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Mit vier Überraschungen zum alternativen Lebensstil (Joh. 13,1-17)

Wenn ein Schüler, der es nötig hat, fleißig wird, ist das genau das Richtige. Aber wenn es eine Woche vor den Zeugnissen ist; dann nützt das Richtige nicht mehr. Man muss also das Richtige zur richtigen Zeit tun. Wenn ich erkläre, dass alle Arbeitnehmer bei Daimler ab 1. April 10 Prozent mehr Lohn und Gehalt bekommen sollen, dann ist das auch nicht viel wert. Denn ich bin nicht der Richtige. Wenn das der Vorstandsvorsitzende von Mercedes erklären würde, dann wäre das etwas anderes. Das Richtige ist nur richtig, wenn es der Richtige tut.

Damit sind wir bei der Einleitung unserer biblischen Geschichte. Die Bedeutung der Fußwaschung wird durch die Vorbemerkungen erst ins richtige Licht gerückt. Jesus wusste, dass „seine Stunde“ gekommen war. Gott hatte grünes Licht für die entscheidende Aktion gegeben. Er, der Sohn Gottes ist die Schlüsselfigur: „Jesus wusste, dass ihm der Vater alles in seine Hände gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging!“

Was ist das Wichtigste, das zu dieser hervorragenden Zeit von dem Entscheidenden getan wird?

Jetzt zeigt uns Jesus einmal das Wichtigste. Er will uns nämlich zu einem alternativen Lebensstil auffordern. Da geht es nicht um Körner essen und Biolatschen tragen. Alternativer Lebensstil bedeutet bei Jesus: Ganz anders als bisher.

Er steht auf vom Mahl, legt das Obergewand ab, nimmt eine Schürze – gießt Wasser in eine Schüssel – das dauerte alles seine Zeit – kniet sich vor den ersten hin und wäscht ihm die Füße, trocknet sie mit der Schürze, rückt die Schüssel weiter . . .

Das ist das Wichtigste und das Richtige. Warum?

Es war keiner da, der diesen Sklavendienst tat. So niedrig war keiner von den Jüngern eingestuft. Nur Sklaven durften diese Drecksarbeit tun. Jesus erklärt in dieser wichtigen Stunde, dass diese Drecksarbeit das Wichtigste ist und dass er diese Drecksarbeit tun will. Um unsere tägliche Schuld geht es hier.

Das Wichtigste ist das Füßewaschen. Niemand tut es. Niemand kann es tun außer ihm allein, dem Gott alles in seine Hand gelegt hat.

Wir haben fähige Leute. Wir haben Ideen und Geld. Wir haben Organisationen für edle Zwecke. Aber das Dringendste ist die Drecksarbeit, die für jeden Menschen getan werden muss. Er tut sie.

Mit vier Überraschungen zum alternativen Lebensstil!

1. Überraschung: Der Oberste wird zum Füßewascher!

Zunächst einmal die Geschichte. Die Jünger hatten sich mit Jesus getroffen, um das Passamahl zu feiern. Das letzte Abendessen vor der Kreuzigung. Das wussten sie noch nicht. Aber Jesus wusste es. Das war ihr letztes gemeinsames Essen. Sie hatten sich vor dem Haus getroffen. Alles war vorbereitet. Die Sitzpolster der niedrige Tisch, das Essen, Handtuch, Krug und Waschschüssel fürs Waschen der Füße. Die Jünger kommen in den Raum und schauen sich verstohlen nach einem Diener um, der jetzt, wie es üblich war, ihnen die Füße waschen würde. Aber da war kein Diener, aus welchem Grunde auch immer. Zu Hause hat man sich die Füße immer selber gewaschen, wenn man sich keinen Sklaven leisten konnte. Also sollte sich jetzt etwa jeder die Füße selber waschen? Ja, das wäre noch o. k. gewesen, aber sollte sich auch Jesus die Füße selber waschen? Das konnte man nicht zulassen. Jesus, unser Meister, unser Herr! Im Talmud steht, dass die Schüler dem Meister die Füße waschen sollen! Bei reichen Leuten war das immer eine Aufgabe der Allerniedrigsten, der Sklaven, die in der Rangordnung ganz unten standen.

