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Von der einigen Obrigkeit Gottes – Der Gottesdienst als unverzichtbare Wesensform geistlichen Lebens

I Grundsatzfragen

1. Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten – Die Zwei-Reiche-Lehre Martin Luthers[1] [1]

Martin Luther unterscheidet zwischen den zwei Regierweisen Gottes, der weltlichen und der geistlichen. Um nicht in ein banales Schubladendenken zu verfallen, welches weltliche und geistliche Gegebenheiten jeweils einsortiert, um die Schubladen dann zwecks Einstellung weiteren Nachdenkens zuschieben zu können, bedarf es einer genauen Sichtung, auch und besonders der Voraussetzung der von Martin Luther vollzogenen Unterscheidung. Es sind keinesfalls zwei einfach voneinander abzugrenzende Bereiche, die man womöglich gar weltlichen Institutionen, wie Staat und Kirche, oder Berufsgruppen bzw. -ständen zuordnen könnte, sondern sind zwei Handlungsweisen Gottes, mit denen ER herrscht.[2] [2]

Viel zu schnell wurde und wird Martin Luther unterstellt, er habe ein untertäniges Bewusstsein begründen und ein obrigkeitshöriges Verhalten fördern wollen.

Ehe Martin Luther die zwei Regierweisen Gottes beschreibt, klärt er nicht ohne Grund das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen: Gott ist die „einige Obrigkeit“[3] [3], d.h. in unserem heutigen Sprachgebrauch, ihm steht die einzige bzw. alleinige Herrschaft zu, die die Menschen ihm unanfechtbar überlassen müssen, wenn nicht „mit Liebe“, dann „mit Leid“. Sie ist menschlicherseits also schlicht und ergreifend hinzunehmen, gegebenenfalls zu ertragen. Gott schuf den Menschen als sein Ebenbild[4] [4], als sein Gegenüber. Luther erfindet zur erläuternden Verhältnisbestimmung das Wort „Unterkeit“, verbunden mit der Vokabel „eitel“, hier in der Wortbedeutung „rein“, „nur“ oder „nichts anderes als“. Es steht dem Menschen also nicht zu, die Herrschaft Gottes bzw. seine Regierweisen in Frage zu stellen.

Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Institutionen, selbst für die Kirche, für die weltliche Obrigkeit erst recht. In der Auseinandersetzung um die 95 Thesen von 1517 und die Bannandrohungsbulle Exsurge Domine vom 5. Juni 1520 befasst sich Luther mit dieser Frage. In der Schrift „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“ schreibt er 1520: „Die Kirche hat auch keine Gewalt, neue göttliche Verheißungen der Gnade zu ordnen, wie denn etliche plaudern, daß es nicht minder Gewalt sey, was von der Kirchen, denn was von Gott gestiftet ist; dieweil sie regiert wird durch den Heiligen Geist. Denn die Kirche entspringt aus dem Wort der Verheißung durch den Glauben, und wird eben mit demselben Wort der Verheißung ernähret und erhalten, das ist, sie wird durch die Verheißung Gottes, und nicht die Verheißung durch sie gestiftet. Denn das Wort Gottes ist unvergleichlicher Weise über die Kirche.“[5] [5]

Erst wenn diese Klärung erfolgt ist, kann man sich der Zwei-Reiche-Lehre bzw. den zwei Regierweisen Gottes zuwenden.

Mit dem geistlichen Regiment gibt Gott sein Wort den Gläubigen. Das ist „nach dem Evangelium eine Gewalt und ein Befehl Gottes, das Evangelium zu predigen, die Sünden zu vergeben oder zu behalten und die Sakramente zu reichen und zu verwalten.“[6] [6]

Die weltliche Regierweise Gottes wird davon klar abgegrenzt: „Denn das weltliche Regiment geht mit völlig anderen Sachen um als das Evangelium; weltliche Gewalt schützt nicht die Seele, sondern Leib und Gut mit dem Schwert und leiblichen Strafen gegen äußere Gewalt“.[7] [7]

An verschiedenen Stellen betonen die Reformatoren, dass diese beiden Regimente nicht vermengt und durcheinandergeworfen werden sollen, so 1530 in der Confessio Augustana[8] [8]. Sprachgewaltig beklagt Luther 1534 in der Auslegung zum 101. Psalm, die „weltlichen Herren wollen ins Teufels Namen immer Christum lehren und meistern, wie er seine Kirche und geistlich Regiment soll führen; so wollen die falschen Pfaffen und Rottengeister, nicht in Gottes Namen, immer lehren und meistern, wie man solle das weltliche Regiment ordnen.“[9] [9]

Nun könnte daraus der Schluss gezogen werden, die Unterscheidung der zwei Regierweisen bedeute eine strikte Trennung, keiner habe im Bereich des anderen überhaupt noch etwas zu äußern. Dem ist nicht so. Beide sind aneinander gewiesen und sollen einander dienen, wenngleich mit klarer Begrenzung: „Wenn nun ein Prediger aus seinem Amte daher saget, beyden, Königen und Fürsten, und aller Welt: Danket und fürchtet Gott, und haltet seine Gebote; da menget er sich nicht in weltliche Obrigkeit, sondern er dienet und ist Gehorsam hiermit der höhesten Obrigkeit. Ist also das ganze geistliche Regiment nichts anderes, denn ein Dienst gegen(über) der göttlichen Obrigkeit.“[10] [10]

Aber auch umgekehrt darf das weltliche Regiment Einfluss nehmen: „Also auch, wenn David, oder ein Fürst, lehret oder heißt, Gott fürchten und sein Wort hören, so ist er nicht ein Herr desselben Worts, sondern ein Diener und Gehorsamer: und menget sich nicht in geistliche oder göttliche Obrigkeit, sondern bleibt eine demüthige Unterkeit und treuer Diener.“[11] [11]

