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„Bibel in gerechter Sprache”– die Bibel der Feministinnen und Feministen

„Bibel in gerechter Sprache”– die Bibel der Feministinnen
und Feministen

Angeblich haben Frauen, aber auch Männer, jahrelang unter der Bibel gelitten – genauer gesagt: darunter, daß sie in ihrer Sprache so einseitig männlich geprägt sei, daß sehr oft für Gott das Wort HERR (jeder Buchstabe auch noch groß geschrieben!) gebraucht würde, daß Gott gelegentlich Vater genannt würde, weil es doch sehr schlimme Väter gebe (nicht auch schlimme Mütter?) – auch der Ausdruck, daß Jesus der Herr unseres Lebens sein soll, sei nicht länger hinnehmbar. Aus diesem Grunde entstand Ende der sechziger Jahre in den USA eine feministische Theologie. Sie griff in den siebziger Jahren auf Europa über. Sie möchte nach ihrem Selbstverständnis die weibliche Erfahrung im Umgang mit Bibel und Kirche zur Sprache bringen.

Da steht Widersprüchliches nebeneinander, da gibt es die unterschiedlichsten Positionen und Negationen – von dem Bemühen das „weibliche Element“ in der Bibel für die Verkündigung zu aktualisieren bis hin zur Propagierung heidnischer Göttinnen. Diejenigen, die sich in diesem Bereich engagieren, verstehen sich selbst bei gegensätzlichen Auffassungen im einzelnen als eine Einheit, die sich verbunden weiß in dem von ihnen allen bejahten Kampf gegen ein „patriarchal deformiertes Christentum“. (Susanne Kahl: Feministische Theologie – eine befreiende Entdeckung. In: Anhaltspunkte. Hrsg. vom Deutschen Evangelischen Frauenbund e.V., H.3/1979, S. 73)

Diesen Hintergrund muß man im Auge behalten, weil es gerade bei kirchlichen Verantwortungsträgern die Illusion gibt, man könne und müsse unterscheiden zwischen den „radikalen“ Feministinnen (die man natürlich ablehnt) und den „gemäßigten“ (die man auf alle erdenkliche Weise fördert). Anders gesagt: es gibt weder eine „gute“ noch eine „schlechte“ feministische Theologie. In dieser Beurteilung sind sich ausnahmsweise reformatorische Theologie auf der einen und feministische Theologie auf der anderen Seite völlig einig.

Angeblich leiden viele Frauen darunter, daß sie in der Sprache der Kirche und des Gottesdienstes nicht oder nur am Rande vorkommen. Elisabeth Moltmann-Wendel behauptet: „Die Bibel ist ein patriarchalisch redigiertes Buch, in dem es eine Fülle diskriminierender Aussagen über die Frau gibt. Wer die Bibel vom Alten Testament bis zur Apokalypse liest, wird zunächst wenig Tröstliches für die Frau finden.“ (Elisabeth Moltmann-Wendel in: Feministische Theologie-Praxis. Ein Werkstattbuch. Hrsg. von der Evangelischen Akademie Bad Boll. 1981, S. 23 = Arbeitshilfen. H.3)

Es sei darum notwendig, daß immer mehr Menschen in der Kirche erkennen, daß Sprache ein Instrument von Unterdrückung und Befreiung sein kann. Jahrhundertelang sei die Sprache auch in der Kirche als Herrschaftsinstrument gegen Frauen eingesetzt worden, um sie damit in Abhängigkeit von Männern zu halten. „Die Sprache der Bibel wie der Kirche ist oft männlich-sexistisch. Sie hat sich am Leitbild des Mannes als Hochform menschlichen Lebens ausgerichtet.“ (Elisabeth Moltmann-Wendel: Ebd.) „Damit ergibt sich das grundlegende Postulat, eine neue Sprache der Frau zu suchen, eine Sprache, die ihren Erfahrungen entspricht, und eine Sprache, die ihre Abhängigkeiten und ihre Ohnmacht kritisch überwindet.“ (Kurt Lüthi: Gottes neue Eva. Stuttgart 1978, S. 21)

Im angelsächsischen Bereich begann man zuerst eine neue Sprache für Gottesdienst und Gemeinde zu finden. Der Nationalrat der Kirchen (National Council of Churches), der rund 40 Millionen amerikanische Christen vertritt, hatte sich bereits Ende November 1980 mit einer Vorlage befaßt, in der die Einführung einer „nicht-sexistischen“ Bibel gefordert wurde.

