Gemeindenetzwerk

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Eine Frage der Liebe Teil II

Freitag 27. August 2010 von Arbeitskreis Bekennender Christen Bayern


Arbeitskreis Bekennender Christen Bayern

9. Die kirchliche Ordnung und das staatliche Recht

9.1. Amtsgerechte LebensfĂŒhrung: Ehe oder Ehelosigkeit

Zur Darstellung kirchenrechtlicher Aspekte sei hier der Hannoveraner Kirchenrechtler Rainer Mainusch zitiert (23): „Die Frage nach der dienstrechtlichen ZulĂ€ssigkeit gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von Pfarrern betrifft zwar nur eine zahlenmĂ€ĂŸig sehr kleine Minderheit von Personen. Sie hat aber in den letzten 20 Jahren wiederholt zahlreiche Synoden und an Hand zweier FĂ€lle aus der Ev.-Luth. Landeskirche Hannovers auch die kirchlichen Gerichte beschĂ€ftigt.“ „Die Regelungen der Pfarrergesetze ĂŒber die Verpflichtung zur amtsgerechten LebensfĂŒhrung werden im Allgemeinen so interpretiert, dass bei Pfarrern die Ehe als einzige legitime Form des Zusammenlebens gilt. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften von Pfarrern sind folglich dienstrechtlich unzulĂ€ssig. Normativ verstĂ€rkt wird diese Auslegung der allgemeinen LebensfĂŒhrungspflicht in denjenigen Pfarrergesetzen, die wie etwa das Pfarrergesetz der VELKD zusĂ€tzlich eine besondere Dienstpflicht zur amtsgemĂ€ĂŸen LebensfĂŒhrung in Ehe und Familie enthalten.“

9.2. Pfarrerdienstrecht: Gebunden an Schrift und Bekenntnis

„Aus der Sicht des Pfarrerdienstrechts bleibt lediglich festzustellen, dass die Frage nach der sozialethischen Bewertung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften und in ihrem Gefolge auch die Frage nach der dienstrechtlichen Bewertung solcher Lebensgemeinschaften bei Pfarrern durch einen eindeutigen Schriftbezug gekennzeichnet ist. Die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen einer VerĂ€nderung dieser Bewertung stellt sich also als eine Frage nach der Bindung des Pfarrerdienstrechts an Schrift und Bekenntnis dar.“ Dabei ist zu beachten: „
 nicht nur die kirchliche Gesetzgebung, sondern auch die Auslegung kirchenrechtlicher Normen ist an Schrift und Bekenntnis gebunden.“

9.3. Unterschiedlich begrĂŒndet: Staatliches und kirchliches Recht

„Durch die Bindung an Schrift und Bekenntnis unterscheidet sich das kirchliche Recht vom staatlichen Recht. FĂŒr die Kirchen besteht daher aus ihrem eigenen Recht heraus keinerlei Notwendigkeit, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften von Pfarrern nur deswegen zu akzeptieren, weil das staatliche Recht derartige Gemeinschaften auf Grund des Lebenspartnerschaftsgesetzes nunmehr ausdrĂŒcklich anerkennt und der Ehe weitgehend gleich stellt. Dies gilt umso mehr, als das jetzt geltende Recht erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass dieses Recht von den evangelischen Kirchen im Gesetzgebungsverfahren abgelehnt wurde.“ „Auch das staatliche Recht verpflichtet die Kirchen nicht zu einer Anpassung an die neue staatliche Rechtslage. Auf Grund des grundgesetzlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts können die Kirchen in ihrem Dienstrecht vielmehr frei bestimmen, welche Anforderungen sie an ihre Mitarbeiter stellen und welche Rechte und Pflichten diese Mitarbeiter im Einzelnen haben.“ (24) „Die Freiheit zur eigenstĂ€ndigen Ausgestaltung des Dienstrechtes umfasst auch die Freiheit, LoyalitĂ€tspflichten im Bereich der persönlichen LebensfĂŒhrung festzusetzen. Dies gilt grundsĂ€tzlich fĂŒr alle Mitarbeiter, erst recht aber fĂŒr Pfarrer.
 Das europĂ€ische Recht lĂ€sst diese Freiheiten unberĂŒhrt. Art. 9 der EuropĂ€ischen Menschenrechtskonvention, der nach Art. 6 Abs.2 des Vertrages ĂŒber die EuropĂ€ische Union vom 7. Febr. 1992 Teil des Rechts der EuropĂ€ischen Union ist, schĂŒtzt auch die Kirchen als VerbĂ€nde, und er schĂŒtzt im Ergebnis das kirchliche Selbstbestimmungsrecht in der Gestalt, die es in Deutschland insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat.“

