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Antidiskriminierung oder Schritt zum Totalitarismus?

Antidiskriminierung oder Schritt zum Totalitarismus?

Große Umwälzungen kommen manchmal auf leisen Sohlen, wie zum Beispiel der Europäische Haftbefehl, der seit August 2004 auch in Deutschland geltendes Recht ist und einen der größten Einbrüche in rechtsstaatliche Ordnungen unserer Bundesrepublik darstellt. Es gilt zum Beispiel nicht mehr immer, dass ein Deutscher nicht ans Ausland ausgeliefert werden darf (Artikel Abs. 2 Grundgesetz). Er muss in gewissen Fällen sogar ausgeliefert werden, und das selbst dann, wenn die Tat, die begangen zu haben er verdächtigt (!) wird, in Deutschland nicht strafbar ist; sie muss nur in dem betreffenden europäischen Ausland mit mindestens einem Jahr Haft bedroht sein. Dann kann dieses Land den Menschen anfordern und verurteilen, auch sein Vermögen beschlagnahmen lassen; und das alles auch dann, wenn er die Gesetze jenes Landes nicht gekannt hat. Auch der sehr bedeutungsvolle rechtsstaatliche Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Artikel 101 Abs. 1 Grundgesetz) gilt insofern nicht mehr. Der italienische Jurist Dr. Agnoli legt in seinem Büchlein über diesen Haftbefehl den Finger besonders auf den in einem EU-Katalog zum Europäischen Haftbefehl (unter vielen anderen!) genannten sehr unbestimmten Begriff „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“; er sagt, dass so etwas „so gut wie sicher sämtliche Mitglieder des Menschengeschlechts mehr als einmal in ihrem Leben begangen haben“. Und er weist darauf hin, „dass die Grundlage jedes modernen Totalitarismus genau in der Kriminalisierung, soweit möglich, sämtlicher Untertanen besteht: wenn alle schuldig sind, können alle verurteilt werden. Wenn alle verurteilt werden können, lässt sich jeder Dissident in jedem Augenblick zermalmen.“

Trotz dieser gewaltigen Änderung und Bedrohung der bisherigen rechtsstaatlichen Grundsätze unseres Staates war und ist das den Medien in unserem Land kaum eine Zeile wert; sie scheint weithin ignoriert zu werden. Der Berichterstatter im Bundestag Siegfried Kauder sagte am 11.3.2004 im Bundestag: „Nicht alles, was aus Brüssel kommt, ist Gutes. Das was zum Europäischen Haftbefehl aus Brüssel kommt, ist nichts Gutes… Das europäische Recht ist nicht mit nationalem Recht abstimmbar. Aber wir befinden uns in einer schwierigen Situation. Der Rahmenbeschluss ist geltendes Recht. Der Bundesrepublik Deutschland bleibt gar nichts anderes übrig, als diesen Rahmenbeschluss umzusetzen.“

Ebenfalls zunächst wenig beachtet kam das Vorhaben des sogenannten Antidiskriminierungsgesetzes daher, das, wenn der bisher als Entwurf vorliegende Text Gesetz werden würde, ebenfalls eine gewaltige Wandlung unserer bisher freiheitlichen Rechtsordnung bringen würde.

Schon im Jahr 2002 schrieb Professor Dr. Johann Braun in der juristischen Fachzeitschrift Juristische Schulung über einen „Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Verhinderung von Diskriminierungen im Zivilrecht“ einen Artikel unter der Überschrift: „Übrigens – Deutschland wird wieder totalitär“ . In der Einleitung zu diesem Artikel heißt es: „Der Entwurf zielt darauf ab, die prinzipielle Trennung von Recht und Moral, die für den modernen Rechtsstaat grundlegend ist, gesetzlich aufzuheben und die Bürger im privaten Rechtsverkehr auf eine politisch verordnete Moral zu verpflichten.“

Die Trennung oder Nichttrennung von Recht und Moral ist ja letztlich auch das Thema des „Falls Buttiglione“; Buttiglione vertritt diese Trennung, weil es sonst zu einem totalitären Staat kommt; in einem Europa ohne Gott hätten da überzeugte Christen zum Beispiel keinen Zugang zu einem politischen Amt.

