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Bibellesen – Gott spricht zu Dir!  (Teil 3)

Glauben an Jesus ist eine persönliche Beziehung. Jede Beziehung braucht Gespräch – sonst geht sie ein. Im Gebet sprechen wir mit unseren Worten zu Gott. In der Bibel spricht Gott mit seinen Worten zu uns. Darum es ist für unseren Glauben so wichtig, die Worte der Bibel in uns aufzunehmen. Doch wie können wir die Bibel richtig verstehen? Im Folgenden wollen wir entdecken: Was sagt die Bibel über sich selbst? Wie will die Bibel richtig gelesen und verstanden werden? Die Punkte 1 bis 14 fanden sich in Teil 1 [1] und Teil 2 [2]. Wir fahren fort mit den Punkten 15 bis 19.

15. Lege nicht hinein sondern lege aus.

Das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet. (2. Petrus 1,20-21)

Auslegung bedeutet, dass man nur aus dem Wortlaut der Bibel herausholen kann, was auch wirklich darinnen ist. Darum müssen wir uns hüten, unsere Wünsche, Erwartungen, Ideen, Vorurteile oder andere außerbiblische Vorstellungen und „Erkenntnisse“ beim Lesen der Bibel in sie hineinzulegen.

16. Lege die Bibel durch die Bibel aus.

Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): „Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5. Mose 6,16): „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ (Matthäus 4,5-7)

Indem der Teufel hier einen Vers aus Psalm 91 aus dem Zusammenhang reißt, will er Jesus auf scheinbar „biblische“ Art verführen. Indem Jesus hierauf mit einem andern Bibelvers antwortet, stellt er Psalm 91 in den Zusammenhang der ganzen Bibel und rückt dadurch die falsche „Auslegung“ des Teufels wieder zurecht. Jesus zeigt uns, dass wir die Bibel durch die Bibel auslegen müssen. An diesen Grundsatz hat auch Martin Luther erinnert, wenn er gesagt hat: „Scriptura sui ipsius interpres“ (die Heilige Schrift ist ihr eigener Ausleger). Darum ist es so wichtig, dass wir die Bibel als Ganzes immer besser kennenlernen.

17. Nimm es, wie es da steht.

Jesus aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? (Lukas 10,26)

Paulus schreibt: Wir schreiben euch nichts anderes, als was ihr da lest und versteht; (2. Korinther 1,13)

Eine Regel jeder Verständigung ist, dass man etwas normalerweise so meint, wie man es sagt oder schreibt. Nur so hat mein Gegenüber eine Chance, es zu verstehen.

Darum weist uns Jesus auf den geschriebenen Wortlaut der Bibel hin und fordert auf, genau zu lesen, was dort steht. Und Paulus stellt klar, dass das, was da steht und wie es jeder, der es liest, verstehen kann, auch so gemeint ist; ohne „doppelten Boden“ und Hintergedanken. Martin Luther hat darum zurecht immer wieder daran erinnert, dass beim Lesen der Bibel normalerweise der „einfache Schriftsinn“ gilt.

Der Heilige Geist ist der aller einfachste Schreiber. Darum können seine Worte nicht mehr als einen einfachen Sinn haben, welchen wir den buchstäblichen Sinn nennen. (Martin Luther)

Natürlich gibt es in der Bibel auch bildhafte Texte (z.B. Gleichnisse, Bilder und Zahlensymbolik in den Visionen der Offenbarung). Doch ob ein Bild vorliegt, muss klar aus dem Zusammenhang der Bibel hervorgehen: „In keiner Schrift, schon gar nicht in der göttlichen, darf man aus bloßem Belieben eine bildhafte Redeweise annehmen, sondern man muss auf die einfache, reine und ursprüngliche Bedeutung der Worte sehen, solange nicht der Zusammenhang selbst zwingt, eine Bildrede zu erkennen.“ (Martin Luther)

18. Beachte den Zusammenhang.

Es ist kein Gott! (Psalm 14,1)

Liest man diesen Satz so, könnte man meinen, in der Bibel stünde, dass es Gott nicht gebe.

Doch liest man diesen Satz im Zusammenhang, wird alles klarer: Die Toren sprechen in ihrem Herzen: „Es ist kein Gott.“ Sie taugen nichts; ihr Treiben ist ein Gräuel; da ist keiner, der Gutes tut. (Psalm 14,1)

An diesem schlichten Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, die Bibel immer im Zusammenhang zu betrachten. Das gilt für den engeren Zusammenhang eines Verses, Kapitels und biblischen Buches wie auch für den Gesamtzusammenhang der biblischen Lehre.

