Ich glaube an den Heiligen Geist. Was heißt das?
Freitag 9. Mai 2025 von Dr. Joachim Cochlovius

1.)Â Â Â Â Â Â Â Der Heilige Geist ist eine Person
Nach dem biblischen Zeugnis ist der Heilige Geist eine göttliche Person und lebt zusammen mit Gott dem Vater und Gott dem Sohn in unlösbarer Gemeinschaft. Obwohl einige biblische Hinweise die Vorstellung einer unpersönlichen Kraft nahe zu legen scheinen (z.B. Joh. 20,22: „er blies sie an“; Apg. 1,8 und 1. Kor. 2,4: „Kraft“; Eph. 5,18b: „lasst euch erfüllen“), trägt der Heilige Geist eindeutig personale Wesenszüge. Er lehrt und erinnert (Joh. 14,26), er spricht, er offenbart (Apg. 8,29; 10,15; 13,2; 16,6ff; 1.Kor. 2,10), er liebt (Röm. 15,30), er ist schöpferisch (1. Mose 1,2; Luk. 1,35; Röm. 8,11), er kann betrübt werden (Eph. 4,30).
2.)Â Â Â Â Â Â Â Der Heilige Geist im Alten Testament
Der Geist Gottes ist als göttliche Person bei der Schöpfung beteiligt (1. Mose 1,26; 2,7; Hiob 33,4). Er wird einzelnen Personen für besondere Aufgaben gegeben (4. Mose 11,25; Ri. 6,34; 1. Sam. 10,9; Micha 3,8). Er kann wieder entzogen werden (1. Sam. 16,14; vgl. Ps. 51,13). Das Volk Israel als Ganzes hatte ihn nicht (vgl. Jes. 63,10). Das A.T. kennt drei Verheißungslinien für den Empfang des Heiligen Geistes:
2.1 Für den Messias (Jes. 11,2; Jes. 42,1-9). Diese Verheißungen haben sich in Jesus Christus erfüllt (Luk. 4,10 ff.).
2.2 Für das Volk Israel (Jes. 32,15-17; Hes. 11,17-20; 36,26 f.; Sach. 12,10). Diese Verheißungen haben sich zu Pfingsten zunächst an den Jüngern Jesu erfüllt (Apg. 2,16), und sie werden sich endgültig bei Jesu Wiederkunft erfüllen (vgl. Röm. 11,26).
2.3 Für die ganze Menschheit (Joel 3,1-5). Diese Verheißungen haben sich zu Pfingsten an denjenigen nichtjüdischen Zuhörern der Predigt des Petrus er-füllt, die gläubig wurden. Sie erfüllen sich immer wieder dort, wo Heiden gläubig werden.
3.)Â Â Â Â Â Â Â Der Heilige Geist zu Pfingsten
Dem Pfingstfest kommt in Gottes Heilsgeschichte eine außerordentliche Bedeutung zu. Es war das jüdische Fest der Erstlingsgaben aus der Ernte. Dementsprechend sind die Jünger die „Erstlinge“ der Gemeinde Jesu, die den Heiligen Geist empfangen. Er wird ihnen gegeben, damit sie Gottes Heilspläne verstehen und das Evangelium unter den Heiden bezeugen können. Stellvertretend für das ganze Volk Israel nehmen die Apostel und insbesondere Paulus die alte Abrahams- und Sinaiberufung Israels wahr (1. Mose 12,1-3; 2. Mose 19,6) und tragen Gottes Erlösungsbotschaft zu den Völkern.
Als göttliche Bestätigung der neu entstehenden Gemeinde Jesu aus Juden und Heiden verlieh der Geist Gottes an vier missionarischen Nahtstellen „neue Zungen“, d.h. eine neue Sprache zur Anbetung Gottes. Einige der anwesenden Juden und der an den Gott des A.T. gläubigen Heiden verstehen aufgrund eines besonderen Hörwunders diese Sprache. Damit wird klar, dass die wichtigste und ewige Aufgabe der Gemeinde die Anbetung Gottes ist. Gemäß der Anweisung Jesu (Apg. 1,8) empfangen zunächst gläubig gewordene Juden und Heiden in Jerusalem, dann Menschen in Samarien und schließlich aus der Völkerwelt den Heiligen Geist (Apg. 2,1ff; 8,14-17; 10,44ff). Diese einmaligen geschichtlichen Ereignisse werden „Taufe mit dem Geist“ genannt.