Professor Dr. Braun schreibt in jenem als Zwiegespräch gestalteten Artikel: „Der totalitäre Staat ist ein Staat, der zwischen Privatem und Öffentlichem nicht mehr unterscheidet…, ein Staat, in dem es keine private, sondern nur noch eine öffentliche Moral gibt. Ein Staat, in dem die offizielle Vorstellung vom richtigen Leben mit Rechtszwang gegen jedermann durchgesetzt wird. Erinnern Sie sich an die sozialistische Moral unseligen Angedenkens oder an die völkische? So ungefähr. Eine Diktatur der Werte, wenn Sie so wollen.“

Der Entwurf unserer Regierung zum Antidiskriminierungsgesetz geht auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 29.6.2000 zurück. Er geht allerdings – Deutsche machen manches übergründlich, besonders wenn’s ideologisch wird – erheblich über das hinaus, was von Europa her erwartet wird. Andererseits befürchtete Professor Dr. Braun schon damals in jenem Artikel (und er gibt in einer Fußnote einen tatsächlichen Grund an, warum man das befürchten muss), dass der Rat der Europäischen Gemeinschaft einer solchen deutschen Ausweitung der Antidiskriminierung folgen könnte; und europäische Richtlinien sind sogar gegenüber dem Grundgesetz unseres Staates höherrangig, man kann sich zum Schutz also nicht auf unsere Verfassung berufen.

Professor Dr. Braun weist auch auf die ganz andersartige europäische Rechtsordnung hin: „In Brüssel ist noch nie zwischen Privatem und Öffentlichem unterschieden worden.“

Während die Grundrechte unseres deutschen Grundgesetzes in erster Linie Abwehrrechte gegen den Staat waren und so auch Freiheitsrechte für den Einzelnen, verpflichten die Vorgaben des vorgesehenen Antidiskriminierungsgesetzes sogar den Einzelnen bis in die Vertragsschließung hinein. Will jemand eine Wohnung vermieten, hatte er bisher große Freiheit, auch nach seinem persönlichen Vorteil und nach seinen Werten zu entscheiden. Ein familienfreundlicher Mensch konnte sagen: Ich vermiete an eine kinderreiche Familie, ich möchte diese unterstützen. Ein Christ konnte sagen: Mir ist es wichtig, Glaubensgeschwistern Gutes zu tun und sie in meine Hausgemeinschaft aufzunehmen, dass wir auch Glaubensgemeinschaft pflegen können. Ein alte Frau könnte sagen: Ich möchte eine Frau im Haus, und sie sollte ein Mensch meines Vertrauens sein.

Wenn das Antidiskriminierungsgesetz in der vorgesehenen Form kommt, wird es hier sehr gefährlich: Wer von einem Vermieter abgelehnt wird, kann gegen diesen klagen. Dieser könnte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und dazu noch zu Schadensersatzleistung an den abgelehnten Bewerber verpflichtet werden; dazu könnte der im Sinn dieses Gesetzes Diskriminierte nicht nur für materiellen Schaden, sondern auch wegen Nichtvermögensschadens eine „billige“ Entschädigung in Geld verlangen; eine Begrenzung nach oben ist nicht eingebaut. Wenn man sich nicht selber wirtschaftlich ruinieren will, verzichtet man also am besten auf Vermietung – wenn man es sich leisten kann, oder aber man vermietet nicht an eine Familie oder an Glaubensgenossen, sondern an homophil Lebende und an Ausländer einer anderen Religion. Außer Geldgründen – dass der andere entsprechend reich ist, dass ich damit rechnen kann, dass er seine Miete zahlt und auch dazu bereit ist, sind alle Gründe für oder gegen eine Vermietung gefährlich. Man darf also möglichst keine Werte haben und diese durch sein praktisches Leben unterstützen, außer den Gott Geld. Professor Dr. Braun: „Wenn Sie als Vermieter z. B. einem Orientalen eine Absage erteilen, weil Sie nicht das Risiko eingehen wollen, an einen ‚Schläfer’ zu geraten, sind Sie schon dran. Oder wenn Sie per Annonce einen Klavierlehrer für Ihre jüngste Tochter suchen, dürfen Sie einen Pädophilen wegen seiner Veranlagung nicht mehr ablehnen.“