Dieser Vorstoß der feministischen Theologie in den USA fand in Deutschland sogleich Nachahmung. Das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt veröffentlichte im August 1992 einen umfangreichen Beitrag von Eberhard Fincke unter dem programmatischen Titel: „Ein verräterischer Titel. Ein Plädoyer für die Abschaffung des Wortes ‘Herr’ in der Bibel. Die Theologie soll – so die Forderung – endlich wieder an ihre Übersetzungsaufgaben gehen. Denn es gibt viele Worte für ‘Herr’.” Der Aufsatz beginnt mit den Worten: „Es ist höchste Zeit, das Wort ‘Herr’ aus dem christlichen Sprachgebrauch zu entfernen. Dieser Name für Gott widerspricht allem Eintreten für Demokratie und Menschenrecht. Er verfälscht die biblische Botschaft. ‘Herr’ stammt aus der Zeit, als ‘Herrschaften’ aufkamen.” (Eberhard Fincke: Ein verräterischer Titel. In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt. Hamburg. Nr. 35 v. 28. August 1992, S. 18)

Seit Jahren haben sich die Evangelischen Kirchentage als besonders geeignetes Experimentierfeld für die Erprobung einer neuen Sprache – z.B. im Gottesdienst – profiliert. Auf dem 22. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Frankfurt am Main wurde u. a. folgende Resolution mehrheitlich verabschiedet: „Das Präsidium des Kirchentages wird aufgefordert, eine frauengerechte Sprache zu benutzen!“ (Zit. nach: Frauen heute. Hrsg. vom Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe Bremen e.V., Bremen Nr. 3/1987, S. 25)

Rechtzeitig zu diesem Kirchentag hatte die Evangelische Frauenarbeit in Deutschland e.V. (Sitz in Frankfurt am Main) ein Arbeitsheft herausgegeben: „Gerechte Sprache in Gottesdienst und Kirche. Mit Bibeltexten zum Frankfurter Kirchentag in frauengerechter Sprache.“ (Januar 1987)

Auch in Bremen fiel dieses Anliegen auf fruchtbaren Boden. Der Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe hatte keine Hemmungen, im Mai 1995 nun auch „Christus” aus der Satzung zu streichen. Die Leitung der Bremischen Evangelischen Kirche stimmte diesem Beschluß zu. Hatte es vorher in der Satzung des evangelischen Frauenverbandes geheißen; er gründe seine Aufgaben „im biblischen Zeugnis von der Liebe Gottes in Jesus Christus”, so blieb nun nur noch der Hinweis „auf die befreiende Liebe Gottes, wie die Bibel sie bezeugt”. Die Bremer Kirchenfrauen störten sich an dem Titel „Christus”.

In der Öffentlichkeit wurde dieser Vorstoß weithin nicht verstanden. „Die für den Laien schwer nachvollziehbare Begründung: ‘Christos’, griechisch, sei ‚Der Gesalbte’ und der Titel, mit dem Jesus die Herrschaft zugesprochen werde. Daraus werde oft männliches Herrschertum abgeleitet. Vorschlag der Frauen: Jesus ja, Christus nein. ‘Unser Anliegen war nicht, zu streichen’, erläutert Geschäftsführerin Cornelia Klöss, ‘sondern eine lebendige und frauengerechte Formulierung zu finden.’ Der Christus-Begriff der Theologie habe eine für Frauen problematische Bedeutung.” („Christus” als Trennungsgrund. In: Weser-Kurier. Bremen. Nr. 144 v. 23. Juni 1995)

Die Vorsitzende der Evangelischen Frauenhilfe in Bremen, Ellen Wagener, sagte es noch deutlicher: „Christus steht in der Geschichte der Kirche für autoritäre Herrschaft, unter der besonders Frauen zu leiden hatten.” (BILD. Bremen. 11. November 1996, S. 3)

So radikal wollten dann die über 50 Übersetzerinnen und Übersetzer der BgS doch nicht auf ganzer Linie sein. M.a.W.: es gibt auch in der BgS das Wort „Christus”. Es gibt auch das Wort „Herr”. Aber daneben gibt es unzählige Bibelstellen, wo tatsächlich die Begriffe „Christus” und „Herr” ersetzt worden sind.

