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„Untertan aller menschlichen Ordnung um des HERRN willen“

„Untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen“, so haben wir das Thema heute beschrieben. Das ist ein Wort aus dem 1. Petrusbrief ist, das ich gerne im Zusammenhang lesen möchte. Sie finden den Text auch angezeigt, wie im Laufe der Zeit auch andere Texte und die Gliederung des Referats, so dass Sie immer wieder merken, wo ich gerade bin.

Petrus schreibt im 2. Kapitel. Ich lese ab Vers 9

„Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht; die ihr einst nicht sein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid. Ihr Lieben, ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilger: Enthaltet euch von fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten, und führt ein rechtschaffenes Leben unter den Völkern, damit die, die euch als Übeltäter verleumden, eure guten Werke sehen und Gott preisen am Tag der Heimsuchung. Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem König als dem Obersten oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt sind zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun. Denn das ist der Wille Gottes, dass ihr durch Tun des Guten den unwissenden und törichten Menschen das Maul stopft – als Freie und nicht als hättet ihr die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit, sondern als Knechte Gottes. Ehrt jedermann, habt die Brüder und Schwestern lieb, fürchtet Gott, ehrt den König! Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter, nicht allein den gütigen und freundlichen, sondern auch den wunderlichen. Denn das ist Gnade, wenn jemand um des Gewissens willen vor Gott Übel erträgt und Unrecht leidet. Denn was ist das für ein Ruhm, wenn ihr für Missetaten Schläge erduldet? Aber wenn ihr leidet und duldet, weil ihr das Gute tut, ist dies Gnade bei Gott. Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet…

Ich versuche zunächst im Sinne unsere Themenformulierung aus dem Vers 13 drei Schneisen zu schlagen:

I   Um des HERRN willen

Wenn wir Christen uns bemühen, irgendeine relevante Frage unseres Glaubens und unseres Lebens zu lösen, dann ist die alles entscheidende Frage: Was will unser HERR? Nicht: Was sagen die Leute? Nicht: Was passt in unsere Zeit? Nicht: Wie kommen wir am Besten an? Nicht: Wie gewinnen wir die Meisten? Die alles entscheidende Frage ist und bleibt: Was will der HERR? Erinnern Sie sich? Vor ein paar Jahren gab es eine interessante Bewegung. Nicht wenige junge Leute trugen so ein Armband „WwJd“ – „What would Jesus do?“ Was würde Jesus tun? In vielen Fragen die uns heute bewegen, kann man da gewiss nur spekulieren, vom Autofahren über die Heizung und das politische Wahlverhalten – ich finde es immer wieder interessant, aber auch beängstigend, wenn da Leute so ganz genau zu wissen vorgeben, was Jesus tun würde und wie er sich zu aktuellen politischen Fragen stellen würde. Aber in den meisten grundlegenden und den wirklich entscheidenden Fragen brauchen wir nicht spekulieren, da dürfen wir seinen Willen erkunden und seinem Willen nach denken, ihm also auch im buchstäblichen Sinn nach folgen. Und dabei ist dann nicht nur die Frage unnötig „Sollte Gott gesagt haben?“, die wir aus der Sündenfallgeschichte, 1. Mose 3, kennen, sondern auch die heute überaus moderne kritische Christenfrage: „Sollte ER das wirklich so gemeint haben?“

Sind wir uns darin einig, dass der Wille von Jesus Christus das entscheidende Kriterium für alle Entscheidungen ist? Dann stellt sich natürlich die Frage, wie man den Willen von Jesus und seine Führungen im Leben erkennt. Klar, das ist ein eigenständiges Thema, nicht weniger komplex als das heutige. Das behandeln wir jetzt nicht ausführlich. Aber eine Grundlage wäre, alle Basics, wie man neudeutsch sagt, also die Grundtatsachen des Willens Gottes, zu beachten. Ich nenne nur ein paar derer, die ganz dicht in unser Thema heranreichen bzw. eingreifen:

a. Gott hat diese Welt und die Menschen geschaffen. Das war sein Wille. Er hat also ein klares Ja zur Schöpfung (1. Mose 1).

b. Gott hat den Tieren und den Menschen einen Vermehrungsauftrag gegeben: Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden…und 28 Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde – übrigens ohne Begrenzungen. Das betone ich bewusst, weil heutzutage das Märchen der Überbevölkerung grassiert und die Frage, ob es verantwortlich sei, viele Kinder zu haben. Der biblische Auftrag kennt diese menschlichen Sorgen nicht. Der Vermehrungsauftrag ist Fortführung des Schöpfungshandelns Gottes.

c. Gott will, dass wir die Erde, die Schöpfung beherrschen, bebauen und bewahren. 1. Mose 1, 28: füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht; 1. Mose 2,15: Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.

d. Gott will alle Menschen als ebenbildliches Gegenüber, als Partner haben.
1. Mose 1, 27 27: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau – und ich sage bewusst hinzu, also nicht in vielerlei unbestimmten Geschlechtern.

e. Gott will, dass alle Menschen durch Jesus Christus gerettet werden.
1. Timotheus 2,4:  welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

f. Der HERR will, dass seine Kinder, seine Jünger, „Licht und Salz“ in dieser Welt sind (Matthäus 5,13-16).

g. Gott will, dass wir in dieser Welt, der „Stadt Bestes suchen“ (Jeremia 29, 5-7).

h. Der HERR will unsere Heiligung (1. Thessalonicher 4,3), dass wir also von ihm in Beschlag genommen sind. Dass wir in der Wahrheit „geheiligt sind und bleiben“ (Johannes 17,17), ja, sogar mit dem Vater und dem Sohn „eins“ sind (Johannes 17, 21-23) – in dieser Welt und in der ewigen Herrlichkeit.

