Gemeindenetzwerk

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Schöpfung oder Evolution. Zwei Beiträge der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“

Montag 5. Mai 2025 von Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V.


Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V.

1.) Reinhard Junker, Besprechung des neuen Lehrbuchs „Didaktik der Evolutionsbiologie“. 

Sven Gemballa & Ullrich Kattmann (Hrsg., 2024) Didaktik der Evolutionsbiologie. Zwischen Fachkonzepten und Alltagsvorstellungen vermitteln. Berlin: Springer Spektrum. 566 Seiten, 44,99 €.

Evolutionsdidaktik ohne offene Fragen

Die Autoren dieses umfangreichen Sammelbandes behandeln Fragen der Vermittlung evolutionsbiologischer Inhalte in 31 Einzelbeiträgen. Nach einer Einführung (Teil I) geht es im Teil II in neun Beiträgen um „Evolution als naturwissenschaftliches Erklärungsmodell und seine Vermittlung“. Es folgen in Teil III acht Beiträge über die Vermittlung der naturhistorischen Perspektive von Evolution. Teil IV widmet sich „nichtwissenschaftlichen Ansichten“, zu denen die Autoren – nicht überraschend – neben Eugenik und Rassenlehre auch Kreationismus und Intelligent Design rechnen (vier Beiträge). In den Teilen V und VI wird die Vermittlung des Themas „Evolution“ in verschiedenen Schulstufen und an verschiedenen Lernorten behandelt (Zoo, Botanischer Garten, Museen, Lerngänge; insgesamt neun Beiträge). In dieser Buchbesprechung soll streiflichtartig nur auf einige Punkte eingegangen werden, die aus der Sicht der Arbeit von Wort und Wissen von besonderem Interesse sind.

Angesichts der Tatsache, dass in den letzten Jahren von Befürwortern der Evolutionslehre (!) vermehrt thematisiert wurde, dass der (neo-)darwinistische Mechanismus durch Mutation, Selektion und Gendrift evolutionäre Innovationen nicht erklärt und dass daher nach neuen Lösungen gesucht wird,1 erlebt man bei der Lektüre dieses Buches einen regelrechten Flashback. Die zentrale Stellung der Selektionstheorie sei unstrittig (S. 6). Aus der Selektionstheorie leite sich logisch die Existenz von Evolution ab (S. 6 und 7f.). Selektion scheint alles zu können.2 Wie kann das sein, wo Selektion allenfalls das survival des Fittesten erklären kann, aber nichts zu dessen arrival sagen kann? Die Verwendung der Begriffe „Evolution“ und „Evolutionstheorie“ ist oft unklar. Empirisch nachvollziehbare Beispiele, die Erwähnung finden, handeln von Anpassungsvorgängen (Mikroevolution), die nichts über Innovationen (Makroevolution) besagen.

Der Schluss auf die Ermöglichung evolutionärer Neuheiten (Makroevolution) wird nicht problematisiert (z. B. S. 142). Entsprechend werden Erklärungsprobleme von Evolutionstheorien nicht thematisiert oder sie werden (zu Unrecht) als gelöst hingestellt (z. B. S. 313f.). Die Erkenntnisse darüber, dass Behauptungen über vermeintliche Fehlkonstruktionen wie der Aufbau des Linsenauges (S. 457f.) auf Unkenntnis und fehlerhafter Argumentation beruhen, sind an den Autoren offenbar vorbeigegangen. Von aktuellen Befunden über deren ausgeprägte Funktionalität findet sich bei ihnen keine Spur. Auch die kontroverse Diskussion über den Status der Evolutionsbiologie als historischer Theorie, die Evolution nicht aus Gesetzmäßigkeiten und Randbedingungen ableiten kann,3 findet kaum Erwähnung. Vielmehr wird „die Evolutionstheorie“ (unklar, was gemeint ist) unsachgemäß auf eine Stufe mit physikalischen Theorien gestellt (S. V).

