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Aktive Sterbehilfe РȚtung auf Verlangen

Montag 1. März 2010 von Christdemokraten für das Leben


Christdemokraten für das Leben

Aktive Sterbehilfe РȚtung auf Verlangen

Das geltende Recht verbietet Tötung auf Verlangen (aktive Sterbehilfe) in jedem Falle. Es gibt jedoch Bestrebungen, dieses in mehr oder weniger begrenzten Ausnahmefällen zuzulassen. Solche Ausnahmefälle sollen z. B. schwere Leidenszustände sein, denen anders nicht beizukommen ist. Das ausdrückliche Verlangen des Leidenden soll Voraussetzung sein. So einleuchtend und human diese Bestrebungen auf den ersten Blick erscheinen mögen, so überwiegen doch gravierende Bedenken:

Menschliches Leben steht grundsätzlich nicht zur Disposition.
Wer über menschliches Leben verfügt, muß vorher eine Wertung dieses Lebens vorgenommen haben, er muß taxiert haben, ob es sinnvoll ist, daß es weitergelebt wird oder nicht. Eine solche Taxierung aber entzieht sich prinzipiell menschlicher Kompetenz. Wenn aus humanitären Gründen, um einen schweren Leidenszustand, der durch andere Maßnahmen nicht behoben oder gemildert werden kann und auf ausdrückliches Bitten des Leidenden eine Tötung auf Verlangen erwogen wird, muß neben den erwähnten prinzipiellen Gründen folgendes eingewandt werden:

Es gibt keine objektiven Kriterien für eine solche Entscheidung, nach denen sich der Handelnde richten könnte. So wird beispielsweise ein depressiver Patient schneller damit bei der Hand sein, bei einem schweren Leiden um Beendigung seines Lebens zu bitten, als ein psychisch Gesunder. Schmerz oder Luftnot lassen dem Leidenden kaum die Möglichkeit, in nötiger Distanz über die Irreversibilität seines Verlangens nachzudenken.

Auf der Helferseite wird z. B. jemand mit religiöser Bindung wesentlich schwerer dazu zu bewegen sein, einen anderen zu töten, als ein religiös Ungebundener, der menschlichem Handeln alleinige Kompetenz zumißt. Auf beiden Seiten, auf Helfer- und Patientenseite, ist eine Variabilität der Maßstäbe zum Handeln zu erwarten, die nicht hinnehmbar ist.

Die Möglichkeit eines Mißbrauchs ist nicht auszuschließen.
Wenn z. B. jemand einen schwer pflegebedürftigen, leidenden Menschen lange pflegt, vielleicht unter Einsatz seiner gesamten Freizeit und unter Vernachlässigung eigener Interessen, kann die Straffreiheit der Tötung auf Verlangen ihn vielleicht dazu verleiten, dem Kranken die Aussichtslosigkeit seiner Situation klarzumachen.

Dem Leidenden selber kann alleine die Kenntnis der Tatsache, daß Tötung auf Verlangen unter den Bedingungen, die er möglicherweise erfüllt, erlaubt ist, ein schlechtes Gewissen verursachen. In Kenntnis einer solchen Rechtslage kann er den Eindruck gewinnen, er sei es seiner Umgebung schuldig, angesichts der Belastung, die er verursacht, die erlösende Willenserklärung abzugeben.

Je mehr der Wert der Selbstbestimmung betont wird, desto mehr kann eine Erwartungshaltung in der Bevölkerung entstehen, wonach alle behinderten, unheilbar Kranken oder alten Menschen es für anständig halten müssen, um den Tod zu bitten. Wir lernen unser Leben zu taxieren, es einzuteilen in wertes und unwertes Leben.

Nicht zuletzt können z. B. Krankenhausärzte in Bedrängnis kommen, wenn der Träger eines Krankenhauses bei der Einstellung von ihnen verlangt, dem Gesetz entsprechend bereit zu sein, aktive Sterbehilfe zu leisten. Daß dies nicht nur eine finstere Vision ist, zeigt die teilweise geübte Praxis bei der Einstellung von Gynäkologen, wenn ihre Bereitschaft zur Durchführung von Abtreibungen vorausgesetzt wird. Hierdurch können sich schwere Konflikte für den einzelnen Arzt ergeben angesichts der herrschenden Abtreibungspraxis (defacto-Fristenregelung).

Der bewußtseinsbildende Effekt von Gesetzen kann nicht bestritten werden.
Wenn bei einer Gesetzesnovellierung Abstand genommen wird von bisher postulierten Grundsätzen und praktizierten Verhaltensweisen, bleibt im Bewußtsein der Bevölkerung möglicherweise nur das Fallen eines Tabus haften, die sorgfältig differrenzierte Formulierung des Gesetzestextes geht unter. Das Signal, das von einer solchen Gesetzesänderung ausgeht, kann die fatale Wirkung haben: So absolut gilt das Tötungsverbot auch wieder nicht.

Solch eine negative Bewußtseinsänderung hat durch die Änderung des § 218 StGB tatsächlich stattgefunden. Obwohl der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch, den er nicht mehr „Tötung der Leibesfrucht“ nannte, nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei ließ, blieb die Botschaft: Abtreibung ist erlaubt. In einer Umfrage äußerten 70% der Befragten die irrige Auffassung, Abtreibung sei grundsätzlich erlaubt.

Die Forderung, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Fristenlösung 1975 gestellt hat, daß eine Notlage so schwer sein muß, daß sie einer medizinischen Indikation gleichkommt, ist dagegen im Bewußtsein der Menschen und sogar in der Praktizierung des Gesetzes völlig verdrängt worden. Die klare Formulierung des Bundesverfassungsgerichts hat hieran nichts geändert, sie geht in der Eigendynamik der eingeleiteten Bewußtseinsänderung unter.

Ist es so weit hergeholt, wenn wir eine ähnliche Entwicklung bei der Sterbehilfe befürchten? Juristen mögen dies abtun. Der politisch Handelnde hat jedoch die Pflicht, diese Gefahr bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen. Wenn ein Patient um seine Tötung bittet, muß gefragt werden, ob wirklich alles ausgelotet und unternommen wurde, um ihm anderweitig zu helfen und ihm personalen Beistand zu leisten.

Je mehr die Möglichkeit der aktiven Sterbehilfe ins Bewußtsein rückt als relativ aufwandsarme Problemlösung, desto größer ist die Gefahr, daß die viel aufwendigere Mühe um die Leidensminderung verdrängt wird. So vermittelt die Erlaubnis einer Tötung auf Verlangen vordergründig den Eindruck einer Humanisierung des Strafrechts. Sie ist in Wahrheit inhuman. Sie ist geeignet, vom Wichtigsten in dieser Situation wegzufahren: von geduldiger menschlicher Zuwendung.

Dr.  Karl-Heinz Beckers, veröffentlicht auf der Internetseite der „Christdemokraten für das Leben“ (www.-cdl-online.de)

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 1. März 2010 um 11:08 und abgelegt unter Lebensrecht, Medizinische Ethik.