Darum ist es nur folgerichtig, wenn Paulus im Kolosserbrief schreibt:

3,17: Und alleswas ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.

Und Vers 23: Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen.

Das gilt also auch für das „Untertan“ unter alle menschliche Ordnung.

II   Aller menschlichen Ordnung

Gott hat aus dem Tohuwabohu, dem Chaos, eine herrliche Schöpfung gemacht. Diese soll von den Menschen gestaltet, erhalten und bewahrt werden. Auch dazu hat Gott uns Menschen erschaffen. Noch einmal aus 1. Mose 1: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht“ (1. Mose 1,26.27). „Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte“ (1. Mose 2,15). Dies ist die Beauftragung und die Bevollmächtigung der Menschen durch Gott, seine Schöpfung zu gestalten und zu erhalten.

Es gibt ja neue Bestrebungen, möglichst wenig in den Naturkreislauf einzugreifen und möglichst viel Land brach liegen zu lassen, in einem vermeintlichen Urzustand sich selbst zu überlassen. Ich denke, dass das auch eine der vielen Irrwege ist, die uns immer wieder aus ideologischen Gründen angeboten werden. Wir dürfen die unberührte Natur nicht verklären. Sie ist ganz wunderbare herrliche Schöpfung Gottes, aber sie hat dem Menschen zu dienen. Darum wäre es geradezu verrückt, was ja einige propagieren, um des Klimas Willen auf Kinder zu verzichten, weil das einen erhöhten sogenannten CO2-Abdruck brächte. Man kann sarkastisch sagen: Ja, wenn wir das ganz konsequent durchziehen, haben wir in 120 Jahren das beste Klima. Aber für wen?

Die Erde zu bebauen und zu bewahren bezieht sich freilich nicht nur auf die Ökologie, auf die Garten-, Land-, Forst- und Meereswirtschaft sondern auch auf die Gestaltung der sozialen Beziehungen, der menschlichen Gemeinschaft.

Innerhalb der Schöpfung hat Gott klare Machtverhältnisse geschaffen. Der Mensch ist die Krone der Schöpfung. „Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Ruhm hast du ihn bekleidet! Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan“ (Psalm 8). Der Mensch ist Gottes Prokurist in dieser Schöpfungsordnung.

Und innerhalb der Menschheit hat Gott Machtverhältnisse gegeben. Seit dem Sündenfall, der Rebellion gegen die alleinige Herrschaft Gottes und der individuellen persönlichen Gottesgemeinschaft jedes Menschen, gibt es Herrschaftsverhältnisse, auch innerhalb der Menschheit; damals explizit ausgesprochen auch die Herrschaft des Mannes über die Frau (1. Mose 3, 16).

Gott will keine Anarchie sondern schafft Hierarchien. Da nicht jeder direkt unmittelbar ständig alleine auf Gott hört, muss es in dieser Welt der Tische und Bänke eine Machtordnung geben: in der Ehe, in der Familie, im Betrieb, in der Gesellschaft, in allen Organisationen.
Ordnungen sind in Gottes Absichten. Ordnung statt Chaos. Sie sollen den Auswüchsen menschlicher Bosheit wehren.

Darum betont Paulus, etwa in Römer 13, dass jede Obrigkeit von Gott gesetzt ist, zugelassen, beauftragt, bevollmächtigt. Das gilt immer! Zum einen ist selbst jedes Unrechtsregime nach Gottes Auffassung und nach menschlicher Erfahrung besser als keines, besser als die Anarchie: der Kampf jeder gegen jeden, das Faustrecht, das Fressen und Gefressen werden durch den Stärkeren, die Willkür. In der Anarchie breitet sich die Sünde, die Gottesferne, noch schrankenloser aus als in der schlimmsten Diktatur. Falls Sie sich noch erinnern: Wir haben das in den zurückliegenden Jahren des sogenannten „Arabischen Frühling“ gesehen, der eher zum „Arabischen Winter“ wurde. Oder Sie erinnern sich noch an Afghanistan. Auch nach dem Sturz von Tyrannen ergibt sich nicht automatisch eine neue bessere Ordnung. Man hat eher den Eindruck, dass das Wort aus der Zeit der französischen Revolution um 1789 leider sehr richtig ist: „Die Revolution frisst ihre Kinder“. Staatliche Ordnungen sind freilich entscheidend dafür da, das Unrecht zu begrenzen.
Zum anderen gilt: Gott sitzt im Regiment. Es kann nur geschehen was Gott tut und zulässt. Das gilt selbst für das größte Unglück. Wer Macht hat, wer Autorität hat, hat die immer nur insoweit, wie es Gott anordnet oder zulässt!

