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Maria: kein himmlisches Urbild, aber ein menschliches Vorbild

„Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda 40 und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. 41 Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt 42 und rief laut und sprach: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! 43 Und wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe. 45 Ja, selig ist, die da geglaubt hat! Denn es wird vollendet werden, was ihr gesagt ist von dem Herrn.“ (Lk 1,39-45)

Das Credo macht uns mit der ganzen Christenheit darauf aufmerksam, welch eine besondere Stellung die Gestalt der Maria in der Schrift und damit im Heilsplan Gottes einnimmt. Ecce ancilla Domini – Siehe des Herrn Magd! Ein Kranz von Legenden hat sie geschmückt. Die besten und größten Künstler, Maler, Bildhauer und Holzschnitzer haben gewetteifert, ihrer Verehrung Gestalt zu verleihen. Unaufhörlich steigt das inbrünstige Gebet ungezählter Christen zum Himmel auf, die sich ihrer Fürbitte anbefehlen und Schutz und Hilfe bei ihr suchen.

Wir haben in den Tagen der Reformation gelernt, in dieser überschwänglichen Verehrung der Maria, wie sie in der katholischen Kirche üblich geworden ist, die Gefahr der Abgötterei zu erkennen. Wir verwerfen den Marienkult. Aber sind wir wahrhaft evangelisch, wenn sich unsre Stellung zu der Mutter Jesu in diesem Protest, diesem ‚Nein‘ zur Marienverehrung erschöpft? Es ist kein Zweifel, dass sie eine ganz bescheidene Rolle in der Verkündigung unsrer Kirche spielt. Und die Frage ist nicht von der Hand zu weisen, ob dem überschwänglichen Lob auf der katholischen Seite nicht eine ungebührliche Geringschätzung auf der protestantischen Seite gegenübersteht?

Dabei wird sich ein Gespräch mit Luther als besonders fruchtbar erweisen. Es ist viel zu wenig bekannt, wie sehr er bei aller Ablehnung der „abgotterey“ die besondere Bedeutung der Mutter des Herrn im Auge behielt. „Was sind alle Mägde, Knechte, Herren, Frauen, Fürsten, Könige, Monarchen auf Erden gegen der Jungfrauen Maria, welche aus königlichem Stamm geboren und dazu Gottes Mutter ist, die höchste Frau auf Erden? Sie ist das edelste Kleinod nach Christo, in der ganzen Christenheit.“ (EA 6,48). Ein solches Zeugnis aus dem Munde des Reformators mag uns doch sehr nachdenklich stimmen. „Es dürfte sich jedenfalls lohnen, diesem „Kleinod“ auch im Raum der Evangelischen Kirche eine neue Fassung zu geben.“ (Lamparter)

Wir wollen damit keinen Mariendienst unter uns aufgerichtet, wo durch die Mutter Gottes und den Glorienschein womit man sie umgeben hat, der Erlöser selber, ihr göttlicher Sohn, in den Schatten gestellt ist. Nein, nicht als die hohe „Himmelskönigin“, sondern als die demütige Magd Gottes, nicht als die allmächtige Gnadenspenderin, sondern selber als eine Begnadigte des Herrn, tritt sie in der evangelischen Geschichte vor uns auf. Aber ist sie auch selber nie und nimmermehr eine Mittlerin zwischen Gott und Menschen, so bleibt sie uns doch ehrwürdig als die Mutter unsres Mittlers und Versöhners. Sie strahlt uns nicht als ein himmlisches Urbild im überirdischen Heiligenschein, sie leuchtet uns aber als ein menschliches Vorbild im Licht ihres Glaubens, ihrer Liebe, ihrer Demut und ihres Gehorsams. Und in diesem Sinn wollen wir sie betrachten:

 Maria, die Mutter Jesu, zwar kein himmlisches Urbild, aber ein menschliches Vorbild für uns:

  1. als fromme Gottesmagd;
  2. als liebes Schwesterherz;
  3. als gesegnete Davidstochter;
  4. als viel geprüfte Schmerzensmutter.

