- Gemeindenetzwerk - https://www.gemeindenetzwerk.de -

Predigt über 1 Joh 5,18-21: Christsein in der Welt

Wir wissen, daß, wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht, sondern wer von Gott geboren ist, den bewahrt er und der Böse tastet ihn nicht an. 19 Wir wissen, daß wir von Gott sind, und die ganze Welt liegt im Argen. 20 Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns den Sinn dafür gegeben hat, daß wir den Wahrhaftigen erkennen. Und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. 21 Kinder, hütet euch vor den Abgöttern! (1 Joh 5,18-21)

Einleitung

Mit diesen Worten beschließt Johannes seinen ersten Brief. Wir nehmen wahr, daß Johannes in den wenigen Versen unseres Predigttextes dreimal vom Wissen spricht, das dem Christen eignet. Doch wir müssen zugleich sagen, daß dies kein abgehobenes Wissen ist wie bei den Gnostikern, die meinten, ihre Religion auf das Wissen reduzieren zu können, sondern das Wissen des Christen trägt das Leben. Wir werden darauf in unserer Predigt eingehen müssen. Ferner muß uns auffallen, daß Johannes hier wie auch sonst den Widerspruch sieht zwischen dem Christen und der Welt. Er denkt antithetisch, also in Gegensätzen. Die Welt liegt im Argen, während der Christ Christus erkennt, an ihn glaubt und im Glauben lebt. Diese Dinge sollen uns in unserer heutigen Predigt beschäftigen. Wir beginnen mit der Feststellung, die die Welt betrifft, um dann den Gegensatz herauszuarbeiten, der den Christen kennzeichnet.

1. Die Welt liegt im Argen

„Die ganze Welt liegt im Argen“ – so sagt es Johannes, und er stimmt damit ganz mit Paulus überein, der zum Beginn des Galaterbriefes sagt, daß Jesus gekommen sei, „der sich selbst für unsre Sünden dahingegeben hat, daß er uns errette von dieser gegenwärtigen, bösen Welt nach dem Willen Gottes, unseres Vaters“ (Gal 1,4). Dabei haben wir vor Augen, daß diese Welt Schöpfung Gottes ist und daß sie als solche nicht böse ist. Aber sie liegt im Bösen. Sie steht unter dem Einfluß des Satans. Wir können hier nicht näher auf die physikalischen Aspekte eingehen, auf die Fallgestaltigkeit der Schöpfung, auf die Zerfallserscheinungen, die Mühsal der Arbeit, die Vergänglichkeit des Lebens und auf den Tod. Das sind ja nur Folgen des Sündenfalls. Viel bedeutsamer ist die Tatsache, daß der Satan seinen Einfluß auf die Menschen ausübt und daß diese Böses tun. Mit diesen müssen sich die Christen auseinandersetzen.

Unter der Perspektive, daß der Satan in der Bibel als Vater der Lüge bezeichnet wird, besteht der wesentliche Einfluß des Satans in der Form, daß er die Menschen lügen läßt, und zwar durch Menschen, die ihm – ob sie es wissen oder nicht – hörig sind. Lügen können eine öffentliche Dimension annehmen, so wie einst Ulbricht wenige Wochen vor dem geplanten Mauerbau in Berlin log mit den Worten: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Aber auch ein angesehener europäischer Demokrat wie Jean-Claude Juncker, der damalige Vorsitzende der Euro-Gruppe und spätere Präsident der EU-Kommission, sagte angesichts der Eurokrise in 2011 ganz unverfroren: „Wenn es ernst wird, muß man lügen.“ Es gehört zur Dämonie des Menschen, die meist desaströse Wirklichkeit mit der Lüge schönzureden, im Kleinen wie im Großen. Es ist ja bekannt, daß ein Mensch fast jeden Tag eine Halbwahrheit, eine Notlüge oder auch eine bewußte Lüge ausspricht. Die Lüge ist die Software, mit der eine marode Gesellschaft zusammengehalten wird, und nicht selten wird die Lüge mit staatlichem Druck zur Durchsetzung gebracht. Darum sollten wir uns auch nicht der Illusion hingeben, die sogenannten Leitmedien würden uns seriös und wahrheitsgemäß informieren. Auch wenn sie keine offensichtlichen Unwahrheiten verbreiten, so ist schon die einseitige, tendenziöse Darstellung eines Sachverhalts eine verkappte Lüge. Indem bestimmte Sachverhalte ausgeblendet werden, andere aber breit zur Darstellung gebracht werden, wird schon die Wirklichkeit verzerrt und ein einseitiges Bild von dem, was der Fall ist, verfestigt sich in den Köpfen der Medienkonsumenten. Wir schließen daraus: Medien sind kritisch zu konsumieren. Man lese auch die Gegendarstellung. Das gilt auch im Blick auf die Berichterstattung zu Corona oder zum Krieg in der Ukraine.