Darum befiehlt Paulus hier und noch stärker in Römer 13, 1 ff: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet. Darum: Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Anordnung. … Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. …Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut. Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen.

Aber auch in Titus 3,1 schreibt Paulus: „Erinnere sie daran, dass sie sich den Obrigkeiten, die die Macht haben, unterordnen, dass sie gehorsam seien und zu allem guten Werk bereit“. Absolute Gesetzestreue ist darum auch für uns oberstes Prinzip.

III   Untertan

Ich bin der alten Sprachen nicht mächtig, habe mir aber sagen lassen, die bessere Übersetzung wäre „untergeordnet“ nicht „untertan“, weil im griechischen Verb anklingt: sich unter eine Ordnung stellen. Es geht nicht um willenloses Untertan-sein, nicht um blinden Gehorsam, sondern um ein bewusstes sich einfügen in eine Ordnung. Wir sollen uns gerade auch hier nicht als Marionetten verstehen, sondern bewusst Ja sagen zur staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung.

Darum: Wir halten uns bedingungslos an die Gesetze und Anordnung des Staates und seiner Gewalten. Wir halten uns an die Ordnungen, an die menschlichen Spielregeln, an die Gesetze, also z.B. im Straßenverkehr, bei der Steuer, bei behördliche Anordnungen. Wir sind loyal zum Staat. Wir halten uns auch an das sogenannte Sittengesetz, beachten Anstandsregeln, geben Ehre dem Ehre gebührt, dem Amtsträger. Früher sagte man dem „Würdenträger“. Man sprach sogar von „Hochwürden!“. Aber gerade im Blick auf das was ich zum grundsätzlichen zur Aufgabe des Menschen sagte ist klar: Diese Würde gilt allen. Das haben unsere Verfassungsväter und –mütter gerade nach der Katastrophe des Dritten Reiches bewusst so einzigartig am Beginn des Grundgesetzes festgehalten, eine geradezu klassische Formulierung an der man sich erfreuen kann, Ergebnisse der biblischen Sicht auf die Menschen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ (Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz). Und es ist damit unmissverständlich. Sie gilt allen, gleichermaßen. Alle Menschen sind Würdeträger, keiner ist ausgenommen.

Wenn die Gesetze auch unserer Einsicht und unserer Überzeugung entsprechen,  dann werden wir sie ja auch schon aus innerer Zustimmung heraus befolgen. Aber die Gesetze einzuhalten, die Ordnungen und Sitten gilt eben auch und „erst recht dann“, wenn sie aus unserer Sicht nicht hilfreich sind sondern behindernd wirken, gewaltig stören, nicht plausibel, vielleicht sogar grotesk, irre, verrückt sind. Wenn wir jetzt Beispiele sammeln würden, wären wir ausreichend beschäftigt heute. Ich nenne nur exemplarisch ein paar Bereiche, dann kann man der Phantasie freien Lauf geben – A, B, C: Ausländerrecht, Bauordnungen, Corona-Verordnungen
und dreimal S: Sozialgesetze, Steuern, Straßenverkehr.

„Keine Regel ohne Ausnahme“ sagt die Volksweisheit. Und das kann man auch studieren, wenn man Gesetze liest. Nicht selten sind dort die Ausnahmebestimmungen umfangreicher als die eigentlichen Regeln. Auch das „Untertan aller menschlichen Ordnung“ aus 1. Petrus 2 und der geforderte bedingungslose Gehorsam nach Römer 13 kennen Ausnahmeregelungen. Ausnahmen sind keine Widersprüche, die von manchen allzu gerne vermeintlich entdeckt werden. Nein: für eine kompetente Bibelauslegung und für die christliche Lehre ist natürlich von großer Wichtigkeit, auch das einzelne Bibelwort in den Kontext der ganzen Schrift zu stellen. Einzelne Bibelworte alleine und sie einfach nur immer wieder zu zitieren kann schnell in die Irre führen. Viel zu schnell und zu oft höre ich bei Kritik an staatlichen Anordnungen, man müsse doch der Obrigkeit untertan sein. Und dann wird ebenso schnell und oft undifferenziert das andere Bibelwort entgegen geschleudert, das uns in Apostelgeschichte 5,29 aus der Gerichtsverhandlung gegen Petrus und Johannes heraus gesagt ist: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“. Ja, man kann oft problemlos Bibelworte gegen Bibelworte in Stellung bringen. Selbst der Teufel hat in der sogenannten Versuchungsgeschichte Bibelworte benutzt, um Jesus zu versuchen. Das Wort der Apostel wurde der geistlichen Volksleitung gesagt, dem Hohen Rat. Schon denen, die damals die geistliche Vollmacht der Lehrautorität nutzen wollten, wurde das gültige Argument entgegen gehalten, dem keiner widersprechen konnte, weil klar war und ist und sein muss: Auch Kirchenleitungen stehen nicht über Gott sondern unter Gott. Auch sie haben zwar Macht, stehen in der menschlichen Hierarchie oben. Insofern ist auch ihren Anordnungen im Grunde gehorsam zu leisten. Aber sie stehen niemals über Gott.

