Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Predigt „Gott rettet“

Freitag 22. Januar 2010 von Erzbischof Janis Vanags


Erzbischof Janis Vanags

Gott rettet
Predigt über Lk. 2, 1-18

Die Feier des Weihnachtsfestes wäre eine sehr schöne Sache, wenn es da nicht die großen Vorbereitungen gäbe. Für viele gute Hausfrauen verbindet sich das Weihnachtsfest mit Aufregungen und großer Hast, damit sie bis zum Fest noch alle Arbeiten bewältigen. Sie könnten uns berichten, daß das Aufräumen vor dem Weihnachtsfest eine schwere Aufgabe ist, die einen großen Einsatz erfordert.

Haben wir nicht auch darüber einmal nachgedacht, wie sich Gott auf das Weihnachtsfest vorbereitet hat? Schon im Anfang sagte Gott im Garten Eden zu der Schlange: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen: der soll dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in die Ferse stechen.“ (1.Mose 3,15). Schon damals – wir können wirklich nicht genau sagen, wie lange das her ist – fing Gott an, sich auf Weihnachten vorzubereiten.

Im 8. Jahrhundert vor Christus schreibt der Prophet Jesaja (Jes. 7,14): „Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel, Gott mit uns.“ In der Heiligen Schrift finden wir mehrere Hunderte solcher Zeugnisse dafür, daß sich Gott über die Jahrtausende auf Weihnachten vorbereitet hatte. Von der letzten Vorbereitung lesen wir im Evangelium nach Lukas (Lk. 2,1): „Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde.“ Können wir es uns vorstellen, eine wie große Völkerwanderung dadurch ausgelöst wurde?!

Die Zeit der Herrschaft des Kaisers Augustus war die Blütezeit des Römischen Imperiums. Man nannte es die Weltmacht, welche von Spanien bis zum Iran, von Nordafrika bis nach Britannien reichte. „Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.“ (Lk. 2,3) . Wir sind es gewohnt, in diesem Zusammenhang nur an die Reise von Maria und Joseph nach Bethlehem zu denken. Aber können wir uns vorstellen, was für eine Völkerwanderung  das eigentlich war?! Und wozu das alles?

Der Kaiser Augustus wollte damit den eroberten Völkern zeigen, daß er der Herr sei, und sie seine Sklaven, die an ihren Herrscher die Abgaben zu entrichten hätten. Damit wollte Gott die Zeit der Freiheit und des Heils durch seinen Sohn bringen. Kaiser Augustus hatte für sein Reich den Frieden gebracht, den man Pax Augustana (Augustinischer Friede) oder noch häufiger Pax Romana (Römischer Friede) zu nennen pflegte. Das war der Friede, welcher durch die militärische Übermacht Roms und die Anwesenheit der Streitkräfte in allen eroberten Ländern garantiert werden sollte. Gott hatte sich für diese Zeit entschieden, damit derjenige in die Welt käme, den der Prophet Jesaja „Friedefürst“ nennt (Jes. 9,5), derjenige, der den Frieden zwischen der Menschheit und Gott herstellen soll.

Beachten wir, daß dieses weltliche Geschehen einen geistlichen Hintergrund hat. Der Kaiser Augustus hatte ganz sicher eigene Absichten und Vorstellungen, ebenso wie seine Untertanen ihre eigenen Gedanken und Vorstellungen hatten. Gottes Vorsehung setzte diese gewaltige Völkerwanderung in Bewegung, nur damit Joseph und Maria nach Bethlehem kämen. Nur deshalb, daß Jesus dort geboren würde, wo der Messias, der Christus geboren werden sollte. Damit Gottes Zeichen und die biblischen Prophezeiungen wahr würden. Damit es Weihnachten würde.

Vielleicht hilft uns dieser historische Rückblick, das Weihnachtsfest in seiner wahren Größe und richtigen Perspektive zu erkennen. Einmal hörte ich im Radio eine Sendung mit Rezepten für den Weihnachtspudding. Wenn man ihn zu Weihnachten fertig haben möchte, dann muß man mit seiner Herstellung bereits am Ersten Sonntag im Advent beginnen. Somit dauert diese Herstellung ganze vier Wochen! Ich hörte mir das an und dachte: Das muß nun wirklich etwas ganz besonderes sein! Ein Pudding, für dessen Herstellung ein fähiger Koch einen ganzen Monat benötigt!