Maria, die Mutter Jesu, ist uns zwar kein himmlisches Urbild, aber ein schönes menschliches Vorbild; vor allem

1. als fromme Gottesmagd

Von einer künftigen Himmelskönigin, meine Lieben, die auf goldenem Stuhle thront und der die Welt zu Füßen liegt, zeigt uns die evangelische Maria keine Spur, vielmehr erscheint sie uns überall lediglich als eine Magd Gottes, deren ganzer Sinn ausgesprochen ist in der frommen Antwort auf die Engelsbotschaft, die unsern Textworten unmittelbar vorangeht: Ecce ancilla domini; siehe, ich bin des Herrn Magd, mir geschehe wie du gesagt hast.

Als eine fromme Magd des Herrn sehen wir sie Gottes Wort gläubig annehmen und willig befolgen.

Was für ein Gruß ist das, über den sie nachdenkt? Wenn sie nach dem Besuch der Hirten in der heiligen Nacht „alle ihre Worte behielt und bewegte sie in ihrem Herzen;“ wenn sie das wunderbare Wort des zwölfjährigen Jesusknaben im Tempel „in ihrem Herzen behielt,“ obgleich sie es noch nicht verstand; wenn sie bei der Hochzeit zu Kanaa zu den Dienern spricht: „was Er euch sagt das tut;“ wenn sie nach der Himmelfahrt ihres verklärten Sohnes samt den Aposteln einmütig versammelt war mit Beten und Flehen – überall sehen wir die fromme Magd Gottes, die ein offenes Ohr und Herz hat für das Wort des Herrn, es aufnimmt und bewahrt in treuem Herzen und weiter bewegt in stillem Geiste.

Aber als eine rechte Magd Gottes ist sie nicht Hörerin allein, sondern auch Täterin des Worts. Dies zeigt sich dadurch, dass sie auf den Wink des Engels, der sie zu Elisabeth, ihrer Verwandten gewiesen hat, sofort auf den Weg zu ihr aufmacht. Die schutzlose Jungfrau, eilt ins Gebirge, wo die Verwandte wohnte.

Später pilgert sie, wie es das Gesetz verlangt, nach Jerusalem, um ihren Neugeborenen dem Herrn im Tempel darzustellen.

Bald darauf tritt sie mit Joseph nach göttlichem Befehl willig mit ihrem Kindlein in den Armen die beschwerliche Reise nach Ägypten an.

Wenn sie von Nazareth aus als eine fromme Israelitin Jahr für Jahr aufs Osterfest nach Jerusalem geht: ist sie da nicht die fromme Magd des Herrn, die Gottes Wort nicht nur gerne hört, sondern auch willig tut, nicht nur annimmt und behält in ihrem Herzen, sondern auch befolgt und bewährt mit der Tat?

Liebe Freunde, ist diese fromme Magd Gottes uns nicht ein schönes Vorbild mit ihrem stillen Horchen auf sein Wort, mit ihrem sanften Wandel nach seinem Gebot? Unter allen Verhältnissen und Stationen unsres Lebens, sagt sie: „Siehe ich bin des Herrn Magd, mir geschehe wie du gesagt hast?“ In jedem irdischen Stand und Beruf, ob du alt oder jung, Mann oder Frau, Handwerker oder Akademiker bist, was kannst du denn besseres sein als eine Magd Gottes, ein Knecht Gottes, welche gerne sein Wort hören und willig seine Wege gehen?

Und wie steht es bei dir mit diesem frommen Mariensinn? Hast du nicht auch schon so manches Gotteswort vernommen wie Maria? Hörst du das Wort Gottes auch gerne, bewahrst und bewegst du es in deinem Herzen? Wohl dir, dann bist auch du begnadigt vor dem Herrn! Oder ist statt des Mariensinns nur der leichte Evasinn in dir lebendig; der sich vergnügt an Augenlust und Eitelkeit, der schaut nach der verbotenen Frucht, der hinhorcht auf die Stimme der Verführung? Wehe dir, dann bist du eine leichte Beute der Sünde und des Verderbens. Oder hast du es statt dem frommen Mariensinn höchstens zu einem geschäftigen Marthageist gebracht? Geht im ganzen Welttrubel, in Kochen und Backen, im Rechnen und Sparen, in Vergnügung und Hetze dein ganzes Leben auf; aller Sinn für etwas Höheres, jede Sorge für deine Seele, jede Freude an Gottes Wort, erstickt von den Dornen der irdischen Sorgen – o dann bist du zu beklagen und könntest doch wie eine Taube dich aufschwingen auf Flügeln des Gebets; du führst ein Sklavenleben und könntest doch frei sein.

