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Europas Bevölkerungsprobleme

Europas Bevölkerungsprobleme –
wie der amerikanische Demograph Demeny sie sieht

„In den Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Europa, was es tausend Jahre nicht war, eine Einwanderungsregion. Teilweise war dies Folge des Zusammenbruchs des Kolonialsystems der zu einem massenhaften Zustrom aus den früheren überseeischen Besitzungen führte. Teilweise geschah es, wie prominent in anderem Zusammenhang behauptet in einem Anfall von Unaufmerksamkeit: einem klassischen Versagen von Regierungen ihre zentrale Nachtwächterrolle auszuüben. Das Hauptbeispiel solcher Unaufmerksamkeit ist der massive Import von sogenannten Gastarbeitern in den 1950er und 1960er Jahren. Die Gäste entschieden sich zu bleiben und luden sogar ihre Verwandten aus dem Heimatland ein zu kommen. Demokratische Staaten können solche einseitigen Entscheidungen ihrer Gäste nicht annullieren, zumal diese Entscheidungen großen Teils den wirtschaftlichen Interessen ihrer Arbeitgeber entsprachen. So wurde beispielsweise Deutschland zur nicht immer freundlichen Heimat von Millionen moslemischer Migranten mit dem Versprechen auf weiteren Zuzug.

Das jährliche Volumen der Einwanderung in die EU entspricht dem in die Vereinigten Staaten. [….] Die Einwanderung wird den Bevölkerungsrückgang in Europa wahrscheinlich nicht stoppen. Da die Einwanderung aber wohl hoch bleiben wird, wird sie den Rückgang beträchtlich abschwächen. So mag denn Oswald Spengler trotzdem korrekt bleiben: der Bevölkerungsrückgang könnte eher langsam als beschleunigt verlaufen und sich tatsächlich über Jahrhunderte erstrecken. Dieser Prozeß beinhaltet freilich eine fundamentale Umwandlung der ethnischen Zusammensetzung der europäischen Bevölkerung und auch ihres kulturellen Erbes. Falls Europa eine andere Zukunft für seine Nachkommen vorzieht, kann korrektives Handeln nicht mehr lange aufgeschoben werden“ (Vgl. ebd.: Paul Demeny: Die bevölkerungspolitischen Dilemmata in Europa zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 91-117, in: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, Jg. 28, Heft 1/2003, S. 118.).

„Was könnte die europäische Reaktion auf diesen tektonischen Wandel der relativen demographischen Gewichte sein? Eine mögliche Variante ist die Politik der verschlossenen Augen und Ohren. Was man nicht beobachtet, verursacht kein Kopfzerbrechen. Man kann schwerlich behaupten, europäische Einstellungen zu Bevölkerungsfragen seien von dieser bequemen Haltung frei. Es ließe sich leicht nachweisen, daß im zurückliegenden Vierteljahrhundert die europäische Presse, die gut informierten Kreise und der sprichwörtliche Mann auf der Straße viel tiefer von den wahrgenommenen Problemen des Ozonlochs, dem Zustand des amazonischen Regenwaldes oder der drohenden globalen Erwärmung bewegt waren, als mit tatsächlichen oder angenommenen Problemen des andauernden demographischen Wandels (Ebenda. S. 103).