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Was unser Gott geschaffen hat, das will er auch erhalten“[1]

Die Klimakatastrophe ist über uns hereingebrochen. In aller Munde sind auf einmal Worte wie ‚Klimaneutralität‘, Klimaschutz, Klimabotschafter, Klimaführerschein, Transformationskonzept, Carbon Footprint, Birth-Strike-Movement, Nettonull etc. Das Zauberwort ‚Nachhaltigkeit‘ tritt in allen Lebensbereichen als Wunderwaffe auf: es gibt auf einmal scheinbar kein anderes Problem auf Erden mehr. Es wird allenthalben Weltuntergangsstimmung verbreitet. Sogenannte Aktivisten ohne Amt und Mandat treten als neue Werkheilige[2] [1] mit selbsterdachten Prophetien und Weisheiten auf und werden medial hochgespielt als ob sie reale Lösungsmöglichkeiten für die beklagten Missstände hätten.

Pauschal werden aktuell Lebensformen und Gewohnheiten verteufelt. So ist der Dieselantrieb eines Kfz nahezu diabolisch und fossile Brennstoffe werden zu Teufelswerk ernannt, die mit inquisitorischem Eifer verfolgt und ausgemerzt werden müssen. Klimaaktivisten schwingen das große Wort und kreieren neue Feindbilder, die bekämpft und zur Einsicht gezwungen werden sollen. Die Medien überschlagen sich in der Berichterstattung über Schulstreiks und anderen merkwürdigen Entwicklungen, die man früher nicht geduldet hätte. ‚Die Jugend‘ sieht ihre Zukunft durch den aktuellen Lebensstil ‚der Alten‘ gefährdet und erhebt abstruse Forderungen in anklagendem Stil, dass sich jeder Ottonormalverbraucher wie ein umweltpolitischer Schwerverbrecher fühlen muss, wenn er denn noch über ein ökologisches Gewissen verfügt.

Auch im kirchlichen Bereich hat diese neue Form der Gesellschaftspolitik bzw. der Ersatzreligion der sog. Zivilgesellschaft Einzug gehalten und man bemüht sich, hier modern und zeitgemäß aufzutreten. Arbeitskreise, Konvente und Synoden bearbeiten das Thema und ersinnen Pläne und Konzepte. Viel Zeit, Geld und Energie werden aufgewendet, um nur nicht unmodern oder rückständig zu erscheinen.

Hier tritt uns eine grundsätzliche Gefahr vor Augen, die Friedrich von Bodelschwingh in schwerer Zeit klar analysiert hat: ‚immer sind wir in Gefahr, die Verkündigung, die Seelsorge, den Liebesdienst, die missionarische Arbeit der Kirche nach unseren Maßstäben zu gestalten. Dann geraten wir in eigenmächtige Konstruktionen, in schwärmerische Leidenschaften oder starre Gesetzlichkeit‘.[3] [2] Genau dies ist gegenwärtig der Fall. Vor vielen Jahren hat Helmut Thielicke vor der ‚Konjunkturkirche‘ gewarnt, die ihr Fähnlein nach dem Zeitgeist hängt.[4] [3] Dabei bedient man sich der ‚Panikmache‘: es wird zur Eile und zu schnellem Handeln aufgerufen und es werden Szenarien herbeigeredet, die den baldigen Weltuntergang beschwören und Eines verbreiten, was wir aus der Pandemiekrise Corona sehr gut kennen: Angst und Unsicherheit.