Aber auch wenn unser Bundeskanzler schon kurz nach seiner Regierungsübernahme davon sprach, dass es keine „roten Linien“ gäbe, dann ist Widerspruch und gegebenenfalls auch Widerhandeln angesagt. Doch: Es gibt für uns Christen sehr wohl „rote Linien“, wo das „Untertan“ zum Ende kommt!

Wenn irgendwelche Mächte uns gebieten wollen, was Gottes Gebot widerspricht, dann ist die rote Linie überschritten, z.B. Verleumdungen, Lügen, falsche Götter anbeten – wir hängen kaum dem Hinduismus mit seinen zig Gottheiten an. Wir schaffen uns unsere eigenen Götter: Wohlstand, Gesundheit, Klima. Aber auch, wenn uns das Gebet, die biblischen Lehre, die Mission verboten würde – und ich nenne gerade im Blick auf die jüngere Geschichte: Verbot der Gemeinschaft, Verbot von Gottesdiensten und Zusammenkünften in Hauskreisen, Hauskirchen und sogar Eingriffe ins Familienleben durch Begrenzung von Treffen, Verbote zu Besuchen von Hilfsbedürftigen, Kranken, Pflegebedürftigen und Sterbenden.

„Untertan“ im Sinne dieser Bibelworte heißt nicht: Sich einfach allem Fügen, was gesagt und angeordnet wird. „Untertan“ heißt übrigens auch nicht: Willenlos auf Rechte zu verzichten, die das Gesetz einem zuteilt. Jesus wurde während der Verhandlung vor dem Hohen Rat geschlagen und sagte dann: „Habe ich übel geredet, so beweise, dass es übel ist; habe ich aber recht geredet, was schlägst du mich?“ Johannes 18,23. Paulus und Silas haben bei ihrer Freilassung aus dem Gefängnis in Philippi darauf bestanden, dass man nicht nur heimlich die Anklage gegen sie fallen lässt sondern dass sie öffentlich rehabilitiert werden: „Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich geschlagen, die wir doch römische Bürger sind, und in das Gefängnis geworfen, und sollten uns nun heimlich fortschicken? Nein! Sie sollen selbst kommen und uns hinausführen!“ (Apostelgeschichte 16,37). Paulus hat sich vor der Folterung in Jerusalem durch seine Berufung auf das römische Bürgerrecht geschützt „Ist es erlaubt bei euch, einen Menschen, der römischer Bürger ist, ohne Urteil zu geißeln?“ (Apostelgeschichte 22,25). Und bei der Verhandlung vor dem Statthalter Festus in Cäsarea hat Paulus von seinem Recht der Berufung zur höchsten juristischen Instanz, dem Kaiser, Gebrauch gemacht, also den ganzen möglichen Rechtsweg ausgenutzt (Apostelgeschichte 25,10.11). Aber Paulus hat auch deutlich gemacht, dass er dann am Ende das Urteil akzeptieren werde. Am Ende gilt immer, lieber Unrecht leiden als Unrecht tun.

„Untertan“ heißt auch nicht, auf Kritik zu verzichten, Unrecht und falsche Entscheidungen einfach laufen zu lassen. Alttestamentliche Prophetenworte richteten sich ganz überwiegend gegen die Herrschenden, die Könige. Sie haben im Zweifel auch ihr Leben eingesetzt im Widerspruch zur Staatsherrschaft und sie an Gottes Gebote und Ordnungen erinnert ohne Rücksicht auf ihre eigene Zukunft. Das Gottesrecht muss verkündigt werden, auch wenn es keiner hören will und dem Mainstream, dem Hauptstrom öffentlicher Meinungen, widerspricht.

„Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des HERRN Willen“. Ist damit alles klar?

Ich will in drei weiteren Kreisen daraus Schlussfolgerungen für unser Leben ziehen.

1. Obwohl Ihr Himmelsbürger seid – Lebt mit beiden Beinen in dieser Welt

Wenn Sie sich noch an den Petrustext vom Anfang erinnern: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht; die ihr einst nicht sein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid. Ihr Lieben, ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilger…“. Er sagt ganz klar: Wir sind hier auf dieser Welt Gäste, Fremdlinge, Pilger. Wir haben hier keine bleibende Stadt. Wir gehören zur Welt Gottes. Wir sind nicht einfach das Volk. Wir sind nun aber Gottes Volk. Weil wir Gäste auf dieser Welt sind und diese Welt nicht unser bleibendes Zuhause ist (Philipper 3,20 „Unsere Heimat ist im Himmel“ – Züricher Übersetzung) stellt sich ja die Frage, wie wir in dieser Welt zurechtkommen:

Drei Wege scheiden aus:

– der Welt einfach ade sagen, sie links liegenlassen, so zu tun, als ob sie uns nichts anginge und fast schizophren zu leben, die Welt Welt sein lassen
– sich einfach anzupassen an diese Welt und sich ohne Wenn und Aber von ihr einverleiben zu lassen. Vergessen, dass wir Bürger des Himmelreiches sind. Denn, wenn ich sagte, „mit beiden Beinen in der Welt stehen“, dann könnte das heute missverstanden werden, als ein dahinleben, wie es leider Viele tun. Sie leben in der Masse mit, lassen sich mitreißen von den Modetrends der Zeit oder haben oft nur die Sorge, sie könnten zu kurz oder zu spät kommen und ihr Lebensglück verlieren.
– der Weg der Gewalt – also die Sünde mit Gewalt auszurotten, sich den Zugang ins Paradies zwangsweise verschaffen zu wollen. Die neue Welt selbst zu erarbeiten, weil sie ja noch nicht so ist, wie sie sein soll. Wir können nicht aus eigener Vernunft noch Kraft das Rad der Geschichte zurückdrehen, den Sündenfall ungeschehen machen, auf dieser Welt das Paradies schaffen. Wir müssen die Gesellschaft nicht zurechtbiegen, aber wir können uns so einbringen, dass sie zum Besseren hin gestaltet wird.