9.4. Magnus consensus: Demokratie und Wahrheitsfindung

„Mit den Hinweisen auf die Bindung an Schrift und Bekenntnis und die UnabhĂ€ngigkeit des kirchlichen vom staatlichen Recht ist die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen einer VerĂ€nderung in der dienstrechtlichen Bewertung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von Pfarrern noch nicht beantwortet. Denn Schrift und Bekenntnis bedĂŒrfen der Interpretation und sind in ihrem VerstĂ€ndnis nicht unwandelbar. Auch das VerstĂ€ndnis des biblischen Zeugnisses in Bezug auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften kann sich daher grundsĂ€tzlich verĂ€ndern. Nach allgemeiner Ansicht kann eine solche VerĂ€nderung jedoch erst dann auf die dienstrechtliche Bewertung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von Pfarrern durchschlagen, wenn die unterschiedlichen Bewertungen homosexueller Praxis und gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften sich einander so angenĂ€hert haben, dass sie mit einander vereinbar sind. Diese Konsensbildung ist nicht nur ein Gebot kirchenpolitischer Vernunft. Sie stellt vielmehr eine kirchenrechtliche Notwendigkeit dar.“„Um solche Prozesse in ihrer nichtjuristischen Eigengesetzlichkeit zu schĂŒtzen, muss sich das Kirchenrecht auch bei der damit zusammenhĂ€ngenden Änderung rechtlicher Regelungen zurĂŒck nehmen und auf eine Anwendung der normalen Mehrheitsregel verzichten. An die Stelle einer Mehrheitsentscheidung muss der magnus consensus im Sinne von Confessio Augustana, Art. I treten, also die ĂŒberzeugte Zustimmung jedenfalls der weitĂŒberwiegenden Mehrheit. Erforderlich ist eine einmĂŒtige, aber nicht unbedingt einstimmige Entscheidung
. . Eine erhebliche Zahl von Nein-Stimmen und Enthaltungen spricht gegen einen Konsens, selbst wenn eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wird. Auch vereinzelte Gegenstimmen, denen ernsthafte, auf Schrift und Bekenntnis gestĂŒtzte Bedenken zu Grunde liegen, können einen Konsens in Frage stellen.“„Weil die evangelische Kirche kein institutionalisiertes Lehramt kennt, kann der magnus consensus außerdem nicht nur in den zur Gesetzgebung berufenen kirchenleitenden Organen festgestellt werden; vielmehr mĂŒssen alle kirchenleitenden Organe daran mitwirken. Mit RĂŒcksicht auf das Priestertum aller GlĂ€ubigen mĂŒssen darĂŒber hinaus alle Kirchengemeinden, Kirchenkreise und die Pfarrerschaft Gelegenheit erhalten, ihre Bedenken vorzutragen und zur Diskussion zu stellen. Auch eine Beteiligung der Theologischen FakultĂ€ten erscheint sinnvoll. Schließlich muss eine Entscheidungi m ökumenischen Kontext abgestimmt werden.“ (25)

9.5. GegenwÀrtige Rechtslage: VerÀnderung oder Konstanz?

Die Überlegungen zu den Möglichkeiten und Grenzen einer VerĂ€nderung in der dienstrechtlichen Bewertung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von Pfarrern Ă€ndern nichts an der gegenwĂ€rtigen Rechtslage. Nach dieser Rechtslage sind, wie gezeigt wurde, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften von Pfarrern eindeutig unzulĂ€ssig. Die einschlĂ€gigen Regelungen sind geltendes Kirchenrecht, das nicht im Widerspruch zu Schrift und Bekenntnis steht und darum von allen Normadressaten „ohne SĂŒnde“ (CA XV) eingehalten werden kann und eingehalten werden muss“.(R. Mainusch) Wenn nun die Eingabe 68 der beiden MĂŒnchener Prodekanatssynoden auf- die FĂŒrther ErklĂ€rung,- auf den rechtlichen Aspekt der Gleichstellung und- auf das europĂ€ische Antidiskriminierungsgesetz abhebt, so ist dazu auf Grund der bisherigen Erörterung zu sagen:

9.5.1 Revisionsbedarf?

Bisher wurden kirchliche ErklĂ€rungen wegen ihrer behaupteten historischen DignitĂ€t als nicht revisionswĂŒrdig befunden (so z.B. die „Rosenheimer ErklĂ€rung zum Schutz des ungeborenen Lebens“ von 1991, trotz unterschiedlicher Versuche der RĂŒcknahme, ihrer Überarbeitung, auch ihrer lediglich konsensfĂ€higen interpretierenden ErgĂ€nzung). Dagegen steht allerdings die biblische Aussage „Wir sind allzumal SĂŒnder und mangeln des Ruhms 
“ (Röm 3,23). Das gilt fĂŒr den einzelnen Menschen wie fĂŒr ganze KirchentĂŒmer. RevisionsbedĂŒrftigkeit eignet uns grundsĂ€tzlich. Die reformatorische Erkenntnis „Auch Konzilien können irren“ (Martin Luther) erklĂ€rt den Bußakt fĂŒr konstitutiv fĂŒr kirchliche Existenz. Buße kann aber nur eine RĂŒckfindung zur geoffenbarten Wahrheit Gottes bedeuten, nicht eine Wegentwicklung davon. Ein Umdenken (metanoia = Buße) im Sinne des gesellschaftlich WĂŒnschbaren oder politisch Geforderten oder zeitgeistig Chiquen brĂ€chte eine Kirchenleitung in Gegensatz zu ihren eigenen Grundlagen. So entfremdete eine Kirche sich ihrer selbst. Die FĂŒrther ErklĂ€rung von 1993 ĂŒberschreitet in der Position des liberalen FlĂŒgels m.E. bereits den Bekenntnisrahmen, insofern als sie „im individuell-seelsorgerlichen Bereich eine segnende Begleitung homophiler Menschen in ihrer Partnerschaft fĂŒr möglich“ hĂ€lt, wo doch eine Kirche keinen Segen anbieten kann, der nicht von Gott gestiftet wĂ€re. Homosexuelle Lebensform, natĂŒrlich auch die paarweise, steht unter der ganz erheblichen Kritik der göttlichen WillensĂ€ußerung (s. Abschnitt2.). Jede weitere VerĂ€nderung der FĂŒrther ErklĂ€rung im Sinne der Anpassung an Zeitgeistforderungen bedeutet eine weitere Entfremdung nicht nur von der theologisch-konservativen, sondern auch von der theologisch-liberalen Position, vor allem aber von Schrift und Bekenntnis.

9.5.2. „Gleichstellung“ ist ein vernĂŒnftiger, dem allgemeinen Frieden dienlicher Grundsatz. „Gleich“ gestellt kann aber nur werden, was „gleich“ ist. Nachdem eine homosexuelle Partnerschaft weder juristisch noch erst recht nicht theologisch-ethisch (s. 2.4) einer Ehe „gleich“ ist, kann auch keine Gleichstellung erfolgen. Die Eingabe greift mit dem Aspekt der Gleichstellung sachlich und juristisch daneben.

9.5.3 „EU-Antidiskriminierungsgesetz“

Ebenso greift die Argumentation mit dem „EU-Antidiskriminierungsgesetz“ (26) daneben, weil sie verkennt, dass auch das EU-Recht ebenso wie das nationale staatliche Recht den Religionsgemeinschaften einen Sonderrechtsraum zugesteht, der aus deren jeweiligem Bekenntnis begrĂŒndet ist. Hierin drĂŒckt sich die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit aus, die auch die EU-Richtlinie zur Gleichstellung achtet.