Diese Konzepte der Verunsicherung sind nicht neu und haben sich bereits auf anderen ethischen Handlungsfeldern ‚bewährt‘: es sei auf die Aktionen der kirchlichen Friedensbewegung verwiesen, die theologisch zur Ausformung der ‚Lehre vom gerechten Frieden‘ geführt hat. Gerhard Maier verweist zurecht auf den Missbrauch der Bergpredigt durch die ‚Friedensbewegung‘ in den 80er Jahren. Durch die Panikmache ‚Es ist fünf vor zwölf‘ wollte man ein völlig irratonales politisches Handeln der einseitigen Wehrlosmachung auslösen.[5] [4] Bereits 1947 warnte Thielicke vor der verantwortungslosen ‚pazifistischen Laisser-faire Haltung‘.[6] [5] Ich erinnere mich sehr gut, wie in Hochzeit der sog. ‚Friedenspolitik‘ die Schüler unseres Gymnasiums klassenweise organisiert in die Kinos getrieben wurden, um den Film ‚The day after‘[7] [6] anzusehen, um endlich zu begreifen, dass das Wettrüsten das nahende Ende der Welt und der Menschheit heraufbeschwöre. Es zeigte bei vielen damals gute Wirkung und die ‚Kriegstreiber USA‘ wurden an den Pranger gestellt. Präsident Reagan, dem unser deutsches Volk so vieles zu danken hat, wurde dämonisiert und verteufelt mit seinen bösen Pershing-Raketen. Leider übersah man, dass die SS-20 Raketen der damals noch existierenden UdSSR auf uns gerichtet waren – nicht die Waffen unserer Verbündeten. Heute wissen wir, wie stark diese gesinnungsethisch verwirrte Situation von den Geheimdiensten der damaligen Gegner unterwandert war.[8] [7] In vieler Hinsicht wiederholt sich umweltpolitisch das gleiche politische Strickmuster. Auch heute wird eine irrationale Umwelt-Weltuntergangspanik geschürt und die vermeintlichen aufgezeigten Lösungsstrategien können in die Katastrophe führen: gerade wenn diese vermeintlichen Lösungen schwärmerische Züge tragen oder auf infantilem Niveau Wahrheitsanspruch erheben.[9] [8] Das Abschalten der deutschen Kernkraftwerke nach dem Störfall Fukushima oder das Schließen des deutschen Kohlebergbaus ist bereits aufgrund geschürter Hysterie erfolgt und könnte fatale Folgen für die Energieversorgung unseres Landes haben. Die EU-Kehrtwende in der Atompolitik zeigt ja den deutschen Umweltideologen schmerzlich, wie kurzfristig politisch gedacht und gehandelt wird.[10] [9]

Als Kirche Christi haben wir m.E. angesichts der aktuell geschürten Umwelthysterisierung Gelassenheit zu bewahren und diese auch vorzuleben. Die Umweltpropaganda schürt die Lebensangst der Menschen indem sie bewusst Horrorszenarien konstruiert und Krisen herbeiredet, die eine fatale Wirkung haben. Helmut Thielicke hat nach den Katastrophen der Kriegsjahre in einem Sammelband sehr interessante Erfahrungen und Einsichten im Umgang mit der Welt- und Lebensangst der Menschen zusammengestellt und den Standort der christlichen Gemeinde dezidiert dargestellt.[11] [10] Auch nach vielen Jahren halte ich diese Aufsätze in der gegenwärtigen Situation für hochaktuell.

Welt ging verloren…

Wir Christen wissen, dass wir in einer gefallenen Welt leben: das Ende dieser Erde wird kommen. Niemand anders als Jesus Christus selbst hat dies in klaren Worten gesagt (Mt 24,35; Lk 21,33).[12] [11] Wenn man diese Tatsache ernst nimmt und darauf vertraut, ist man vor einem gewaltigen Irrtum gefeit: vor dem überheblichen Wahn, dass diese Welt von uns Menschen erhalten oder gar gerettet werden kann. Mit Recht hat Gerhard Maier betont, dass sich die Bibelkritik manche Wege hätte sparen können, „wenn sie Matthäus 24,35 ernster genommen hätte“.[13] [12] Diese Hybris drückt sich biblisch für mich am deutlichsten im Turmbau zu Babel aus: dem menschlichen Streben, sich selbst einen Namen machen zu wollen (Gen 11,4), wird ein Ende gesetzt, denn Gott lässt sich nicht spotten. Ps 2,4 sagt uns deutlich, wie der Schöpfer darauf reagiert – er lacht (śḥq) darüber und spottet (lʿg). Der Heiden Rat ist nicht mit dem Rat des Herrn identisch (Ps 33,10f).

Die fatale Verwechselung

Die biblische Impfung gegen die Verwechselung von Schöpfer und Geschöpf findet sich m.E. am deutlichsten im Römerbrief. Paulus warnt in einem für uns Christen zentralen Wort vor der Gefahr, Schöpfung und Schöpfer, Gabe und Geber zu verwechseln: Römer 1,23 ‚und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht (allassō) mit einem Bild gleich dem eines vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und der kriechenden Tiere‘. Die Folge dieser fatalen Verwechselung beschreibt er in den kommenden Versen mit dem folgenschweren Verb ‚dahingegeben‘ (paredōken), das in den Versen 24, 26 und 28 vor Augen gestellt wird.

