosexuellen Neigung selbst kann bei unterschiedlichen Menschen dabei verschieden stark sein.

6. Die Aufgabe der Seelsorge

6.1 Der Weg der Seelsorge

Wenn die Weltgesundheitsbehörde (WHO) seit ihrer damaligen Präsidentin Buntland (90-er Jahre) bei Homosexualität nicht von Krankheit spricht, dann gibt es im Blick auf die gesellschaftliche Stellung von Betroffenen dafür gute Gründe. Erschwert allerdings wird dadurch das Bewusstsein für Veränderbarkeit. Veränderung– von Homoaktivisten gelegentlich als menschenverachtender unmöglicher Versuch zur „Umpolung“ diffamiert – setzt allerdings den Willen zur Veränderung und zur Geduld voraus. Unter diesen Voraussetzungen kann der therapeutische Weg zur Veränderung gesucht und verantwortet werden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, sind die Aussichten auf eine Besserstellung bis hin zur völligen „Ausheilung“ sehr gut. Menschen, die Veränderung von der Homosexualität zur Heterosexualität gesucht und erlebt haben, berichten übereinstimmend von einem intensiven und auch schmerzvollen seelischen Prozess, den sie in der Regel über mehrere Jahre durchschritten haben.

6.2 Der Ansatzpunkt der Seelsorge

Wenn HS auf frühkindlichen seelischen Verletzungen aufbaut, gehört sehr viel Mut dazu, sich diesen schmerzhaften Aspekten der eigenen Biographie zuzuwenden und über emotionale Verwundungen zu trauern. Veränderung ist nicht möglich, wenn ein Mensch sich nicht diesen tiefer liegenden, emotionalen Bedürfnissen stellt. Für diejenigen, die dagegen ihre Homosexualität ausleben, wird homosexueller Sex – so z.B. die Experten Socarides und Dannecker – gerade eingesetzt, um den seelischen Schmerz zu betäuben. Nach Socarides wird homosexueller Sex dann gebraucht, um schmerzhafte innerpsychische Faktoren emotional zu neutralisieren. Und Professor Dannecker, der sich selbst zur Homosexuellenbewegung zählt, schreibt, dass homosexueller Sex im Wesentlichen der „Aufrechterhaltung der narzisstischen Homöostase (=Gleichgewicht) diene.“ „Bei der Homosexualität würden sexuelle Kontakte gleichsam einspringen, um das gestörte psychische und narzisstische Gleichgewicht wieder auszubalancieren.“ (ChristelVonholdt (14)

6.3 Das Angebot der Seelsorge

Seelsorge steht jedem offen und bietet sich jedermann als personale Liebe Gottes in seinen Dienern an seinem Volk. Sie kennzeichnet hohe Empathie, große Geduld, Kenntnis über Auftrag und Ziel. Seelsorge ist angewandte Verkündigung in den sehr konkreten Lebenssituationen und ist auf dasselbe Ziel wie alle Verkündigung ausgerichtet: Teilhabe am Reich Gottes, das unter uns angebrochen ist, schon jetzt und auf Zukunft durch Zueignung des Evangeliums von Jesus Christus. Kompetente geduldige Seelsorge, die an den familien-biografischen Verletzungen verbunden mit personalen Fehlprägungen und Reifungsbehinderungen ansetzt, hat große Aussicht auf Wiederherstellung ganzheitlicher Identität –wie die zahlreichen Erfahrungen mit den alternativen Coming-Outs zeigen (15).

6.4 Das Ergebnis der Seelsorge

Wenn Seelsorge zu ihrem Ziel kommt, wird das von Betroffenen als Befreiung, als Wiederherstellung, als Stimmigkeit mit sich selbst, dabei auch als Befähigung und Neigung zu heterosexueller Liebe erfahren (zahlreiche ehemalige Homosexuelle gründen Familien). Schon in der Anfangszeit (vor 25 Jahren) der ganzheitlichen Seelsorge mit homosexuellen Menschen erreichte die Dessert-Stream-Bewegung in Kalifornien Veränderungsquoten von über 60% der Veränderungswilligen (festgestellt nach 2-jähriger intensiver Begleitung und anschließender Stabilisierungsphase von 5 Jahren) (16). Daraus folgt: Die Kirche ist aufgefordert, zu „therapeutischer Seelsorge im Sinne von Freisetzung“ ihr Personal zu qualifizieren, Seelsorger und Seelsorgesuchende dazu zu ermutigen und diese Seelsorge als eine klassische Seelsorgeform öffentlich anzuerkennen, zu fördern und selbst zu praktizieren.