Wenn also jetzt Petrus nach dem Handtuch gegriffen hätte, dann würden ihn alle anderen für besonders gering ansehen und womöglich müsste er seinen Kollegen die Füße waschen. Nein, das ging nicht. Das ging zu weit, das konnte nun wirklich niemand von ihm verlangen. Bei Jesus hätte er es vielleicht gemacht, er war ja der Schüler und er der Meister, doch nicht bei den Kollegen. Kurz vorher haben sie noch miteinander gerangelt darum, wer wohl die besten Plätze im Reich Gottes kriegt. Wer auf dem Thron links und rechts von Jesus sitzen sollte. Tolldreist war das. Und wenn ich denen jetzt die Füße waschen würden, wäre es so, als würde ich Ihnen diese besten Plätze sozusagen gratis abtreten. Das mache ich nicht. Ich bin ja nicht weniger wert als der Rest der Truppe.

Sehen sie, das wäre ein Eingeständnis der Unterlegenheit gewesen, wenn irgendeiner der Jünger dem andern die Füße gewaschen hätte. Also setzten sie sich alle zusammen mit Jesus bei Tisch nieder. Genauer, sie legten sich nieder. Es waren Liegepolster, auf die sie sich niederließen. Und die Fußwaschung, die haben sie einfach stillschweigend übergangen, obwohl die nach damaliger Sitte zwingend dazu gehörte.

Das ist eine kleine Skizze aus dem Internet, ein triclinium. (https://de.quora.com) Hier in der Mitte handelt es sich um die Mensa, das ist das lateinische Wort für Tisch und jetzt hat man drei Tische 3 Sitzpolster oder Liegepolster. Die sind dann auch noch ganz genau geordnet. Hier für die Gastgeberfamilie, hier für die wichtigeren Gäste und hier für den Rest. Und auf dem Liegepolster, da ist ein Extrakissen, das legt man unter den linken Arm, stützt sich auf das Polster und die Füße zeigen nach hinten auf die Außenseite des Polsters. Mit der rechten Hand greift man dann nach dem Essen. Das ist nur so möglich, weil die Leute damals noch kein Besteck hatten. Man hat in der Regel mit der rechten Hand gegessen oder bestenfalls mit einem Löffel. Die linke Hand hat man immer gebraucht, um sich auf die Polster zu stützen. So ging das damals.

Die Jünger legen sich einfach auf diese Sitzpolster. Wir sagen in unsere Übersetzung immer: Sie setzten sich zu Tisch, obwohl im Griechischen immer steht: Sie legten sich. Es war ja kein komplettes Liegen, eher so ein sitzliegen.

Da liegen sie nun alle mit ungewaschenen Füßen und warten, was jetzt passiert. Jesus sagt ein Dankgebet. Und dann eröffnete er die Mahlzeit, während die Jünger anfangen zu essen und sich leise zu unterhalten, bemerken sie plötzlich, wie Jesus sich auf seiner Liege aufrichtet. Ungläubig schauen Sie zu, wie Jesus sein Obergewand ablegt, zu dem Krug und der Waschschüssel geht, sich das Schürze umbindet, und dann auf den ersten Jünger zugeht. Die Jünger sind komplett konsterniert. Das gibt doch nicht! Das darf doch im ganzen Leben nicht sein. Das darf Jesus doch nicht machen! Er ist doch unser Lehrer, das ist doch ein Job für die Dienstboten, für die Sklaven! Es gibt in der ganzen antiken Literatur im römischen und griechischen Bereich nicht einen einzigen Beleg dafür, dass ein höher Gestellter einem niedriger Gestellten die Füße gewaschen hätte. Das war vereinfacht gesagt Tabu! Das ging in dieser Kultur nicht! Und die Jünger waren entsetzt, Jesus tat hier etwas, was er niemals hätte tun dürfen. Das wäre heute so, wie wenn, wenn der Bundeskanzler Scholz beim Empfang hoher Staatsgäste sagen würde: Ich muss mal schnell noch zu den Toiletten und die Kloschüssel reinigen. Das machen bei uns in öffentlichen Gebäuden nur in der Regel Hilfsarbeiter. Das macht niemals der Chef. Wir würden sagen, das ist völlig fehl am Platz. So ungefähr kam den Jüngern vor, was Jesus jetzt tut. Er war völlig fehl am Platz. Ihr Herr und Meister macht etwas, was nur Sklaven machen dürfen.