Steht z.B. eine Aussage im Zusammenhang eines geschichtlichen Tatsachenberichtes, dann will und muss das auch als Tatsachenbericht gelesen werden. Steht ein Vers in einem Psalm oder im Hohenlied Salomos, muss ich mit poetischer Sprache rechnen. Habe ich prophetische Visionen vor mir wie z.B. bei Daniel, Hesekiel oder der Offenbarung gibt es viele bildhafte Ausdrücke.

Es ist auch wichtig, zu schauen, wem wurde was, wann, wo, warum und wozu gesagt? Wer hat was, wann, wo, warum und wozu getan? Und wie darf und muss ich das auf mein Leben und meine Situation sinngemäß übertragen?

Zum Beispiel: Bestimmte Aussagen und Berichte des Alten Testaments galten für das Volk Israel oder für bestimmte Personen in einer ganz konkreten Situation. Auch diese Teile der Bibel sind als Gottes Wort für uns nicht unwichtig sondern gültig. Gott möchte uns etwas dadurch sagen. Doch gelten sie oft nicht direkt, sozusagen eins-zu-eins für uns sondern müssen sinngemäß auf unsere Situation übertragen und angewendet werden:

Nehmen wir den Bericht von David und Goliath. Wir leben zurzeit im Frieden und nicht in einem Verteidigungskrieg wie damals Israel. Daher können wir den Bericht nicht direkt auf uns anwenden und Davids Verhalten einfach kopieren, indem wir unsere Gegner mit Steinschleudern niederstrecken. Dennoch können wir etwas daraus für uns lernen, indem wir ermutigt werden, dass wir wie David im Vertrauen auf Gott und mit seiner Hilfe und Kraft auch scheinbar unbezwingbare Widrigkeiten und aussichtslose Situationen meistern können.

Und wir müssen schauen, an welcher Stelle in der Geschichte Gottes mit seinem Volk und seiner Gemeinde (Heilsgeschichte) ist etwas geschehen bzw. gesagt worden. Zum Beispiel: Vor seiner Kreuzigung und Auferstehung hatte Jesus den Auftrag, sich zunächst nur auf das Volk Israel zu konzentrieren. Deshalb fordert Jesus seine Jünger ausdrücklich auf, nicht den Heiden zu predigen. Nach seiner Auferstehung ändert sich das. Nun gilt ausdrücklich der Auftrag, das Evangelium auch den Heiden zu predigen.

19. Lies die Bibel im rechten Verhältnis von Altem und Neuem Testament.

Jesus sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden. (Lukas 24,44-45)

Da erklärte und bezeugte Paulus ihnen das Reich Gottes und predigte ihnen von Jesus aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten. (Apostelgeschichte 28,23)

Das Neue Testament baut auf dem Alten Testament auf und ist ohne dies nicht zu verstehen. Aber weil das Neue Testament die neue und abschließende Offenbarung der Botschaft Gottes an uns ist, geben uns Jesus und seine Apostel im Neuen Testament die richtige Erklärung, wie das Alte Testament zu verstehen ist.

Immer wieder tauchen mit der Formulierung „wie geschrieben steht“ alttestamentliche Zitate oder Anspielungen im Neuen Testament auf mit dem Hinweis auf das rechte Verständnis und die Erfüllung dieser Aussagen.

Vom Neuen Testament her verstehen wir, wieweit bzw. in welcher Weise das Alte Testament für uns bindend ist und auch wie sich die alttestamentlichen Prophezeiungen erfüllt haben und erfüllen werden. Es ist also äußerst wichtig, sehr genau zu schauen, wo und wie werden alttestamentliche Aussagen im Neuen Testament aufgegriffen, zitiert und erklärt oder wo auch nicht.

Eins haben Altes und Neues Testament als großen, „roten Faden“ gemeinsam: Es geht um den Retter Jesus Christus. Das Alte Testament kündigt auf vielfältige Weise an: Der Retter wird kommen. Das Neue Testament bezeugt: Der Retter ist gekommen!

 Pfr. Matthias Köhler, Ev. Kirchengemeinde Nümbrecht, Gemeindebrief Juli-August 2021