Was für ein herrlicher Name: Immanuel
Sonntag 22. Dezember 2024 von Prädikant Thomas Karker
„Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein, und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel heißen, das ist verdolmetscht, Gott mit uns.“ (Matthäus 1,23)
Der Evangelist Matthäus zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er seine Nachrichten vornehmlich durch Stellen aus dem Alten Testament belegt. Das tut er auch hier, indem er Jes. 7,14 anführt. Er meldet nämlich, dass ein Engel des Herrn Joseph mitgeteilt habe, dass das, was in Maria gezeugt ist, vom Heiligen Geist wäre. Diesen Sohn solle er Jesus, Retter, nennen, denn er werde sein Volk von ihren Sünden retten.
Diese Botschaft belegt er nun durch die Worte des Propheten: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger, und wird einen Sohn gebären, den wird sie Immanuel heißen. Immanuel! In diesem Worte wird der Segen des Geheimnisses der Menschwerdung Jesu Christi angedeutet; dies liegt in dem Namen Immanuel. El heißt Gott, besonders mit Bezug auf seine Stärke. Im heißt mit, und – nu uns – Gott mit uns. Es sind wenige Worte, aber von großem Gewicht.
1. Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes
Immanuel. Wir betrachten zuerst das Wort El. Es ist der hebräische Name Gottes und deutet seine Stärke an. Diese letzte Silbe des Namens beinhaltet die Kernaussage des Geheimnisses und die Wurzel des Segens. Freilich ist dies nur dem Gläubigen sichtbar. Mit unsern natürlichen Augen sehen wir nur ein hilfloses, neugeborenes, Kindlein, das sich von andern neugeborenen Kindlein durch nichts unterscheidet, als durch den Ort, wo wir’s finden – einem Stall – und eine Krippe. Die Hirten wussten wohl, wie sie daran waren, sie sahen nämlich Christus, den Herrn, wie ihnen der Engel gesagt hatte. Sie hatten die Engel gesehen und die Lobgesänge gehört, darum konnte sie der Anblick des Kindes nicht verwirren.
Folgen wir Jesus, dem Immanuel, so versteckt sich das El, starker Gott, je länger, je mehr. Einzelne Blitze seine Gottheit werden zwar deutlich, sodass sich viele verwunderten: Was ist das für Einer? Die väterliche Werkstatt eines Zimmermannes verbirgt ihn 30 Jahre in dem verachteten Nazareth. Lukas, der alles sorgfältig zu erkunden suchte, meldet von diesem langen Zeitraum von 30 Jahren nichts als: Er war seinen Eltern untertan, und nahm zu an Alter, Weisheit und Gnade. War das der Inhalt der 30 Jahre Wanderung, wovon uns nichts gemeldet wird? Bewunderungswürdiges Stillschweigen! Hier ist heilig Land. – Dann tritt er öffentlich auf. Aber wie, und in welcher Lage erblicken wir den Immanuel am Ende seines Lebens? Wir hören, wie man schrie: Wo ist nun sein Gott? Wir hören ihn selbst rufen: O mein Gott! Warum hast du mich verlassen! Sehen ihn sterben; darauf wird er begraben; und so scheint alles zu Ende. – Mag’s sein! Er ist und bleibt El, der starke Gott, mag ihn auch ein natürliches Auge kaum entdecken, dem Glauben ist es gewiss: Er ist El, Gott.
Dieser Name El, Gott, ist uns der Inbegriff alles Guten, alles Lebens, aller Freude und alles Friedens. Denn der Name Gott fasst alles Selige, Schöne, Liebliche und Herrliche in sich. Dies Wort begegnet all unserm Mangel, ihn zu füllen – denn ist’s nicht nach Eph. 1,23 dieser Immanuel, der alles in allen erfüllt. Dieser Name El begegnet unserer Torheit, sie in Weisheit umzuwandeln, unserer Ohnmacht, sie durch seine Kraft zu erwecken. Er, der erretten kann alle, die zu ihm schreien.
Dieser El nun ist „immanu“ d. h. mit uns. Dies mit uns schauen wir uns im weiteren und engeren Sinn an.