Der erste Jünger, zu dem Jesus kommt ist viel zu überrascht, um die Füße wegzuziehen, viel zu verlegen um zu protestieren. Vielleicht machte er die Augen zu, es war ihm zu unheimlich. Dann geht Jesus zum zweiten, dann zum dritten und immer noch herrscht eine atemlose Stille, eine mit Händen zu greifende Spannung. Und jetzt ist Petrus dran und Petrus wäre nicht Petrus, wenn er das Schweigen nicht brechen würde.

2. Überraschung: Petrus will Jesus den Kopf waschen.

Petrus zieht die Füße ein, unterdrückt die Empörung in seiner Stimme und will ihm in den Arm greifen: Jesus, lass mal, lass mal, lass mal! Ich hab schon kapiert, wir hätten es tun sollen, ich mache das! Sklave muss Sklave bleiben, Jünger muss Jünger bleiben, und du Herr musst der Herr bleiben! Das geht nicht Jesus! Seht ihr, Petrus will hier die Grundordnung aller Religion aufrechterhalten. Bei allen Religionen dieser Welt geht es immer darum, ich tue etwas Gott, damit du mir etwas tust. Alle Religionen funktionieren nach dem Prinzip: Gott ich mache etwas, ich bringe Opfer, ich hänge mich rein, damit du mir etwas tust. Nach dem Motto: Gott ich gebe dir etwas, und dafür schenkst du mir nächstes Jahr Gesundheit. Gott ich gebe dir etwas und deshalb, bitte lass mich gesunde Kinder haben. Gott ich gebe dir, deshalb schützt mich vor Krankheit, gibt mir Reichtum u.s.w. Das ist das Prinzip aller Religionen dieser Welt: Leistung und Gegenleistung.

Aber Jesus richtet sich auf, schaut ihn an und sagt: Was ich tue, verstehst du jetzt nicht, aber später wirst du es begreifen. Petrus kapiert nicht, was gibt es denn da zu begreifen? Alle können doch sehen, was er tut. Er tut etwas völlig Erniedrigendes. Er wäscht als Meister den Schülern die Füße. Ja, wenn Jesus nicht einlenkt, dann muss Petrus eben direkter werden. Nie und nimmer wäschst du mir die Füße! sagt er. Er muss seinem Herrn den Kopf zurechtrücken, begreiflich machen, dass so etwas einfach nicht geht. Denn Petrus gibt nicht nach. Aber Jesus gibt ebenfalls nicht nach. Wenn ich dir nicht die Füße wasche, hast du keine Gemeinschaft mit mir! sagt er. Offene Konfrontation. An dieser Konfrontation gefällt mir, dass beide aus Liebe handeln. Petrus hat Jesus so lieb, er verehrt Jesus so sehr, dass er ihm diese Blamage ersparen möchte. Ein Skandal! Ein Rabbi, der sich wie ein Sklave benimmt. Nur der Haken ist, dass Petrus Jesus auf mit ziemlich egoistische Art liebt, auf eine herrschsüchtige Art. Im Grund stellt er sich über den Meister. Er bildet sich ein, es besser zu wissen, was Jesus guttut, als Jesus selber. Er bestimmt, was Jesus tun darf oder nicht tun darf. Und Jesus? Jesus liebt Petrus genauso und er liebt ihn noch viel mehr. Und er möchte, dass Petrus weiter Gemeinschaft hat und deshalb besteht darauf, dass Petrus sich die Füße waschen lässt, sonst hast du keine Gemeinschaft mit mir.

Aber wie er das hört, „sonst hast du keine Gemeinschaft mit mir!“ kippt die Stimmung. Das ist typisch für Petrus, eben noch empört, dass Jesus ihm die Füße waschen will und jetzt hat er plötzlich Angst, dass dieser ihm nur die Füße waschen will. Nein, auch die Hände und den Kopf noch obendrein. Dann habe ich wirklich Gemeinschaft mit Jesus. Am besten eine Ganzkörperdusche, ein Ganzkörperbad. Petrus macht keine halben Sachen. Petrus ist auf irgendeine Art immer hemmungslos, im Guten und Schlechten. Aber er greift immer einen Tick zu weit.