Doch Medienschelte ist einigermaßen billig. Nicht selten belügen wir einander auch in unseren Familien und Ehen und unter Freunden. Das scheinbar vertraute Gespräch bei Tisch ist mitunter so von der persönlichen Sicht des einen geprägt, daß es wegen der Einseitigkeit der Darstellung zur Lüge wird. Ein jeder möge einmal einen Tag lang auf seine Worte achten und sich kritisch fragen, was davon wirklich als hieb- und stichfest behauptet werden kann.

Die Lüge steht auch hinter den bekannten Sünden wie Diebstahl, Gewalttat, Mord, Unzucht und Ehebruch. Der Dieb, der im Supermarkt stiehlt, denkt falsch; er füttert sein Gewissen mit einer Lüge, mit der er sein Handeln rechtfertigt, sei es das ganz subjektive Interesse, mit dem Diebstahl Geld zu sparen, oder sei es das ideologische Interesse, dem reichen Kaufmann oder Konzern angeblich unrecht erworbenes Gut wegzunehmen. Unter dem Einfluß des Satans zerfällt der Kitt, der eine Gesellschaft zusammenhält, nämlich Treu und Glauben. Dann ist auf ein gegebenes Wort kein Verlaß mehr. Dann ist es besser, nachts bestimmte Straßen oder Viertel einer Stadt zu meiden oder vielleicht ganz zu Hause zu bleiben. Dann nimmt die Kontroll- und Überwachungstechnik die Rolle des Schutzes. Dann wird das Recht käuflich oder nach dem Ansehen einer Person gesprochen. Dann zerfällt die Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Dann halten Betrug und Korruption Einzug in die Arbeit von Institutionen und Betrieben.

Das alles sind Aspekte der Welt, die uns umgibt. Billigerweise könnten wir nun das Lied des Weltschmerzes anstellen, uns über die gottlosen Menschen ereifern, unsere Politik beklagen, die wie die Mehrzahl der Menschen so gar nichts von Gott und seinem Sohn wissen will. Doch seien wir ehrlich: Wir haben uns in der gottlosen Welt ganz passabel eingerichtet: Wir haben unser Haus, unser Einkommen, unsere Familie, unser Auto und unseren Urlaub. Wir können uns immer noch dieses und jenes leisten, und es ist keineswegs abwegig, daß wir das Internet haben, unsere Unterhaltungselektronik, unsere Küchengeräte und vieles, was uns ein ziemlich angenehmes Leben beschert. Wir haben auch unseren christlichen Glauben, unsere Gottesdienste und unsere private Erbauung.

Wir müssen ja nicht all den Unsinn konsumieren, der uns im Fernsehen vorgetragen wird, und auch nicht alle Bosheit und Sünde, die uns beim Surfen im Internet auf den Bildschirm kommt. Dennoch ist es wahr, daß unsere Welt im Argen liegt, und es ist im übrigen interessant zu vermerken, daß Johannes dies schon vor bald zweitausend Jahren feststellen mußte. Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, daß in einer Welt ohne Christus der Satan die Menschen in unterschiedlichem Maße durch die Lüge steuert.

