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Was Christologie bedeutet

Was Christologie bedeutet 

Zwei Grundfragen

Christologie, die Lehre von Person und Werk Jesu Christi, beinhaltet seit jeher zwei Grundfragen: 

  1. War Jesus von Nazareth letztlich ein Mensch wie alle anderen auch oder war er mehr als ein Mensch, „Sohn Gottes“, „Wort Gottes“, von Gott gesandter „Messias = Christus“ ?
  2. Ist sein Tod am Kreuz das Ende seines Daseins gewesen oder hat ihn Gott von den Toten auferweckt und zum „Herrn“ (Kyrios) über Lebende und Tote eingesetzt?

An der Beantwortung dieser beiden Fragen entscheidet sich, ob Jesus für die Menschen von heute eine Bedeutung hat oder nicht.

Wenn er tragisch am Kreuz starb und im Grab blieb, kann er nur aus historischen und religionswissenschaftlichen Gründen interessieren. Seine Lebens- und Wirkungsgeschichte kann bedacht werden, und es können mehr oder weniger interessante Vergleiche über die Wertung Jesu in anderen Religionen angestellt werden.

Wenn er aber der gekreuzigte und auferweckte Herr ist, hat er seine Gemeinde dazu beauftragt, Menschen zum Glauben an ihn einzuladen und zu verkündigen, dass er „wiederkommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten“ (so das Apostolische Glaubensbekenntnis).

Wahrer Mensch und wahrer Gott

Dass das Neue Testament vor dem Hintergrund des Alten Testamentes die beiden Grundfragen zu Jesus eindeutig beantwortet, hat weder inner- noch außerhalb der Kirche für Klarheit gesorgt – Jesus war und ist umstritten. Theologen und Nicht-Theologen haben dicke Bücher über ihn geschrieben und ihn unterschiedlich verstanden und gedeutet. Bis heute gibt es zahlreiche Jesus-Bilder, die ihn in verschiedenen Farben darstellen.

Auch in der Alten Kirche war es nicht grundsätzlich anders, bis das Konzil von Chalkedon im Jahr 451 bestätigte, er sei „wahrer Mensch und wahrer Gott“.

Diese Glaubenswahrheit wird im Neuen Testament in vielfältiger Art und Weise ausgedrückt:

„In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Kolosser 2, 9).

Jesus selbst sagt: „Ich und der Vater sind eins“ (Johannes 10,30).

Gleichzeitig wird erzählt, dass Jesus als Mensch in seiner Familie und in seinem Volk gelebt hat: Er wurde in Windeln gewickelt und in eine Krippe gelegt, er diskutierte mit seiner Familie wie mit Pharisäern und Schriftgelehrten, er litt Hunger und Durst, war müde, ließ sich einladen zu fröhlichen Festen, wurde zornig und weinte und rang im Gebet mit Gott im Garten Gethsemane.

Doch in aller Beschreibung der sympathischen Menschlichkeit Jesu hält das Neue Testament seine Besonderheit fest: Jesus blieb als einziger Mensch ohne Sünde, weil er mehr war als ein Mensch, nämlich Gottes Sohn und Gottes „Retter“, den er für alle Menschen in die Welt sandte.

An dieser Schilderung Jesu als wahrer Mensch und wahrer Gott scheiden sich immer wieder die Geister ebenso wie an der Frage, was sein Tod am Kreuz und seine Auferweckung von den Toten zu bedeuten haben.

Umdeutungen

Moderne Theologen wollen mit Hilfe eines historisch-kritischen Vorverständnisses die Berichte über Jesus im Neuen Testament in zwei Teile aufteilen:

Einerseits akzeptieren sie die menschliche Seite Jesu, viele seiner Worte und Gleichnisse, vor allem sein Reden von der Liebe zu Gott und zum Nächsten. Dies mache, so betonen sie, Jesus auch für uns heute entscheidend wichtig, indem wir uns von ihm in Bewegung bringen lassen zu einem konsequenten Leben in Liebe und Gerechtigkeit und einem Verzicht auf Gewalt.

Die „göttliche“ Seite Jesu, seine vollmächtigen Wunder und vor allem seine Auferstehung von den Toten werden von etlichen „modernen Theologen“ beiseite gelassen oder als urgemeindliche Verfälschung wegerklärt oder mit teilweise fromm klingenden Formulierungen umgedeutet, so dass letzten Endes doch nur der „gute Mensch Jesus“ übrig bleibt.

Hier muß die Gemeinde lernen, genau zu hören und zu lesen und sich nicht durch scheinbar christliche Begriffe täuschen zu lassen, die inhaltlich ganz anders gefüllt werden als es in der Bibel gemeint ist.

Wenn zum Beispiel gesagt wird, in der Auferstehung Jesu zeige sich, dass die Liebe über den Tod siegt und uns deshalb Hoffnung schenke, klingt das gut und kann auch mit Bibelworten begründet werden. Es könnte aber auch gemeint sein, dass die mitmenschliche Liebe eines Verstorbenen in der Erinnerung seinen Tod überdauere und immer wieder andere Menschen zu Taten der Liebe ermutigen möge.

Dies wiederum ist etwas ganz anderes als das biblische Zeugnis von der Auferstehung.

Sich auf Jesus zu berufen und ihn hoch zu schätzen reicht heute weniger denn je als Begründung des Christseins aus. Es kommt darauf an, welcher Jesus gemeint ist – eine selbstgestaltete Figur nach eigenen Wünschen oder Vorurteilen oder der Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott, den uns das Neue Testament schildert.

Entscheidungen

Spätestens bei der Frage nach dem Sinn des Kreuzestodes und der Auferstehung Jesu fallen Entscheidungen.

Nur wenn mit den Evangelien festgehalten wird, dass das Grab Jesu am dritten Tag leer war und dass seine Jünger den Auferstandenen gesehen und gehört haben und von ihm selbst zur Weitergabe des Evangeliums beauftragt wurden, kann Jesus Christus „mein einziger Trost im Leben und im Sterben“ sein (Heidelberger Katechismus, Frage 1). Mit Paulus gilt: „Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden“ (1. Korinther 15, 17).

In der Lehre von der Person, dem Wort und dem Werk Jesu geht es also gleichzeitig um des Menschen Seligkeit vor Gott, um die Frage, ob durch sein Kreuz und seine Auferstehung eine Brücke zu Gott geschlagen ist oder ob wir als Menschen durch unsere Sünde auf Dauer von Gott getrennt bleiben müssen.

Deshalb ist es entscheidend wichtig, wie wir Jesus sehen und verstehen.

Petrus, „voll des heiligen Geistes“, sagt: „In keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden“ (Apostelgeschichte 4, 8+12).

März 2009