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Durch und durch falsch

Durch und durch falsch
Kommentar von Eckhard Fuhr zur Loveparade in Duisburg

Was im Einzelnen auf dem Gelände des alten Duisburger Güterbahnhofs geschehen ist, welche Versäumnisse und Fehleinschätzungen zur Katastrophe führten, das wird die Ermittlungsbehörden noch lange beschäftigen. Erst wenn das in all seinen schrecklichen Einzelheiten so weit wie möglich aufgeklärt ist, wird man Schuld im strafrechtlichen Sinne zumessen können.

Im nicht strafrechtlichen Sinne allerdings gilt bis dahin für die Veranstaltung, die Veranstalter und die Stadt alles andere als eine Unschuldsvermutung. Weder ist die Loveparade ein harmloses Musikereignis, das junge Menschen friedlich und in Liebe zusammenführt in unserer immer bunter werdenden Republik, noch ist Duisburg eine Stadt, die in aller Unschuld glauben darf, dass sie sich wie Phönix aus der Asche ihrer Industriegeschichte erhebt, wenn sie auf ihren verlassenen Brachen den Techno hämmern lässt. Es kommt zu viel an Größenwahn, Profitgier und kultureller Naivität zusammen, als dass man das Urteil über das Geschehen am Ende nur den Gerichten überlassen darf. Während man den Kopf über die sichtbar gewordenen „Sicherheitslücken“ schüttelt, sollte man nicht vergessen, darüber nachzudenken, was mit „Sicherheit“ eigentlich gemeint sein könnte, wenn Hunderttausende auf engem Raum sich das Hirn aus dem Kopf dröhnen lassen. Und wie Stadtväter auf die Idee kommen können, mit so etwas könne man das postindustrielle Elend kulturell überformen, ja sich zur „Metropole“ veredeln!

Die Loveparade gehöre nun einmal zu einer solchen, sagte Fritz Pleitgen, Chef der Ruhr.2010. Er sieht nun einen schweren Schatten auf dem Kulturhauptstadtjahr liegen. Warum hat er es zugelassen, dass der Fitnessstudio-Unternehmer Rainer Schaller sich mit seinem Paraden-Unternehmen in das Programm einklinkte, um sich nach der Abfuhr in Bochum im vergangenen Jahr doch noch im Glanz einer sich angeblich heroisch neu erfindenden Region zu sonnen? Ja, es sind Fehler gemacht worden. Aber bei etwas, das durch und durch falsch ist.

WELT-Online 27.7.2010
Mit freundlicher Genehmigung