Und Jesus widerspricht ihm ein zweites Mal an diesem Abend. Er sagte. Wer ein Bad genommen hat, der ist ganz rein. Er brauchte später nur noch die Füße zu waschen. Das ist die schwierigste Aussage in dieser Geschichte, obwohl sie eingetlich ganz einfach erscheint. Es ist nicht schwer zu verstehen, wenn jemand gebadet hat, dann ist er nachher rein, er muss sich nur noch anfangs die Füße waschen. Morgens, da duscht man, nimmt ordentlich Seife und Shampoo und dann ist man grundsätzlich für den ganzen Tag sauber, wenn nur die Füße nicht wären. Sobald man nämlich ein Stück gegangen ist, dann setzt sich der Staub und der Dreck an den Füßen fest. Damals gab es noch kein Asphalt.

Deshalb werden die Füße in diesen Kulturen im Nahen Osten gewaschen, bevor man Essen ging. Wir sagen, mit ungewaschenen Händen soll man nicht essen. Sie sagten, mit ungewaschen Füßen soll man nicht essen, dass ich sprichwörtlich geworden.

Auf jeden Fall sagt Jesus: Ich will dir die Füße waschen. Das andere braucht’s nicht mehr. Damit ist auch der zweite Einwand von Petrus abgeschmettert. Petrus muss sich fügen, muss sich die Füße waschen lassen, nicht Hände und Kopf und er lässt das geschehen, kein Widerspruch mehr. Dann sieht er zu, wie Jesus diese Arbeit bei den andern Jüngern zu Ende führt, sich die Hände trocknet, sein Obergewand wieder überzieht und auf seinem Platz am Tisch zurückkehrt. Keiner sagt ein Wort. Die Diener sind unfähig, einander anzusehen, sie schämen sich voreinander. Keiner bereit war, das Füßewaschen zu übernehmen. Sie schämen sich für ihren Herrn, dass er sich zu so etwas hat hinreißen lassen und in diese Stille hinein fragt Jesus: Versteht ihr, was ich da getan habe?

3. Überraschung: Jesus wäscht Petrus nicht den Kopf, sondern die Füße.

Was er damals seinen Jüngern getan hat, das hat er auch uns armen Sündern getan. Wie er damals von seinem Stuhl aufgestanden ist, seine Kleider abgelegt, sich mit dem Schurz umgürtet und den Jüngern die Füße gewaschen hat: so ist er auch von dem Throne seiner Herrlichkeit aufgestanden, hat die Kleider seiner göttlichen Herrlichkeit abgelegt, hat sich mit dem Schurz der Armut und der Niedrigkeit umgürtet, um uns die Füße zu waschen. Er ist Mensch geworden, ist gekreuzigt und gestorben, um uns mit seinem heiligen und teuren Blute reinzuwaschen von allen Sünden und von aller Ungerechtigkeit. Und wie er damals wieder seine Kleider genommen und sich wieder niedergesetzt hat: so hat er auch, nachdem er die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst gemacht hat, sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe. Und nun fragt dich der Herr, wie damals seine Jünger: Wisset ihr, was ich euch getan habe?