Tatsächlich spielt die Unterscheidung der beiden Regierweisen an einem Punkt keine Rolle, fließen beide sogar wieder untrennbar ineinander, nämlich dann, wenn es um die Verkündigung geht, unterstehen beide demselben Gebot:

„Denn gegen Gott und im Dienste seiner Obrigkeit soll alles gleich und gemenget sein, es heiße geistlich oder weltlich, der Pabst sowohl als der Kayser, der Herr, als der Knecht, und gilt hier kein Unterscheid noch Ansehen der Person, einer ist vor GOtt so gut, als der andere. Denn er ist ein einiger GOtt, aller gleicher HErr, einem wie dem anderen. Darum sollen sie alle in gleichem Gehorsam, und gar ineinander gemenget seyn, wie ein Kuche, und alle einer dem andern helfen gehorsam seyn. Darum kann im Dienste, oder Unterkeit, gegen GOtt gar kein Aufruhr werden im geistlichen oder weltlichen Regimente. Denn aus Gehorsam oder Dienst wird kein Aufruhr, auch in der Welt, sondern aus regieren und herrschen wollen.“[12] [12]

2. Der Einfluss auf gesellschaftliche Rechtsnormen

Damit wirft Martin Luther fast nebenbei eine gewichtige Frage auf: Wann kommt es zum Aufruhr? Kann und darf es Aufruhr, also Widerstand in weltlichen wie in geistlichen Sachen gegen weltliches und geistliches Regiment geben?

So sehr den Reformatoren am Frieden gelegen war – Martin Luther sicher auch aus den Erfahrungen des Bauernkrieges heraus und Philipp Melanchthon wegen traumatischer Kindheitserinnerungen – und sie gewöhnlich und grundsätzlich zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit gemahnt haben, hatte auch das Grenzen, die sie unmissverständlich benannten. In der Auslegung zum Psalm 91 schreibt Luther:

„Wiederum, weltliche Könige sollten des Regiments warten, dafür müssen sie in der Kirche stehen, Messe hören, und ganz geistlich sein. Wie sie denn jetzt sich mengen in des Evangelii Sache, verbieten, was Gott befohlen hat, als, beiderlei Gestalt des Sakraments, die Christliche Freiheit, die Ehe; des Pabsts Exempel nach.“[13] [13]

In den Formulierungen der Confessio Augustana zieht nur sechs Jahre später Philipp Melanchthon, ganz gewiss in Absprache mit den anderen Reformatoren, konsequente Schlüsse, wann Ungehorsam erlaubt, ja sogar geboten ist. Dies ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass die Confessio Augustana 1530 dem Reichstag und dem Kaiser nicht als Streitschrift sondern als Kompromissvorschlag vorgetragen wurde. Es ist nicht nur ein Beleg für den Mut der Reformatoren – Philipp Melanchthon weilte in Augsburg, war also vor einem Zugriff nicht sicher, Luther verfolgte das Geschehen in gehöriger Entfernung auf der Sicherheit bietenden Veste Coburg – sondern auch dafür, wie ernst sie diese Grenzziehung zu nehmen sich genötigt fühlten:

CA Art. 16: „Denn das Evangelium lehrt nicht ein äußerliches, zeitliches, sondern ein innerliches, ewiges Wesen und die Gerechtigkeit des Herzens; und es stößt nicht das weltliche Regiment, die Polizei (Staatsordnung) und den Ehestand um, sondern will, dass man dies alles als wahrhaftige Gottesordnung erhalte und in diesen Ständen christliche Liebe und rechte, gute Werke, jeder in seinem Beruf, erweise. Deshalb sind es die Christen schuldig, der Obrigkeit untertan und ihren Geboten und Gesetzen gehorsam zu sein in allem, was ohne Sünde geschehen kann. Wenn aber der Obrigkeit Gebot ohne Sünde nicht befolgt werden kann, soll man Gott mehr gehorchen als den Menschen.“[14] [14]

Bei seinem Auftritt vor dem Kaiser beim Reichstag in Worms 1521 stellt Martin Luther erstmals öffentlich in bis dahin ungewöhnlicher Weise heraus, dass er sich seinem Gewissen, von Melanchthon mit „Gerechtigkeit des Herzens“ klug umschrieben, verantwortlich weiß. Er stellt bei dieser Entscheidung das Gewissen als eigene innere, allerdings vom Willen Gottes bestimmte Instanz, über die Gewalt des Kaisers, denn die „Gerechtigkeit des Herzens“ ist immer die Gerechtigkeit, die vor Gott bestehen muss. Dem folgten bereits neun Jahre später die evangelischen Fürsten während des Reichstages zu Augsburg. Überliefert ist, wie Georg, Markgraf von Brandenburg, die Machtgelüste des Kaisers Karl des V. beantwortete: „Ehe ich mir das Wort Gottes nehmen lasse und meinen Gott verleugne, will ich niederknien und mir den Kopf abhauen lassen.“[15] [15] Diese Aussage macht zweierlei deutlich: die Anerkennung der weltlichen Macht des Kaisers und zugleich deren Begrenzung, seine Machtlosigkeit den Glauben betreffend. In Augsburg haben die Fürsten mit dem nach dieser Stadt benannten wichtigsten evangelischen Bekenntnis und der Aussage des Markgrafen, unterstützt durch die anderen protestantischen Fürsten – der Markgraf trat vor den Kaiser – überdeutlich vor aller Augen geführt, dass das Wort Gottes auch und insbesondere angesichts des Todes unverzichtbar und unverhandelbar ist. Sie hätten dem Gebot des Kaisers nicht ohne Sünde folgen können. Es ist eine Haltung zur Verkündigung des Wortes Gottes, auf die man zu Ostern 2020 bezüglich des Gottesdienstverbotes vergeblich wartete, sowohl seitens evangelischer „Fürsten“ als auch evangelischer Bischöfe.