2. Der Christ unter Gottes Bewahrung

Diesem Sachverhalt stellt Johannes gegenüber: „Wir wissen, daß wir von Gott sind.“ Herrscht der Satan durch die Lüge, so herrscht Christus durch Wahrheit, Wahrheit, die im Sinne des klassischen Verständnisses als Übereinstimmung von Sache und Verstand zu fassen ist. Wahrheit heißt: Der Mensch, der Christus durch den Glauben folgt, hat teil an der Wahrheit Gottes, am Evangelium, am Heil in Christus und am ewigen Leben.

Wir müssen an dieser Stelle die Tatsache würdigen, daß der christliche Glaube sehr viel mit dem Wissen zu tun hat. Johannes spricht in unserem Predigttext dreimal von einem solchen Wissen: „Wir wissen, daß, wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht, sondern wer von Gott geboren ist, den bewahrt er und der Böse tastet ihn nicht an.“ „Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns den Sinn dafür gegeben hat, daß wir den Wahrhaftigen erkennen.“ Und der bereits zitierte Satz „Wir wissen, daß wir von Gott sind.“ Dabei hat Johannes sehr wohl vor Augen, daß die Gnostiker, die es zu seiner Zeit schon gab, die Religion auf das bloße Wissen oder Erkennen reduzierten. Einige Gnostiker folgerten daraus, daß man dann mit seinem Leib machen könne, was man wolle, während andere Gnostiker eine strenge Askese forderten, also die konsequente Unterwerfung des Leibes unter den Geist. Eine rechte, positive Bewertung des Geschöpflichen gab es bei den Gnostikern nicht. Johannes aber denkt schriftgemäß und stellt heraus, daß der christliche Glaube sich im Handeln zeigt, im rechten Umgang mit den geschöpflichen Dingen.

So ist der Satz zu verstehen: „… wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht.“ Wir beachten, daß Johannes hier im Grundtext im Präsens redet, was soviel bedeutet, daß die Sünde für den Christen nicht stete, gegenwärtige Praxis ist. Wir bedenken des Weiteren, daß die eigentliche Sünde, die Wurzel aller Sünden, der Abfall von Gott und die Abgötterei ist. Das ist die Lebenswirklichkeit des Heiden, der seine Götzen hat und diese in seinen Tempeln verehrt. Er will Gott, den Schöpfer, nicht erkennen und ehren und verkehrt das rechte Wissen von Gott in eine falsches: Er macht sich Götzenbilder und denkt von diesen, daß sie die göttliche Kraft repräsentieren und betet sie an. Die Folgen des Abfalls sind die vielen anderen Erscheinungsformen der Sünde.

Als Kinder der Aufklärung haben wir diesen Formen der Religion längst den Rücken gekehrt. Wir wollen nicht mehr glauben, daß es Gott gibt. Wir kommen aber angesichts der Wirklichkeit der Welt nicht umhin, dann anzunehmen, daß die Welt sich selbst erschaffen habe, indem sie sich aus sich selbst heraus entwickelt habe. Dann spricht ein Physiker beispielsweise von einem kreativen Universum. Mit anderen Worten, er hält die materielle Welt für so kreativ, daß sie all das, was ist, tatsächlich hervorbringen kann. Das aber bedeutet, daß man das Geschöpf zum Gott macht.

Wir können aber nicht übersehen, daß es bis auf den heutigen Tag sogar Heidentum in christlichem Gewand gibt. Man besuche ein Marienheiligtum, das als Wallfahrtsstätte ausgewiesen ist. Dort wird Maria angerufen und wenn das Erbetene eintritt, hängt der Betreffende eine Votivtafel auf, die die späteren Pilger informiert: „Maria hat geholfen.“

Hat sie das wirklich? So wird der Kritiker mit Recht fragen. Aus evangelischer Sicht ist die Anrufung Mariens schlicht Abgötterei, denn hier wird ein Geschöpf Gott gleichgestellt und der dreieinige Gott verkannt. Man übersieht dabei, was Gott in Jesus von sich offenbart hat: Daß er ein gnädiger Gott ist, der Sünden vergibt, der seinen Kindern das tägliche Brot geben will, der sie im Glauben bewahren will, der ihnen die Freiheit gibt, ihn im Namen Jesu anzurufen und in Dankbarkeit vor ihm zu leben. In Jesus können sie Gott recht erkennen und wissen, wie er denkt und was er will.