9.6. KĂŒnftige Rechtslage: Geltung oder Beliebigkeit?

Bis heute maßgeblich fĂŒr das Pfarrerdienstrecht einer lutherischen Kirche in Deutschland ist die Vereinigte Lutherische Kirche in Deutschland (VELKD). Dieses Recht soll nun in KĂŒrze in EKD-Recht ĂŒbergehen, wobei – dem Vernehmen nach – beabsichtigt sein soll, es so zu gestalten, dass die Frage der Möglichkeit des Zusammenlebens-/wohnens von gleichgeschlechtlichen Paaren im evangelischen Pfarrhaus den einzelnen Gemeinden, also den KirchenvorstĂ€nden, zur Entscheidung ĂŒbertragen werden soll. Dies wĂŒrfe nun zwangslĂ€ufig mehrere Probleme unterschiedlicher Art zugleich auf:

9.6.1. Der Differenzierte Konsens wĂŒrde als juristisches Prinzip festgeschrieben werden. Das heißt: Gemeinden derselben Landeskirche könnten unterschiedlich entscheiden, die Kirche hĂ€tte keine einheitliche Regel. Die entsprechende Rechtsformulierung wĂŒrde dann so lauten: Die einen können das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare im Pfarrhaus gestatten, die anderen können es genauso verbieten.

9.6.2. Die Kirche als Ganze hĂ€tte in der wichtigen theologisch-ethischen Frage von Ehe, HomosexualitĂ€t und Pfarramt keine in sich stimmige Lehrauffassung,– damit auch keine konfessionelle LehrautoritĂ€t. Als Konfessionskirche wĂŒrde sie in ihrer bekenntnismĂ€ĂŸig festgestellten Bindung an die Heilige Schrift zu keiner einheitlichen Aussage fĂ€hig sein und damit nicht fĂ€hig sein, in das Kirchenvolk und in die Gesamtgesellschaft hinein glaubwĂŒrdig Orientierung zur Gewissenbildung zu geben. Political correctness wĂŒrde dann unerklĂ€rtermaßen schleichend zum Ober-Bekenntnis werden.

9.6.3. Die Einzelgemeinden bzw. ihre KirchenvorstĂ€nde wĂ€ren herausgefordert, jurisdikable Lehrentscheidungen zu treffen. Das wĂŒrde die Gemeinde ĂŒberfordern und in die Zerreißprobe werfen. Streit in den Gemeinden und Abkehr von der ĂŒberstimmten Minderheit, Spaltungen und Kirchenaustritte wĂ€ren die vorhersehbaren Folgen.

9.6.4. Der vom Staat grundgesetzlich garantierte Tendenzschutz der Religionsgemeinschaften wĂŒrde mit Zweifeln an seiner Sinnhaftigkeit und damit seiner RechtmĂ€ĂŸigkeit erheblich belastet werden. Zwar gilt dieser grundsĂ€tzlich nicht nur den Großkirchen, sondern nach allgemeiner Auffassung auch deren Einzelgemeinden, insofern als im staatlichen Recht undifferenziert von „Religionsgemeinschaften“ die Rede ist. Dennoch wĂŒrde mit einem uneinheitlichen Kirchenrecht innerhalb einer Konfessionskirche beim staatlichen Gesetzgeber die Frage geradezu provoziert werden, ob es im Bereich eines solch widersprĂŒchlichen Pfarrerdienstrechtes sich ĂŒberhaupt noch um eine zu schĂŒtzende „konfessionelle Tendenz“ handeln könne, was den Tendenzschutz insgesamt gefĂ€hrden wĂŒrde.

9.6.5. Ferner: Wie sollten Kirchengerichte im Konfliktfall kĂŒnftig entscheiden?

9.6.6. Angesichts der Kompliziertheit der Rechtsmaterie, wohl aber eher wegen der Unentschiedenheit kirchlicher Gremien in dieser– zugegeben – brisanten Thematik neigen Vordenker zu verkniffenen LösungsvorschlĂ€gen: Sie empfehlen das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare im „Pfarrhaus“ zu verbieten, um es in Pfarrerdienstwohnungen“(27) zu erlauben. Derlei WinkelzĂŒge vermöchten das Entscheidungsdilemma natĂŒrlich nicht zu lösen, weil damit weder die Ethik des Zusammenlebens noch die von Schrift und Bekenntnis geforderte und ĂŒbrigens auch von der Mehrheit der Gemeindegliedererwartete (28) Vorbildfunktion von Pfarrern geklĂ€rt wĂ€ren.