Und wenn du wirklich als eine Magd oder Knecht Gottes sein Wort gerne hörst, aufnimmst, empfängst und bewahrst: kommt es auch vom Hören zum Tun? Machst du dich wie Maria auch eilends ins Gebirge auf nach dem Wort des Engels? Ist dir da kein Weg zu rau, kein Gebot zu schwer, wenn es heißt: Gott will es. Wenn es gilt, dem Herrn zu dienen als seine fromme Magd oder Knecht? Oder sind es nur fromme gottesdienstliche Rührungen, oder nur flüchtige heilandsnahe Stunden, die wieder vorübergehen? Bist du vielleicht zwar willig zum Hören, aber träg zum Tun, ein Christ in der Kirche, aber ein Weltkind zu Hause, ein Maulchrist wie die Kirchenväter sagten. Lerne von Maria, den Gehorsam des Glaubens, die willig ihre Heimat verlässt und ins Gebirge geht auf des Engels Wort, so mach auch du dich unverdrossen auf in der Nachfolge des Herrn, ob es auf ebener Bahn, oder über steile Sorgenberge geht: „Siehe ich bin des Herrn Magd, mir geschehe wie du gesagt hast,“ „Rede Herr, dein Knecht hört!“

                                    So führst du doch recht selig, Herr, die Deinen,

                                    Ja selig und doch meist verwunderlich;

                                    Wie könntest du es böse mit uns meinen,

                                    Da deine Treu nicht kann verleugnen sich!

                                    Die Wege sind oft krumm und doch gerad,

                                    Darauf du lässt die Kinder zu dir gehn,

                                    Da pflegts oft wunderseltsam auszusehn,

                                    Doch triumphiert zuletzt dein hoher Rat!

2. als liebes Schwesterherz

Was für eine schwesterliche Begegnung, die uns mit den paar Worten mitgeteilt wird: „Sie kam in das Haus Zacharias und grüßte Elisabeth.“ Ist das nicht eine herzliche Liebe; die uns hier mitgeteilt wird? Welche schwesterliche Liebe gegenüber der Elisabeth an die der Herr sie gewiesen hat! Welche mütterliche Liebe wird später, nach dem Finden des Sohnes ersichtlich: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan, wir haben dich mit Schmerzen gesucht!“ – Welche mütterliche Liebe in jener Fürbitte auf der Hochzeit zu Kanaa: „Sie haben keinen Wein mehr!“

In der römisch-katholischen Kirche ist man darum so weit gegangen, diese mitleidige Maria zur Fürsprecherin für die ganze Welt, zur Gnadenspenderin zu machen. Man klagt ihr alle Schmerzen, man erwartet Hilfe von ihr in allen Leibes- und Seelennöten. Das ist ein Irrweg. Wollten wir sie als Nothelferin wählen, so müssten wir ja unsern Herrn Jesus zur Seite schieben, der da spricht: Kommet her zu mir alle die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Und hätte sie sich ins Erlöseramt Jesu gemischt, der der einzige Mittler ist zwischen Gott und Menschen, so müsste er sie ja zurückweisen wie dort in Kanaa mit den Worten: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen?“

Aber ein schönes Vorbild tiefer Liebe dürfen wir immerhin sehen in unsrer Maria, einer Liebe die herzlich teilnimmt am Wohl und Weh des Nächsten, einer Liebe die ihr Herz und ihre Hand für andere öffnet.