Die Verbote in diversen gesellschaftlichen Feldern und das Vorhalten von Kindergartenplätzen für den Nachwuchs von Politikern, Ärzteschaft und Pflegekräften führten in dieser Zeit zu einer seltsam anmutenden Diskussion über die „Systemrelevanz“ bestimmter Berufe. Diese machte auch vor den Kirchentüren nicht halt. Eine „Systemrelevanz“ ist von den Kirchen bezüglich der Verkündigung des Wortes Gottes konsequent lutherisch-theologisch gedacht gar nicht erst zu reklamieren, weil es eben Gottes Wort ist und nicht das unsere. Das Wort Gottes selbst untersteht allein der „einigen Obrigkeit“, und die geistliche Regierweise Gottes durch Predigt und Sakrament ist die Ordnung Gottes, es den Menschen zu verkünden; sie bedarf keiner Legitimation durch irgendein System, schon gar nicht ein menschengemachtes. So geordnet, entzieht es sich folglich menschlich-weltlichen Beurteilungskriterien. Die Kirchen als Institutionen sind zwar der weltlichen Regierweise Gottes zuzuordnen. Als solche haben sie aber die weltlichen Voraussetzungen zur Verkündigung im Auftrag der „einigen Obrigkeit“ sicherzustellen. Die Inhalte bzw. die Verkündigung selbst entziehen sich jedoch dem Zugriff der Institution. Das Pfarrdienstgesetz der EKD § 24 Abs. 2 trägt dem Rechnung:  „Pfarrerinnen und Pfarrer sind in Gestaltung und Inhalt ihrer Verkündigung frei und nur an die Verpflichtungen aus der Ordination nach § 3 Absatz 2 und an die Ordnungen ihrer Kirche gebunden.“[16] [16]

Die theologischen Grundsatzentscheidungen der Reformatoren blieben nicht ohne Einfluss auf die Gestaltung des Rechts während und nach der Reformation. Mit der Symbolhandlung des 10. Dezember 1520 am Elstertor in Wittenberg, der öffentlichen Verbrennung nicht nur der Bannandrohungsbulle, sondern auch und vor allem des kanonischen Rechts, wurde für jeden sichtbar, dass an dessen Stelle etwas Neues treten musste. Dass die eigentliche Bannbulle des Papstes, datiert auf den 3. Januar 1521, so kurze Zeit danach niemanden mehr interessierte, ja noch nicht einmal einer Verbrennung wert erachtet wurde, ist hinreichender Beleg für die in relativ kurzer Zeit eingetretene Bedeutungslosigkeit der bisherigen Rechtssetzung.[17] [17]

Auf diesem Hintergrund ist alle spätere Rechtssetzung mindestens in Deutschland zu betrachten, dazu gehört z. B. das „Gesetz über die religiöse Kindererziehung“ vom 15. 7. 1921, welches dem Kind bereits mit vollendetem 12. Lebensjahr ein eigenes Entscheidungsrecht zubilligt[18] [18]. Auch Art. 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist auf dem Hintergrund reformatorischer Grundentscheidungen zu interpretieren, wozu maßgeblich die Inhalte von Luthers Lehre von den zwei Regierweisen Gottes anzusehen sind.

Nach Art 4 Grundgesetz (GG) sind allgemein die Freiheit des Glaubens und des religiösen Bekenntnisses unverletzlich. Dazu wird die ungestörte Religionsausübung gewährleistet.[19] [19] So wird, wenn auch nicht ausdrücklich benannt, der von Luther vorgenommenen Zuordnung des Glaubens zur „einigen Obrigkeit“ Rechnung getragen. Das ist einerseits ein Abwehrrecht des Einzelnen aber auch der Kirche insgesamt gegen jedwede, auch staatliche Einflüsse, zugleich aber die Verpflichtung, die Freiheit des Glaubens und des Bekenntnisses zu leben und zu verteidigen[20] [20]. Weder vom Staat noch von der Kirche als Institution bzw. Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst kann und darf es hier eine Verletzung geben. Im Sinne von CA 28 (Zwei-Reiche-Lehre Luthers) ist die Kirche als Institution bzw. Organisation dem weltlichen Regiment zuzuordnen, die als weltliche Gewalt nicht in die geistliche Gewalt greifen soll. Oder mit Martin Luthers Worten gesagt, gehören sie zu dem Kuche, der Gott gehorsam zu sein schuldig ist.

Dass angesichts überbordender staatlicher Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie seitens der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland bei der Frage der Gottesdienste (Verkündigung und Verwaltung der Sakramente) keine starren Vorgaben erfolgten, sondern den Gemeinden lediglich behördliche Informationen vorsortiert an die Hand gegeben und Empfehlungen gemacht worden sind, damit sie der Informationsflut gerecht werden können, ist deshalb vollkommen korrekt. Das bekräftigt die Entschließung der Synode vom April 2021 (Drucksachen-Nr. 13.2/2) nochmals und klärt die Rolle institutionell-kirchlicher Obrigkeit: „Die Landessynode bestärkt die Mitarbeitenden in ihrem Dienst und ermutigt sie, sich bei ihrer Entscheidungsfindung Unterstützung bei Fachstellen, Kirchenkreisen und der Landeskirche zu suchen.“[21] [21] Mehr nicht. Bei dieser Entscheidungsfindung kann es aber immer nur darum gehen, wie welche rein äußerlichen Regeln aussehen können. Niemals darf es um die Frage gehen, ob und wie Gottes Wort in Predigt und Sakrament, in Gottesdienst und Seelsorge verkündet wird, denn eine Entscheidung gegen die Verkündigung kann nicht ohne Sünde erfolgen. Wird sie dennoch verlangt, greift ohne Einschränkung das Gebot zum Ungehorsam. Da sind alle gleichermaßen „Unterkeit“, um des Wortes Gottes und der Seelen der Menschen willen.