Und jetzt dreht Jesus das alles um. Und er geht vor seinen Jüngern auf die Knie. Was Jesus hier tut, ist ein Zeichen für das, was am folgenden Tag am Kreuz passiert. So wie er sich jetzt zum Knecht, zum Sklaven und zum Diener macht, beim Füßewaschen, so wird er am nächsten Tag als Knecht, als Diener und Sklave ans Kreuz gehen. Was hier geschieht, ist eine Vorwegnahme dessen, was am nächsten Tag auf Golgatha geschehen wird. So wie er seinen Jüngern jetzt die Füße wäscht, so wird er sie am nächsten Tag, an jenem 7. April des Jahres 30 reinwaschen, von ihren Sünden, in dem er seine Arme ausbreitet und sich ans Kreuz nageln lässt und elendig stirbt. In Johannes 19,34 heißt es: Jesus ist gestorben, da prüften die römischen Soldaten an dem toten Jesus, ob er schon tot war. Sie stechen ihm mit einer Lanze in seine Seite, und dann heißt es dort, und das ist sehr wichtig: Und es kam Blut und Wasser heraus. Fast alles hat eine tiefere Bedeutung, wenn Blut und Wasser herauskam, dann war es für die Soldaten das Zeichen das Jesus tot war, aber für Johannes war es noch etwas viel Wichtigeres, was da zum Ausdruck kommt. Da kommt ein Opfer zum Ausdruck. Jesus ist das Lamm Gottes, das sich für uns geopfert hat. Nicht mehr wir bringen Opfer für Gott, sondern Gott bringt ein Opfer für unsere Sünden. Blut steht für das Opfer, das Jesus für unsere Schuld gebracht hat. Und es kam Blut und Wasser heraus. Dieser Mensch, der am Kreuz hängt, ist kein Gescheiterter, er ist das Opfer Gottes, das Lamm Gottes, das für uns gegeben worden ist. Das Wasser, das herauskommt, steht für die Reinigung von der Sünde. Und es kam Blut und Wasser heraus, als Zeichen dafür, dass wir reingewaschen werden von der Sünde.

Seht ihr, so wie Jesus am Abend zuvor die Füße wäscht, so wäscht er uns jetzt die Sünde ab und deshalb kann Petrus hier gar nicht mit Jesus tauschen. Deshalb sagt Jesus, was ich jetzt tue, das kannst du nicht tun, das muss ich dir tun. Und wenn du es nicht an dir geschehen lässt, dann hast du kein Teil an mir, dann kannst du nicht gerettet werden.

Man kann mit großen Taten bei Jesus nichts ausrichten. Es geht nur so, dass ich die Demut aufbringe, dass ich meinen Stolz ablege und es geschehen lasse, dass Jesus vor mir auf die Knie geht. Man muss es ja zugeben. Du und ich, wir hätten uns auch geschämt. Uns wärs doch auch peinlich gewesen, wenn da Jesus mit einer Schüssel aufkreuzt, sich vor uns niederkniet und die Plattfüße poliert, aber anders gehts nicht. In Jesus geht Gott vor uns auf die Knie. Das ist die Umkehrung aller Religionen. In Jesus geht Gott vor uns auf die Knie, und wer sich das nicht gefallen lässt, dass der Mensch gewordene Gott vor ihm auf die Knie geht, der kann nicht gerettet werden. Wenn du es nicht geschehen lässt, Petrus, sagt Jesus, dann hast du kein Teil an mir. Nur wer sich von Jesus dienen lässt, kann ihm wieder dienen.

Warum macht das Jesus eigentlich? Wir leben davon, dass er uns immer wieder reinwäscht von unserer Sünde. Aber warum macht Jesus das an den Füßen deutlich? Klar, die waren dreckig, die mussten geputzt werden. Aber trotzdem, hinter diesen Füßen steckt wieder eine tiefere Bedeutung. Wisst ihr diese Füße, die Jesus hier wäscht, die stehen auf dem Fußboden dieser Welt, es ist der Erdboden dieser Welt, den Gott einmal verflucht hat. Damals, als Adam und Eva diese Katastrophe begangen haben, da verflucht Gott den Acker, den der Adam beackern muss. Da verflucht Gott den Boden, über den auch die verfluchte Schlange über den Staub kriegen muss. Es ist ein verfluchter Boden. Und unsere Füße, deine und meine, gehen über einen verfluchten Boden und wir kommen gar nicht umhin, dass unsere Füße auf diesem Boden dreckig werden, auch wenn wir Gummistiefel anziehen. Wer über den Bogen dieser Welt geht, der kommt gar nicht drumherum, dass er schmutzig wird. Versteht ihr? Sünde ist nicht nur das, was wir mit klarem Kopf und Bewusstsein angehen und tun, sondern Sünde ist auch das, was ich eigentlich gar nicht tun will. Auch das ist Sünde. Sünde ist auch das, was ich tun muss, ohne dass ich es will. Wir leben im Bereich der Sünde und die Sünde steckt tief in unserem Wesen drin. Auch das klebt an meinen Füßen.