ŒSo ein aufrichtiges Herz solltet auch ihr, einander entgegenbringen, wie Maria dort es der Elisabeth entgegentrug; wie viel Neid und Eifersucht, wie viel Hochmut und Einbildung, wie viel Bitterkeit und Zwietracht, wie viel Heuchelei und Falschheit würde dann wegfallen, wodurch nicht nur Männer, sondern besonders auch Frauen; untereinander entzweit werden! So ein teilnehmendes Herz voll Liebe solltet auch ihr, liebe Freunde jeder Not gegenüber beweisen, wie Maria dort auf der Hochzeit zu Kanaa.

Wie viel Gutes könnte getan, wie viel Elend könnte gemildert werden von milden Frauenhänden wo es gilt, Kinder zu pflegen, Kranke zu warten, Hungrige zu speisen, Nackende zu kleiden, kurzum dem Herrn in den Brüdern zu dienen. Liebe Freunde, so kann und soll jeder Christ, die Gaben zum Dienste der Liebe und Barmherzigkeit nutzen, Liebe üben und Segen stiften. Der Herr selber pflanze in unsre Herzen immer mehr den Sinn ungetrübter brüderlicher und schwesterlicher Liebe und reiße aus das Unkraut der Selbstsucht, des Hochmuts, des Neides und der Schadenfreude:

                        Dass eins dem andern stets zum edlen Balsam werde,

                        Dass ein bedrängtes Herz in allerlei Beschwerde

                        Von seinem Nächsten Trost und Hilfe kommen seh,

                        Und dass ein Bruderherz das andre nicht verschmäh.

Dazu gehört freilich weiter jene herzliche Demut, die wir an Maria sehen, wenn wir sie betrachten

3. als die gesegnete Davidstochter

Schon der Engel hatte sie begrüßt als die Holdselige, als die Gebenedeite, Gesegnete unter den Weibern. Und auch Elisabeth, die Frau des Priesters, bricht bei ihrem Anblick in die Lobpreisung aus: „Gesegnet bist du unter den Weibern und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Und woher kommt mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ – Und später, als ihr Sohn sein Amt angetreten hatte und Tausende von Jesus das Evangelium hörten, Tausende von seinen Händen Heil und Segen empfingen, da rief eine Stimme aus dem Volk begeistert Jesus zu: Selig ist der Leib der dich getragen . . .

Wie hat Maria diese Ovationen hingenommen? „Meine Seele erhebet den Herrn und mein Geist freut sich Gottes meines Heilands, denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen, er hat große Dinge an mir getan!“ so beginnt sie nachher ihren Lobgesang. Sie erhebt den Herrn; nicht ihrer Höhe gedenkt sie, sondern ihrer Niedrigkeit. Sie beugt sich und tritt mit Freuden in den Schatten hinter Jesus.

ŒUnd diese demütige Seele hat man in missverstandener Verehrung vergöttert und über ihren Sohn erhoben. Was würde sie selber dazu sagen? Sie die einst in ihrer Demut erschrak über des Engels Gruß: der Herr ist mit dir, du Gesegnete unter den Weibern und gedachte: „Welch ein Gruß ist das?“ – würde sie nicht auch heute erschrecken, wenn sie die Gebete hörte, die man an sie richtet und sie bitten: Haltet euch an ihn, hört auf ihn, betet zu ihm; was Er euch sagt, das tut; ich aber bin nichts als eine arme Magd des Herrn.

Das ist es, was wir lernen wollen, von der gesegneten Davidstochter: Demut, die Krone aller Christentugenden. Demut bei allen äußeren Vorzügen des Rangs und Standes, denn was gelten sie vor Gott, der das Herz ansieht; was bleibt uns davon in Grab und Ewigkeit? Nichts; wir haben nichts von dem allem in die Welt gebracht, darum werden auch nichts davon mit hinausnehmen.

Demut aber auch bei allen inneren Vorzügen des Geistes, bei allen Gaben der göttlichen Gnade, der Erleuchtung, der Bekehrung, der Heiligung, die Maria voraus hat vor andern? Was bist du vor Gott, als ein armer, sündiger Mensch, der nichts hat, dessen er sich rühme, denn allein seine Schwachheit. Der sagen muss: An mir und meinem Leben Ist nichts auf dieser Erd, Was Christus mir gegeben, Das ist der Liebe wert! Die Hoffärtigen zerstreut der Herr, so ruft Maria selber aus in ihrem Magnifikat.