4.)Â Â Â Â Â Â Â Der Empfang des Heiligen Geistes
Zu Jesu Lebzeiten war der Heilige Geist „noch nicht da“ (Joh. 7,39). Die Jünger hatten demzufolge den Heiligen Geist vor Pfingsten nicht (Joh. 20,22 bereitet sie auf den Geistempfang vor). Seit Pfingsten kann der Heilige Geist von allen Menschen empfangen werden, und zwar durch Hören und Befolgen des Evangeliums (Röm. 10,27; Apg. 5,32). Wer das Evangelium hört und ihm gehorcht, wird durch den Heiligen Geist „neu geboren“ (Joh. 3,5) und empfängt göttliches Leben (Joh. 6,63; 2. Kor. 3,6). Nur wer den Geist empfangen hat, vermag Jesus Christus seinen Herrn zu nennen (1. Kor. 12,3).
5.)       Die Erfüllung mit dem Heiligen Geist
Da der Heilige Geist eine Person ist, kann man nicht mehr oder weniger Heiligen Geist haben. Vielmehr besteht die Erfüllung mit dem Geist seitens des Menschen darin, dass er sich Gott zur Verfügung stellt und seitens Gottes, dass er seine wunderbare göttliche Herrschaft über den Menschen ausübt. Paulus nennt in Eph. 5,18b-20 drei Kennzeichen des vom Geist erfüllten Lebens: 1.) eine geistliche, von Gottes Liebe geleitete Kommunikation mit anderen Menschen und das persönliche Gotteslob, 2.) die tägliche Danksagung für alles im Namen Jesu Christi und 3.) den Verzicht auf alle Machtdurchsetzung sowie eine neue Gesinnung der Unterordnung und des Dienens. Die Erfüllung mit dem Geist setzt also die Bereitschaft voraus, alle persönlichen Lebensbereiche unter den Gehorsam des Glaubens zu stellen.
6.)Â Â Â Â Â Â Â Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes
Es ist das große Ziel des Heiligen Geistes, Jesus Christus zu verherrlichen, d.h. groß und wichtig zu machen (Joh. 16,14). Deswegen tritt er völlig hinter Jesus zurück. Aus diesem Grund gibt es in der ganzen Bibel kein Gebet zum Heiligen Geist. Das Ziel der Verherrlichung Jesu erreicht der Heilige Geist dadurch, dass er Menschen von ihrer Sünde überführt (Joh. 16,8), sie heilsbedürftig macht und ihnen den Blick auf den Sünderheiland Jesus Christus öffnet. Wenn wir durch das Wirken des Heiligen Geistes uns unseres eigenen Elends, unserer Sünde, unserer Unfähigkeit zum Guten und unserer vielfältigen Mängel bewusst werden, suchen wir unser Heil bei Jesus und empfangen göttlichen Frieden und göttliche Freude (Röm. 14,17).
7.)Â Â Â Â Â Â Â Die Seelsorge des Heiligen Geistes
Seit der Erschaffung des ersten Menschen hat Gott das Ziel, den Menschen zu einem Ebenbild des göttlichen Wesens zu erneuern (1. Mose 1,26; Röm. 8,29). Da Gottes Wesen Liebe ist (1. Joh. 4,16), besteht die Ebenbildlichkeit wesentlich darin, dass der Mensch durch Gottes Liebe erneuert wird zu einem Leben aus der Kraft der Gottesliebe (1. Kor.13,4-8a). In der Seelsorge des Heiligen Geistes wird der Christ in einem ganz individuellen Prozess zu einem liebesfähigen Menschen umgestaltet. Die Liebe Gottes, die der Heilige Geist in das Herz der Christen hineinlegt (Röm. 5,5), lenkt ihren Blick auf den Sohn Gottes und verändert sie auf diese Weise „von einer Herrlichkeit zur anderen“ (2. Kor. 3,18). Das Gestaltwerden der Liebe im Leben der Christen vergleicht Paulus in Gal. 5,22 mit dem langsamen Reifen einer Frucht. In diesem Prozess empfängt der Christ Anteil an den Charakterzügen Christi, oder – anders ausgedrückt – Christus gewinnt Gestalt in ihm.