10. Schlussgedanken

So ergibt sich: Die Eingabe der MĂŒnchner Prodekanatssynoden ist eindeutig abzulehnen, weil sie mehreren Standards nicht entspricht:- der SchriftgemĂ€ĂŸheit,- der wissenschaftlichen Redlichkeit,- der Einheit der Kirche und des ökumenischen Konsenses,- der ethischen Orientierung einer erheblich orientierungsbedĂŒrftigen Gesellschaft und- der Rechtssicherheit. Wir fordern deshalb mit dieser Schrift ein, in der innerkirchlichen Meinungsbildung gehört und beachtet zu werden. Mit dem MĂŒnchner Soziologen erklĂ€ren wir: Hören in einer kosmopolitischen Welt „Um die Stimmhorizonte einer PluralitĂ€t der Stimmen fĂŒreinander zu öffnen, bedarf es nicht nur eines Rechtes der Kommunikation, sondern des Rechtes verstanden zu werden. Die Gegenwart einer PluralitĂ€t der Stimmen bleibt substantiell bedeutungslos, wenn diese Stimmen nicht mit dem Recht des Zuhörens und des Verstehens ausgestattet werden“ (Heiner Keupp). Progressiv gesonnenen Mitgliedern unserer Kirche sei in Kopf und Herz gerufen: „Gott ist nicht ein Gott des Fortschritts, sondern des Neuen“ (Paul Tillich). Das „Neue“ aber bricht auf (2Kor 5,17) unter der Voraussetzung der Abkehr vom Falschen. Nicht untaugliches „Trostpflaster“, sondern Heil und Heilung verspricht das Evangelium –grundsĂ€tzlich und ebenso ganz konkret, und zwar an jedem Einzelnen. Das zu glauben, ist eine Frage der Liebe,- der Liebe zum Heiland der Welt, der Hilfe reicht,- der Liebe zu den von Leid durch „VerprĂ€gung“ betroffenen Menschen, die sich nach erfĂŒlltem Leben sehnen,- der Liebe zum ganzen Menschenvolk, das der Orientierung zum Heil bedĂŒrftig ist. Christenmenschen stehen dafĂŒr ein, mit dem, was sie reden, und mit dem, was sie leben. Von Pfarrern in der Nachfolge der Apostel darf das erwartet werden – auf der Kanzel, in der Seelsorge und mit ihrem Leben in der Öffentlichkeit. Auch mit ihrem Leben im Pfarrhaus.

Martin Pflaumer, Mitglied der bayerischen Landessynode, Mitglied des ABC-Rates

 Anmerkungen

(1) Siegfried Meurer, Zeitschrift fĂŒr Evangelische Ethik, 1974, S 38f;

(2) Wolfgang Stegemann , „Schwule, Lesben – und die Ehe?“, Dokumentation/Studientag der Augustana-Hochschule (22. Nov. 2000), S 14ff; wenn Stegemann in anderem Zusammenhang im Blick auf die Ablehnung von HomosexualitĂ€t in der Bibel davon spricht, es könne sich dabei um „keine ewige Wahrheit“ handeln, dann ist die Konsequenz solcher Relativierung der ethischen Gehalte alt- und neutestamentlicher Inhalte zu bedenken. Das Verbot des sexuellen Interkurses mit allen Verwandten aller Verwandtschaftsgrade wĂ€re dann einschließlich dem pĂ€dophilen Inzest in dieser Logik ebenfalls „keine ewige Wahrheit“, wie auch das Kindsopfer vor dem Gott Moloch und der Interkurs mit Tieren (3.Mose 18/29) oder Habgier und Mord (Röm 1), Götzendienst, Diebstahl und Raub (1Kor 6), Menschenhandel, Meineid und Elternmord (1 Tim 1).

