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Ist Homosexualität Sünde?

Ist Homosexualität Sünde?

Wenn wir diese Frage beantworten wollen, müssen wir als Erstes klären, was wir unter Homosexualität verstehen. Der Begriff hat ein Bedeutungsspektrum. Was meinen wir damit? Nur gleichgeschlechtliche Praktiken? Oder eine angeborene homosexuelle Veranlagung (falls es diese gibt)?

Viele Evangelikale, die praktizierte Homosexualität als Sünde verdammen, würden nicht sagen, dass auch schon solche Wünsche oder ein derartiges Verlangen Sünde sind, solange sie nicht in die Tat umgesetzt werden.

Fragen nach der Homosexualität sind hochaktuell. In den USA gab es in den letzten Jahren vielbeachtete Gerichtsentscheidungen. In verschiedenen Ländern wird über die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen und Gemeinschaften debattiert. In den Kirchen hat die Frage der Ordination von praktizierenden Homosexuellen zu erheblichen Konflikten geführt. Andere fragen: Darf man in Kirchen gleichgeschlechtliche Ehen segnen oder nicht? Hinzu kommt der Disput darüber, ob Homosexualität angeboren ist oder einer freien Entscheidung entspringt. Angesichts all dieser Fragen ist es nicht verwunderlich, dass man auch an uns herantritt und fragt: Was sagt ihr bibeltreuen Lutheraner zu diesem Thema?

1. Theologische Aspekte

Wir wollen uns hier zuerst nicht mit den juristischen oder medizinischen Aspekten der Frage beschäftigen, sondern vor allem mit der theologischen Frage nach der Homosexualität. Das heißt: Was sagen unsere kirchliche Lehre und Praxis, die auf der Lehre der Bibel beruhen, über die Homosexualität?

Am besten beginnen wir mit 1Korinther 6,9-11. Diese Bibelstelle zeigt sowohl die Seite des Gesetzes als auch die des Evangeliums, die für dieses Thema wesentlich sind.

Oder wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Lasst euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder (griech.: malakoi oute arsenokoitai), Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben. Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid rein gewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.

Auf Grundlage dieser und anderer Stellen der Heiligen Schrift ergeben sich folgende Schlussfolgerungen in Bezug auf die Homosexualität:

Die Bibel sagt deutlich, dass homosexuelle Praxis Sünde ist, die im Gegensatz zu Gottes Intention (Zielsetzung) steht, die er bei der Schöpfung von Mann und Frau verfolgt hat. In 1Kor 6 übersetzen manche neueren Bibelausgaben „malakoi“ mit „männliche Prostituierte“ (z.B. die englische NIV). Das ist keine gute Übersetzung. Das griechische Wort bezieht sich mehr auf den passiven Partner bei homosexuellen Praktiken. Weder dieses Wort, noch der etwas weiter gefasste folgende Begriff (arsenokoitai) schränken die Verwerfung von homosexuellen Aktivitäten ein. Auch Prostitution, Promiskuität [häufiger Partnerwechsel] oder Götzendienst sind eingeschlossen. Die Verwerfung ist absolut und trifft alle homosexuellen Praktiken.

Diese Sünde besteht in der Ablehnung der natürlichen Gesetzeserkenntnis und im sündhaften Widerstehen gegen den offenbarten Willen Gottes. Menschen können Sklaven dieser Sünde werden, weil sie ihr Herz gegen Gott verhärten (Röm 1,18-31).

Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen; desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihrer Verirrung, wie es ja sein musste, an sich selbst empfangen (Röm 1,26f).

Homosexualität verletzt die natürliche Ordnung. Zu ihr gehört ein Unterdrücken der Wahrheit. Selbst gängige Biologielehrbücher weisen darauf hin, dass der männliche Körper nicht für Sex mit einem Mann gemacht ist und der weibliche Körper nicht für Sex mit einer Frau. Homosexualität wird auch bei Menschen verworfen, die das geschriebene offenbarte Gesetz Gottes nicht so kennen wie die Israeliten (3Mose 18,22-25).