8.)Â Â Â Â Â Â Â Geistliche Reife
Die geistliche Neugeburt eines Menschen ist der Anfang seines geistlichen Lebens. Es muss nun ein geistliches Wachstum einsetzen, eine Festigung im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, damit der Christ eine reife geistliche Persönlichkeit wird. Jesus ermahnt in der Bergpredigt seine Nachfolger, „vollkommen“ zu werden, so wie es der Vater im Himmel ist (Mt. 5,48), und er zeigt ihnen in den „Antithesen“ (Mt. 5,21-47), worin die geistliche Reife besteht. Die Antithesen gipfeln in der Aufforderung an seine Nachfolger, auch die Feinde zu lieben. Paulus versteht seinen Gemeindedienst im Wesentlichen als Bemühung, „einen jeden Menschen in Christus vollkommen zu machen“ (Kol. 1,28f.). Geistliche „Vollkommenheit“ hat nach dem biblischen Zeugnis nichts mit Perfektionismus zu tun, sondern meint eine in der Liebe Gottes gefestigte Wesensart, die auch die Feinde lieben kann.
Jesus hat die gemeindlichen Leitungsdienste dazu eingesetzt, dass die Gemeinde zu dieser geistlichen Reife geführt wird (Eph. 4,11-15). Alle gemeindliche Arbeit muss also das Ziel haben, dass Christen im Glauben und in der Liebe gefestigt werden. So schärft es jedenfalls Paulus seinem Mitarbeiter Timotheus ein (1. Tim. 1,5). Der „vollkommene“, also der durch Gottes Liebe gereifte Christ ist geistlich stabil angesichts von Verführungen (Eph. 4,14), er erstrebt die Heimat im Himmel (Phil. 3,15), er erkennt durch den Heiligen Geist das tiefste Wesen Gottes (1. Kor. 2,10), und er vermag sogar seine Feinde zu lieben (Mt. 5,48):
9.)       Die Fülle in Christus
In Joh. 10,10 verheißt Jesus allen, die an ihn glauben, Leben und volle Genüge. Paulus bezeugt in Eph. 1,3, dass der Glaubende in Christus den vollen Segen des Himmels empfängt. Petrus nennt die Erkenntnis Gottes in Christus die Quelle aller irdischen und himmlischen Güter, die der Christ zum Leben und zur Frömmigkeit braucht (2. Petr. 1,3). Der Christ hat also in Christus Zugang zu allen himmlischen und irdischen Gütern.
10.)Â Â Â Â Die Wirkungen des Geistes in der Gemeinde
Nach 1. Kor. 12 wirkt der Heilige Geist durch einzelne Christen in übernatürlicher Weise Worte und Taten, die der ganzen Gemeinde zugutekommen und den Glauben stärken, insbesondere in Zeiten von Not und Mangel. Es gibt erstens „Gnadenwirkungen“, die sog. Charismen (z.B. Heilungen, die Anbetung Gottes mit neuer Zunge, prophetisches Reden, praktische Hilfsleistungen, Hilfe bei Leitungsentscheidungen). Ein Charisma ist kein Dauerbesitz, sondern wird vom Geist je und je gegeben, um bestimmte Nöte und Mängel in der Gemeinde zu beheben. Nach 1. Kor. 13,8 hörten die Charismen der „neuen Zunge“ und des „prophetischen Redens“ noch zu Lebzeiten der Apostel auf. Sie waren in der Anfangszeit der Gemeinde Jesu nötig. Die neue Zunge, um die Einheit von Juden und Heiden zu demonstrieren. Die prophetische Rede, weil die Gemeinden von Anfang an gesunde Lehre brauchten, obwohl die Apostel ihre Lehrunterweisung noch nicht abgeschlossen hatten. Zweitens gibt Christus durch den Geist „Dienstämter“ (Apostel, Propheten, Lehrer, Evangelisten, Hirten). Die Ämter der Apostel und Propheten gab es nur in der Gründungszeit, denn durch sie hat der Heilige Geist den Grund des christlichen Glaubens gelegt (Eph. 2,10). Für geeignete Lehrer, Evangelisten und Hirten muss die Gemeinde immer wieder beten. Heute sind besonders für das Hirtenamt vom Heiligen Geist berufene Männer nötig. Drittens darf die Gemeinde auch für besondere Kraftwirkungen (Wunder) bitten, wenn dadurch bestimmte Nöte behoben werden und der Name Gottes geehrt wird.
Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 9. Mai 2025 um 22:48 und abgelegt unter Gemeinde, Seelsorge / Lebenshilfe, Theologie.