Aber wie muß wohl der sein, für den Gott, der Schöpfer des Weltalls, Jahrtausende für dessen Schöpfung benötigt und sogar  ganze Imperien in Bewegung gesetzt hat?! Wirklich, das muß etwas ganz besonderes und unbegreifliches sein, was uns Gott zu Weihnachten schenkt! Können wir uns das überhaupt vorstellen? Gott schenkt uns ein Kind, von einer Jungfrau geboren und legt es in eine Krippe. Das ist eine Handlung von einer tiefen Symbolik Die Krippe ist der Ort für das Futter, die Nahrung. In dem Jesuskind schenkt Gott der Welt das Futter, die Nahrung. Später sagt Jesus: „Gottes Brot ist das, was vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Ich bin das Brot des Lebens.“ (Joh. 6, 33+35) Und weiter sagt er: „Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten!“

Daß man Jesus in einem Stall in einer Krippe und nicht an einer königlichen Tafel findet, ist auch von ausdrucksvoller Symbolik Gottes Brot wird an alle und an jeden gereicht. Es gibt in dieser Welt keinen Einzigen, dem Gott es nicht reichen wollte. Da ist niemand zu klein, zu niedrig oder zu schlecht, als daß er nicht seinen Anteil am zu Weihnachten gereichten Brot des Lebens haben sollte – an Christus. Der fröhlich vorausschauende Prophet Jesaja jauchzt darüber bereits siebenhundert Jahre vor Seiner Geburt (Jes. 55,1): „Wohlan alle, die ihr hungrig seid, kommt zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!“ Und Jesus selbst spricht (Joh. 6,37): „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“  Man kann uns in unserem Leben vieles wegnehmen oder verwehren, aber das, was Gott den Menschen zu Weihnachten geschenkt hat, kann uns niemand nehmen, wenn es der Mensch sich selbst nicht fortnimmt oder verwehrt.

In der Krippe von Bethlehem beantwortete Gott uns alle unsere schweren Fragen. Es wird kaum jemanden geben, der nicht über den Tod oder seine eigene Sterblichkeit oder die Sterblichkeit eines Angehörigen nachgedacht hat. Jesus spricht: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Wir haben über vieles nachgedacht, sowohl über unser Leben und unsere Leistungen, Worte und Gedanken und die Arbeitslosigkeit. Mit allem dem werden wir einst vor Gott hintreten, und was antworten wir Ihm bei seinem Gericht? Aber Jesus spricht: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat daß ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“

Ja, es ist so, daß uns die kleinen Fragen unseres Alltags mehr beschäftigen als das, wie es einst in der Ewigkeit sein mag. Doch wenn wir Jesu Worte lesen und über sie nachdenken, entdecken wir in ihnen die Antworten auf die großen Fragen nach der Ewigkeit ebenso wie auf die kleinen Alltagsfragen. Denn Gott hat Jahrhunderte und Jahrtausende gebraucht, um uns das zu Weihnachten geschenkte Brot des Lebens zuzubereiten. Möge uns das anregen, immer weiter zu suchen und uns darin zu vertiefen.

Wenn ich das in einen Satz das zusammenfassen sollte, was Jesus den Menschen zu Weihnachten gebracht hat, dann könnte ich sagen: „Er hat die Beziehungen, den Frieden und die Freundschaft zwischen den Menschen und Gott wieder hergestellt.“ Achten wir das nicht zu gering. Für einen Menschen bedeutet das etwa ebenso viel wie für einen abgeschnittenen Finger, wenn er wieder an den Körper angeheftet wurde. Es bedeutet Leben und neue Kraft, sein Ziel zu erreichen. Für einen Finger, der nicht mehr durch eine Operation an den Körper angeheftet werden kann, bedeutet das den Verfall. Durch Christus sind unsere Beziehungen zu Gott neu geworden. Nicht irgendwelche Beziehungen, sondern die, von denen Johannes (1. Joh.3,1) schreibt: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, daß wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch.“

Wenn wir bedenken, welche Anstrengungen und Mühen die Heilung der Beziehungen zu den Menschen Gott gekostet haben, dann müssten wir auch noch zu einer anderen Schlussfolgerung kommen. Wenn es Gott eine so große Mühe kostete, daß er für uns Seinen eigenen Sohn opfern mußte, dann sind die Beziehungen mit Gott, oder richtiger gesagt, deren Fehlen, unser tiefstes und schwerstes Problem. So kommen wir zwangsläufig zum Schluss, daß wir feststellen, daß die Schöpfung des Weltalls Gott keine so große Mühen und Opfer abverlangte, als die Heilung der zerstörten Beziehungen zur Menschheit.