Hilfreich zum Verständnis und in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzen sind die Aussagen der ersten und damit wichtigsten Artikel der Confessio Augustana. Auf einige sei deshalb hier verwiesen.

Die Aufgabe der Kirche in der Sorge um und für die Seelen wird in Artikel 5 benannt: „Um diesen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, Evangelium und Sakramente gegeben, durch die er als durch Mittel den Heiligen Geist gibt, der den Glauben, wo und wann er will, in denen, die das Evangelium hören, wirkt, das da lehrt, daß wir durch Christi Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, wenn wir das glauben.“[22] [22]

Nach CA 13 sind die Sakramente Zeichen und Zeugnis des göttlichen Willens, unterliegen also nicht dem menschlichen Willen. So erschließt sich die Vehemenz, mit der die Reformatoren eingefordert haben, dass alle das Abendmahl in beiderlei Gestalt, also als Brot und Wein, tatsächlich empfangen, ihre Teilnahme am Abendmahl nicht auf den Empfang des Brotes als des Leibes Christi reduziert werden darf, wobei sie beim Kelch mit dem Wein als dem Blut Christi in eine Zuschauerrolle verwiesen würden. Da sich im Abendmahl Christus selbst in, mit und unter Brot und Wein gibt, fällt dieses Sakrament als solches unter die „einige Obrigkeit“ Gottes, während dem geistlichen Stand als der geistlichen Regierweise Gottes lediglich der einsetzungsgemäße Vollzug obliegt, nicht aber die Entscheidung, ob es vollzogen wird.

„Vom Gebrauch der Sakramente wird gelehrt, daß die Sakramente nicht nur als Zeichen eingesetzt sind, an denen man die Christen äußerlich erkennen kann, sondern daß sie Zeichen und Zeugnis sind des göttlichen Willens gegen uns, um dadurch unseren Glauben zu erwecken und zu stärken. Darum fordern sie auch Glauben und werden dann richtig gebraucht, wenn man sie im Glauben empfängt und den Glauben durch sie stärkt.“[23] [23]

In CA 7 „Von der Kirche“ wird benannt, was konstitutiv für die Kirche ist:
„Es wird auch gelehrt, daß allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muß, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden.“[24] [24]
Die Kirche im Sinne des geistlichen Regimentes ist die Versammlung der Gläubigen, in der eben genau das passiert: Verkündigung und Sakramentsverwaltung. Das ist nicht verhandelbar. Da kann auch nicht irgendetwas geredet werden, das vielleicht angenehm oder schön klingt, aber an der Heiligen Schrift und den Bekenntnisschriften scheitern würde. Es geschieht in einer öffentlichen Versammlung von realen Menschen, im Gottesdienst nach althergebrachter Ordnung. Geschieht es so nicht oder nicht mehr, ist es eben im geistlichen Sinne nicht mehr Kirche, selbst wenn die weltliche Institution bzw. Organisation Kirche baulich, juristisch, finanziell, digital usw. glänzend fortbesteht und sich in diversen Presseverlautbarungen öffentlichkeitswirksam zu präsentieren sucht.

Noch deutlicher formuliert wird das in der (meist ungeliebten) Verdammungsformel zu CA 5: „Und es werden die Wiedertäufer verdammt und andere, die lehren, daß wir den Heiligen Geist ohne das leibhafte Wort des Evangeliums durch eigene Vorbereitung, Gedanken und Werke erlangen.“[25] [25]

Wenngleich die Liebe und der Fleiß digitaler Angebote als eine Ergänzung anerkannt werden, wird in CA 5 doch vom „leibhaften Wort des Evangeliums“ geschrieben. Angesichts dramatisch zunehmender psychischer Erkrankungen ist der Weitblick der Reformatoren anzuerkennen, die um die Bedürfnisse der Seele(n) wussten und zutiefst besorgt waren. Wie wichtig unmittelbare Kontakte sind, haben Psychotherapeuten und andere in den letzten Wochen und Monaten hinreichend bestätigt, sodass es hier nicht ausgeführt werden muss.
Man mag zwar einwenden, es habe vor fünfhundert Jahren die digitalen Möglichkeiten des Bildschirms noch nicht gegeben, jedoch haben die Reformatoren sich trotz der damals vergleichbar neuen Erfindung des Buchdrucks nicht dazu verleiten lassen, den leibhaften Gottesdienst zu relativieren, auf das Papier zu verbannen und als ausreichenden Ersatz zu proklamieren.

3. „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ – Ein Abwägungsprozess mit klarem Ergebnis in Martin Luthers Schrift

In den letzten Monaten wurde der sonst bei Geburtstagsgratulationen geläufige Satz, die Gesundheit sei die Hauptsache, politikfähig. Während permanent in nahezu jeder Nachrichtensendung mit der Nennung vorgeblich tagesaktuellen Zahlen von Coronainfizierten und -toten die Angst geschürt wurde, betonten zugleich Prominente fast aller Institutionen, es müsse alles getan werden, um Leben zu retten.

Maßgeblich durch die Todesangst bestimmt, fielen die Abwägungsprozesse zumeist zu Ungunsten des öffentlichen und auch privaten Lebens aus. Es gab weitreichende Kontakteinschränkungen oder -verbote, die Einschränkung von Freiheitsrechten, die Beschränkung und das Verbot von Besuchen in Krankenhäusern, Alters- und Pflegeheimen, die Schließung öffentlicher Einrichtungen wie Schulen, Theater, Kinos, zeitweilig und örtlich sogar von Kirchen, das Verbot bzw. den Verzicht auf Gottesdienste oder wesentliche Teile davon wie Liturgie und Gemeindegesang. Sogar Seelsorge für Alte und Kranke war nur bedingt oder gar nicht möglich und musste durch Anrufung eines Gerichts erkämpft werden.[26] [26] Eine umfassende und gründliche theologische Auseinandersetzung mit der gesamten Thematik fand kaum statt.