Sogar die Sklaverei gehört hier zu den bösen Ordnungen der Fremde, die wir nicht gewaltsam ändern dürfen („Wenn du aber frei werden kannst, ergreife es viel lieber!“ – 1. Korinther 7,21).

„Lieber um des Gewissens willen Unrecht ertragen, als selbst Unrecht tun. Wenn wir selbst Unrecht tun, haben wir uns schon der Fremde angepasst und unsere Heimat verraten“. (Spaemann: „Wenn wir die Wölfe als Wolf besiegen, haben sie uns besiegt“).

Ein Exkurs:

72 Jahre herrschte in der Sowjetunion und nach dem 2. Weltkrieg in ganz Osteuropa einschließlich der kommunistischen DDR der materialistische Marxismus, eine Ideologie, die sich auch gegen die christliche Botschaft wandte. Die Christliche Botschaft wurde als billige Vertröstung aufs Jenseits betrachtet. Das Paradies soll hier auf Erden geschaffen werden.

Dabei haben wir doch eigentlich längst erfahren und könnten es wissen: Wer die christliche Hoffnung als eine billige Vertröstung aufs Jenseits brandmarkt, der kann auch fürs Diesseits nichts Bleibendes bewirken. Nur wer seine Hoffnung auf die ewige Welt Gottes setzt ist Realist. Der hat Kraft mit beiden Beinen fest in dieser Welt zu stehen und zu wirken.

Darum sehe ich schon auch ein wenig sorgenvoll in die heutige Zeit. Denn auch wenn wir ja auch denken wir hätten die Zeit des materialistischen Kommunismus hinter uns gelassen – sitzen wir nicht dennoch ganz neu der menschlichen Hybris auf, die meint, mit uns beginne die neue Zeit der Vernunft und eigenständigen Eigenverantwortlichkeit? Das sind doch die Töne, die auch heute erschallen: Den Gottesbezug in der Verfassung brauchen wir nicht. Die sogenannte „religiöse“ Formel beim Amtseid von Regierungsmitgliedern „So wahr mir Gott helfe!“ braucht es nicht. Dabei wäre das eine gute „rote Linie“, auch für den Bundeskanzler, der den Machbarkeitswahn ein wenig relativen könnte. Das Berliner Schloss ist wieder hergestellt werden, aber die provozierende Aufschrift auf der Kuppel hat kräftige Diskussionen ausgelöst. Sie wissen, was dort steht, und was jetzt relativiert wurde, nachdem es schon nicht verhindert werden konnte? Eine Mixtur aus Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2, 10: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“

Eine Tafel sorgt für die Relativierung, auf der steht: „Alle Institutionen im Humboldt Forum distanzieren sich ausdrücklich von dem Allgemeingültigkeits- und Herrschaftsanspruch des Christentums.“ Das klingt uns doch in den Ohren wie Lukas 19,14: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“. In der DDR hieß das damals: „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.“ Flotte Christen haben dem übrigens mutig entgegenhalten. „Nein, ohne Sonnenschein und Gott geht die LPG – also die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft – bankrott!“ Beim früheren Präsidenten der USA, Obama, hieß es: „Yes, we can.“ Angela Merkel sagte 2015: „Wir schaffen das!“ Bei Olaf Scholz hieß es in der Neujahrsansprache 2022: „Wir brechen auf in eine neue Zeit. Eine Zeit, die gut wird, wenn wir sie aktiv gestalten. Denn es macht einen Unterschied, dass wir unser Schicksal entschlossen selbst in die Hand nehmen!“ Und wie stehen wir jetzt ein Jahr später da?

Einer meiner Freunde, Pfarrer Martin Michaelis aus Quedlinburg, hat das meines Erachtens am besten auf den Punkt gebracht: „Wenn man Gott vom Thron stößt, ist es naiv zu glauben, dass dann der Thron leer bleibt. Nein, da setzen sich andere drauf, die dann so tun, als wären sie Gott, als hätten sie alles zu bestimmen“.

Der Verlust an Gottesfurcht und Ewigkeit macht uns nicht wirklich Welt zugewandt. Der Verlust an Ewigkeit führt eher zu einem egozentrischen und darum so stressigen Kreisen um sich selbst; zu einem aufgeregten Suchen nach Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung. Wer dagegen Ewigkeit hat, der hat auch Zeit. Wer nicht alle Hoffnung in diese Welt setzen muss, wer nicht seine eigene ganze Lebenserfüllung aus dieser Welt herauspressen muss, der kann nüchtern und fröhlich sich in diese Welt einbringen. Wer die existentiellen Fragen seines Lebens gelöst hat – nämlich die Frage nach dem Woher und Wohin – und darum ganz in diesem Gott geborgen ist, der Anfang und Ende und die Zukunft bestimmt, der hat Kraft und Zeit dazu, in dieser Welt zu wirken. Ewigkeitshoffnung macht nicht weltflüchtig sondern welttüchtig.