Wir stecken drin, alle in den Ungerechtigkeiten dieser Welt. Wisst ihr, wir haben alle Anteil daran, wie es in unserem Land aussieht, wie es in unserer Welt aussieht. Und Jesus wird uns mal fragen, warum hast du nicht mehr dagegen getan. Deshalb brauchen wir Jesus, der uns die Füße wäscht. Deshalb brauchen wir das Kreuz von Golgatha. Das ist die tiefste Dimension der Schuld, dass ich schuldig bin auch an Dingen für dich eigentlich gar nichts kann, an den Strukturen dieser Welt.

Und Jesus wäscht uns auch da rein von aller Sünde. Ich bitte dich, sei nicht so stolz dazu, dass der Mensch gewordene Gott vor dir auf die Knie geht, sei nicht zu stolz, dass er für dich ans Kreuz geht, lass dir das gefallen, dass er dir die Füße wäscht.

4. Überraschung: Lasst uns einander nicht den Kopf, sondern die Füße waschen!

„Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.“ So sieht der alternative Lebensstil aus. Das ist die 4. Überraschung. Jesus überrascht uns, indem er uns vor anderen auf die Knie schickt. Da zeigt Jesus, was für ein Dienst es ist, ihm zu gehören. Ein unendlich hohes Amt hat er uns geschenkt. Ein Diener Jesu zu sein, das bedeutet, dass du ein Mitarbeiter des obersten Chefs dieser Welt bist. Du bist sein persönlicher Referent, du hast jederzeit Zutritt zum Chefbüro, du hast seine persönliche Handynummer, du bist der Bevollmächtigte deines Chefs. Das bist du. Das sind die Jünger, das sind wir. Ein riesig hohes Amt und jetzt sagt Jesus: Benimm dich so, wie es mir entspricht. Tue alles dafür, dass die Menschen, mit denen du es zu tun hast, einen guten Eindruck bekommen, von der Firma, bei der du bist. Aber weil dieser Dienst Jesus entsprechen soll, geschieht er in tiefster Niedrigkeit. Das ist die Überraschung. Jesus schickt uns vor anderen auf die Knie. Das ist das Maß aller Dinge für seine Jünger. „Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht.“

Mal ehrlich, es fällt uns doch viel leichter, den anderen den Kopf zu waschen als die Füße? Oder?

Bei uns Christen ist es oft ein großes Manko, dass wir viel wissen, aber wir tun es nicht. Jesus hat als „euer Lehrer und Herr“ einen Dienst ausgeübt, der nur von Sklaven getan werden durfte. Er war bereit zu dienen. Er geht als Vorbild voran und fordert dann seine Jünger auf, es nachzumachen. Dann werden wir sehen, dass dies gut und richtig war.

Es ist zunächst einmal die Vergebung. „Wie wir vergeben unsern Schuldnern.“ Wörtlich heißt es sogar: „. . . schuldet ihr euch auch untereinander . . .“ Das ist das Schwerste. Wir vergessen eben doch nicht. Unser Motto heißt doch immer: „Wie du mir, so ich dir noch viel doller!“

Die Vergebung hinterlässt Spuren, dass ein Neuanfang möglich ist und Frucht wächst.

Was es heißt, ist mir mal an einem ganz persönlichen Erlebnis deutlich geworden:

Als Hauptschulklassenlehrer hatte ich in meiner Klasse auch Mathe. Und ich hatte einen kleinwüchsigen Schüler mit Hüftschaden. Wenn er ging, sah das ganz seltsam aus. Nun, mit Mathehausaufgaben hat er es nicht so im Sinn gehabt. Er hatte mal wieder keine HA gemacht, da bin ich etwas nervös geworden, habe mich so vor ihm aufgebaut und gesagt: Du Knirps, wieder keine HA gemacht! In dem Moment war es mucksmäuschen still in der Klasse, von hinten raunte einer: Dafür kann er nichts! Ich tat so, als hätte ich das nicht gehört, bloß nichts anmerken lassen, der Unterricht lief weiter. In mir rumorte es aber: Selber schuld, was macht der keine Hausaufgaben, das hast du ja nicht so gemeint, . . . Nach 10 Minuten habe ich es nicht mehr ausgehalten und zu Klasse gesagt. Wir müssen miteinander reden! Und dann habe ich mich im Beisein aller für meine Aussage bei dem Schüler entschuldigt und nochmals erklärt, dass ich dies ja anders gemeint hätte. Am Nachmittag hat dann die Elternvertretung angerufen und da nochmals angesprochen, … aber sie haben sich ja gleich entschuldigt. Damit war die Kuh vom Eis.