(3) Hans Georg Wiedemann, „Homosexuelle Liebe – fĂŒr eine Neuorientierung in der christlichen Ethik“, Kreuz-Verlag, S 81;

(4) John Boswell, „The Epistle of Polycarp to the Phillipians, New York, 1979 nach Hermann Hartfeld, “HomosexualitĂ€t im Kontext von Bibel,Theologie und Seelsorge”, Brockhaus,1991;

(5) D.S.Bailey, “Homosexuality and the Western Christian Tradition” nach Hartfeld;

(6) Friedrich Seegenschmidt, sen., “Warum eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der evangelisch-lutherischen Landeskirche nichtangestrebt werden sollte” – eine persönliche ErklĂ€rung, Erlangen, 29.11.2002;

(7) Paul Althaus in „Die Theologie Martin Luthers“, GĂŒtersloher Verlagshaus, 1961, S 77: „Die Schrift an sich selbst ist klar, sie setzt, wo sie verkĂŒndigt wird, alles ins helle Licht, da ist nichts dunkel und zweideutig. Aber von dieser Klarheit „an der Schrift selbst, wie sie daliegt“ (so Justus Jonas in seiner Übersetzung der Stelle in Luthers De servo arbitrio), ist zu unterscheiden die Klarheit „inwendig im Herzen“: Sie wird erst durch den Empfang des Geists Gottes ins Herz verliehen; von sich aus haben alle Menschen ein verfinstertes Herz und sehen „kein einziges Jota in der Schrift“. „Denn der Geist ist erfordert, um die ganze Schrift und irgendeinen Teil von ihr zu verstehen.“ Ähnlich: Bernhard Rothen, „Die Klarheit der Schrift“, Göttingen 1990;

(8) Jörg Baur, „Luther und seine klassischen Erben“, J.C.B. Mohr, TĂŒbingen, 1993; S 67: „Die reine Schrift hat ihren eigenen modus loquendi; als heilige spricht sie wie Gott (Luther: „Scriptura est sancta, quia loquitur sicut Deus“) und “Theologie, die von der SprachfĂŒhrung der Schrift abweicht, ist verderblich.”

(9) Jörg Baur, siehe Anm. 7, ebd. S 66: „Das Wort Gottes kommt zu uns als Gegensatz zu unserem Sinn und Verlangen. Die Welt und ihr Gott können das Wort Gottes nicht ertragen.“ (Luther: „
 contra sensum et votum nostrum“);

(10) LeVay, “A difference in hypothalamic structure between heterosexual and homosexual Men“ in Science, Nr. 253, S 1034-37;

(11) Gerard J. M. van den Aardweg, „Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen – Analyse und Therapie“, HĂ€nssler, Stuttgart, 1992, S. 156-159;

(12) Irving Bieber, „A Discussion of Homosexuality – The Ethical Challenge“, Journal of Consulting and Clinical Psychology, Washington D.C.,1976;

(13) Markus Hoffmann, “HomosexualitĂ€t – Sichtweisen” in Weißes Kreuz – extra, Zeitschrift fĂŒr Lebensfragen, Kassel; Unterschiedliche Studien sprechen von einer auffallenden statistischen Korrelation (80 bis 92 %) von sexuellem Missbrauch an kleinen MĂ€dchen und deren spĂ€terer Gleichgeschlechtlichkeit;

(14) Christl R. Vonholdt, “Der Weg der VerĂ€nderung ist nicht einfach, aber lohnend“ in „Kirche – Kultur – HomosexualitĂ€t“, idea-Doku.2/2003;

(15) Seelsorge mit der Erfahrung von alternativen Coming-Outs (=Freisetzung von frĂŒherer homosexueller Festlegung) machen Seelsorgeeinrichtungen wie Living Water, WĂŒstenstrom, Biblisch-Therapeuthische Seelsorge, Ignis, Klinik Hohe Mark, Weißes Kreuz u.a.);

(16) Andrew Comiskey, „Unterwegs zur Ganzheitlichkeit – Hilfen fĂŒr Menschen mit homosexuellen Empfindungen, Seelsorger und Berater“, Projektion J, Wiesbaden, 1995;