Viele Faktoren fördern die sündigen Handlungen eines Individuums: die sündige Natur, mit der wir geboren werden, die Schwachheit unseres Körpers, böse Einflüsse unserer Umgebung, Versuchungen und Anregungen durch andere Sünder und unsere eigenen sündigen Entscheidungen. Alle diese Dinge wirken zusammen und verleiten uns zur Sünde. Das Gleiche ist bei Homosexualität der Fall. Allerdings können die verschiedenen Faktoren von Fall zu Fall eine unterschiedliche Rolle spielen.

Wer es nicht wahrhaben will, muss vor homosexuellen Aktivitäten gewarnt werden, wie vor aller Sünde, die uns des ewigen Lebens verlustig gehen lässt (1Kor 6,9-10). Wir müssen jedoch auch festhalten – vor allem, wenn wir ein belastetes Gewissen vor uns haben -, dass Homosexualität keine besonders schwere Sünde ist. Sie gehört auf die gleiche Stufe verdammenswerter Sünden, auf der auch Diebstahl, Neid, heterosexuelle Sünden, Alkoholmissbrauch und Verleumden stehen.

Und wir können homosexuelle Sünden nicht auf Taten beschränken, auch Wünsche zählen dazu. Genauso wie wir heterosexuelle Schuld nicht in Taten und „nur Verlangen“ aufteilen dürfen. Die Bibel sieht Begierden und den Hang zu sündigen Taten ganz deutlich als Sünde an (Mt 5,27f). Das gilt für homosexuelle wie heterosexuelle Sünden.

Wir freuen uns über jeden Bußfertigen, der gegen diese Sünde ankämpft. Wir können ihm zusichern, dass er durch das Blut Christi volle Vergebung seiner Schuld hat. Als Christus für die Sünden der ganzen Welt starb, erwarb er auch Vergebung für homosexuelle Taten, für homosexuelles Verlangen und für die in uns wohnende sündhafte Natur, welche die Sünde hervorbringt (2Kor 6,11).

Wir sollten mit allen, die gegen diese Sünden ankämpfen, mitfühlen und nicht vergessen, dass auch wir Lieblingssünden haben, die uns arg zu schaffen machen und uns nicht loslassen. Hier ist zu warnen vor einer „doppelten Moral“, die Homosexualität oder andere Sünden, die man bei anderen Menschen beobachtet, schwer verdammt, während man die eigene Schuld bagatellisiert (Mt 7,1-5). Wir sollten unparteiisch und unvoreingenommen vor allen Sünden warnen und auch genauso unparteiisch und unvoreingenommen sein, wenn wir das Evangelium verkündigen.

Wir sehnen uns alle nach der Auferstehung des Leibes. Dann wird alle Schwachheit unseres Fleisches und unserer Seele, die uns jetzt zur Sünde verführt, für ewig verschwinden. Dann werden wir in der Lage sein, Gott vollkommen und rein in allem zu dienen.

Doch zurück zu unserer Frage vom Anfang: Glauben bibeltreue Lutheraner, dass Homosexualität Sünde ist? Wenn wir uns zwischen Ja und Nein entscheiden müssten, müssten wir wohl eher mit Ja antworten. Aber ich möchte mehr als eine Ja- oder Nein-Antwort geben. Es ist besser, wenn wir Ge-setz und Evangelium auf dieses Thema anwenden. Das bedeutet, dass wir diese Sünde im Zusammenhang aller Sünde sehen müssen. Wenn wir bei unseren Missionsbestrebungen Homosexuellen begegnen, sollten wir nicht versuchen, sie zuerst von ihrer Homosexualität zu bekehren, um sie dann anschließend zu Christen zu machen. Wir sagen ihnen vielmehr Gesetz und Evangelium, wie wir das auch bei anderen Sündern tun. Wir benutzten das Gesetz, um sie davon zu überzeugen, dass sie von Natur genauso Sünder sind wie wir – in ihrem Begehren und in ihren Taten. Sie brauchen einen Erlöser von ihren Sünden – genauso wie wir. Ihr und unser Erlöser ist Jesus Christus. Wenn sie zum Glau-ben an Christus kommen, werden sie – genauso wie wir – gegen die Sünde, die unserem Leben hier auf der Erde noch anhängt, ankämpfen, ganz gleich, welcher Art die Sünde ist. Sie und wir werden täglich in den Spiegel von Gottes Gesetz sehen, um die Sünde zu erkennen, die sich in unserem Leben findet. Sie wie auch wir, werden – vom Evangelium motiviert – das Gesetz als Leitfaden benutzen, um unser sündiges Leben zu ändern. Sie werden wie wir mit Schmerz und Reue zu Christus umkehren, wenn ihre ernsten Bemühungen nichts fruchten und sie wieder in die Sünde zurückfallen, die sie angefangen haben zu hassen. Sie und wir werden von der Macht und der Verlockung der Sünde erst dann völlig frei sein, wenn wir rein an Leib und Seele vor Christus stehen.