Sicher denken wir an diese Dinge nicht täglich. Wenn du nur an deine Beziehung mit Gott denkst, hast du dann eigentlich schon ein großes Problem? Die Wirtschaftskrise, der Haushalt des kommenden Jahres – das sind doch die Probleme. Der Klimawechsel, in dessen Folge Aizkraukle eine Hafenstadt werden könnte, das ist ein Problem! Die Familienverhältnisse, Streit, Verluste, Einsamkeit – das empfinden Menschen doch viel eher als Problem. Aber die Beziehungen zu Gott? Tausende von Menschen  leben doch ganz ohne sie, ohne daß sie das besonders berührt. Doch das ist nur scheinbar der Fall. Ich denke, daß die Wirtschaft gerade deshalb in der Krise steckt mit anschließender Arbeitslosigkeit, mit Schulden, die nicht bezahlt werden können, mit reduzierten Gehältern und Renten. Gerade deshalb wird die Welt von den von Menschen verursachten Fluten, von Stürmen und von Trockenheit heimgesucht. Gerade deshalb vermögen Menschen ihren nächsten Angehörigen ihr Leben schwer zu machen, da Tausende von Menschen ohne eine lebendige Beziehung mit Gott leben und vom Brot des Weihnachtsfestes nicht gekostet haben.

Weshalb wurde Christus als Mensch dieser Welt geboren? Doch nicht, weil er sich sehr nach deren angenehmer Gesellschaft gesehnt hätte, in der er sich gerne aufhalten wollte. Als er sich unter den Menschen einstellte, ging es ihm sehr schlecht. Christus wurde als Mensch geboren, weil Gott sich in den Menschen sehr getäuscht hatte. Aus dem Buch des Propheten Maleachi vernehmen wir die Beurteilung Gottes (Mal. 3,9): „Darum seid ihr auch verflucht, denn ihr betrügt mich allesamt.“

Wie kann ein Mensch Gott betrügen, der doch alles weiß und sieht? Maleachi setzt das Thema auf seine Weise fort, aber Jesus spricht (Matth. 25,40): „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Hört sich das nicht wahrhaftig und aktuell an? Ist es nicht so, daß die Abwesenheit Gottes in meinem Herzen es uns gestattet, ja uns sogar ermuntert, den  Geringsten unter meinen Mitmenschen zu betrügen und ihm Unrecht zu tun? Aber diejenigen, die das tun, sollten bedenken, daß sie das Christus, dem König des Himmels, antun. Das kann nicht anders enden als so, daß ihnen alles aus der Hand fällt und in ihren Händen entzwei geht. Es hat keinen Sinn, früh aufzustehen und spät zu Bett zu gehen, wenn Gott die Arbeit nicht gesegnet hat. Prüfen wir uns selbst an diesen Worten! Als Menschen scheint es uns nur natürlich und gerecht zu sein, auf ein Unrecht mit einem anderen Unrecht zu reagieren, einen Schlag mit einem Schlag zu beantworten und einem Betrüger seinen Betrug mit gleicher Münze heimzuzahlen. Einst ließ es Gott zu, daß den Menschen ihr Betrug vergolten wurde. Das lesen wir in dem Bericht über Noah. Es kam die Flut und überspülte die Oberfläche der Erde. Sicher empfinden wir es manches Mal, daß alles in der Welt wieder neu beginnen müsste, wenn wir selbst nur ja an einer trockenen Stelle überleben könnten. Doch Gott handelte anders. Er sandte Seinen Sohn  nicht in die Welt, „daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.“ (Joh. 3,17).