Daß ein Christ Gott recht erkennen kann, ist weder eine Anmaßung noch ein menschliches Verdienst. Ausdrücklich sagt Johannes, daß Jesus selbst das Verständnis dafür öffnet, Gott, den wahrhaftigen Gott, recht zu erkennen. Er hat das damals bei seinen Jüngern getan und tut es seit Pfingsten durch deren Wort, das er im Heiligen Geist gegeben hat und der Kirche aller Zeiten verkündigen läßt. Er vergewissert den Christen durch das apostolische Wort, daß er an Christus teilhat, an dem einen und wahren Gott, durch den alles geschaffen ist. Damit ist klar, daß das Wissen, von dem Johannes mehrfach redet, aus dem Wort der Apostel kommt. Nicht zuletzt ist es Gottes Gabe, wenn ein Christ sich im Glauben bewährt und trotz mancher Widerstände daran festhält. Der Christ wird indes nicht sündlos, aber ein Leben in offener Sünde ist mit seinem Glauben nicht zu vereinbaren.

3. Christus oder ein Abgott?

Unser Predigttext schließt mit den Worten: „Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. Kinder, hütet euch vor den Abgöttern!“ Es entspricht nicht dem Gedankengang des Johannes, diesen letzten Satz als gesonderten Absatz zu drucken, so als stünde er unverbunden hinter dem ihm vorausgehenden Text. Wir erkennen vielmehr den unmittelbaren Zusammenhang mit der Betonung, daß Jesus Christus „der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ ist. Abfall von Christus bedeutet, das ewige Leben zu verlieren.

Der Christ steht immer in der Konfrontation mit der Welt. Wir haben in einer früheren Predigt bereits über die Aussage des Johannes nachgedacht, daß der Glaube der Sieg ist, in dem der Christ die Welt überwindet. Das stete und bewußte Hören auf die Zusagen Gottes, die den Glauben tragen, das Wissen, das sich damit verbindet, ist die Software, mit der der Christ dem Anruf des Unglaubens widerstehen kann. Indem Johannes nun bewußt vor der Abgötterei warnt, weist er seine Leser darauf hin, daß der allgegenwärtige Götzendienst in ihrer Umgebung eine stete Anfrage an die Echtheit des Glaubens an Christus darstellt. Wir bedenken, daß die Christen der damaligen Zeit umgeben waren von Götzentempeln. In Ephesus, einem der Wirkungsorte des alternden Johannes, war eine berühmter Tempel der Fruchtbarkeitsgöttin Diana, und die Menschen glaubten, daß das Bild der Diana, das im Tempel stand, vom Himmel gefallen sei (s. Apg. 19,35-36). Tempel und Götzenbilder gab es in allen Städten des Römischen Reiches, und außerhalb des Reiches, etwa bei den Kelten oder Germanen, war der Götterglaube in gleicher Weise verbreitet. Man denke etwa an die Auseinandersetzung mit dem germanischen Götterglauben, den Bonifatius im achten Jahrhundert in unserer Region zu führen hatte. Geschützt durch königliche Soldaten und kirchliche Mitarbeiter konnte er es wagen, die Donareiche zu fällen, denn der Glaube an die alten Götter vermischte sich mit dem christlichen Glauben. Bonifatius wollte nicht die Christifizierung des Heidentums betreiben, sondern sah den Gegensatz zwischen beiden und wollte die Menschen zum christlichen Glauben bekehren.

Dieser Gegensatz wurde im Laufe der Jahrhunderte verwischt. Dagegen bildete sich vor allem im protestantischen Umfeld die Überzeugung aus, daß der Glaube an Christus eben doch der rechte Glaube sei. Diese Überzeugung zerbrach im Zuge der Aufklärung und der folgenden Jahrhunderte, und an ihre Stelle ist der Glaube an den Menschen getreten.