Müssen wir an jemandem Gemeindezucht üben, der in homosexuellen Sünden lebt? Gemeindezucht üben wir nicht aufgrund der Sünde an sich. Das gilt für alle Sünden. Entscheidend ist die Bereitschaft zur Umkehr (Bußfertigkeit). Nur wenn diese fehlt, muss eine Gemeinde erziehend eingreifen. Jemand, der eine „heterosexuelle Sünde“ begangen hat, dann aber umkehrt und gegen die Sünde kämpft und versucht, von ihr loszukommen, bleibt ein Bruder oder eine Schwester im Glauben. Anders ist es bei einem Menschen, der seine Sünde verheimlicht oder selbst noch rechtfertigt. Wer eine Sünde begangen hat und zur Umkehr bereit ist, kann Glied der Gemeinde bleiben. Das gilt auch für bußfertige Alkoholiker oder Drogenabhängige. Auf der anderen Seite kann aber jemand, der zwar nicht auf homosexuellem Gebiet durch Tat oder nur Verlangen gesündigt hat, nicht in der Gemeinde bleiben, wenn er anhaltend leugnet oder verschweigt, dass Homosexualität Sünde ist. Es kommt also auf Umkehr oder Nichtumkehr an. Daran entscheidet sich, wie das Verhältnis eines Menschen zur Kirche ist. Kurz gesagt: Wir gehen dann richtig mit Homosexualität um, wenn wir einfach Gesetz und Evangelium richtig anwenden.

2. Ist Homosexualität angeboren oder erworben?

Mancher, der juristische oder religiöse Toleranz gegenüber Homosexuellen fordert, geht davon aus, dass Homosexualität genetische Ursachen hat. Einige Untersuchungen haben gezeigt, dass manche homosexuellen Männer gewisse Strukturen in den X-Chromosomen von ihren Müttern geerbt haben. Andere haben versucht, biologische Ähnlichkeiten zwischen homosexuellen Männern nachzuweisen. Manches ist dabei umstritten. Aber selbst diese Forscher räumen ein, dass ihre Beobachtungen nicht auf alle Homosexuellen zutreffen. Möglicherweise sind diese Besonderheiten auch gar nicht die Ursache, sondern eine Folge der Homosexualität. Die meisten Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass die Ursachen von Homosexualität komplex und vielfältig sind, so dass sie wohl niemals ganz verstanden werden können.

Was sollen wir zu solchen Behauptungen im Lichte der biblischen Lehre über die Sünde sagen? Ist Homosexualität angeboren oder beruht sie auf einer freien Willensentscheidung?

Obwohl die Möglichkeit besteht, dass es Arten der Homosexualität gibt, die genetische Ursachen haben oder angeboren sind, so spricht doch einiges klar dagegen. Wenn es nämlich so wäre, müssten eineiige Zwillinge derselben sexuellen Orientierung folgen. Dies ist aber nicht der Fall. Auf beiden Seiten gibt es verständlicher Weise zu diesem Thema eine Menge Literatur. Ein brauchbares Buch, das den wissenschaftlichen Aspekt dieses Themas beleuchtet, ist: Jeffrey Satinover, Homosexuality and the Politics of Truth.

Wie bei vielen Entweder-Oder-Fragen wird auch bei der Frage nach Angeborensein oder Erworbensein der Homosexualität ein falscher Gegensatz aufgebaut. Denn jede Sünde ist zum einen eine freie Willensentscheidung und zum anderen der Ausdruck des angeborenen Hangs zur Sünde. Unser sündiger Wille ist in jedem Fall schuld, weil er in die Sünde einwilligt, ganz gleich, ob es sich um einen Gedanken, ein Wort oder eine Tat handelt. Eine Folge unserer sündigen Natur ist es, dass wir Gefallen an unseren Sünden haben und sie verteidigen. Diese allgemeine Neigung ist offensichtlich und zeigt sich in den Bemühungen von Leuten, die die Rechte von Schwulen stärken wollen und leugnen, dass daran irgendetwas falsch sein könnte.