Also: Christen stehen mit beiden Beinen in der Welt. Und in diesem Sinne erinnere ich gerne an den Brief von Jeremia an die Zwangsinternierten nach Babel – wie sie uns in Jeremia 29, 5-7 beschrieben ist:

„Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte; nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehrt euch dort, dass ihr nicht weniger werdet. Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.“ Fromm gemeinte Rückzugsgefechte hat Jeremia nicht empfohlen. Jeremia hat dem Volk so menschlich zugerufen: „Baut Häuser, pflanzt Gärten, baut euer irdisches Leben so, als ob es noch lange dauert. Lebt normal“.

Christen sind keine Phantasten, sondern sie stehen mit beiden Beinen fest in dieser Welt, wohl wissend, dass diese Welt nicht das Letzte ist. Sie nehmen ihre Aufgaben und ihre Pflichten in dieser Welt ernst: in der Ehe und Familie – ich sage mal bewusst in meiner Lebenssituation, auch als Opa und Oma; aber auch im Beruf als Landwirt oder Handwerker, als Büromitarbeiter oder als Verkäufer, als Industriearbeiter oder als Arzt, als Steuerberater und als Unternehmer. Darum – und in dieser Sicht der Dinge – konnte auch unser Reformator Martin Luther sagen, das selbst der Dienst der Magd im Stall „Gottesdienst“ ist. Vielleicht ist das für uns noch immer gewöhnungsbedürftig, vor allem für Großstadtmenschen wie mich. Aber Luthers Sicht und Jeremias Sicht waren und sind: Der Gottesdienst beginnt nicht mit dem Lobpreis und er endet nicht mit dem Segen. Für Gottesmenschen ist immer Gottesdienst, auch am Schreibtisch, auch hinter der Ladentheke, auch der Dienst der Mütter, auch die Arbeit am Fließband und der Dienst als Hochschullehrer.

Sie kennen das: Wenn Menschen einem Politiker zuhören, dann sagen sie manches Mal, dass das doch nur Sonntagsreden seien. Und wenn man auch in diesem Jahr 2 nach der Bundestagswahl die Wahlversprechen von vor über einem Jahr und der politischen Regelungswirklichkeit heute vergleicht, dann gewinnt das neuen Auftrieb. Aber: „Sonntagsreden“? Wo wird denn sonntags geredet? Da denken also offenbar die Menschen über uns Prediger des Wortes Gottes, dass es ein gravierender Unterschied ist zwischen dem, was Christen am Sonntag im Gottesdienst predigen und hören und was sie am Werktag leben! Ist das nicht ein hartes, aber oft berechtigtes Urteil der Beobachter?

Lasst uns das Sprichwort von den Sonntagsreden künftig Lügen strafen: Unser Gottesdienst geht nicht sonntags zu Ende sondern geht montags weiter. Dann gehen wir Montagmorgens nicht mehr zur Arbeit mit dem Gedanken: „Wenn es nur jetzt Nacht wäre und morgen früh Freitagmittag“. Dann wird unser Gottesdienst am Sonntag bewährt durch den Gottesdienst in unserem Alltag.

Denn mit der Aufforderung Jeremias zum Bauen, Wohnen, Pflanzen, Essen, Heiraten, Kinder gebären ist das ganze Leben umspannt. Alle Lebensbezüge sind einbezogen. Aber diese Begriffe sind alle Aktiv-Begriffe, sie bezeichnen ein aktives gestalten. Aber Jeremias “Sucht der Stadt Bestes“ heißt, lebt verantwortlich. Lebt so, dass es anderen dient. Lebt so, dass andere durch euch Wohltaten empfangen. Lebt so, dass es eurer Gesellschaft gut geht. Lebt so, dass Ihr anderen Menschen um euch her zum Segen werdet.

Und dann bedeutet verantwortlich leben in der Regel auch – so jedenfalls sieht es Jeremia: „Heiratet und schenkt Kindern das Leben“. Ich betone: In der Regel. Ich weiß, dass mit einer solchen Aufforderung viele aufseufzen und sagen: Würde ich ja auch gerne; hätte ich ja auch gerne. Menschlich gesprochen ist es für Viele auch zu spät. Also: Ich weiß, dass sich dahinter viele Fragen und Probleme und auch Nöte verbinden.