2. Im weiteren Sinne: Gott mit uns.
Im weiteren Sinne zeigt dies „Gott mit uns“ an, dass Gott mit aller seiner Kraft und Fülle auf unsere Seite getreten ist, sich mit uns verbindet, sich mit uns eingelassen hat, sein Vermögen und seine Kraft zu unserer Errettung, zu unserm Schutz und Heil anwendet. Wer sieht nicht, dass dies etwas unaussprechlich Großes ist, das wir nicht hoch genug schätzen können, wozu wir uns nicht genug freuen können.
Ist Gott mit uns – wer, oder was mag wider uns sein? Wenn Gott zu jemand sagt: Ich bin mit dir, so fasst er darin alles Heil zusammen, und die Personen, zu welchen er dieses sagte, wussten sich in jeden Fall unter seinem Schutz und Schirm. So sprach der Herr nach 1. Mose 28,15 zu Jakob, der wegen der Drohung seines Bruders Esau die Flucht ergreifen musste, und einsam in einer Wüste auf einem Stein statt des Bettes schlief: Ich bin mit dir, und will dich behüten, wo du hinziehst; ich will dich nicht verlassen, bis ich dir alles tue, was ich dir durch den Mund deines Vaters geredet habe! Als Jakob 20 Jahr nachher wegen seines Bruders in großer Angst und Gefahr war, berief er sich auf diese Verheißung: Ich bin mit dir; und er übersetzte sie sehr wohl in die Worte: Ich will dir wohltun. 1. Mose 32,9.
Wenn es im 39. Kapitel Vers 2 von seinem Sohne Joseph heißt: Der Herr war mit Joseph, so wird gleich hinzugesetzt: dass der Herr Glück zu allem gab, was er tat. Auch im Gefängnis heißt es von ihm Vers 21: und der Herr war mit ihm, und neigte sich zu ihm.
Jes. 43 heißt’s: Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich mit Namen gerufen, und du bist mein; so du durchs Wasser gehst, will ich mit dir sein. Der Engel des Herrn grüßte die Jungfrau Maria mit den Worten: – Der Herr ist mit dir, du Gebenedeite unter den Weibern. Vom Gegenteil aber spricht der 124. Ps. also: Wo der Herr nicht bei uns wäre – so sage Israel, wo der Herr nicht bei uns wäre, wenn die Menschen gegen uns auftreten, wenn ihr Zorn über uns ergrimmt, so ersäuft uns Wasser, Ströme gingen über unsere Seele. Aber unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Dies Immanuel, oder: Gott mit uns, bezeichnet demnach die gnadenreiche Gegenwart Gottes bei seinem Volke, welches sich rühmt: Gott ist bei uns drinnen.
Diese gesegnete Gegenwart Gottes bei seinem Volke hat natürlicherweise die herrliche Wirkung, dass es in allen Nöten bewahrt, von allem Bösen erlöst, aller Segnungen teilhaftig wird.
- Müssen wir in den Streit – ist der Herr mit uns – so werden wir in allem weit überwinden, unsere Feinde mögen sein, welche sie wollen;
- müssen wir vors Gericht – ist der Herr mit uns – wer will uns verdammen; sollen wir gerecht,
- sollen wir stark werden – ist der Herr mit uns – wie leicht wird es uns werden!
Und wirklich, die Geburt Jesu Christi ist ein Beweis, dass der Herr mit uns ist, ein Beweis, den wir mit Augen sehen, und mit Händen greifen können. Von da ab an hieß es: Johannes – d. h. Gott ist gnädig. Er hat die Welt, so geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Der Name – Immanuel – ist also etwas, das uns zu einer seligen Freude, zu einer völligen Beruhigung, zu einem ewigen Trost, werden kann.
Die Gesinnung Gottes gegen uns ist doch der Grund unserer Furcht oder unserer Hoffnung. Dieser Armen, dieser Elenden, dieser Sünderin wird diese Botschaft des Heils gepredigt, dass sie die Liebe Gottes erkennt, die alle Furcht austreibt.
3. Im engeren Sinne: Gott für uns.
So erfreulich und ermutigend ist der Name und die Tat – Immanuel – d. i. Gott mit uns, schon in seiner weiten Bedeutung. Lasst es uns jetzt denn in seinem nähern Sinne: Gott für uns erwägen.
Dieser Tatname bezeichnet die nähere, ja aller innigste Vereinigung Gottes mit den Menschen, und zwar erstens im Fleisch.