Wenn gegenwärtig die Forderung nach freier Selbstbestimmung erhoben und zum leitenden Prinzip menschlichen Handelns gemacht wird, dann ist das eine Folge dieses Denkens. Ein solches Denken ist gegen Gott gerichtet, denn der sich selbst bestimmende Mensch will keinen Gott über sich haben, sondern selber sein wie Gott. Daß dies der Urlüge des Satans entspricht, liegt auf der Hand.

Christus oder Abgott? Das ist die Frage, vor der die Kirche im Allgemeinen und jeder einzelne Christ im Besonderen heute steht. Wir beachten, daß dies nicht einfach eine menschliche Entscheidung ist, um die es hier geht. Es ist für den Christen vielmehr eine Gabe Gottes, wenn er zum einen die Frage, die ihm das heutige Denken stellt, in ihrer Schicksalhaftigkeit erkennt und versteht, und wenn er zum anderen durch die Erkenntnis Christi, des wahrhaftigen Gottes, die Lüge hinter der Selbstvergötterung des Menschen überwindet und sein Leben in rechter Gottesfurcht und im Vertrauen auf Gott führt.

Dabei geht es konkret um die Frage, ob der Christ etwa sein Bauchgefühl zum Leitmotiv seines Lebens macht, mithin also an der Kultur der Lustverfallenheit teilnimmt, oder ob er im Glauben an Christus die Welt gebraucht, sich an den Gaben Gottes freut, aber die Lust nicht zum Ziel seines Handelns macht, sondern Wahrhaftigkeit und Besonnenheit. Es geht auch um die Frage, ob man den von den Medien vorgestellten sogenannten Experten in den verschiedenen Bereichen des Lebens vertraut, oder auf Gottes Wort. Wenn etwa ein Psychologe behauptet, der Mensch sei von der Evolution her nicht auf die Einehe programmiert, sondern die Polyamorie gutheißt, dann ist der Christ herausgefordert, dem Gebot Gottes gemäß die Schönheit und Freiheit der ehelichen Treue zu erkennen und zu praktizieren. Nicht zuletzt findet sich gerade auf dem Gesundheitssektor viel Aberglaube an nicht wissenschaftlich bewiesene verborgene Kräfte und Versprechungen
von Heilung oder Besserung.

Schluß

In den Herausforderungen, die Johannes in den Versen unseres Predigttextes anspricht, geht es im Grund um die Frage: Auf wen oder was vertraue ich? Was halte ich für wahr? Wenn der Christ Christus recht erkannt hat, dann kann er ohne Furcht oder Gefahr für seinen Glauben Götzenopferfleisch essen, sich gegen eine Krankheit impfen lassen, eine Feuerversicherung abschließen oder eine riskante Bergtour unternehmen. Er weiß, daß alle diese Aktivitäten unter dem Vorbehalt stehen, daß sie ihm Leben und Lebensqualität nicht sichern können, sondern nur bis zu einem gewissen Grad ihre Wirkung haben, endlich und diesseitig sind. Er weiß, daß Christus selbst ihn davor bewahrt, etwa das Bergsteigen oder etwas, was ihm sonst Lebensqualität verspricht, zu vergöttern, und daß Christus selbst ihm Leben und Gesundheit erhält oder im gegebenen Fall auch nimmt.

Freude dagegen wird er haben an der Wahrheit, die Gott in Jesus Christus offenbart hat. Diese Wahrheit wird er über alles lieben, an ihr wird er festhalten, von ihr wird er reden, auch wenn es politisch nicht korrekt ist. Mit ihr kann er die Lüge überwinden, die ihm in dieser Welt begegnet und derentwegen die Welt im Argen liegt. Die Wahrheit des Evangeliums ist zugleich der Grund seiner Hoffnung auf das ewige Leben, die ihn schon hier erfüllt.
Amen.

Dr. Bernhard Kaiser, Predigt vom 25.9.2022

© Institut für Reformatorische Theologie gGmbH; www.irt-ggmbh.de