Aurelius Augustinus drückt es in den ‚Bekenntnissen‘ so aus: ‚Viel Wahres sagen sie von der Schöpfung, doch nach der Wahrheit, dem kunstvollen Gestalter der Schöpfung, forschen sie nicht … deshalb entdecken sie sie auch nicht, oder wenn sie sie entdecken und als Gott ansehen, verehren sie ihn nicht als Gott, sagen ihm keinen Dank, sondern ergehen sich in  ihren nichtigen Gedanken und behaupten, sie seien weise, indem sie sich zuschreiben, was ihm zugehört‘.[14] [13]

Luther hat diese Fehlentwicklung in seiner Römerbriefvorlesung 1515/1516 auf den Punkt gebracht und verweist auf die vier Stufen des fortschreitenden Irrtums: „Erkenne also die Ordnung und die einzelnen Stufen des Verderbens. Die erste ist die Undankbarkeit oder das Unterlassen der Dankbarkeit. So war etwa Luzifer undankbar gegenüber seinem Schöpfer, bevor er fiel. So etwas erwächst aus eitler Selbstgefälligkeit, in der man sich an Empfangenem freut als sei es nicht empfangen und den vergisst, der es schenkte. Die zweite Stufe ist die Eitelkeit, denn da freut man sich an sich selbst und an der Schöpfung und genießt, was nützlich ist und wird so notwendig eitel »in seinen Gedanken«, d.h. in allen Absichten, Mühen und Bestrebungen. Denn was man auch immer damit und dadurch bezweckt, es ist doch alles eitel, weil man nur sich selbst sucht, d.h. seinen Ruhm, seine Freude und seinen Nutzen. Die dritte Stufe ist die Verblendung, denn einer, der der Wahrheit bar und mit allen Sinnen und mit allen Gedanken der Eitelkeit verfallen ist, wird notwendigerweise blind, weil er vollständig (von Gott) abgewandt ist. Und wenn man so schon im Finstern wandelt, was kann man dann anderes tun als das, nach dem ein Irrender und Törichter her stolpert. Denn der Blinde geht sehr leicht irre, ja er tut es immer. Die vierte Stufe ist deshalb Irrtum in Bezug auf Gott, und das ist die schlimmste, denn sie schafft Götzendiener. Hierhin gekommen zu sein bedeutet in den tiefsten Abgrund gestürzt zu sein. Denn wenn man Gott verloren hat, dann bleibt nichts übrig, als dass man nach dem Willen des Teufels aller Schändlichkeit ausgeliefert ist“.[15] [14]

Luther nennt dies einen ‚geistigen und ausgeklügelten Götzendienst‘, da nicht der Gott verehrt wird, der sich in Bibel bezeugt, sondern vielmehr der Götze, den man sich selbst zurechtbastelt. In der Bibel werden diese Götzen als die ‚Götter, die vor unserem Angesicht hergehen‘ (Ex 32)[16] [15], bezeichnet. Mit anderen Worten: das goldene Kalb. Dies trifft in der aktuellen Entwicklung der Umweltvergottung meiner Beobachtung nach voll zu.

Helmut Thielicke hat auf die Gefahr der Weltanschauungen verwiesen, wenn Schöpfung und Schöpfer verwechselt werden. Er sieht darin die Ursünde des Menschen, die er vom ersten Gebot herleitet.[17] [16] In einer messerscharfen Analyse zeigt er, dass diese „sehr tiefgreifende, alarmierende Gefahr aller Weltanschauungen“ zu aller Zeit besteht. Hier sieht er die Gefahr des Zerfalls: „wenn die Menschen mit Hilfe ihrer Weltanschauungen eine geschöpfliche Größe zum letzten Sinn des Weltgeschehens erheben und damit an die Stelle des Schöpfers setzen, dann liefern sie die Welt dem Zerfall aus“.[18] [17] In der Geschichte des Abendlandes sah er in der Verweltlichung (Säkularisation) eine ‚einzige Kette von Empörungen“, die er als ‚Götzenparade[19] [18] bzw. als ‚Unheilsgeschichte der Weltanschauungen‘ bezeichnet. Thielicke weist in verschiedenen seiner Schriften darauf hin, das gerade Luthers Auslegung der Artikel des Glaubensbekenntnisses vor dieser theologisch fatalen Verwechslung von Schöpfer und Geschöpf schützt. Hier geht es nicht um theologische Beliebigkeiten, sondern vielmehr um die grundlegende Unterscheidung von Glauben und Unglauben, von Wahrheit und Irrtum. An diesem Punkt muss der von Natur aus selbstverliebte Mensch an seiner Hybris scheitern und das Gottvertrauen lernen. So hat es Paulus erfahren und bitter gelernt.[20] [19]

Alles andere greift theologisch zu kurz und führt zu kirchlich-aktionistischem Geschwätz, das im letzten Grunde nichts Anderes ist als eine kirchliche Wiederholung der Mainstream-Medien. Dies braucht niemand und deshalb manövriert sich eine so agierende Kirche in das Aus, denn sie braucht letztlich niemand.[21] [20] Die Austrittswellen der letzten Jahrzehnte spiegeln das schmerzlich wieder und der Niedergang des Christentums in Deutschland spricht hier eine mehr als deutliche Sprache.