(17) Maria Xiridou, StĂ€dtisches Gesundheitsamt Amsterdam, Magazin „Aids“; Ähnlich Gerard J.M. van den Aardweg in „Kann eine homosexuelle Beziehung eine Ehe sein?“, II. Kongress Mut zur Ethik, 1994, S 238: „Schon immer haben praktizierende Psychiater und Psychologen festgestellt, wie sehr der Partnerwechsel zur homosexuellen Lebensweise gehört, die man ihrem Wesen nach als sĂŒchtig bezeichnen kann. Auch Dannecker, einem bekennenden homosexuellen Autor, ist klar, dass der Partnerwechsel mit dem Wesen der HomosexualitĂ€t zusammenhĂ€ngt
 Er ist der Mangelhaftigkeit der Versuche, homosexueller Untersucher bewusst, die 
 demonstrierenwollten, dass eine kleine Minderheit vielleicht doch imstande sei, dauerhafte Partnerbeziehungen zu knĂŒpfen. Zweifellos, mĂŒssen wir in diesem Zusammenhang sagen, ist dies das psychologische Motiv des Kampfes fĂŒr staatliche Anerkennung homosexueller „Ehen“.

(18) Ebd. S 239: „Das Wort „Ehe“ ist also auch im Hinblick auf den Aspekt der Dauer unsinnig; in beiderlei Hinsicht – SexualitĂ€t und Dauer– ist eine homosexuelle Partnerschaft eine „Anti-Ehe“.“

(19) M. Schröter-Kunhardt, Facharzt fĂŒr Psychiatrie, Heidelberg in einem aktuellen Publikationsentwurf zur Thematik HS, S 3

(20) Dtsch Arztebl 30.07.2008; 105 (48): „Die Aids-Epidemie stabilisiert sich auf hohem Niveau: Weltweit sind 33 Millionen Menschen infiziert, 2 Mill. Menschen sind 2007 durch HIV gestorben, etwa 2,7 Mill infizierten sich neu. In Deutschland hatte das Robert-Koch-Institut fĂŒr 2007 eine Zunahme von 4 % bei neuen HIV-Diagnosen registriert, insgesamt wurden dem 2752 Neuinfektionen gemeldet. Die Zahl der Erstdiagnosen hat sich damit seit 2001 bestĂ€ndig erhöht. Betroffen sind hierzulande vor allem homosexuelle MĂ€nner.“

(21) „
 Das liegt zum Teil am Leichtsinn: Die Zahl der Schwulen, die beim Sex auf Kondome verzichten, ist gestiegen (STERN 2/2008,58). „TatsĂ€chlich werden in Deutschland 
 knapp 80 % aller Syphilis-Infektionen durch Homosexuelle verursacht“ (Ärzte-Zeitung, 24.07.07; DIE ZEIT 42/2005; DIE WELT 25.01.08)

(22) Christl R. Vonholdt, „Der Weg der VerĂ€nderung ist nicht einfach, aber lohnend“ in idea-Dokumentation „Kirche – Kultur – HomosexualitĂ€t“,2/2003, S 27;

(23) Rainer Mainusch, „Aktuelle Fragestellungen im Pfarrerdienstrecht“ in: „Zeitschrift fĂŒr evangelisches Kirchenrecht“, Heft 1, 2002;(24) Art 140 GG / 137 Abs.3 WRV; dazu Axel von Campenhausen: Staatskirchenrecht. 3. Aufl. 1996: Es darf „beinahe eine SelbstverstĂ€ndlichkeit genannt werden, dass es innerhalb einer Religionsgemeinschaft kein Grundrecht der Glaubensfreiheit gibt, das dann gestatten wĂŒrde, kirchliche Dogmen leugnen zu können, ohne den Maßnahmen der Kirchenzucht unterworfen zu werden. Es gibt innerhalb der Religionsgemeinschaften 
 keinen Artikel 5 GG entsprechendes innerkirchliches Grundrecht, in einem kirchlichen Amt die eigene Meinung vertreten zu können, auch wenn sie mit der Lehre der Religionsgemeinschaft unvereinbar wĂ€re.“