Der ewige Sohn Gottes Jesus Christus heißt Immanuel, weil er sich mit unserm Fleisch vereinigt hat. Er ist das Wort, das im Anfang bei Gott war, durch welches alle Dinge gemacht sind, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. Dies ewige Wort ward Fleisch, und schlug seine Wohnhütte, sein Zelt, unter uns, bei, in uns auf. Dies ist das große Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart im Fleisch gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt von der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit. So wie wir Fleisch und Blut haben, ist er’s gleichermaßen teilhaftig und seinen Brüdern in allem gleich geworden.
Wodurch wurde Gott ein Mensch? Dadurch, dass er unsere menschliche Natur durch die Jungfrau Maria annahm. Das hat der Propheten Jesajas vorher verkündigt: Siehe! Eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie Immanuel nennen. Diese unsere menschliche Natur hat er auf Erden an sich. Sie war nur in zwei Stücken verschieden:
- Er hatte nämlich keinen menschlichen Vater und keine Sünde wie wir.
Sonst wurde er, wie wir auch, müde, hungrig, durstig, schläfrig, traurig, schlicht und man sah ihm nicht an, was ihn sonst von anderen Menschen unterschieden hätte. Obwohl er Gott war! Und wir müssen über seine menschliche Gestalt hinaussehen, wie Johannes sagt: Wir sahen eine Herrlichkeit, als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Aber wozu war er Mensch geworden? Der Ewige fängt an seine Existenz nach Jahren zu rechnen. Der Unermessliche wird in ein Maß eingeschränkt. Der Gott der Geister wird mit Händen betastet, mit Augen angesehen. Derjenige, welcher die Freude selbst ist, weint. Das ewige Leben stirbt. Und zu welchem Zweck? Der muss ja groß und herrlich sein.
Das ist er auch. Wir erwähnen nur ein vierfaches: Gott für uns. Wir haben
- ein neues Haupt,
- einen Bürgen,
- einen Versöhner, und
- einen Schatz.
Dadurch, dass Gott Mensch geworden ist, Immanuel! d. i. Gott mit uns, hat unser Geschlecht ein neues Haupt bekommen. Das Haupt ist am menschlichen Körper das Vornehmste. Von demselben gehen die wichtigsten Lebensgeister aus. Ein Verein, Staat ohne Haupt besteht nicht; ein Leib ohne Haupt ist tot. Adam ist unser erstes, natürliches Haupt, gemacht von der Erde und irdisch, unter das Gesetz getan und unbeständig. In Adam sind wir alle gestorben, in ihm haben wir alle gesündigt, in ihm sind wir alle unter den Fluch geraten. Durch unsere Abstammung von Adam ist die böse Neigung zum Übertreten des Gesetzes auf uns alle übergegangen. Es ist unter allen seinen Nachkommen keiner, der gerecht sein könnte, der Gutes tue, auch nicht einer. Wir sind gar bald verloren, das Paradies ist uns verschlossen.
Lediglich das haben wir noch vom Paradiese her, dass das Gesetz in unserm Herzen eingegraben ist. Es heißt, tue das, lebe so! Wir besitzen dazu weder Lust noch Kraft, und wir können nicht einmal unserm Gewissen, geschweige dem Gesetz genügen. Das bedeutet: So wie wir sind, sind wir alle verloren. Gott ist auch nicht gesonnen, den Menschen in jenen paradiesischen Stand zurückzuversetzen, d. h. uns mit hinreichender Kraft zu versehen, er will uns vielmehr in den herrlichen Stand des ewigen Lebens zurückbringen.
Dieser herrliche Stand ist uns nun ohne unser Zutun, in dem Immanuel zubereitet und geschenkt worden. Ihn hat uns Gott zum zweiten Adam, und zum Haupt gegeben, den Herrn vom Himmel. Wie wir nun das Bild des irdischen Menschen getragen haben: so sollen wir auch das Bild des himmlischen bekommen. (1. Kor. 15,49). Darin liegt eben das Geheimnis des Segens. Röm. 5: hier stellt der Apostel diese zwei Häupter gegenüber. Von dem ersten Menschen kommt die Sünde, Übertretung, Ungehorsam, dadurch das Unheil, alles Verderben, der Tod, die Verdammnis, welches zu allen seinen Nachkommen durchgedrungen ist, sodass sie alle Sünder, Ungerechte, Verurteilte, Todgeweihte geworden sind. Durch den zweiten Menschen Christus, den Herrn vom Himmel, setzt der Apostel in dem gleichen Kapitel den Gehorsam, Gnade, Gerechtigkeit, Leben, Rechtfertigung des Lebens, jedoch so, dass die Rechnung des zweiten Menschen ein großes Übergewicht über die des Ersten Adam hat. Durch diesen Immanuel werden deswegen alle vor Gott gerecht, durch den Glauben.