Gottes Wille ist es nicht, Auge um Auge, Zahn um Zahn zu vergelten, sondern zu heilen und zu erretten. Heilen und erretten und nicht mit dem Daumen nach unten zu zeigen und alles den Wasserfluten zu überlassen. Vielleicht geht das darauf zurück, daß Gott sich davon überzeugt hatte, daß die Wasserfluten die Welt nicht wesentlich verändert, sie nicht von allem Bösen und vom Betrug erlöst hatten. Im Gegensatz zum misslungenen Versuch mit Noah bereitete Gott, als die Zeit erfüllt war, das Weihnachtsfest vor. Für uns. Für jeden Menschen.

Mit welchen Mitteln heilt und errettet Gott? Mit drei Dingen, die miteinander Hand in Hand gehen und stets zusammen wirken.

Erstens lädt Er uns ein: „Kommt zu mir! Sucht meine Nähe! Gehört  mir!“ Gottes Ruf „Kommt“ kann auch bedeuten „flieht“. Flieht vor dem Bösen, vor der Ungerechtigkeit, vor der Sünde! Verlasst eure unrechten Wege! Der Apostel Petrus schreibt (1. Petr. 1,1-5): „So legt nun ab alle Bosheit, allen Betrug, alle Heuchelei und allen Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen und lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt in eurem Heil,  da ihr ja geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist. Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. Und auch ihr als die lebendigen Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.“ Es ist wirklich notwendig, das Leben in Ordnung zu bringen und die Beziehungen wieder herzustellen, sowie die Rückkehr von den ungeraden zu den geraden Wegen. Meistens bleiben die Menschen dabei, daß sie anderen Menschen ihre Forderungen kund tun, und das, was ihrer Meinung nach richtig und gerecht ist. Gott tut mehr. Haben wir eigentlich einmal darüber nachgedacht, weshalb wir es wagen können, vor Gott zu treten, und uns dennoch bewusst sind, daß wir ungerecht und sündhaft gewesen sind? Helfen uns die Gebote und die Strenge Gottes dabei, daß wir uns Gott annähern? Ja, die rütteln uns wach und lassen uns wie in einen Spiegel blicken, damit wir uns recht erkennen, doch die tragen kaum dazu bei, daß wir Gott näher kommen. Daß wir uns aus der Finsternis in das Licht und in ein neues Leben auf den Weg machen, dazu hilft uns die Liebe Gottes und die Vergebung, die er uns durch Jesus Christus schenkt. Gerade zu Weihnachten empfinden wir das viel mehr als zu anderen Zeiten. Gott möchte nicht vergelten. Jesus trug nicht Gottes Verlangen, uns zu bestrafen, nach Golgatha, sondern Seinen Wunsch, uns zu vergeben, uns wieder bei sich aufzunehmen, uns zu lieben, auch wenn er dafür den höchsten vorstellbaren Preis entrichten muß – den eigenen Sohn der Welt in der Krippe zur Nahrung zu geben.

Gott spricht (Jes. 1,18): „Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden.“ „So fern der Morgen ist vom Abend, lässt er unsere Übertretungen von uns sein“. (Psalm 103,12). Diese Liebe Gottes und sein Wunsch, zu vergeben, gibt Hoffnung. Ohne Hoffnung gibt es keine Heilung, Rettung und sogar keine Rückkehr vom Irrtum. Liebe, Vergebung und Hoffnung sind die Werkzeuge, für die sich Gott entschieden hat, um zu heilen und zu erretten. Das kann man auch sehr menschlich verstehen. Ein Mensch kann nur aufstehen und neu beginnen, wenn er Hoffnung hat, daß er nicht ewig verflucht ist, und daß es eine mögliche Wende zum Guten gibt. Hoffnung und Vergebung vermögen das zu heilen, was der Zorn und die Rache nicht vermögen. Davon können wir uns persönlich in unserem Leben überzeugen bei unseren Beziehungen zu unseren Nächsten. Danach können wir versuchen, das als göttliches Prinzip zu verallgemeinern.