Friedrich von Bodelschwingh hat in schwerer Zeit dezidiert darauf hingewiesen, dass in Zeiten der ‚Sichtung und Erschütterung‘ alles darauf ankommt, neu auf das Wort Gottes zu hören und sich hier auf Wesentliche und Eigentliche zu konzentrieren.[22] [21] Diese Konzentration ist unserer Kirche weithin verloren gegangen und ich plädiere deshalb für ein neues Fragen nach der ‚Zuversicht des Anfangs‘ wie es in Hebr 3,14 so klar heißt.

Anstatt an neuen Türmchen Babels zu basteln, wie dies in den Bereichsethiken seit Jahrzehnten so fruchtlos erfolgt, muss uns die gegenwärtige Krise neu zu den Grundlagen und Fundamenten unseres christlichen Glaubens führen. Das Hadern gegen den Schöpfer hat keine Verheißung wie Jes 45,9 klar sagt. Wie dieses fruchtlose Hadern (ḥtt) endet, sagt 1 Sam 2,10 in erschreckender Deutlichkeit: „Die mit dem HERRN hadern, müssen zugrunde gehen“.

Gerade dies halte ich für das Gebot der Stunde. Mit Recht warnt Paulus die Gemeinde Christi davor, sich ein schlechtes Gewissen machen zu lassen in Fragen der Vorläufigkeit (Kol 2,16).[23] [22] Sonst wird das Ziel des Glaubens ‚verrückt‘ (Kol 2,20) und ein Götze wird auf den Thron Gottes gesetzt. „Es entstehen immer Götter, wenn man Gott absetzt“[24] [23]. Genau dies passiert m.E. gegenwärtig in der Überhöhung der Umweltfrage. Mit Recht nennt Paulus dies eine Aufgeblasenheit im fleischlichen Sinn. Als Kirche Christi haben wir eine andere und bessere Botschaft zu bezeugen als selbsternannte Hilfsumweltminister mit ihrer moralisierenden Ideologie. Der moderne Richtgeist[25] [24] wird hier in seiner vollen Konsequent sichtbar.

In der aktuell herbeigeredeten Klimakrise, die nach meiner Beobachtung genau dieser Gefahr erliegt, bedarf es deshalb einer biblischen Besinnung, um Klarheit in dieser Frage zu bekommen. Das Parolendenken einer verkürzten theologischen Debatte, wie wir dies auch aus der Friedensethik kennen, führt nach Absurdistan: die Trümmer der Lehre des gerechten Friedens sind uns angesichts des desaströsen Endes des Afghanistaneinsatzes um die Ohren geflogen.

Diese Besinnung muss theologisch letztlich den Ausschlag geben und zu einer christlichen Gelassenheit führen in dieser Frage.

Was sagt uns dazu die Schrift?

Wir wissen als Christen gemäß der biblischen Botschaft, dass diese Welt so lange bestehen wird, wie Gott sie erhalten wird. Der Anbruch seiner neuen Welt, die uns in den Schriften des Alten wie des Neuen Testamentes klar bezeugt ist, bedeutet das Ende der alten Welt.

Die Erhaltungszusage dieser alten Welt finden wir ausdrücklich im noachitischen Bund (Gen 8,22): ‚solange die Erde steht‘.[26] [25] Gott sagt das Bestehen zu. Es geht hier um ‚alle Tage der Erde‘. Wenn wir diesem Wort Gottes trauen, können wir als Christen in die allgemeine Hysterisierung nicht einstimmen, sondern dürfen Gott danken, dass er diese Welt bis hierher und heute erhalten hat und dies auch weiterhin tun wird bis zum zweiten Kommen seines Sohnes.

Wenn man diesem Wort Gottes nicht glaubt, macht man ihn zum Lügner (pseustēs; 1 Joh 5,10). Wenn man es so konsequent zu Ende denkt, ist die Erhebung der selbsternannten Weltretter nichts weniger als ein klares Zeichen des Unglaubens: man traut dem Herrn der Welt nicht und will es nun selbst in die Hand nehmen, um es besser zu machen als er – oder biblisch gesprochen: man will sich einen Namen machen (Gen 11,4). Das babylonische Ergebnis ist bekannt.