Durch dieses Haupt nun werden wir Glieder, nicht durch die natürliche, sondern durch die geistliche, durch die Wiedergeburt, Christus in uns, der Hoffnung Herrlichkeit.
Aus diesem Haupt fließt uns sodann alles zu, was in dem Haupt selbst ist, das sich in den beiden Wörtern: Gerechtigkeit und Leben zusammenfassen lässt.
An dies Haupt haben wir uns zu halten, auf dass Christus alles in uns sei.
In diesem Haupt liegt für alle Gläubige, die wesentliche Fülle der Gottheit selbst, und also ein unausforschlicher Reichtum. In diesem Immanuel hat uns also Gott eine Gabe gegeben, zu ewiger Freude, wenn wir an seinen Namen glauben.
In diesem Immanuel haben wir einen Bürgen bekommen. Ein Bürge übernimmt und erfüllt die Verbindlichkeiten anderer. Das hat dieser Immanuel getan sowohl durch Gehorsam – als durch sein Leiden. Er hat unsere ganze Schuld so abgetragen, dass er selbst ausrief: Es ist vollbracht. Und wir werden ermahnt, uns nicht wieder fangen zu lassen unter das knechtische Joch der Sünde.
Denn in diesem Immanuel haben wir den Versöhner; denn dieser Name bedeutet auch: Gott war in Christus. Und was hat er da anderes getan, als dass er die Welt mit ihm selber versöhnte; indem er ihnen die Sünde nicht zurechnete, sondern den, der von keiner eignen Sünde wusste, für uns zur Sünde machte, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Sein Leib war ein Opfer. Haben wir nicht durch ihn die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, und das Gnadenrecht, mit Freimütigkeit zum Thron Gottes hinzuzutreten? Er ist erschienen, die Werke des Teufels zu zerstören, wegzunehmen die Sünde vieler und sie aufzuheben. Er, er ist der Gnadenstuhl in seinem Blut.
In diesem Immanuel ist ein unendlicher Schatz in den Acker der auserwählten Menschheit gelegt worden.
Er ist ein kostbarer Sauerteig um die Menschheit ganz mit seiner Kraft, Herrlichkeit und Leben zu durchdringen.
Sein Reichtum ist unausforschlich. Also ist auch sein Volk unendlich reicher und mächtiger, und mehr wert, als die ganze Welt.
Wahr ist: Ihr seid arm, schwach und elend. Aber gesteht euch dies ruhig ein, mit unserem Immanuel rühmen wir uns seiner überschwänglichen Kraft, und ewigen Herrlichkeit. Denn wie sollte uns derjenige, der seines eignen Sohnes nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Lasst uns rufen: Hier ist Immanuel. Er ist unser Haupt, und in ihm haben wir alles, und die ganze Fülle der Gottheit ist in ihm leibhaftig und überfließend.
4. Im inneren Sinne: Gott in uns.
Immanuel d. i. übersetzt: Gott mit uns. Jetzt lasst uns noch überlegen, was es bedeutet, dass sie ihn so nennen wird.
Was für Personen sind hier gemeint? Beim Jesajas heißt es: sie – die Jungfrau, welche diesen Sohn geboren hat – wird ihn so heißen.
Matthäus aber belehrt uns, dass sie das im Namen der gesamten Kreuzesgemeinde tun werde. Sie alle, die dazu gehören, werden ihn so heißen. Es sind demnach die Armen am Geist, die Elenden, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, welche Barmherzigkeit begehren, die da glauben. – Dies Heißen ist nichts Geringes. Man bedarf dazu weit mehr, als eine geübte Zunge. Ja, niemand bringt dies fertig als durch den Heiligen Geist. Überdies geht es so, wie Hosea 2 gesagt wird: Ich will sie locken, und in eine Wüste führen, und freundlich mit ihnen reden, dann werden sie singen, und mich heißen: mein Mann; und will mich ihrer erbarmen, dann werden sie sagen: Du bist mein Gott.