Hilfreich ist hierbei u. a. die Schrift Martin Luthers „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ sein, in welcher die Frage, worauf ein Mensch verzichten könne und worauf keinesfalls, mit reformatorischer Gründlichkeit durchaus kämpferisch beantwortet wird.

Mit Bezug auf Joh. 11,25, Joh. 14,6 und Matth. 4,4[27] [27] stellt er fest: „So müssen wir nun gewiß seyn, daß die Seele kann alles Dinges entbehren, ohne das Wort Gottes[28] [28] und ohne das Wort Gottes ist ihr mit keinem Ding geholfen. Wo sie aber das Wort hat, so (be)darf sie auch keines anderen Dinges mehr; sondern sie hat in dem Wort gnug, Speise, Freude, Friede, Licht, Kunst, Gerechtigkeit, Wahrheit, Weisheit, Freyheit und alles Gutes überschwenglich.“[29] [29]

Wenige Zeilen später unterstreicht er diese Erkenntnis noch einmal: „Und in der Schrift die allerhöchste Plage und Gottes Zorn gehalten wird, so er sein Wort von den Menschen nimmt.“[30] [30]

Anschließend wird die Frage erörtert, wie das Wort zu gebrauchen sei: „Antwort. Es ist nichts anders, denn die Predigt von Christo geschehen, wie das Evangelium inne hält; welche soll seyn, und ist also gethan, daß du hörest deinen Gott zu dir reden … so setzt er dir vor seinen Sohn JEsum Christum, und läßt dir durch sein lebendiges, tröstliches Wort sagen, du sollst in demselben mit vestem Glauben dich ergeben und frisch in ihn vertrauen.“[31] [31]

Unbestreitbare Voraussetzung für diese Feststellungen ist eine Erkenntnis, die unserer einem Machbarkeitswahn erlegenen Gesellschaft fremd geworden ist und aus dem Alltag weitestgehend verdrängt wurde: Niemand kann dem Tod entgehen. Mit der Verdrängung einhergehend, wird der Tod zugleich ständig medial präsentiert, und zwar sowohl in den Unterhaltungssendungen als auch in den Nachrichten, zwischen denen die Grenzen allerdings immer mehr verfließen. Der Tod wird dabei oft so präsentiert, dass der Eindruck entsteht, er sei mit etwas Vorsicht bzw. Vorsorge vermeidbar gewesen: als Mord, als Unfall oder als Folge von zu spät erkannter Erkrankung oder Ärztepfusch. Weil dabei immer die anderen umkommen, wird ein Überlegenheitsgefühl des eigenen Erkenntnisstandes befördert, der zu sich selbst sagen kann: „Mir wäre das nicht passiert.“ Während es früher hieß, der Tod wolle (s)eine Ursache haben, will heute der Zuschauer die Ursache haben oder sehen. Dieses Vorgehen hat den Zweck, den Machbarkeitswahn auch auf den Tod auszuweiten. Martin Luther schreibt:

„Nicht daß wir allerdinge leiblich mächtig seyn sie zu besitzen oder zu brauchen, wie die Menschen auf Erden. Denn wir müssen sterben leiblich, und mag niemand dem Tode entfliehen; so müssen wir auch viel andern Dingen unterliegen, wie wir in Christo und seinen Heiligen sehen.“[32] [32]

Der christliche Glaube erinnert im Gegensatz zu einer weitgehend weltlich geprägten Wahrnehmung des Todes daran, dass jeder Mensch persönlich sterblich ist. Deshalb soll er nicht danach streben, ihn um jeden Preis zu vermeiden, sondern sich darauf vorbereiten. So lernt er die hohe die Kunst des Sterbens (ars moriendi) zu erlernen. Gewiss trägt das aus heutiger Sicht nicht unbedingt zur Attraktivität religiöser Bemühungen bei, verstört es doch die um Vermeidung des Gedankens bemühte Psyche. Die Erkenntnisse des lutherisch geprägten Glaubens legen aber gerade deshalb besonderes Augenmerk darauf, diesen Weg nicht in Angst, sondern getröstet gehen zu können. Dazu genügt es dem Reformator nicht, Glaubensinhalte nur zur Kenntnis zu nehmen:

„Aus dem allen lernen wir, daß es nicht gnug sey geprediget, wenn man Christus Leben und Werk oben hin und nur als eine Historie und Chronikengeschichte predigt, (ge)schweige denn, so man sein gar schweiget.“[33] [33]

Vielmehr bedarf es der beständigen Praxis, weil man sich dieses Trostes nicht selbst versichern kann und der Stärkung in der Gemeinde bedarf, in der der Apostel Paulus den lebendigen Leib Christi erkennt:

„Aber er (Christus) soll und muß also gepredigt seyn, daß mir und dir der Glaube daraus erwachse und erhalten werde. Welcher Glaube dadurch erwächst und erhalten wird, wenn mir gesagt wird, warum Christus kommen sey, wie man sein brauchen und genießen soll, was er mir bracht und gegeben hat. Das geschieht, wo man recht ausleget die christliche Freyheit, die wir von ihm haben.“[34] [34]

Eine Gemeinde, die aus Angst vor dem Tod auf das Zusammenkommen und auf wesentliche Teile des Gottesdienstes verzichtet, insbesondere auf die Verkündigung der Heiligen Schrift in Lesung und Predigt, auf den Gesang als Vergewisserung und Antwort darauf oder gar auf das Abendmahl, im welchem sich Christus selbst gibt, damit die Gläubigen sowohl in seinen Tod hineingenommen werden als auch an seiner Auferstehung teilhaben, wäre ein nicht auflösbarer Widerspruch in sich.