Wir haben viele Probleme in unserem Land und wir stürzen gerade von einer Krise in die nächste, ohne die jeweils vorhergehende zu beenden: Pandemie, Klima, Energie, Inflation, Krieg – aber wir sollten im Blick auf unser Land wirklich nicht vergessen, dass die meisten Völker dieser Erde liebend gerne – muss man sagen „noch“? – ihre Probleme gegen unsere Probleme eintauschen würden. Aber ich erlaube mir zu sagen, dass einer der Hauptprobleme ziemlich unbeachtet am Rand liegt – man könnte auch sagen, es ist einer der beiden Elefanten im Raum, den zu erwähnen nicht erlaubt ist, ein echtes Tabu – nämlich, dass wir gerade die ganz natürliche Verantwortung für die Zukunft des Volkes zu sorgen seit 55 Jahren vernachlässigt haben. Wir stehen von 228 Ländern auf dem 212. Platz was die Zahl der Kinder im Verhältnis zur Einwohnerzahl angeht. Die Geburtenrate aller Länder im globalen Vergleich (laenderdaten.de) Zusammengefasste Fruchtbarkeitsraten im weltweiten Länderüberblick (laenderdaten.de). Das ist doch paradox. Im Wohlstand tummeln wir uns (noch) auf den ersten Plätzen, etwa auf Platz 5. Aber in dem Bereich, wo die menschliche Zukunft wirklich gestaltet wird, haben wir noch nicht mal die einfachste Regel verstanden. Gehört es nicht zum Kleinen Ein-mal-Eins des Denkens: Jeder von uns lebt doch nur, weil zwei Menschen ihm das Leben geschenkt haben und – gewollt oder von den Umständen her gedrängt – zu unserem Leben ja gesagt haben? Ist es da nicht das Mindestmaß der Dankbarkeit, auch wieder dafür zu sorgen, dass mindestens zwei Menschen nach mir das Leben geschenkt wird? Wir haben versäumt darüber zu reden, dass es geradezu die erste Wahrnehmung politischer Verantwortung ist, Kindern das Leben zu schenken, auch, damit wir nicht weniger werden.

Und darum müssen wir uns wohl auch heute als Christen daran erinnern lassen, was offenbar damals auch zu Jeremias Zeiten nicht mehr selbstverständlich schien. Der Zukunftspessimismus und das nur noch Sorgen um sich selbst hatte die Verantwortung für die Zukunft zurückgedrängt. Und deshalb schrieb Jeremia im Auftrag Gottes auch: „Sorgt dafür, dass ihr nicht weniger werdet!“ Dann davon hängt das Wohl eines Volkes eben auch ab, dass nicht plötzlich weniger da sind, die die Last eines Volkes tragen müssen. Ja, wir brauchen heute den Mut zu erkennen, dass sich meine und die nachfolgende Generationen durch manche Parolen haben verführen lassen. Wir haben uns von Worten wie Geburtenplanung und Familienplanung bestimmen lassen und nicht gemerkt, dass das eigentlich eher Geburtenverhinderungsplanung heißen müsste. Nicht wenige haben schon lange vor der sogenannten Klimakrise davon geredet und geglaubt, dass es nicht verantwortlich sei, in diese schwierige Welt hinein Kinder zu gebären.

Wie gut, dass unsere Eltern nicht so gedacht haben.

Gott will Leben, menschliches Leben. Und der Wert des menschlichen Lebens ist nicht von den Umständen abhängig, weder von den Fragen um Frieden und Freiheit und vom Klima, noch von den Fragen um Arbeitsplatz und Wohlstand und Sicherheit und schon gleich gar nicht von den Fragen der persönlichen Begabung oder der persönlichen Zukunftschancen. Weil Gott selbst der Herr der Zukunft ist, deshalb ist die mutterlose, die vaterlose, die kinderlose Gesellschaft auch ein Zeichen mangelnden Vertrauens in die Souveränität Gottes und seiner Herrschaft, gestern, heute und in Ewigkeit.

Ich hatte vor einigen Wochen noch einen kleinen Mailaustausch mit der Ratsvorsitzenden der EKD bzw. Ihrer Büroleiterin. Denn in einer Pressemitteilung der EKD wurde sie mit den Worten zitiert „Der Klimawandel bleibt die größte Herausforderung der Menschheit. Das müssen wir uns auch und gerade in der Energiekrise immer wieder vor Augen führen.“

Und ich habe sie gefragt, nach welchen Kriterien Sie diese „größte Herausforderung“ festgestellt habe. Denn laut WHO – und das ist der andere Elefant im Raum – fielen jährlich 73 Millionen ungeborener Kinder der Abtreibung zum Opfer, würden also mit Gewalt daran gehindert, das „Licht der Welt zu erblicken“. Natürlich hat sie mir nicht zugestimmt und gemeint, das seine eine andere Kategorie. Stimmt ja auch. Eine ganz andere Kategorie, über die so wenig gesprochen wird.

2. Gebt der Demokratie, was der Demokratie zusteht

Ich erinnere: Obrigkeit ist immer von Gott: Ob eingesetzt, durch Gewalt an sich gerissen, Diktatur oder eben auch, wie in unseren Breitengraden, demokratisch erlangt, also nicht nur von oben sondern von unten, von der Basis der Menschen her, legitimiert. Es ist keine Obrigkeit ohne Gott!

Wer ist die Obrigkeit heute?

Klar können wir schnell auf die Amtsinhaber in Bund, Ländern und Kommunen hinweisen. Aber das ist für unseren heutigen Verfassungsstaat zu kurz gegriffen.