Manche Tochter Eva’s ist schon in ihrem Hochmut auf ihr schönes Gesicht gefallen, aus geistlichem Hochmut auf ihre Tugend und Klugheit. Den Demütigen aber gibt Gott Gnade. Demut setzt allen andern Vorzügen erst die Krone auf; Demut macht dich Menschen wert; Demut macht dich angenehm vor Gott, empfänglich für seine Gnade, tüchtig für seinen Himmel.

                            Hinab, mein Herz, hinab, so wird Gott in dir wohnen,

                            Die Demut lohnet er mit goldnen Himmelskronen,

                            Im Demutstale liegt des heiligen Geistes Gab;

                            O wohl dem, der sie sucht; darum, mein Herz, hinab!

Solche Demut lehrt der Herr seine Auserwählten besonders in der Schule des Kreuzes. Und auch da kann uns Maria noch ein Vorbild sein:

4. als viel geprüfte Schmerzensmutter

Als die „Gesegnete unter den Weibern“ wird sie gepriesen von dem Engel und von Elisabeth. „Und o selig bist du die du geglaubt hast!“, ruft ihr die Freundin zu, „denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist vor dem Herrn.“ Aber die Begnadigte sollte auch die schwer Geprüfte werden unter den Frauen. Auch was Simeon ihr weissagte gehört dazu: „Es wird ein Schwert durch deine Seele gehen.“ Doch auch im tiefsten Leid, unter dem blutigen Kreuz ihres Sohnes steht sie vor uns als ein Bild frommer Ergebung und ausharrender Geduld – als ein tröstendes Beispiel für viele Kreuzträger.

Ihr Leiden hat für uns keine erlösende Kraft. Nur Einer hat für uns gelitten, das ist der Schmerzensmann am Kreuz, das Lamm-Gottes das der Welt Sünde trug. Aber ein Vorbild frommer Geduld kann auch die Schmerzensmutter unter dem Kreuz uns werden, all denen, die unter einem schweren Kreuz leiden und zerbrechen wollen. Wenn Dulden und Tragen von dir erwartet wird; wenn dir im Gedränge des Lebens oft ein Schwert durch die Seele geht und euer Herz im Stillen blutet in mancherlei Leid, Sorge, Unrecht und Misshandlung; oder wenn ihr als Dulder, als Verlassene, als Verwaiste an den Särgen und Gräbern der Euern weint, dann, liebe Freunde wünsche ich euch den Duldersinn unsrer Maria, dass ihr auch unterm bittern Kreuz sprechen könnt: Siehe ich bin des Herrn Magd, mir geschehe wie du gesagt hast; dass es auch im schwersten Leid von euch heißen mag: „O selig bist du, die du geglaubt hast,“ dass auch bei den dunkelsten Wegen es geglaubt wird: Was Gott tut, das ist wohlgetan. In solchem Glauben können auch Schwache stark, Trauernde getröstet, Zarte zu siegreichen Helden werden, denn unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet.

Der Anfänger und Vollender unseres Glaubens, Jesus, stärke unsern Glauben; er ziehe sich unter uns recht viel fromme Marienseelen heran, gehorsam gegen Gott, liebevoll gegen den Nächsten, demütig im Wohlsein, standhaft in der Trübsal, und der Herr Jesus wandle uns immer mehr in sein Bild, das schönste Vorbild und das himmlische Urbild für die Menschheit.

Heiligster Jesu, Heiligungsquelle,

Mehr als Kristall rein, klar und helle,

Du lautrer Strom der Heiligkeit!

Der Glanz der hohen Cherubinen,

Die Heiligkeit der Seraphinen

Ist gegen dich mir Dunkelheit.

Ein Vorbild bist du mir,

Ach bilde mich nach dir,

Du mein Alles!

Jesu, hilf du,

Hilf mir dazu,

Dass ich auch heilig sei wie du!

Amen

Prädikant und Rel.-päd. Thomas Karker, Weihnachten 2024