(25) Immer mehr lutherische Kirchen des SĂŒdens und des Ostens erklĂ€ren sich dezidiert gegen den kirchenrechtlichen VerĂ€nderungstrend in mehreren westlichen lutherischen Kirchen, so z.B. die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania mit ihrer Dodoma-ErklĂ€rung vom 27./28. April 2010 in Moshi: „Wer in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lebt und wer die RechtmĂ€ĂŸigkeit solch einer Partnerschaft unterstĂŒtzt, kommt nicht fĂŒr eine Mitarbeit in der ELCT in Betracht.“

(26) Thomas Sören Hoffmann in „Vom Gleichheitssatz zur Gleichschaltung im Denken – Antidiskriminierungsgesetze in Deutschland und der EU“: „Das lateinische Wort „discrimen“ bedeutet nichts anderes als „Unterschied“; ein „Diskriminierer“ ist insoweit jeder, der ĂŒberhaupt Unterschiede macht. Das Leben unterscheidet zwischen tot und lebendig, Mann und Frau, Tag und Nacht, zwischen zutrĂ€glich und schĂ€dlich, essbar und nicht-essbar. Da es kein Leben gibt, das nicht im „Diskriminieren“ besteht, ist es zunĂ€chst nicht einzusehen, weshalb das Treffen von Unterschieden, die Wahl als solche unter moralischen Vorbehalt gestellt werden sollte.“ Josef Seifert in „Familie, HomosexualitĂ€t und Staat“, Vortrag auf dem II. Kongress „Mut zur Ethik“, 1994, Kongressband S 225f: „Gewiss sollten wir jede falsche Diskriminierung von Homosexuellen, die der menschlichen WĂŒrde nicht Rechnung trĂ€gt, ĂŒberwinden. 
 ,so darf doch nicht behauptet werden, dass jegliche Ungleichbehandlung homophiler Paare mit heterosexuellen Paaren eine Diskriminierung sei oder gar, wie vielfach behauptet wird, dass sie einem Ressentiment entspringe. Man begeht deshalb eine schwere VerfĂ€lschung, wenn man die Ablehnung der HomosexualitĂ€t nur durch negative GrĂŒnde wie Ressentiments, historische Vorurteile und so weiter erklĂ€rt, anstatt die 
 tiefen anthropologischen und sittlichen GrĂŒnde ihrer Verwerfung auch nur zu verstehen, geschweige denn zu berĂŒcksichtigen.“ Es kann wohl auch nicht gut von „Ausgrenzung von Homosexuellen“ (Bischöfin Maria Jepsen, Hamburg lt. ideaSpektrum 23/2010, S 26 gesprochen werden, wenn entsprechende Bibelstellen – natĂŒrlich im Zusammenhang betrachtet (wie sonst?!) – als Grundlage fĂŒr ethische Entscheidungen dienen.

(27) Wolfhart Schlichting spricht in „Geht der Schwule ‚gerechtfertigt hinab in sein Haus‘“, Korrespondenzblatt Nr. 12, Dez. 2002, S 189, vom evangelischen Pfarrhaus, in dem ein schwules oder lesbisches Pastorenpaar sein „Es ist, wie es ist“, demonstrativ lebt, als von einem „Anti-Pfarrhaus“.

(28) Stephan U. Neumann „Evangelische Pfarrer – berufen wozu?“ in: ZeitgĂ€nge / Wege & Welten, CIG Nr. 3 / 2010 in Anlehnung an Isolde Karle: „
 Im Gegensatz dazu belegen Umfragen, dass die Gemeindemitglieder mit großer Mehrheit in ihren Pfarrerinnen und Pfarrern sowie deren im Pfarrhaus lebender Familien Vorbilder christlichen Lebens sehen. Sie sollen glaubwĂŒrdig sein. Ihr Handeln soll mit ihren Predigten ĂŒbereinstimmen. Das Ideal eines Lebens gemĂ€ĂŸ der Zehn Gebote und der Bergpredigt soll angesichts des eigenen Scheiterns wenigstens der Pfarrer in AnsĂ€tzen verkörpern.

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 27. August 2010 um 23:04 und abgelegt unter Allgemein, Gesellschaft / Politik, Seelsorge / Lebenshilfe, Sexualethik.