7. Der Personenkreis

7.1 Häufigkeit von homosexueller Selbsteinschätzung

Die bisher repräsentativste Studie zur „Erfassung von sexueller Orientierung und Prävalenz von Homosexualität und Bisexualität“ wurde initiiert von Christoph Wagner und als so genannte Eurogay-Studie von EMNID im März 2001 durchgeführt. Sie kommt zu folgen dem Ergebnis:

– homosexuelle Selbsteinschätzung von Männern: 1,3% der männlichen Bevölkerung

– bisexuelle Selbsteinschätzung 2,8% der Männer, 2,5% der Frauen

– homosexuelle (lesbische) Selbsteinschätzung von Frauen: 0,6% der weiblichen Bevölkerung

Bemerkenswert ist

a) der vergleichsweise hohe Anteil von Personen, die sich nicht als festgelegt sehen, sondern sich selbst als bisexuell empfindend einordnen,

b) die niedrige Zahlenangabe zu jenem Personenkreis, der sich eindeutig auf homosexuelle Selbst-Einschätzung festgelegt hat: Gemessen an der breiten publizistischen Thematisierung der letzten Jahre, u.a. auch zur Rechtfertigung des „Lebenspartnerschaftsgesetzes“, handelt es sich um eine sehr kleine Zahl.

7.2 Häufigkeit der Registrierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften

Die skandinavischen Länder, die die staatliche Regelung nach einem Partnerschaftsgesetz früher als Deutschland (vor 2000) einführten, weisen nach einer von der Deutschen Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie des Max-Planck-Instituts folgenden Häufigkeitswert auf:

– 0,76 % aller Schwulen und Lesben lieĂźen ihre Partnerschaft staatlich registrieren.

– Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ergibt sich ein Wert von 5.910 Personen.

– Dieser Wert wĂĽrde auf die Mitgliederzahl der Bayerischen Landeskirche bezogen einen Wert von 190 Personen ergeben, die evangelisch und in Bayern eine eingetragene Partnerschaft eingegangen sind.

– Davon gehören einige der landeskirchlichen Pfarrerschaft in Bayern an. Auf diesen Personenkreis bezieht sich die Eingabe 68 der beiden MĂĽnchener Dekanatssynoden um eine Neuregelung des Pfarrerdienstrechtes.

7.3 Risiken gleichgeschlechtlicher Partnerschaften

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften stehen dabei offensichtlich unter erheblich erhöhten Risiken: Eine Partnerschaft unter homosexuellen Männern dauert im Durchschnitt nur 1,5Jahre – und in dieser Zeit hat jeder der beiden Partner rund zwölf weitere Sexualpartner (acht pro Jahr). Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Maria Xiridou, Amsterdam (17). Dieser Befund wird von einer amerikanischen Langzeitstudie bestätigt, die feststellt, dass unter 156 homosexuellen Paaren keines zu finden war, das sich länger als fünf Jahre sexuell treu war, was in etwa bereits 1999 das auflagenstärkste deutsche Homosexuellen-Magazin „Du & Ich“ mit seiner Aussage bestätigte, dass 94% aller „Männer-Ehen“ nicht länger als ein halbes Jahr dauerten. Neun von zehn Freundschaften scheiterten an belanglosen Alltagsschwierigkeiten. (18)

Die Suizidrate ist bei gleichgeschlechtlichlebenden Menschen um ein Vielfaches höher als bei heterosexuellen Menschen, und das auch bei Homosexuellen in registrierten Partnerschaften, nämlich dort immerhin fast 8mal so hoch, wie eine neuere Studie aus Dänemark vom Dezember 2009 belegt, wobei der Erhebungsraum Dänemark mit seiner ausgewiesenen Liberalität und seit Jahrzehnten eingeübten hohen Toleranz insofern bemerkenswert ist, als damit der alte und immer noch oft hartnäckig erhobene Vorwurf zusammenbricht, die höhere Suizidalität von homosexuell lebenden Männern sei der Diskriminierung durch die Gesellschaft geschuldet.

„Anatomie und Verletzungsgefahr beim Geschlechtsverkehr mit konsekutiver Verbreitung von Geschlechtskrankheiten belegen die WidernatĂĽrlichkeit von HS. Die Sexualorgane des Menschen sind … eindeutig fĂĽr definierte Formen des Geschlechtsverkehrs (Mann-Frau) angelegt. Der nichtnatĂĽrliche homosexuelle Geschlechtsverkehr fĂĽhrt dementsprechend durch die damit verbundene hohe Verletzungsgefahr zu gefährlichen Geschlechtskrankheiten.“(19) Die Verbreitung von HIV und Aids – seit Jahren auf hohem Niveau – und die neuerdings enormen Steigerungsraten von Syphilis und des Hepatitis B-Virus gehen fastausschlieĂźlich auf homosexuelle Praxis zurĂĽck.(20 Wegen der extrem hohen Promiskuität homosexueller Menschen, auch von solchen, die in eingetragenen Partnerschaften leben (21), sind– statistisch gesehen – Paare in eingetragenen Partnerschaften von dieser Problematik nicht auszunehmen, wobei von dieser Aussage der kleine Teil lesbischer Partnerschaften weniger betroffen ist.

8. Wahrheit, Wirklichkeit und Mythos

8.1 Beweislage und Urteilsbildung

Für Christen bedarf es keiner naturwissenschaftlichen oder statistischen Beweislage, um zu sittlichen Urteilen zu kommen. Sie sind dem Willen des Gottes verpflichtet, der sich als Freund der Menschen und des Lebens zu deren Wohl und Heil offenbart. Sollte man sich aber der Stringenz biblisch-theologischer Reflexion nicht sicher sein, dann mag seriöse biologische Forschung und der unverstellte Blick auf die vorfindbare Realität homosexueller Existenz verstehen helfen: Die im biblischen Befund konzentriert ausgesprochene Wahrheit ist durch die vorfindbare empirisch feststellbare Wirklichkeit bestätigt. Es ist somit kein Konflikt zwischen Wahrheit und Wirklichkeit auszuhalten, wenn Homosexualität für die christliche Gemeinde grundsätzlich abzulehnen ist.

8.2 Homosexualität und Mythos

Wird Gegenteiliges behauptet, so steht dies unter Ideologieverdacht agiler Interessenverbände mit starkem Durchsetzungswillen undf ördert die Mythenbildung, z.B.- den Mythos, Homosexualität sei normal und biologisch festgelegt,- den Mythos, Homosexuelle könnten sich nicht ändern; wenn sie es versuchten, führte das zu starker seelischer Belastung bis zur Selbstmordgefährdung, weshalb auf Behandlung, die darauf abziele, Homosexualität zu verändern, verzichtet werden müsse;- den Mythos, wir müssten unsere Kinder lehren, dass Homosexualität ein der Heterosexualität gleichwertiger Lebensstil sei und man müsste Teenager fördern, ihre evtl. auftretenden homosexuellen Gefühle als normal anzunehmen und auszuleben.

8.3 Homosexualität und Identität

Der sich oft als emanzipatorisch gebärdende Kampf um die homosexuelle Gleichstellung ist Ausdruck der Identitätsproblematik vieler, durchaus nicht aller, Betroffener. Er ist Ausdruck der ewig ungestillten Sehnsucht nach ErfĂĽllung. Was die Gesellschaft auch an Rechtsstellung anbietet – HS sei keine Krankheit (Therapien also bei Krankenkassen nicht abrechnungsfähig),- staatliches Partnerschaftsgesetz,- völlige Gleichstellung mit der Ehe,- Adoptionsrecht fĂĽr homosexuelle Paare,- gesetzlich erlaubte Pädophilie auf der Voraussetzung wechselseitigen Einvernehmens,- Vaterschaft aus Spermienmix eines homosexuellen Paares- kirchliche Paarsegnung,- Trauung,- Zusammenleben im Pfarrhaus.- …. -es wird nicht ausreichen, weil Stillung nicht auf dem Weg der Ăśberwindung vermeintlich rechtlicher Behinderung zu finden ist, sondern im Wesen der HS als permanenter Identitätskrise liegt. Daraus ergibt sich notwendigerweise der Appell an die Verantwortlichen der Kirche, den die Ă„rztin Christl R. Vonholdt so formuliert: „Eine Kirche, die Verantwortung fĂĽr die Zukunft und fĂĽr die nächste Generation ĂĽbernehmen will, kann an diesen Fakten nicht vorbei. Sie muss sich immer wieder die Frage stellen, was Homosexualität eigentlich ist. … Wenn Homosexualität auf tiefen seelischen Verletzungen beruht, wird die Kirche an den Betroffenen schuldig, wenn sie homosexuelle Partnerschaften segnet, denn sie trägt damit dazu bei, dass seelische Verletzungen nicht heilen können, sondern betäubt und zementiert werden. Wenn Homosexualität nicht eine neue Norm, sondern doch eine Abweichung von der Norm ist, wird die Kirche an der nächsten Generation schuldig, wenn sie homosexuelle Partnerschaften segnet, denn sie fĂĽhrt damit unseren Kindern etwas als „gut“ und d.h. auch als nachahmenswert vor Augen, was niemals gut sein kann.“ (22)

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 27. August 2010 um 23:37 und abgelegt unter Gemeinde, Gesellschaft / Politik, Seelsorge / Lebenshilfe, Sexualethik, Theologie.