Dass diese jetzt bestehende Welt vergehen wird und wie das geschehen wird, sagt uns die Bibel völlig eindeutig: hier sei ausdrücklich auf Ps 102,26-28; Jes 34,4; 51,6; 54,10; 65,17; 66,22; Jer 31,35f; Dan 12,13; Mt 5,18; 13, 39.40.49; Lk 16,17; Hebr 1,11f; 2 Petr 3,7-12; Off 6,14; 20,11 verwiesen.

Es ist also nicht so, dass man das nicht wissen könnte. Hier ist an die Warnung Jesu zu denken, dass man in diesen Fragen irrgeführt werden kann: er sagt eindeutig: ‚Passt auf, dass euch nicht jemand irreführt‘ (Mt 24,4). Das an dieser Stelle verwendete Verb planaō kann auch schärfer als verführen, täuschen, betrügen[27] [26] übersetzt werden. Deshalb gilt es wachsam zu sein gegenüber einer Irrlehre, die sich unter der Tarnkappe der vermeintlichen Weltrettung einschleicht.

Im Noahbund verweist Gott auf den Bogen in den Wolken (Gen 9,13: hqšt bʿnn, to toxon mou en tē nephelē) als Zeichen dieses ewigen Bundes (Gen 9,16: bryt ʿōwlām, diathēkēn aiōnion). Dieser Bund gilt allen Menschen (Gen 9,17 l-bśr, pasēs sarkos). Diese tröstliche Zusage, die Gott seit dieser Zeit treulich eingehalten hat, muss uns von der Existenzangst befreien. Diese Erde wird erst dann vergehen, wenn er es will. Wir wissen weder Zeit noch Stunde. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die Erhaltungszusage, die sich in der Schrift immer wieder findet. So wird immer wieder darauf verwiesen, dass der Erdkreis fest steht und nicht wankt (z.B. 1 Chr 16,30).[28] [27] Hier ist also folglich die Grenze zwischen Glauben und Unglauben: vertraue ich dieser Zusage Gottes oder nicht?

Jesus Christus hat uns in dieser Frage den entscheidenden Weg gewiesen, der uns Sicherheit gibt und uns von der Weltangst befreit: er hat diese Welt überwunden (Joh 16,33) und uns die Tür zur neuen Welt Gottes aufgemacht (Joh 10,9). Die Verengung auf die Tage dieses Lebens und dieser Welt hat die fatale Folge, dass die schnell enteilende Zeit unseres Lebens verabsolutiert wird. Der fatale Transzendenzverlust, den wir heute weithin beobachten können, macht den eigentlichen Grund des christlichen Glaubens zunichte. Man befasst sich dann nur noch vorwiegend mit den Dingen des Allotrias[29] [28] und verkürzt die entscheidende christliche Hoffnung der Rettung.

Diese Formen des Allotrias sind nach Mt 13,22 ‚die Sorgen der Zeit‘ (hē merimna tou aiōnos) und der ‚Betrug des Reichtums‘ (hē apatē tou ploutou). Jesus spricht hier vom Ersticken des Wortes (sympnigei ton logon) und hier liegt die bleibende Gefahr, der Teile der Christenheit immer wieder zu erliegen drohen. Wenn Jesus vor der Fruchtlosigkeit warnt, kann man dies für die Entwicklung unserer Kirche in dem vergangenen halben Jahrhundert nur beschämt bejahen. Der Judasbrief warnt ausdrücklich vor ‚irdisch gesinnten Menschen‘ (Jud 19: psychikoi).[30] [29] Die Begegnung Jesu mit Maria und Martha (Lk 10,38-41) weist auf die Gefahr hin, über allem Mühen und Sorgen das ‚gute Teil‘ (tēn agathēn merida) zu vergessen. Friedrich von Bodelschwingh hat gesagt, dass ‚Kinder des Geistes Menschen sind, denen die Augen für die Ewigkeit aufgeschlossen sind‘.[31] [30] Sehende Augen und hörende Ohren können für die entscheidende Botschaft untauglich sein, sagt Jesus in den Worten vom Sinn seiner Gleichnisse (Mt 13,13-15).