Das Verbot und die Absage der Gottesdienste zum Fest der Auferstehung, zu Ostern 2020, teilweise auch noch 2021, ist die Absage an den Auferstehungsglauben, die Preisgabe dessen, was Luther die christliche Freyheit nennt und die völlige Umkehr seiner Erkenntnis: „Wo sie aber das Wort hat, so (be)darf sie auch keines anderen Dinges mehr; sondern sie hat in dem Wort gnug …“. Es ist die Rückkehr in die alte Knechtschaft der Todesfurcht.

4. Die Aufgabe des geistlichen Standes

Die vordringlichste geistliche Aufgabe ist die Bewahrung der Seele.

Der Oberhofprediger Christian Scriver (1629-1693) war zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Erbauungsschriftsteller. Seine Predigtbände, Trostbücher und Lieder entstanden größtenteils in Magdeburg, wo er in der von der völligen Zerstörung im Jahr 1631 über Jahrzehnte gezeichneten Stadt einer von Krieg und Pest schwer traumatisierten Gemeinde diente. Er selbst blieb von schweren Schicksalsschlägen nicht verschont, erst seine vierte Frau überlebte ihn, von vierzehn Kindern trug er selbst zwölf zu Grabe. Eine Vergleichszahl aus dem Jahr 1681 kann zum Nachdenken anregen: Damals starben innerhalb eines halben Jahres 2500 der 7000 Einwohner Magdeburgs an einer Pestepidemie. Diese wenigen Angaben mögen an dieser Stelle genügen, um deutlich zu machen, wie ernst seine Aussagen zu nehmen sind. Auf ihn wird an dieser Stelle verwiesen, weil in seiner Person sichtbar wird, welche langfristigen Auswirkungen die Reformation hat, aber auch welche Hilfe in Notzeiten der Glaube bot, stellvertretend für zahlreiche Geistliche, Prediger und Liederdichter der Vergangenheit.

In seiner ersten Predigt im „Seelenschatz“ schreibt Christian Scriver von der Seelen Vortrefflichkeit und Würdigkeit, in Betrachtung ihrer Schöpfung[35] [35]. Durchaus barock ausschweifend, mit offensichtlicher Freude an der Sprache, beschreibt er zuerst, wie wertvoll die Seelen sind:

„Unser Heiland leget in unserem Texte (Mt. 16,26), so zu reden, die menschliche Seele in die eine, und die ganze Welt in die andere Wagschale und giebt für jene den Ausschlag, sagend: Wenn ein Mensch schon die ganze Welt mit aller ihrer Herrlichkeit, Ehre, Hoheit, Reichthum, Schätzen, Wollüsten, Pracht und Freude könte gewinnen, so hätte er doch nichts gewonnen, so er seine Seele dagegen verlieren solte: Es wäre eben, als wann ich einem wolt hundert-tausend Thaler, oder etliche Millionen für sein Hertz geben. Was hülff ihm das Geld, wann ers schon in großen Säcken und Beuteln um sich stehen, und den Besitz davon hätte, wann ihm dagegen, bald nachdem er das Geld empfangen, das Hertz aus dem Leibe solte gerissen werden? Was ist Geld ohne Leben? Und was ist aller Welt Gut ohne die Seele? Was hilfft die Eitelkeit ohne die Ewigkeit? Was hilffts, wann ich alles habe, und besitze es eine kleine Zeit, und verliere mich selbst, und meine Seele in Ewigkeit?“[36] [36]

An dem Beispiel des irdischen Lebens sucht er, deutlich zu machen, wie hoch wir erst die Seele zu schätzen haben. Dieses Denken ist uns wohl tatsächlich nicht mehr geläufig.

Er schreibt: „Die Lehrer werden erinnert, dass ihnen nicht befohlen ist, Gänse oder Kühe zu hüten, sondern die Gemeine, die Gott mit seinem eigenen Blute erworben hat. Es ist ihnen nicht anvertrauet Silber oder Gold, Perlen oder Edelgestein, sondern die Seelen der Menschen, die Gott zum ewigen Leben erschaffen und Christus Jesus mit seinem teuren Blut ihm zum Eigentum erkauft hat, und sie sollen Rechenschaft geben als von einem anbefohlenem kostbaren Kleinod.[37] [37]

Und wenig später schreibt er über den Ernst, mit dem er sich dieser Aufgabe widmen muss und will: „Gott will dieselben, so durch ihre Schuld verloren werden, von ihren Händen fordern. Darum sollen sie wachen über die Seelen, das ist, sie sollen ihr Amt ihnen höchstens Fleißes lassen angelegen sein, sollen sorgen, beten, bitten, flehen, ermahnen warnen, lehren, trösten, dieser hochwichtigen Verrichtung obliegen und nachdenken Tag und Nacht, auch, soviel an ihnen ist, mit allem Ernst und Wachsamkeit verhüten, dass nicht eine einzige Seele verloren werde.“[38] [38]

Eindrücklich beschreibt er, wie ihm die Last dieser Aufgabe und Verantwortung zusetzt:

„O ein schweres Amt! O übermenschliche Sorge! Ein Prediger soll für so viel Seelen wachen, beten, sorgen und Rechenschaft geben? Fürwahr, wenn ich dies oft recht erwäge und mir zu Herzen ziehe, so erschauret mir die Haut, der Angstschweiß bricht mir aus und ich wünsche oft, dass ich nie ein Prediger geworden wäre.[39] [39]

Die Ausführungen des Oberhofpredigers Christian Scriver verdeutlichen sehr eindrücklich sein lutherisches Kirchen- und Gemeindeverständnis: Die Sorge um die Seele des Menschen ist keine nachgeordnete oder fakultative Aufgabe, die hinter andere schutzwürdige Interessen, ausdrücklich auch nicht dem der Gesundheit oder einer allgemeinen Todesgefahr zurücktreten kann, vielmehr bedarf sie während solcher Gefahren der besonderen Sorgfalt in einem Maße, das vor Gott bestehen muss. Aus diesen Traditionen erwuchs das grundgesetzlich garantierte Recht auf freie Ausübung der Religion.