Das Dritte, ohne das sich in unserem Leben nichts wesentlich ändern wird, ist, daß wir das, was wir von Gott empfangen haben, an unsere Umgebung weitergeben. Aus dem Schöpfungsbericht der Bibel wissen wir, daß wir zum Ebenbilde Gottes geschaffen sind. Wir haben gehört, daß Christus Menschengestalt angenommen hat, daß wir dieses Gleichnis vom Ebenbilde erneuern könnten. Doch womit werden wir Gott ähnlich? Gott ist allmächtig. Auch der Mensch in seinem Streben nach Macht möchte andere beherrschen, am liebsten die ganze Welt, ohne darüber nachzudenken, daß Macht zu aller erst Verantwortung und Sorge bedeutet. Und gerade das verführt ihn dazu, Gott zu betrügen und auszunutzen dadurch, daß er seinen Mitmenschen betrügt und ausnutzt. Gott ist allwissend. Auch Menschen denken gelegentlich, daß sie allwissend seien, was sie hochmütig werden, andere verurteilen und sich in Dinge einmischen lässt, die sie nichts angehen. Gott gehört die ganze Welt. Auch die Menschen möchten am liebsten alles an sich reißen und bemerken in ihrer Blindheit nicht, daß er von allem schon lange genug hat, aber daß es seinem Nächsten am Notwendigsten fehlt. Das ist genau die Weise, auf die der Teufel versuchte, Gott gleich zu sein. Gott wollte, daß wir ihm dadurch gleich wären, daß wir Liebe, Vergebung und Hoffnung in die Welt brächten. Ich denke, daß Wohltätigkeitsaktionen, bei denen wir für kranke Kinder spenden, die wir überhaupt nicht kennen oder uns auf eine andere Weise unserem Nächsten zuwenden und ihm etwas geben, was wir selbst gut gebrauchen könnten, die Augenblicke sind, in denen in unserem Alltag etwas von unserer Gottähnlichkeit durchschimmert. Es hatte mich sehr bewegt, bei einer Hörfunksendung die Frage mehrerer Rentner zu hören, was sie tun sollten, um den ihnen vorenthaltenen Anteil ihrer Rente, den das Gericht als illegal einbehalten und an sie auszuzahlen bestätigte, ihrem Vaterland Lettland zu spenden. Das ist ein für unsere Zeit völlig untypisches Verhalten, aber für Weihnachten nützlicher Akt der Selbstlosigkeit. Heilen und retten kann man nur aus einer Haltung heraus, in der wir Gott ähnlich werden.

Dabei gibt es nur das Problem, daß wir weder den Willen noch die Fähigkeit haben. Gott gleich zu werden. Deshalb spricht der Apostel Paulus (Titus 3,5) von der „Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist.“ In der Nähe Christi töpfert der Heilige Geist wie der Töpfer in Jeremia 18 an unserem kranken Herzen und macht es zu einem neuen, schönen  und nützlichen Gefäß. Deswegen sei es unser Vorsatz zu Weihnachten, uns Jesus immer mehr anzunähern. Wie die Weisen aus dem Morgenlande das auf dem Wege des Verstandes taten und sich selbst dem Jesuskind zum Geschenk darboten. Wie die Hirten ihn auf dem Wege des Herzens fanden, nachdem sie die Botschaft des Engels vernommen hatten. Auch wir sollten der Offenbarung Gottes folgen in Seinem Wort, in den Sakramenten und im Leben eines Christen.

Überlassen wir das nicht nur der Weihnachtszeit. Den Hirten wurde es offenbart, als sie ihre Alltagsarbeit verrichteten und ihre Herde bewachten. Manches Mal möchten wir unser Leben gerne in das „wirkliche“ Leben, das Berufsleben und das tägliche Leben aufteilen, während Gott, der Glaube, das Wachsen im Geist die andere Hälfte ist, die nur den Sonntag und die Kirche betrifft. Doch Christus ist zur Welt gekommen, um unser ganzes Leben zu bestimmen. Nur wenn er ganz zu uns kommt, sich an allem beteiligt und uns in seinen Besitz nimmt, vermag er unser Leben zu heilen und zu erretten.

Denken wir zurück, wie sehr sich Gott auf Weihnachten vorbereitet hat. Weisen wir sein Geschenk nicht zurück, sondern nehmen wir es frohen Herzens an.

 Amen.

Ãœbersetzung aus dem Lettischen: Johannes Baumann.
Die Predigt wurde zum Christfest 2009 im Dom zu Riga gehalten und im lettischen Fernsehen gesendet.

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 22. Januar 2010 um 20:07 und abgelegt unter Predigten / Andachten.