Obwohl das Einverständnis unseres sündigen Willens zu jeder Sünde gehört, stimmt es auch, dass wir als Sklaven der Sünde geboren werden. Es kann auch vorkommen, dass wir so oft in eine bestimmte Sünde einwilligen, dass wir am Ende die Sünde nicht mehr kontrollieren, sondern sie uns. Es kann sein, dass wir uns dabei ertappen, wie wir einer Sünde nachgeben, obwohl wir es gar nicht wollen.

Die Sünde hat Einfluss sowohl auf unseren Körper als auch auf unsere Seele. Unser heutiger Körper ist nicht mehr der, den Gott für Adam und Eva geschaffen hat. Das heißt, Gott hat uns nicht zu dem erschaffen, was wir heute sind. Unser Körper wurde durch die Folgen der Sünde verseucht. Man kann nicht sagen, dass die speziellen Folgen der Sünde bei jedem von uns identisch sind oder dass wir alle für jede Sünde gleich empfänglich sind. Der unterschiedliche Grad unserer Empfänglichkeit für manche Sünden könnte von unterschiedlichen biochemischen Reaktionen in unseren Körpern herrühren. Die Anfälligkeit für Alkoholmissbrauch oder Jähzorn sind nur zwei Beispiele für Sünden, die durch bestimmte biochemische Faktoren in unserem Körper beeinflusst werden. Wer wollte leugnen, dass die Neigung zu sexuellen Sünden bei 18-Jährigen stärker ausgeprägt ist als bei 8- oder 88-Jährigen? Das hängt offenbar mit bestimmten Reaktionen in unseren Körpern zusammen. Es kann gut sein, dass die Anfälligkeit für Homosexualität oder bestimmte andere Sünden von körperlichen Unterschieden abhängig ist. Doch hat das keinen Einfluss darauf, ob eine Begierde Sünde ist oder nicht. Dies wird allein durch Gottes Gesetz festgelegt. Sünde ist der Verstoß gegen dieses Gesetz.

Obwohl wir auch durch die Schwachheit unseres Fleisches zu Sünden verführt werden, macht uns Gott dennoch für all unsere Sünde verantwortlich. Das gilt sogar für solche Sünden, die uns verskla-ven oder deren wir uns gar nicht bewusst sind. Wir brauchen Gottes Vergebung sogar für die sündigen Sehnsüchte, denen wir widerstehen und die wir nicht ausleben.

3. Gesellschaftliche und juristische Aspekte

Wir müssen unterscheiden zwischen den Aufgaben, die wir als Christen bzw. Gemeindemitglieder haben und den Aufgaben, die wir als Staatsbürger haben.

Wie soll ich mich als Christ verhalten, wenn es darum geht, Schwulenehen zu legalisieren oder Homosexuelle zu diskriminieren, wie es manche religiösen Gruppen tun. Muss ich als Christ Geld für Organisationen spenden, die bei der Regierung für christliche Werte eintreten? Das würde ich verneinen.

Als Christ habe ich eine viel bessere Möglichkeit, um gegen Gottlosigkeit und Sittenlosigkeit vorzugehen. Ich werde Gottes Gesetz verkündigen, das Sünde verdammt, und ich werde sein Evangelium verkündigen, das Vergebung anbietet. Als Christ habe ich das, was am allermeisten ausrichtet, wenn es um die Abwehr ernsthafter sittlicher Bedrohungen für die Zukunft unseres Volkes geht. Das ist die Verkündigung des Wortes Gottes.

Meine christliche Aufgabe gegenüber Homosexuellen (und auch gegenüber sexuell Zügellosen, Dieben, Lügnern, Mördern, Verleumdern, Trinkern und allen, die Gottes Gesetz übertreten) ist klar: Ich soll den Unbußfertigen Gottes Gesetz vorhalten, das ihre Sünde verdammt. Und ich soll Bußfertige mit dem Evangelium trösten, das Vergebung anbietet.