II Biblischer Befund und altkirchliche Zeugnisse

1. Altes Testament

Gottes Gebot des Singens – Das Lied des Mose

An zahlreichen Stellen wird im Alten Testament auf das Singen Bezug genommen. Besonders die Psalmen sind Belege für die feste Verankerung des Gesangs im Gottesdienst, aber auch im geistlichen Leben des Einzelnen. Regelmäßig werden Lieder wichtigen Personen zugeschrieben, wie Mose, König David und anderen. Damit wird herausgestellt, welch hohen Stellenwert sie genießen, gewissermaßen geschützt durch deren Autorität. Dabei sind sie oft wie in 5. Mose 31,19 nur Empfangende des Wortes Gottes, welches sie weiterzugeben haben. Keinesfalls kann das hier umfassend erörtert werden, denn die Tradition des Gesangs und das Liedgut selbst sind zu umfangreich[40] [40].

Exemplarisch wird deshalb hier das „Lied des Mose“ (5. Mose 31,14ff) herausgegriffen, insbesondere weil der Bezug zu einer ständig drohenden und sich tatsächlich wiederholenden Hybris und Dekadenz gesellschaftlicher Entwicklungen hergestellt wird.

Das Gebot Gottes, Lieder zu singen und die Kinder diese zu lehren, ist keine vom gesellschaftlichen Geschehen unabhängige Zugabe, auf die unter bestimmten Bedingungen der Gefahr verzichtet werden könnte. Es ist keine entbehrliche und nebensächliche religiöse Privatübung. Mit großem Weitblick wird sowohl die Erfüllung göttlicher Verheißungen als auch deren Verlust vorausgesagt, wenn sich die Menschen von Gott abwenden:

„So schreibt euch nun dies Lied auf und lehrt es die Israeliten und legt es in ihren Mund, dass mir das Lied ein Zeuge sei unter den Israeliten. Denn ich will sie in das Land bringen, das ich ihren Vätern zu geben geschworen habe, darin Milch und Honig fließt. Und wenn sie essen und satt und fett werden, so werden sie sich zu andern Göttern wenden und ihnen dienen, mich aber lästern und meinen Bund brechen. Und wenn sie dann viel Unglück und Angst treffen wird, so soll dies Lied vor ihnen als Zeuge reden; denn es soll nicht vergessen werden im Mund ihrer Nachkommen. Denn ich weiß ihre Gedanken, mit denen sie schon jetzt umgehen, ehe ich sie in das Land bringe, wie ich geschworen habe.

Also schrieb Mose dies Lied zur selben Zeit auf und lehrte es die Israeliten.“ (5. Mose 31,19 ff.)

Ganz besonders hervorgehoben werden muss, dass die Lieder in der Vorausschau kommender Gottesferne zu lehren und einzuüben sind, also auch während der guten Tage. In den folgenden Notzeiten, welche in den Kapiteln 30 und 31 ausführlich beschrieben werden, sollen sie auswendig gelernt zur Verfügung stehen. Das schließt ohne jeden Zweifel ein, dass sie dann auch gesungen werden. Das Gebot, zu singen erfüllt dabei zwei gleichermaßen wichtige Aufgaben. Zum einen soll den Menschen in der Verzweiflung etwas in den Mund gelegt werden, das sie zuversichtlich stimmen wird. Die Zuversicht bezeugen sie untereinander und füreinander (5. Mose 31,19). Zum anderen ist es die Zusage Gottes, sich durch diesen Gesang an die Verheißungen erinnern zu lassen und sich den Gläubigen wieder zuzuwenden, gerade wenn der Augenschein dagegen spricht.

In Notzeiten diesem Gebot nicht zu folgen, auf den Gesang zu verzichten, das Singen gar gänzlich zu verbieten, würde bedeuten, sich von Gott fortgesetzt abzuwenden. Es könnte kaum besser zum Ausdruck gebracht werden, in welch tiefgreifender Weise das Gottvertrauen verlorengegangen und die Hoffnung stattdessen auf menschliche Künste und Vorschriften gesetzt wird[41] [41]. Ein solches die Gottlosigkeit geradezu demonstrierendes Verhalten durch Gesetz oder Verordnung einzufordern, ist für einen glaubenden Menschen völlig inakzeptabel. Im Sinne der Augsburgischen Konfession Art. 16 wäre es ein Gebot, das nicht ohne Sünde befolgt werden kann, weil die Abwendung von Gott die größte denkbare Sünde ist. Uneingeschränkt gilt hier die Aufforderung des Augsburgischen Bekenntnisses, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen.

Weltliche Anordnung des Gesangs – Die babylonische Gefangenschaft

Wie auf einer Negativfolie soll nun das Singen unter den Verhältnissen einer Diktatur betrachtet werden, ein ganz spezieller Einzelfall, vielleicht. Tatsächlich tritt in der Bibel der Fall zutage, dass ein Tyrann das Singen religiöser Gesänge befiehlt, mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den Willen der Menschen im Exil. Die Vorgeschichte kurz zusammengefast: 587 wurde Jerusalem erobert und zerstört, auch und insbesondere der Tempel. Die Kultgegenstände wurden nach Babylonien verbracht und ein Teil der Bevölkerung, die Oberschicht, ins Exil verbracht und angesiedelt.

Aus dieser Zeit stammt der Psalm 137,1-4:

An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten.

Unsere Harfen hängten wir an die Weiden im Lande.