Das Schlimmste ist dabei noch eine Neuigkeit in unserem Rechtssystem: Die Beweislastumkehr. Nicht dem Vermieter usw. muss nachgewiesen werden, dass er den anderen wegen dessen „a) ethnischen Abstammung, Herkunft oder Zugehörigkeit, Hautfarbe, Nationalität, religiösen Anschauungen oder b) sexuellen Identität oder c) Behinderung“ abgelehnt hat, sondern er der gerichtlich Angegriffene muss selbst nachweisen, dass er nicht deshalb einen andern genommen hat! (Nun wenn solch eine Berücksichtigung „unverzichtbar geboten ist“, darf sie geschehen. Aber was bedeutet dieser sehr unklare Ausdruck?) Wie sollte man das aber nachweisen können? Professor Dr. Braun in jenem Artikel: „In gut informierten Kreisen kursiert bereits ein Witz: ‚Ein Farbiger, ein Türke, ein Homosexueller, ein Behinderter und eine Familie mit drei Kindern bewerben sich um eine Wohnung. Wen darf der Vermieter ablehnen, ohne gegen das Antidiskriminierungsgesetz zu verstoßen? Nur die Familie mit den Kindern.’ Die meisten sind freilich schwer von Begriff und sehen nicht, dass hier ein neuer Käfig für die Freiheit geschmiedet wird.“

Zu der Beweislastumkehr kommt noch eine weitere Erleichterung für die sich diskriminiert Fühlenden. Wer sich benachteiligt fühlt, darf Interessenverbände solcher Gruppen beauftragen, seine Rechte und Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.

Werden auf diese Weise juristisch angegangene Vermieter sich gegen solche spezialisierten Verbände wehren können? Können sie entsprechende Anwälte bezahlen?

Warum läuft gegen diese Absichten nicht eine ganze Gesellschaft Sturm? Ist es die Angst, in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden oder – wie es weithin in der postmodernen Gesellschaft hoffähig geworden ist – mit Totschlagworten mundtot gemacht zu werden?

Noch ist es möglich, sich zu äußern! Wer weiß, wie lang? Professor Dr. Braun: „Noch darf man diese ganze Antidiskriminierungswut in aller Öffentlichkeit als totalitär bezeichnen. Dabei bräuchte man nur den Medien zu untersagen, Diskriminierungen gutzuheißen und Diskriminierungsverbote zu kritisieren, dann wäre der Kreis geschlossen.“ Und er weist darauf hin, dass in anderen Staaten „bereits einiges in dieser Hinsicht gelaufen“ sei.

Um was es letztlich geht, brachte Jürgen Offenbach in einem Leitartikel in der Leonberger Kreiszeitung vom 29.1.2005 auf den Punkt: „Durch das neue Antidiskriminierungsgesetz, das Ende voriger Woche in erster Lesung durch den Bundestag ging, soll die rot-grüne Ideologie von heute nun auf eine breite gesellschaftliche Grundlage gestellt werden. Die Koalition will das Gesetz, indem sie weit über die EU-Vorgaben hinausgeht, zu einem ‚Meilenstein rot-grüner Gesellschaftspolitik’ formen… Was bleibt jener vom Antidiskriminierungsgesetz nicht geschützten Minderheit, die diesem rot-grünen geistigen Umerziehungsmodell (wie wir es aus der DDR kennen) nicht konform geht?… Am Ende wird auch dieser rot-grüne Schuss nach hinten losgehen… Aber das Gros der Deutschen nimmt das gelassen – sagt die Regierung. Und kann es beweisen: Die Umfragewerte für Rot-Grün werden von Monat für Monat besser.“