Ein durchgängiges didaktisches Motiv ist die Anknüpfung an „Alltagsvorstellungen“ über Evolution und allgemeine „lebensweltliche Denkfiguren“ und deren Korrektur. Diese Vorgehensweise ist grundsätzlich sinnvoll, aber dazu gehört nach Ansicht der Autoren auch und vor allem das konsequente Austreiben teleologischer Vorstellungen aus den Köpfen der Schüler, also die Vorstellungen von Zielgerichtetheit, die auf einen Schöpfer verweisen. Die Vorstellungen von Anpassungen auf einen Zweck hin seien eine „Lernhürde“ (so z. B. S. 52, 91). Außerdem wird festgestellt, dass die Überwindung dieses durch den Alltag geprägten Denkens schwierig sei (s. z. B. Kapitel 3 und 5). Das ist kein Wunder, denn es widerspricht jeder Erfahrung, dass ohne Plan und Steuerung komplex-funktionale Dinge entstehen.

Evolutionsbiologie soll nach den Vorstellungen der Autoren schon ab dem Grundschulalter unterrichtet werden (Kapitel 23) und Evolution könne auch ohne Kenntnis von Genetik unterrichtet werden (S. 99). Hier ist kritisch anzumerken, dass ohne Kenntnis und Verständnis der Faktoren, die Evolution vorantreiben, eine Evolution nur als nette Geschichte vermittelt werden kann. Mit Wissenschaft hat das nichts zu tun, sondern eher mit Indoktrination von Lerninhalten, die den Alltagserfahrungen der Kinder diametral widersprechen.

Von besonderem Interesse für einen W+W-Mitarbeiter ist Kapitel 19 über Kreationismus und Intelligent Design. Schon die Verwendung des „Leugner“-Begriffes ist in diesem Zusammenhang tendenziös. An den Ausführungen von Dittmar Graf über dieses Thema ist erkennbar, dass dieser Autor nur wenig Kenntnisse über diese beiden Ansätze hat, dafür umso mehr Vorurteile. Das mittlerweile im deutschsprachigen Raum vorliegende Schrifttum findet keinen Widerhall. Wie soll man sich sonst Sätze erklären wie „Kreationismus beruht auf der fehlenden Unterscheidung von Glauben und Naturwissenschaft“? Oder es würde aus dem Fehlen einer lückenlosen Rekonstruktion der Entstehung komplexer Strukturen geschlossen, dass diese „nicht rekonstruierbar“ seien? Oder dass nur auf der Basis von Nichtwissen für einen Schöpfer argumentiert werde.

Diese Fehlerliste könnte fortgesetzt werden. Es ist frustrierend, diese Ignoranz feststellen zu müssen, und es zeigt sich, dass keinerlei Interesse vorhanden ist, sich sachorientiert einer kritischen Diskussion und den tatsächlich vorgebrachten Argumenten zu stellen. Stattdessen müssten die Lehrkräfte darauf achten, dass die Schüler nicht durch den Kreationismus verunsichert werden, so der Autor (S. 325).

Fazit: Wenn es nach den Autoren dieses Sammelbandes geht, lernen die Schüler, dass es keinerlei grundsätzliche Erklärungsprobleme in Evolutionstheorien gibt, dass mit Selektion alles erklärt werden kann, dass Kritiker „Leugner“ sind und keine wirklichen Argumente haben und dass Glaubensinhalte und wissenschaftlich begründete Erkenntnisse zwei nicht überlappenden Bereichen zugehören (S. 324, 343). Sie lernen nicht die wichtigen Unterscheidungen von Variation und Innovation, von experimenteller und historischer Forschung – und sie lernen nicht, was Befürworter der biblischen Schöpfungslehre oder des allgemeiner gehaltenen „Intelligent Design“ tatsächlich vertreten und wie sie ihre Sicht der Dinge begründen. Wenn das Buch eines zeigt, dann dass die Arbeit der Studiengemeinschaft Wort und Wissen dringend nötig ist und dass es wichtig ist, dass einzelne Christen und christliche Gemeinden sich dieses Themas annehmen.

Literatur und Verweise

Vgl.: Junker R (2024) Rezension von „Evolution ‚on purpose‘“ in Stud. Integr. J., Ausg. 2, S. 143.