Einige markante Beispiele:

Das Doppelgebot der Liebe beginnt in den Evangelien Matthäus, Markus und Lukas jeweils mit den gleichlautenden Worten, die Luther korrekt so übersetzt hat: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben…” Daraus wird in der BgS: „Du sollst Adonaj, deinen Gott, … lieben… (Matth. 22,37) „So liebe denn Gott, Gottheit für dich,… (Markus 12,30) „Du sollst die Lebendige, deinen Gott, lieben… (Lukas 10,27)

Das Vaterunser, das uns in den Evangelien Matthäus und Lukas überliefert wird, enthält in der ersten Zeile das Wort „Vater” gemäß dem entsprechenden griechischen Wort pater. Daraus wird in der BgS: Du, Gott, bist uns Vater und Mutter im Himmel…” (Matth. 6,9) „Du Gott…” (Lukas 11,2)

Entsprechend lautet der Taufbefehl in der BgS: Taucht sie ein in den Namen Gottes, Vater und Mutter für alle, des Sohnes und der heiligen Geistkraft.“ (Matthäus 28,20)

Im Buch Genesis wird die herkömmliche Übersetzung des Gottesnamen (HERR) mit „Adonaj” wiedergegeben. Im Buch Exodus wird Gott abwechselnd als „er” und „sie” bezeichnet. So wird Mose nicht vom „HERRN” berufen, sondern von der „Herrin”, die abwechselnd als „er” und „sie” auftritt (Exodus 4)

Im „Ersten und Zweiten Buch Samuel” wird der Begriff „HERR” (für das hebräische „Jahwe”) durchweg mit „Gott” übersetzt; im „Ersten und Zweiten Buch der Könige” dagegen mit „die Ewige”.

In der Einleitung zur BgS heißt es: „Insgesamt werden in dieser Bibelübersetzung folgende Varianten anstelle des Gottesnamens vorgeschlagen: der Ewige, die Ewige, Schechina, Adonaj, ha-Schem, der Name, Gott, die Lebendige, der Lebendige, Ich-bin-da, ha-Makom, DU, ER SIE, SIE ER, die Eine, der Eine, die Heilige, der Heilige.” (S. 17)

Fazit:

Es ist nicht zu erkennen, wem mit diesem Wirrwarr gedient sein soll. Es steht allerdings zu befürchten, daß diese neue Bibelübersetzung ein weiterer markanter Schritt auf dem Weg der Selbstzerstörung der evangelischen Kirche ist. Für den Gebrauch in der Gemeinde, ist diese Bibel völlig ungeeignet. Denn sie dient einem andern Gott als dem Vater Jesu Christi. Sie verleugnet das urchristliche Bekenntnis, wie es der Jünger Thomas vor Jesus ausgesprochen hat: „Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20,28)

Ich stimme Oberkirchenrat Werner Führer zu, der über diese Bibel sagt: „Die ‚Bibel in gerechter Sprache’ ist theologischer Mumpitz, wie es der ‚arische Jesus’ vor 70 Jahren war, wenn er auch aus der entgegengesetzten Ecke gekommen ist. Es ist eine Taktlosigkeit des Protestantismus, alles, was mit dem Reformator unvereinbar ist, auf Luther zurückzuführen. Die ‚Bibel in gerechter Sprache’ teilt die reformatorischen Denkvoraussetzungen nicht, sondern sucht um der größeren Breitenwirksamkeit willen nur diesen Anschein zu erwecken. Was die Sprache betrifft, so hat man nicht dem Volk aufs Maul, sondern nur auf sich selbst geschaut.“