An diesem Punkt verrennt man sich sehr schnell in einen fromm garnierten Götzendienst, der das eigentliche Ziel des christlichen Glaubens, das ewige Leben (Jud 21: zōēn aiōnion), verfehlt. In lautstark propagierten Zielen der Vorläufigkeit wird das Eigentliche aus dem Blick verloren. Mit anderen Worten: über den Scharmützeln der tagespolitischen Nebenkriegsschauplätze wird die eigentliche Hauptkampflinie aus dem Auge verloren. Hierin sehe ich die tiefere Ursache unserer schwindenden Salzkraft des christlichen Glaubens. Jesus hat es sehr scharf ausgedrückt in dem Wort der Verdummung (Mt 5,13) des Salzes der Erde.[32] [31] Der weithin eingezogene Sorgengeist lähmt die froh- und freimachende frohe Botschaft – das Evangelium – und führt dazu, dass die Gemeinde Jesu zu einer Stimme im allgemeinen Choral der zeitgeistlichen Jammerlappen wird, die kaum jemand noch wahrnimmt und die deshalb immer schwächer wird und schließlich verhallen wird. Man hört oft das Wort der gelebten Freudlosigkeit des Protestantismus, der sich hier hat unterwandern lassen.

Diese sorgenerstickte Verkürzung macht im letzten Grunde alle christliche Hoffnung zunichte: Paulus nennt solche Christen ‚die elendesten unter allen Menschen‘ (1 Kor 15,19).[33] [32]

Vielmehr müssen wir wissen und bezeugen: wir leben heute in der Zeit zwischen dem Gnadenbogen (Gen 9,13) des Noahbundes und dem Triumphbogen Gottes (Off 4,3; 10,1). Der Gnadenbogen der Erhaltungszusage wird so lang währen bis der Triumphbogen sichtbar werden wird. Dieser noachitische Gnadenbogen wird mit Recht als der ‚treue Zeuge‘ (Ps 89,38) bezeichnet. Diese Ordnung wird in Ps 148,3-6 gelobt. Vom Ende dieses Gnadenbundes handeln Jer 31,35f und 33,19-26.

In dieser momentanen Zwischenzeit darf die wartende Gemeinde auf die Zusage Gottes vertrauen, dass er die Welt, die er geschaffen hat, vor dem Erscheinen des Triumphbogens am jüngsten Tage nicht untergehen lassen wird (Jes 46,11)[34] [33].

Es ist ungemein hilfreich, hier auf die Heilsgeschichte zu verweisen und zu wissen, dass Gott seine Pläne ausführen wird (Ps 33,4) – allem menschlichen Hochmut und Streben zum Trotz. Hier ist unser christlicher Glaube, der sich nicht in umweltpolitischen Betrachtungen und politischem Kalkül erschöpfen darf, eine wirkliche Alternative zur gegenwärtigen überall zu beobachtenden Hysterisierung und Dramatisierung der Umweltlage.

Die gegenwärtig über uns hereinbrechenden Ereignisse rufen zu Buße und Umkehr auf. Der grassierende Größenwahn einer Gesellschaft, die weithin die entscheidenden Maßstäbe verloren hat und die in der Verehrung des goldenen Kalbes jedes Opfer zu bringen bereit ist, bleibt nach biblischem Zeugnis und den Erfahrungen der Geschichte niemals folgenlos, denn Gott lässt sich nicht spotten und wird diesem Treiben irgendwann ein Ende setzen. Thielicke spitzt dies zu auf den entscheidenden Satz: ‚Es geschieht letzten Endes nur Gottes Wille‘.[35] [34] Auch die Gegenspieler werden nolens volens zu seinen Werkzeugen: Dies wird im Handeln der Feinde des Gottesvolkes wie Nebukadnezar deutlich (Jer 43,10 z.B.).

Alle derzeitigen Rettungsversuche der Umweltschützer lassen nach meiner Beobachtung den entscheidenden Faktor außer Acht: hier wird die paulinische Aussage wichtig: wir verehren die Schöpfung anstelle des Schöpfers und dies ist im letzten Grunde nichts Anderes als Unglauben. Wir wollen auf uns und unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten vertrauen und nicht auf das Handeln Gottes, der doch die Fäden in der Hand hat. Diese moderne Form der Werkgerechtigkeit[36] [35] führt weg vom Glauben und Vertrauen auf den allmächtigen Gott. Der selbstverliebte Mensch glaubt in seiner Hybris, er könne sich einen Namen machen und diese Welt, die nach biblischem Zeugnis ihrem Ende entgegengeht, erhalten oder retten. Diese Hybris gründet sich freilich in einer Phase auf die heute scheinbar unbegrenzten Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen. Treten dann Katastrophen wie die Flut im Sommer dieses Jahres auf, so zeigt sich, wie weit es mit der menschlichen Herrlichkeit her ist und wie schnell alle so sicher scheinenden Fundamente ins Wanken geraten und sich als Trug erweisen. Der dann auf seine Grundbedürfnisse reduzierte Mensch fragt auf einmal ganz anders, wenn er erkennen muss: ‚mit unsrer Macht ist nichts getan‘.