Nur auf dem Wege lernen wir ihn Immanuel heißen. Wenn wir anerkennen, wie ferne, wie abtrünnig wir geworden sind, wenn wir einsehen, dass es unser größtes Unglück sein würde, in diesem Zustande zu verharren; wenn wir erkennen, dass wir in uns selbst kein Mittel besitzen, aus diesem Elende heraus wieder zu Gott zu kommen, wenn wir begreifen, dass wir nicht einmal tüchtig sind, aus uns selbst etwas zu denken, geschweige zu tun!
Dies macht den Menschen zu dem Kranken, der den Arzt braucht, zu dem Sünder, den Immanuel zur Buße ruft; zu dem Verlorenen, den er sucht und retten möchte. Er ist gewissermaßen schon selig, wie unselig er sich fühlt. – Dann werden wir mit Freuden einsehen, dass wir in unsrer Not und Armut nicht so allein dastehen, sondern, dass Gott mit uns ist: Immanuel! Das bringt denn eine wunderbare Veränderung in unser Leben. Ist Gott mit uns – wer mag wider uns sein? Lernen wir dies aussprechen: Immanuel, so finden wir auch da gebahnte Wege, wo kein Weg sonst ist. Wer will uns da an unsrer Seligkeit hindern?
In Christus ist Gott mit uns, d. h. bei uns und für uns und in uns. Denn auch in uns will er Wohnung machen, auch in dir und in mir will er einen himmlischen Lebenskeim pflanzen, damit es von je der Seele heiße ähnlich wie von Maria: „Das in ihr geboren ist, das ist von dem Heiligen Geist.“ Ein Leben aus Gott, ein himmlisches Wesen soll in uns allen geboren werden durch Jesus Christus; unser Leib und unsere Seele soll ein Tempel des Heiligen Geistes werden, eine Hütte Gottes bei den Menschen. O, dass durch Christi Wort und Geist Gott in uns einkehren würde, damit unser Heil in der Kraft und im Leben, zu Tat und Wahrheit in uns werde. Unser Christensein darf nicht nur im Herr-Herr-sagen bestehen, sondern wir als Kinder Gottes den Willen tun unseres Vaters im Himmel. Unser Leben soll etwas sein zur Herrlichkeit Gottes.
O! so gebe sich denn keiner eher zufrieden, bis er in Kraft des heiligen Geistes den uns gegebenen Sohn, das uns geborene Kind, welches heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig – Vater, Friede – Fürst, auch als seinen Immanuel begrüßt, und mit vollem Herzen und ganzer Zuversicht, und freudiger Liebe rufen kann: Gott mit uns!
Nun denn, Geliebte, „Immanuel, Gott mit uns,“ das soll unser aller Wahlspruch sein je mehr und mehr. Dass Gott bei uns, des wollen wir im Glauben immer froher werden beim Anblick dessen, in welchem uns Gottes Gnade und Wahrheit erschienen ist.
Dass Gott für uns ist, das sei unser Trost unter den Anfechtungen unseres irdischen Pilgerlaufs.
Damit Gott in uns wohnen kann, sei das unsere stille Arbeit an unsern Herzen. Gott mit uns in Jesu Christus! Das sei unser Loblied in guten Tagen, unser Trostlied in trüben Stunden, unser Pilgerlied, solange wir hier unterwegs sind, und unser Schlummerlied, mit dem wir das Haupt einst neigen zum letzten Schlaf.
Immanuel, blick auf uns Pilger alle,
Und schaffe, dass Dir jeglicher gefalle;
Wir stehen hier vor Deinem Angesicht,
O guter Hirt, verstoß die Deinen nicht.
Immanuel, erhör uns arme Sünder,
Immanuel, erquicke Deine Kinder;
Immanuel, komm, mache Dir uns gleich,
Immanuel, gib uns Dein Himmelreich!
Prädikant und Rel.-päd. Thomas Karker, Predigt im Advent 2024
Dieser Beitrag wurde erstellt am Sonntag 22. Dezember 2024 um 5:40 und abgelegt unter Predigten / Andachten.