Als guter Nachbar und Bürger ist es nicht meine Aufgabe, jemandem meinen Glauben aufzuzwingen oder ihn zu nötigen, nach meinen religiösen Überzeugungen zu leben (1Kor 5,12). Aber ich soll Gesetze fördern, die den Einzelnen und die Gesellschaft vor Schaden bewahren. Wenn die Vernunft, die Erfahrung und die natürliche Erkenntnis des Gesetzes Gottes (die dem Menschen auch nach dem Sündenfall erhalten geblieben ist) – wenn diese alle belegen, dass Diebstahl, Mord, Drogenmissbrauch, sexuelle Unmoral, Abtreibung und Homosexualität für die Gesellschaft und für den Einzelnen schädlich sind, dann muss ich mich als Bürger für solche Gesetze einsetzen, die diesem Bösen entgegen wirken. Das tue ich nicht, um anderen meine religiösen Ansichten aufzuzwingen, sondern um mit den Menschen an einem Strang zu ziehen, die die gleiche natürliche Erkenntnis von Gottes Gesetz haben und die Gesellschaft vor Schaden bewahren wollen. Die Tatsache, dass das 7. Gebot das Stehlen verbietet und das 5. Gebot Mord, heißt nicht, dass ich keine Gesetze gegen Diebstahl und Mord unterstützen dürfte. Die Erkenntnis, dass diese Taten falsch und gefährlich sind, ist nichts speziell Christliches oder Lutherisches. Sie beruht auf dem natürlichen Wissen um Gottes Gesetz und auf der Erfahrung. Dieses Wissen ist bei allen Menschen vorhanden, es sei denn, man unterdrückt diese Erkenntnisse (Röm 1,18-32).

Ich darf auch mit anderen Bürgern zusammenarbeiten, um mich gegen Gesetze zu wenden, die die religiöse Freiheit einschränken. Dies geschieht etwa, wenn man verbieten will, dass gegen Sünde gepredigt werden darf oder dass Kirchen Gemeindezucht auf der Grundlage ihrer inneren Überzeu-gung üben dürfen. Bei Protesten oder Zeugnissen gegen solche Gesetze können wir mit anderen Kirchen zusammenarbeiten (es geht ja um äußere Angelegenheiten).

Als christlicher Bürger sollte ich mich für solche Gesetze einsetzen, die die Gesellschaft vor den gefährlichen Folgen der Sünde bewahren. Als Bürger befürworte ich solche Gesetze, die auf der Grund von Vernunft und dem natürlichen Wissen um das göttliche Gesetz gemacht werden. Wenn der Staat Gesetze erlässt, die sittlichen Schaden anrichten, weil sie gegen Gottes Gebote verstoßen, dann werde ich auf der Grundlage von Gottes Wort weiter gegen diese Gesetze kämpfen.

Als Mitglied der christlichen Kirche ist es mein Ziel, die Herzen der Menschen zu gewinnen, damit sie ihr Leben mit dem Wort Gottes führen. Als Bürger ist es meine Aufgabe meinen Mitmenschen zu helfen, dass sie weder sich selbst noch anderen Schaden zufügen. Viele von den sittlichen Grundsätzen aus Gottes Gesetz sind sowohl im Staat wie in der Kirche relevant. Sie können in beiden Berei-chen angewendet werden, allerdings mit unterschiedlicher Zielsetzung. Als Glied der Kirche verwende ich das Gesetz Gottes als Spiegel, Riegel und Regel. Als Bürger benutze ich Teile von Gottes Gesetz als Riegel gegen Verhaltensweisen, in denen die Vernunft und das natürliche Wissen des göttlichen Gesetzes Gefahren für die Gesellschaft erkennen.

John F. Brug

(Gekürzt aus: Wisconsin Lutheran Quarterly, Jg. 106 [2009], Nr. 4, S. 286ff; Originaltitel: Doctrinal Brief: Is homosexuality a sin? Übersetzung: Benjamin Stöhr. Der Autor ist Professor am Seminar der Wisconsin Ev.-Luth. Synode in Mequon b. Milwaukee/USA.)

Quelle: Theologische Handreichung und Information (2010/1), hrsg. vom Lutherischen Theologischen Seminar Leipzig, Vertrieb: Concordia-Buchhandlung Zwickau (E-Mail: post@concordiabuch.de [1]).