Hier christlich-klar zu sehen, halte ich für das Gebot der Stunde und deshalb möchte ich mit zwei Worten der Schrift schließen und auf unseren Auftrag verweisen anstatt der Mainstream-Ohrenbläserei nachzulaufen:

  1. Klagelieder 3,37 „Wer darf denn sagen, dass solches geschieht ohne des Herrn Befehl?“
  2. Amos 3,6 „Ist etwa ein Unglück in der Stadt, das der Herr nicht tut?“

Wenn man sich in diesem Punkt weiterführend Klarheit verschaffen will, rate ich zur Lektüre des Großen Katechismus von Martin Luther: in der Erklärung des ersten Artikels[37] [36] ist dies allgemein verständlich dargestellt, was es bedeutet, dass unser Gott das, was er erschaffen hat, auch erhalten wird: solange ER will.

Pfr. Dr. Ulrich Kronenberg, Speyer

 

[1] [37] Johann Jakob Schütz: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut. EG 326,2.

[2] [38] Trefflich hat Luther über diese Werkheiligen geurteilt: ‚das ist die Natur und Art aller Werkheiligen und Heuchler, die können nichts Anderes, als andere Leute schulmeistern und tadeln. Ihre beste Kunst ist, den Splitter aus eines anderen Auge zu ziehen und des Balkens in ihrem Auge nicht gewahr zu werden. Solchen Splitterrichtern und Balkenträgern ist der Herr feind. Es ist auch zumal ein verdrießliches und feindseliges Volk, welches allein sein Tun kostbar achtet und hochhält, aber was andere Menschen tun, muss alles stinken. In Summa, es sind Menschen, denen nichts gefällt, als sie sich selbst allein‘. Martin Luther: Predigt siebzehnter Sonntag nach Trinitatis. Luk. 14, 1-11. Luther-W Bd. 8, S. 370-371. Luther nennt die Werkheiligen auch ‚Werktreiber‘ oder ‚Guttäter‘ (Luther-W Bd. 2, S. 101 – Von den guten Werken).

[3] [39] Friedrich von Bodelschwingh: Der Weg des Christus in die Welt und unser Weg zu ihm. In: Lebendig und frei. Beiträge zur Schriftauslegung. Bd. 3. Bethel 1949. S. 207.

[4] [40] Thielicke, Helmut: Der Glaube der Christenheit. Göttingen 1947. S. 213. Thielicke verweist auf das theologische Werk von Götz Harbsmeier (Die Verantwortlichkeit der Kirche in der Gegenwart‘. München 1946).

[5] [41] Maier Gerhard: Das Evangelium des Matthäus. Kapitel 15-28. HTA. Holzgerlingen 2017. S. 410.

[6] [42] „Wenn das Gebot ‚Du sollst nicht töten‘ hundertprozentig und wortwörtlich von einer Gruppe von Menschen erfüllt würde, dann würde sie damit das Gegenteil von dem erreichen, was dieses Gebot ursprünglich will: sie würde nämlich selbst das erste Opfer derer werden, die sich nun durch das pazifistische Laisser-faire unter Umständen zu mörderischen Exzessen ermuntert fühlen würden“. Thielicke aaO. S. 441.

[7] [43] https://de.wikipedia.org/wiki/The_Day_After_%E2%80%93_Der_Tag_danach [44]

[8] [45] https://www.deutschlandfunk.de/ferngesteuert-oder-ausgenutzt-die-friedensbewegung-der-70er-100.html [46] https://www.focus.de/politik/deutschland/erschreckend-unterwandert-deutschland_id_1930319.html [47] https://www.boell.de/de/2014/05/28/juergen-fuchs-und-die-westdeutsche-friedensbewegung [48]

[9] [49] https://www.welt.de/politik/ausland/article234878256/Greta-Thunberg-rechnet-mit-UN-Klimakonferenz-ab-Fehlschlag.html [50]

[10] [51] Taxonomie: EU-Kommission stuft Atomkraft und Gas als nachhaltig ein | ZEIT ONLINE [52]

[11] [53] Thielicke, Helmut: Die Lebensangst und ihre Überwindung. Gütersloh 1954.

[12] [54] Vom Ende (synteleia) der Welt spricht Jesus völlig selbstverständlich: vgl. Mt 13,39.40.49; 24,3; 28,20.

[13] [55] Maier Gerhard: Das Evangelium des Matthäus. Kapitel 15 bis 28. HTA. Holzgerlingen 2017. S. 439.

[14] [56] Augustinus, Confessiones 5, 5.

[15] [57] Martin Luther: Vorlesung über den Römerbrief (1515/1516). Luther-W Bd. 1, S. 115.

[16] [58] ʿăśē-lānû ʾĕlōhîm ʾăšer yēlĕkû lĕpānênû

[17] [59] Thielicke, Helmut: Der Glaube der Christenheit. Göttingen 1947. S. 279.

[18] [60] Thielicke, aaO. S. 281.

[19] [61] Thielicke, aaO. S. 283.

[20] [62] 2. Korinther 1,8–11 Denn wir wollen euch nicht verhalten, liebe Brüder, unsre Trübsal, die uns in Asien widerfahren ist, da wir über die Maßen beschwert waren und über Macht, also, dass wir auch am Leben verzagten9 und bei uns beschlossen hatten, wir müssten sterben. Das geschah aber darum, damit wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst sollen stellen, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt,10 welcher uns von solchem Tode erlöst hat und noch täglich erlöst; und wir hoffen auf ihn, er werde uns auch hinfort erlösen,11 durch Hilfe auch eurer Fürbitte für uns, auf dass über uns für die Gabe, die uns gegeben ist, durch viel Personen viel Dank geschehe. Luther zeigt dies mehr als deutlich in einer Predigt über Lk 2,42ff. WA 17 II, 22,31 – 23,7.

[21] [63] Peter Hahne hat diese Entwicklung scharf auf den Punkt gebracht: ‚Kirche, die keiner mehr braucht‘. kath.net [64]

[22] [65] Bodelschwingh, Friedrich von: Das Geheimnis und die Fülle Christi in der Heilsgeschichte. Nach dem Kolosserbrief. Bethel 1936. S. 3.

[23] [66] Übersetzung nach Luther1984. In der Lutherbibel von 1545 heißt es ‚ein Gewissen machen lassen‘. So auch Luther1912.

[24] [67] Thielicke, aaO. S. 437.

[25] [68] Man könnte es so formulieren: ‚du wagst es noch einen Diesel zu fahren?‘ oder ‚du wirst doch nicht mehr dein Öfchen daheim mit Holz oder Braunkohle befeuern‘.

[26] [69]ʿōd kl-ymy hāʾāreṣ, pasas tas hēmeras tēs gēs.

[27] [70] Kassühlke, R., & Newman, B. M. (1997). Kleines Wörterbuch zum Neuen Testament: Griechisch-Deutsch [71] S. 152.

[28] [72] TSK verweist auf Ps. 33:9; 93:1; 148:5, 6. Jes. 49:8. Jer. 10:12. Kol. 1:17. Hebr. 1:3.

[29] [73] Definition Allotria (altgriechisch [74] allótria, „fremdartige, nicht zur Sache gehörige Dinge“) steht in der griechischen Philosophie [75] der Kyniker [76] und der Stoa [77] für alles, was den Menschen vom Eigenen, Eigentlichen, dem idion, ablenkt und ihn im Grunde nichts angeht, beispielsweise Besitz, Ruhm, Macht, Leid, Krankheit und Leidenschaften. (Allotria – Wikipedia [78])

[30] [79] Dazu: 1 Kor 2,14; 15,44.46; Jak 3,15.

[31] [80] Bodelschwingh, Friedrich von: Getrost allzeit. Hamburg 1958. S. 18.

[32] [81]Ihr seid das Salz der Erde. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man’s salzen? Es ist hinfort zu nichts nütze, denn das man es hinausschütte und lasse es die Leute zertreten.” (Matthäus 5,13, LUT1912) Genau dieses Hinausschütten und Zertreten erleben wir in dem Verfall unserer Kirche.

[33] [82] eleeinoteroi pantōn anthrōpōn.

[34] [83] ‚was ich geplant habe, das tue ich auch‘, Vgl. dazu exemplarisch den Rat des Gamaliel (Apg 5,38f) oder Eph 3,11.

[35] [84] Thielicke, Glaube S. 447.

[36] [85] Luther warnt ausdrücklich vor den ‚unverständigen, unerfahrenen und aufgeblasenen Werklehrern‘ WA 17 II 26,28f. Diese Sorte ist bis heute nicht ausgestorben und hat gerade wieder einmal Hochkonjunktur.

[37] [86] WA 30 I 183,13-185,28.