Wir müssen eben auch die Größe haben, als Mitarbeiter des größten Herrn dieser Welt vor anderen auf die Knie zu gehen, um Vergebung bitten oder ihnen zu vergeben. Wir brauchen nicht so stolz zu sein, um uns vor anderen zu bücken und ihnen damit die Füße zu waschen.

Und dann sind alle Dienste gemeint, zu denen wir normalerweise überhaupt nicht verpflichtet sind, die glatt unter unserer Würde sind. Und das kann viel sein.

Was verändert denn wirklich unser Land?

Eine Studie des Instituts Allensbach vom Jan 2023 zeigt, dass eine Mehrheit der Deutschen nicht an die Zukunftsfähigkeit dieses Landes glaubt. Das überrascht nicht. Doch der Verweis auf den Staat ist zu billig. Keine Zukunft mehr für unser Land, das ist erschreckend. Was verändert denn wirklich unser Land?

Was unser Land verändert, das sind nicht Rentenreformen, sind nicht Steuerreformen, was unser Land verändert sind Menschen, die vor anderen auf die Knie gehen. Was unser Land verändert, sind Menschen, die anfangen zu dienen. Es wäre jetzt eine lange Liste nötig. Ich greife nur einige Punkte heraus.

Was unser Land verändert, sind Menschen, die wieder vor ihren Kindern auf die Knie gehen. Wisst ihr, wenn man ein Baby auf dem Boden wickelt, muss man vor ihm auf die Knie gehen. Ich habe vier Kinder. Ich hab es mal überschlagen, meine Frau und ich haben 12.000 Windeln gewechselt. Und da geht man 12.000 Mal vor einem kleinen Kind auf die Knie. Gut, wir hatten einen Wickeltisch, da steht man, aber ich wünsche mir Menschen, die wieder die Größe haben vor Kindern auf die Knie zu gehen. Die die Größe haben, Kinder zu bekommen, die die Größe haben, Kinder zu lieben.

Was unser Land verändert sind Ehen von Mann und Frau, wo der eine vor dem andern auf die Knie gehen kann und sagt: Entschuldige bitte, ich habe einen Fehler gemacht. Was unser Land verändert, sind Ehepartner, die ein Ja haben zur Familie und eigene Interessen zurückstellen, damit eine Familie wieder ein Lebensraum wird, wo sich Menschen wohlfühlen, wo Kinder eine Ahnung davon bekommen, wie gut ein himmlischer Vater im Himmel ist, weil sie ein Bild haben von ihrem irdischen Vater, dass sie nicht abschreckt.

Ich wünsche mir Männer, die sich nicht zu schade sind auch mal zu dienen zu Hause, den Abwasch zu machen, zu bügeln und sonst etwas. Männer, die dienen! Ich wünsche mir junge Menschen, die im Reich Gottes angreifen und mitarbeiten.

Und so kann Gott euch auch alle gebrauchen. Sei dir nicht zu schade für unseren Herrn auf die Knie zu gehen, um anderen zu dienen, daraus kann er Großes machen. Er ist vor dir auf die Knie gegangen. Sei, dir nicht zu schade für diesen Herrn die Drecksarbeit zu machen. Er hat den Dreck deines Lebens abgewaschen. Es gibt kein Jesus Zeugnis, das eindrücklicher ist als das Zeugnis von Christen, die freiwillig vor anderen auf die Knie gehen. So sieht der alternative Lebensstil der Christen aus.  Amen

Prädikant und Religionslehrer Thomas Karker, Predigt vom 13.2.2023