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Mehr Sachlichkeit und Zukunftshorizont, bitte!

Montag 2. November 2009 von Pfr. Rolf-Alexander Thieke


Pfr. Rolf-Alexander Thieke

Mehr Sachlichkeit und Zukunftshorizont, bitte!
Ein Plädoyer im Interesse unserer Kinder und Enkel

Unter dem Eindruck der Bundestagswahlen 2009 haben sich einige grundsätzliche Überlegungen nahegelegt. Es geht um eine Kurskorrektur bei der Art und Weise, wie wir heute mit existentiellen Zukunftsfragen zur gedeihlichen Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens umgehen. Aus der Perspektive eines engagierten Bürgers wie eines verantwortungsbereiten Christen sind m.E. einige Gedanken zu formulieren, was uns als Kirche und auch in den Gemeinden beschäftigen muss.

Die Ergebnisse der Bundestagswahlen haben gezeigt, dass viele Bürger unseres Landes wacher und intelligenter – oder auch enttäuschter – sind, als manche Medien und Politiker bisher glaubten.

Die Erosion der langjährigen Parteienlandschaft hat zahlreiche Ursachen. Sie ist in jedem Fall auch Ausdruck einer Vertrauens- und Integrationskrise in der Gesamtgesellschaft. Die Bürger durchschauen es, wenn Personen, Gruppen und Parteien überwiegend ihre Eigen- und Sonderinteressen im Auge haben und spezielle Klientelpolitik betreiben. Viele Bürger aber wissen auch nicht, wie sie ihr spürbares Unbehagen wirksamer zur Sprache bringen können. Dies hat seinen Grund u.a. darin, dass zahlreiche Sachverhalte und Zusammenhänge in der modernen Gesellschaft komplexer und unübersichtlich geworden sind. Der Durchblick erfordert hohe, zum Teil spezialisierte Kompetenzen. Darum gehört es zur Aufgabe aller Bildungsträger und der Politik, diese Zusammenhänge sachgerecht und verständlich darzustellen statt Teilwahrheiten und häufig nur Meinungen zu transportieren. Zu Deutsch: Es muss gerade von Verantwortlichen in den Medien mehr Kompetenz, mehr Fairness und Wahrhaftigkeit, mehr Selbstkritik und pädagogisch-politische Langzeitverantwortung eingefordert werden. Zu fordern sind Rücksichtnahme auf die sozialen Lebenszusammenhänge und Kritikbereitschaft gegenüber den bis ins Extrem gesteigerten Individualismen. Überhöhte Eigen- oder Sensations-Interessen von Medien und ihren Trägern führen auch im politischen Bildungsprozess zu immer mehr Desinformation und zu vertiefter Resignation vieler Bürger, die eigentlich zu erhöhter politischer Verantwortung bereit wären. Aus diesen und anderen darzulegenden Einsichten sind Konsequenzen zu ziehen!

Auf allen Ebenen der Gesellschaft und zu allen Themenbereichen muss das Bewusstsein für echte Zukunftspolitik geschärft werden. An die Adresse der Verantwortungsträger in Politik, Medien, Bildung und Kultur sind vor allem drei Forderungen zu richten:

1.) Die Politik unseres Landes und aller Parteien muss sich konsequent an dringenden Langzeit-Erfordernissen orientieren. Die Forderung nach „Nachhaltigkeit“ darf nicht zu einer leeren Redeformel für Spezialanliegen werden. Es geht nicht an, dass häufig eher selbstbezogene Wünsche dieser oder jener Klientel befriedigt werden und dabei Aufgaben, die langfristig eindeutig dem Gemeinwohl dienen, ausgeblendet oder immer wieder hintenan gestellt werden.

2.) An Politiker aller Parteien richtet sich die Forderung, sich für eine langfristig wirksame Kinder-, Jugend- und echte Familien-Politik „aus einem Guss“ stark zu machen. Die harmlos daher kommende Redeformel vom „demographischen Wandel“ beschönigt und verschleiert eine Notsituation, die wir der jungen Generation und den heute Geborenen sehenden Auges zumuten, wenn wir nicht mit höchstem Einsatz gegensteuern. Schon heute sprechen die Fachleute von einer drohenden Bevölkerung-Implosion. Wir haben moralisch die Pflicht, einen demographischen, ökonomischen und soziokulturellen ‚Absturz ins Nichts’ zu verhindern.

3.) An die Verantwortungsträger aller Parteien, Bildungsträger und Medien ist mit Nachdruck die Forderung zu richten, einer Entwicklung entgegenzutreten, die der sogenannten „political correctness“ verpflichtet ist und die letztlich nur zu publizistischer Feigheit verführt. Im politischen und publizistischen Leben müssen wieder Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit einkehren. Als bildungsorientierte, verantwortliche Bürger wollen wir von den Medien nicht mit Show-Effekten und Selbst-Inszenierungen von Personen überschüttet werden. Vielmehr gilt es, der Sachinformation gebührend Raum zu geben und kontroverse Diskurse offen zuzulassen bzw. sie im Stil einer soliden Dialog-Kultur zu fördern. Nur so wird gewährleistet, dass die im Grundgesetz garantierte Gewissens-, Meinungs- und Religionsfreiheit zivilcouragiert mit Anschauung versehen und vorbildhaft ausgefüllt wird.

Pfr. und Rell. i. R. Rolf-Alexander Thieke, Berlin, 26.10.2009

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 2. November 2009 um 10:37 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik.