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Buchbesprechung: Werner Thiede, Der gekreuzigte Sinn – Eine trinitarische Theodizee (2007)

Montag 26. November 2007 von Pfr. Rolf-Alexander Thieke


Pfr. Rolf-Alexander Thieke

Werner Thiede, Der gekreuzigte Sinn –
Eine trinitarische Theodizee (2007)

Ein ungewöhnliches Buch, das außergewöhnliche Aufmerksamkeit verdient. Nicht sehr viele Autoren von theologischem Format haben die Gabe, Leser so in den Bann zu ziehen wie in diesem Fall der Systematiker Werner Thiede von der Universität Erlangen-Nürnberg. Eines ist gewiß: Theologen wie Nicht-Theologen, Christen wie Agnostiker, Fragende wie Suchende und Zweifler – sie alle dürften mit diesem Band gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.

In vier Teilen gegliedert (Theodizee-Skepsis / Die Selbstentäußerung Gottes des Vaters / Die Selbstentäußerung Gottes des Sohnes / Die Selbstentäußerung Gottes des Geistes) und in 12 Kapiteln, legt Werner Thiede seinen attraktiven systematisch-theologischen Entwurf vor. So traditionell die Gliederung anmuten mag, so direkt, kreativ und innovativ geht er auf vitale Sinnfragen zu, und seine Überlegungen illustrieren, dass profunde theologische Bildung zur Bewältigung von grundlegenden Lebensfragen anzuleiten weiß und dass Oberflächlichkeiten im Denken unserer Zeit überwunden werden können.

Warum läßt Gott in seiner Schöpfung Leiden zu? Kann der Glaube an den Gott der Liebe überhaupt mit der realen Welt-Erfahrung des oft abgründigen Leids zusammenpassen? Statt auszuweichen, abzuwiegeln oder zu flüchten, lässt sich Werner Thiede mit Menschen, die noch konsequent nachdenken wollen, offen und souverän auf solche universalen Fragen ein. Thiede legt nicht ein lebensfernes, theologisch abstraktes Traktat vor. Er informiert vielmehr und inspiriert den Leser in zeitgemäßer Sprache geschichts- und gegenwartsnah. Die Lektüre ist auch für gebildete Nicht-Theologen ein intellektueller Lesegenuss. Sie trägt ihm zugleich reiche Früchte für die eigene spirituelle Existenz ein. Theologische Tradition und Reflexion sind der Fundus, aus dem die herausfordernden Glaubens- und Lebensfragen unserer Tage auf akademischem Niveau neu und facettenreich bedacht werden. Dabei ist der philosophische Diskurs der Neuzeit seit Nietzsche ebenso präsent wie das Feld moderner Wissenschaften.

Der Band entfaltet das biblisch-theologische Zeugnis von Gott, der uns als Schöpfer in der Gestalt Jesu, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, und im Wirken seines Geistes begegnet, in einer so gelehrten wie zeitnah-dialogischen Form, dass der Glaube neu aufleuchtet. In der kulturellen Gesprächslage unserer Zeit, die immer komplexer, immer disparater, immer diffuser und schließlich immer unübersichtlicher und zum Teil sogar aggressiver wird, nimmt dies theologische und kulturträchtige Werk, das auch vom Umfang her noch gut erschließbar ist, schon Leuchtturm-Funktion wahr. Es hilft zur Klärung und Orientierung der Geister. Und: Das trinitarisch profilierte Gotteszeugnis rückt implizit auch Koordinaten für die Ethik und für ein menschenfreundliches Leben in unser Blickfeld. Es hilft, das Leben in schwieriger Zeit neu zukunftsfähig zu machen.

Die Konsequenzen für die Bildungsarbeit innerhalb und außerhalb kirchlicher Verantwortung sind offenkundig. Der Band könnte für Theologen, Erwachsenenbildner, Religionspädagogen und Gemeindekreise über Konfessionsgrenzen hinweg zu einer Art Pflichtlektüre werden. Wo der Wunsch vorhanden ist, sich neu Rechenschaft zu geben über die Bedeutung des Kreuzes Jesu Christi und den komplexen Sinn des trinitarischen Gotteszeugnisses – für diese und die kommende Generation, da ist man mit dem Kauf dieses Buches gut beraten. Und als jemand, der über 30 Jahre zahlreiche gymnasiale Oberstufen-Kurse zu verschiedensten Themen zu gestalten hatte, meine ich: kein guter Lehrer sollte sich eine solche Fundgrube theologischer und kultureller Inspiration entgehen lassen.

Gütersloher Verlagshaus, 2007, 1. Auflage, ISBN 978-3-579-08012-3,
€ 29,95

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 26. November 2007 um 14:23 und abgelegt unter Buchempfehlungen, Rezensionen.