Als Jesus danach gefragt wurde, ob es recht sei, an das kaiserliche Besatzungssystem Steuern zu bezahlen hat er mit dem bekannten Satz geantwortet „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Lukas 20,25). Wir haben keinen Kaiser. Weder der Bundeskanzler noch der Bundespräsident haben kaiserliche Würden noch kaiserliches Amt. Wer ist heute „der Kaiser“? An die Stelle des Kaisers ist in unserer Zeit die sogenannte Demokratie getreten, also die Volksherrschaft. Darum sage ich „gebt des Kaisers, was des Kaisers ist“ heißt heute „Gebt der Demokratie was der Demokratie zusteht“. Im demokratischen Rechtsstaat heißt es: „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus“ (Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz). Das Volk ist der Souverän. Das kommt natürlich am eindrücklichsten in den Wahlen zum Ausdruck. Das heißt: Macht, staatliche Gewalt, wird in den obersten Etagen, der Parlamente, der Regierungen und der Gerichte immer nur zeitlich befristet zugeteilt und kann bei unmittelbarer Demokratie sogar sehr begrenzt vergeben sein. Und was steht der Demokratie zu? Natürlich auch die Steuer und der Zoll, der Gehorsam gegenüber den beschlossenen Gesetzen. Aber noch viel mehr: Die Beteiligung, die Mitgestaltung. Zu der gehören natürlich die Wahlbeteiligung, aber eben noch viel mehr, die aktive Mitwirkung.

Wir sind aufgerufen, die staatliche Ordnung selbst mitzugestalten. Darum ist auch klar: Wer Verantwortung im Staat übernimmt, handelt sehr verantwortlich im Sinne des Schöpfungsauftrags. Das galt schon im Alten Testaments. Esther, Nehemia, Daniel und seine Freunde haben selbst im heidnischen abgöttischen Staat staatliche Verantwortung übernommen. Wie viel mehr gilt das für uns heute. Für die Genannten im Alten Testament war damit auch schon klar, dass man dann als Verantwortungsträger natürlich auch systematischer Teil eines Unrechtsregimes wird. Darum ist die von Ablehnung gegenüber staatlichen Amtsträgern triefende Feststellung, dass Politik ein schmutziges Geschäft sei, nicht angemessen. Spätestens in der Corona-Zeit haben wir doch gelernt (ich nehme an, die meisten schon vorher!): Alles Geschäft, sogar die Betreibung von Krankenhäusern und Teststationen, die Herstellung von Impfstoffen und die Vertreibung von Masken für den angeblichen Gesundheitsschutz kann schmutziges Geschäft sein, selbst Dienste in Kirche und Diakonie. Im Prinzip ist die Politik, die Gestaltung des Gemeinwesens, nicht weniger und nicht mehr schmutziges Geschäft. Es kommt am Ende immer darauf an, wie diejenigen, die ein Amt haben, das Amt ausführen, immer und überall! Lassen sie überall den Willen des Herrn gelten! Das ist überall möglich und letztlich überall die gleiche Herausforderung.

3. Unser Privilegien: Gute Taten und das Gebet

Ich will zum Ende hin unsere Privilegien betonen. Wir können uns als Christen in dieser Gesellschaft einordnen, ganz im Sinne von positiv einbringen. Weil wir bereits Bürger der Ewigkeit sind, müssen wir nicht mehr alles aus dieser Welt herauspressen und können uns deshalb viel mehr als vielleicht Andere in diese Gesellschaft selbstlos einbringen.

Aber darum frage ich auch: Könnte es sein, dass wir von der Anklagebank, was so alles schlecht läuft in unserer Gesellschaft, runter müssen und einige von uns zur Mitarbeit entsenden sollten? Und dass wir selbst auch täglich darüber nachzudenken haben, was das für uns heute bedeutet, der Stadt Bestes zu suchen?

Ich nenne abschließend 5 F’s, wie die fünf Finger an einer Hand:

  1. Feigheit überwinden – den Mund auftun
  1. Faulheit besiegen – in die Tasten greifen
  1. Freizeit einsetzen – mit Vernunft engagieren
  1. Freiheit leben – mit guten Taten vorangehen

Christliche Freiheit ist nicht die Freiheit zur Beliebigkeit, so als ob es nicht darauf ankäme, was wir tun und nicht tun. Jesus hat uns Freiheit vorgelebt. Es war die Freiheit zum Dienst, die Freiheit zum Leiden, zur Selbstaufgabe, zum Opfer. »…als die Freien, und nicht als hättet ihr die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit, sondern als die Knechte Gottes« (1. Petrus 2,16).

Unsere Aufgabe: guten Taten, auch denen gegenüber, die uns schlecht gesinnt sind.

Hoch interessant. Wenn wir jemand das Maul stopfen wollen, dann denken wir an eine scharfe Diskussionsrunde, an bessere Argumente. Dann wollen wir den Anderen „fertig machen.“ Petrus schreibt hier: „Ihr sollt mir euren guten Taten das Maul stopfen“. Anderen soll die Kritik im Hals stecken bleiben, weil sie sehen, in welch ganzheitlicher Weise ihr nicht nur redet sondern überzeugend handelt, Zeugnis in Wort und Tat.

  1. Fürbitte pflegen – die Politiker vor Gott tragen

„Untertan aller menschlichen Ordnung um des HERRN Willen“. Dazu und dabei segne Sie der HERR!

Hartmut Steeb

Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers.