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Bibellesen – Gott spricht zu Dir!  (Teil 4 und Schluss)

Glauben an Jesus ist eine persönliche Beziehung. Jede Beziehung braucht Gespräch – sonst geht sie ein. Im Gebet sprechen wir mit unseren Worten zu Gott. In der Bibel spricht Gott mit seinen Worten zu uns. Darum es ist für unseren Glauben so wichtig, die Worte der Bibel in uns aufzunehmen. Doch wie können wir die Bibel richtig verstehen? Im Folgenden wollen wir entdecken: Was sagt die Bibel über sich selbst? Wie will die Bibel richtig gelesen und verstanden werden? Die Punkte 1 bis 14 fanden sich in Teil 1 [1] und Teil 2 [2]. Die Punkte 15 bis 19 in Teil 3 [3]. Wir schließen ab mit den Punkten 20 bis 22.

20. Beachte das rechte Verhältnis zwischen dem, was die Bibel berichtet, und dem, was sie Dich lehren möchte

Die Bibel berichtet neben vielen guten Dingen und Ereignissen auch von Ehebruch, Mord, Vergewaltigung, Intrigen, Lügen, Inzucht, Vielehe, ungerechten Kriegen, Hass, Neid usw. Das irritiert manchen Leser.

Wir müssen beachten, dass die Bibel nicht alles, was sie berichtet, zugleich billigt. Denn alle diese genannten Dinge werden in den klaren Lehraussagen der Bibel ausdrücklich abgelehnt. Doch die Bibel berichtet schlimme Dinge, um uns die tiefe Tragik und die zerstörerischen Folgen der Sünde vor Augen zu malen.

Sie gibt neben Positiv-Bespielen zur Nachahmung bewusst auch Negativ-Beispiele zur Warnung und Abschreckung.

Das ist aber geschehen uns zum Vorbild, dass wir nicht am Bösen unsre Lust haben, wie jene sie hatten. Dies widerfuhr ihnen als ein Vorbild. Es ist aber geschrieben uns zur Warnung. (1. Korinther 10,6+11)

21. Beachte die unterschiedlichen Arten der Gebote

Beim Lesen der Bibel fällt auf, dass bestimmte Gebote, die im Alten Testament (AT) verbindlich für das Volk Gottes genannt werden, im Neuen Testament (NT) für die Gemeinde Jesu Christi bestätigt werden, während andere  nicht mehr den gleichen Stellenwert haben.

Warum halten wir als Christen bestimmte Gebote aus dem AT und andere nicht?

Unsere Glaubensväter haben beim Lesen der Bibel drei Gruppen von Geboten erkannt, die sie so benannten:

„Die einen sind nämlich die Moralgesetze, die anderen die Judizialgesetze, wieder andere die Zeremonialgesetze.“

(Philipp Melanchton, Reformator und Mitarbeiter Luthers)

21.a. Das „Zeremonialgesetz“ 

Das Zeremonialgesetz ist sozusagen das Gottesdienstgesetz Israels im AT mit all den Bestimmungen über Opfer, Beschneidung, Waschungen und Reinigungszeremonien, speziellen Feiertagen und Essensvorschriften.

Es werden da Gaben und Opfer dargebracht, die nicht im Gewissen vollkommen machen können den… Dies sind nur äußerliche Satzungen über Speise und Trank und verschiedene Waschungen, die bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt sind. (Hebräer 9,9+10)

Lasst euch nun von niemandem ein schlechtes Gewissen machen wegen Speise und Trank oder wegen eines bestimmten Feiertages, Neumondes oder Sabbats. Das alles ist nur ein Schatten des Zukünftigen; leibhaftig aber ist es in Christus.

(Kolosser 2,16+17)

Diese vorläufigen Regelungen hatten also die Aufgabe prophetisch das Kommen des Erlösers vorzubereiten. Mit dem Kommen von Jesus haben sie in ihm ihre Erfüllung gefunden. Sie gelten daher nicht mehr direkt für uns, haben uns aber immer noch indirekt etwas zu sagen. Wenn wir z.B. von den Opferlämmer im AT lesen, ist uns das ein Hinweis auf das Opfer Jesu am Kreuz. Aber gerade weil Jesus am Kreuz das endgültige Opfer gebracht hat, brauchen wir nun selbst solche Opfer nicht mehr zu bringen.

21.b. Das „Judizialgesetz“

Das Judizialgesetz ist das staatliche Recht Israels im AT. Das Volk Gottes war im AT nicht nur eine Glaubensgemeinschaft sondern zugleich ein staatliche, politische Gemeinschaft. Dafür hatte Gott dem Volk Israel konkrete Regelungen und Strafbestimmungen gegeben, die das Zusammenleben als Volksgemeinschaft regeln und schützen sollten.

Jesus sagt: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch (Matthäus 20,25+26)

Mein Reich ist nicht von dieser Welt. (Johannes 18,36)

Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. (Johannes 8,7)

Mit diesen Worten stellt Jesus klar, dass seine Gemeinde im NT anders funktioniert als ein Staatswesen, und damit sind die staatlichen Regelungen und Strafbestimmungen des AT keine direkten Handlungsanweisungen für die christliche Gemeinde. Dennoch haben sie uns immer noch indirekt etwas zu sagen. So vermittelt Gott uns z.B. durch die Strafbestimmungen des AT, wie sehr er Sünde verabscheut, dass er selbst einmal Sünde und Unrecht richten wird und dass die christliche Gemeinde deshalb den Sünder zur Umkehr mahnen und zur Annahme der Vergebung einladen soll:

Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn. (Römer 6,23 [4])

Übrigens: Auch wenn das Judizialgesetz keine direkte Handlungsanweisung für die christliche Gemeinde ist, enthält es viele Regelungen für das soziale und wirtschaftliche Miteinander, die bei sinngemäßer und übertragener Anwendung indirekt auch heute hilfreich, sinnvoll und nützlich sein können.

21.c. Das „Moralgesetz“

Jesus sagte: Du kennst die Gebote: „Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.“ (Markus 10,19)

Mit dem Begriff Moralgesetz beschrieben unsere Glaubensväter die Gebote, die sich als Gottes zeitlos gültige Maßstäbe durch die ganze Bibel hindurchziehen und bis heute für uns bindend sind.

Sie finden sich schon im AT, gehen bis auf die Schöpfung zurück, sind besonders konzentriert in den 10 Geboten zusammengefasst und werden im NT vielfach bestätigt und im Doppelgebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten verankert.

Zum Beispiel zieht sich die grundsätzliche Ordnung der unauflöslichen Ehe von einem Mann und einer Frau und der daraus entstehenden Familie seit der Schöpfung durch die ganze Bibel.

Alle grundsätzlichen Aussagen des AT zu Ehe, Sexualität und Familie werden im NT an zahlreichen Stellen deutlich bestätigt. Jesus selbst hat ausdrücklich festgehalten:

Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie am Anfang schuf als Mann und Frau und sprach (1. Mose 2,24): »Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein«? So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden! Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Unzucht, und heiratet eine andere, der bricht die Ehe. (Matthäus 19,4-9)

22. Unterscheide Gesetz und Evangelium

Durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch vor Gott gerecht sein. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde. (Römer 3,20)

Weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes. (Galater 2,16)

Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten. (Jesaja 53,5)

Durch die ganze Bibel (AT und NT) ziehen sich von Anfang bis Ende zwei Botschaften, die klar unterschieden werden müssen: Gesetz (Gebote) und Evangelium.

Die Gebote, die im AT gegeben und im NT bestätigt wurden, lehren, wie wir nach Gottes Willen sein sollten und leben sollten.

„Das Gesetz gebietet und fordert von uns, was wir tun sollen: Das tue, das lasse, das will ich von dir haben.“ (Martin Luther)

So erkennen wir an den Geboten, wie sehr wir Erlösung brauchen; aber sie können uns diese Erlösung nicht geben. Erlösung finden wir allein im Vertrauen auf das Evangelium von Jesus:

„Das Evangelium predigt nicht, was wir tun und lassen sollen, sondern wendet es um und spricht: Siehe, lieber Mensch, das hat dir Gott getan; er hat seinen Sohn für dich Mensch werden, hat ihn um deinetwillen erwürgen lassen und dich von Sünde, Tod und Teufel errettet. Das glaube und nimm es an, so wirst du selig werden.“ (Martin Luther)

Dieses Evangelium wurde bereits im AT prophetisch bezeugt und hat sich im NT in Kreuz und Auferstehung von Jesus erfüllt.

Im gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus finden wir das Zentrum und die Mitte der Bibel!

Pfr. Matthias Köhler, Gemeindebrief der Ev. Kirchengemeinde Nümbrecht (September-Oktober 2021)