„Für die Entstehung komplexer Merkmale wie etwa des Auges als Sinnesorgan kennt die Evolutionstheorie keinen anderen Prozess als natürliche Selektion“ (S. 85).

Dies wird ausführlich diskutiert in: Junker R & Widenmeyer M (Hrsg., 2021) Gibt es eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie? In: Schöpfung ohne Schöpfer? Studium Integrale. Holzgerlingen, S. 35-64.

Schon in der Einleitung wird festgestellt, „dass viele Alltagsvorstellungen von Lernenden im Widerspruch zu den fachlich angemessenen Konzepten stehen“ (S. V).

2.) Neuerscheinung: Arbeitsheft zu „Schöpfung oder Evolution“

Dieses Heft ist wirklich schön zu lesen. Der Autor bringt schöne und sehr interessante Beispiele, an denen man „eigentlich sehen muss, dass es eine Schöpfung gab.“ (Kommentar eines Schülers). Schöpfung oder Evolution. Was lernen wir aus Wissenschaft und Bibel? Ein Arbeitsheft von Reinhard Junker für Hauskreise, Jugendgruppen und evangelistische Treffen 66 Seiten, geheftet, Format 17 x 24 cm, mit Farbabbildungen. Rigatio Stiftung, 5,95 €.

„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde …“ (1. Mose 1,1) – war es wirklich so – oder hat die Wissenschaft Gott als Schöpfer längst abgeschafft? Das Thema „Schöpfung und Evolution“ ist ein heiß diskutierter Dauerbrenner – aus gutem Grund, denn es geht um nicht weniger als um die Fragen unserer Herkunft und unserer Identität. Die Frage, ob es einen Schöpfer gibt, betrifft jeden, auch wenn viele Zeitgenossen diesbezüglich gedankenlos ihr Dasein fristen mögen. Ob wir geplant, gewollt und sogar geliebt sind, macht einen großen Unterschied zu einem atheistisch geprägten Selbstverständnis, wonach wir zufälliges Ergebnis bloßer Naturprozesse sind.

Dieses Arbeitsheft von Reinhard Junker behandelt Argumente zu der Frage, ob die Fakten aus der Biologie eher für zufällige Entstehung (Evolution) oder für geplante Erschaffung (Schöpfung) sprechen. Wie kann man das anhand naturwissenschaftlicher Daten und Ergebnisse prüfen? Was sind Schöpfungsindizien, wie kann man diese finden und begründen, dass sie wirklich klar auf einen Schöpfer hinweisen?

Und kann man auf der Basis von Schöpfung überhaupt Wissenschaft betreiben? Schließlich wird genau das vielfach vehement bestritten (vgl. die Buchbesprechung zu „Didaktik der Evolutionsbiologie“ in dieser Info-Ausgabe). Um solche Fragen geht es in diesem Arbeitsheft. Mit Fragen, die an Alltagserfahrungen anknüpfen, kann jeder Jugendgruppen- oder Hauskreisleiter leicht die Thematik für die Gruppe erschließen. Oder man arbeitet das Heft für sich persönlich durch. In einem biblischen Teil geht es auch um die Frage, ob Evolution als Schöpfungsvorgang interpretiert werden kann. Auch in diesem Teil werden die wesentlichen Aspekte anhand von Fragen erarbeitet, die helfen, ins Gespräch zu kommen.

Inhalt

  • Zwei Arten von Quellen für die Erforschung der Ursprünge: Wissenschaft und Bibel
  • Schöpfungsindizien – Ist Gott in der Schöpfung erkennbar?
  • Weitere Hinweise auf die Weisheit eines Schöpfers in der Natur
  • Evolution als Vorgang der Schöpfung? Welche Folgen hat „Theistische Evolution“ für den christlichen Glauben?

Quelle:

Wort-und-Wissen-Info 4/2024
www.wort-und-wissen.org

Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 5. Mai 2025 um 14:20 und abgelegt unter Buchempfehlungen, Schöpfung / Evolution, Theologie.