Denn dort hießen uns singen, die uns gefangen hielten,

und in unserm Heulen fröhlich sein: »Singet uns ein Lied von Zion!«

Wie könnten wir des Herrn Lied singen in fremdem Lande?

Es ist ein Geschehen besonderer Grausamkeit: die Gefangenen werden genötigt, mit folkloristischem Gesang den Herrschenden, den Siegern zu helfen, den Sieg zu feiern.

Sie erhalten Befehl zu singen, aber nicht im Gottesdienst, sondern als Besiegte für die Sieger damit diese ihre Macht auskosten können. Dabei steht den Traumatisierten die Zerstörung ihrer Stadt, der Mord ihrer Bewohner, die Konfiszierung der Tempelgegenstände als Beute für die Schatzkammer vor Augen. Ein wirklicher Gottesdienst ist nicht mehr möglich.

Die Worte des Propheten Jeremia legen Zeugnis ab, wie tiefgreifend dieser Einschnitt war: Jer 25, 8-11

Darum spricht der HERR Zebaoth: Weil ihr denn meine Worte nicht hören wollt, siehe, so will ich ausschicken und kommen lassen alle Völker des Nordens, spricht der HERR, auch meinen Knecht Nebukadnezar, den König von Babel, und will sie bringen über dies Land und über seine Bewohner und über alle diese Völker ringsum und will an ihnen den Bann vollstrecken und sie zum Bild des Entsetzens und zum Spott und zur ewigen Wüste machen und will wegnehmen allen fröhlichen Gesang, die Stimme des Bräutigams und der Braut, das Geräusch der Mühle und das Licht der Lampe, sodass dies ganze Land wüst und zerstört liegen soll. Und diese Völker sollen dem König von Babel dienen siebzig Jahre.

Nach der Ankündigung des Geschehens folgt die Aufzählung, was dem Volk genommen wird: Der fröhliche Gesang steht an erster Stelle! Sowohl Psalm 137 als auch die Worte des Propheten verdeutlichen, welche tiefe Bedeutung der Gesang für die Seele des Menschen hat und welcher psychische Schaden entsteht, wenn nicht mehr gesungen werden kann[42] [42]. Dagegen belegt die heilende Wirkung des Gesangs die Geschichte von David, der das Gemüt Sauls mit Harfenspiel und Gesang aufzuhellen vermochte.[43] [43]

Unter diesem Blickwinkel ist ein Gesangsverbot, nicht nur im Gottesdienst, als massiver Eingriff in die „ungestörte Religionsausübung“[44] [44] zu werten, möglicherweise sogar als ein Akt psychischer Grausamkeit, was der Text Jer 25,10 nahelegt, also eine Form des Machtmissbrauchs weltlicher Herrscher.

Martin Luther ruft zwar in Zusammenhang mit speziell diesem Fall nicht zur Gewalt auf, findet aber äußerst klare Worte[45] [45], dass ein solcher Zustand ein Ende finden muss: „Denn die Kinder Israel auch für ihren Feind, den König zu Babylon beten mußten (sollten), daß es ihm und seinem Reich wohl gieng, bis so lange, daß sein Stündlein kam, da er seine Fürbitter zu hoch geplaget und gedämpffet, und damit seines Reichs ein Ende verdienet hatte. Also bitten wir jetzt auch für unsere Tyrannen, bis daß sie sich an uns auch verdienen mit Morden und Verfolgen, und wenn ihr Stündlein kömmt, ohne alle Barmherzigkeit zu grunde gehen. Amen.[46] [46]

2. Neues Testament

Brief an die Epheser

Ein wichtiges Dokument christlichen Lebens ist der Brief an die Epheser, der zwar den Namen des Apostels Paulus in der Einleitung trägt, aber eher seinen Nachfolgern zuzuschreiben sein dürfte. So zeigt er erste gefestigte Gemeindestrukturen und Bräuche, gibt aber auch Anweisungen, wie man sich in bedrängenden Situationen geistlich verhalten hat und soll:

Epheserbrief 5,15-20: So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht als Unweise, sondern als Weise, und kauft die Zeit aus, denn die Tage sind böse. Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen. Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.[47] [47]

Aus dem Zusammenhang erschließt sich, dass es einerseits um eine allgemeine Praxis des Gebrauchs der überkommenen Psalmen und um neue geistliche Lieder geht, aber vor allem auch, dass diese in „böser Zeit“[48] [48] gesungen werden sollen. Zeiten mit besonderer Belastung, sei es durch Verfolgung, Krankheit oder Tod, sind also gerade kein Grund sich zurückzuziehen, sondern Anlass mit gottesdienstlichem Gesang füreinander zu sorgen. Mit geistlichem Leben in allen Formen, also mit Gottesdienst, Gesang und Gebet, übernimmt die Gemeinschaft der Glaubenden und jeder einzelne von ihnen Verantwortung. Es ist die ausdrückliche Anweisung, in welcher Weise widrigen Umständen begegnet werden soll. Es handelt sich also keinesfalls um Beiwerk nur für gute Zeiten. Mit der Formulierung „singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen“ ist mitnichten gemeint, es sei ein stiller Gesang, bei dem man auf den Mund verzichten könne. Vielmehr soll er unter innigster Beteiligung geschehen, eine Herzensangelegenheit, gesungenes Gebet sein. Ein purer Kunstgenuss, der Gottesdienstteilnehmer zu Hörern, also Konsumenten geistlicher Lieder degradiert, genügt dem Anspruch des Epheserbriefes nicht.

Bergpredigt – Gebet im stillen Kämmerlein

Nicht selten, auch von Politikern, wurde während der letzten Monate versucht, die Schwere der Gottesdienstverbote bzw. -einschränkungen mit Hinweis auf ein Jesuswort zu relativieren oder sogar schönzureden, auf jeden Fall als einen mindestens zeitweilig ausreichenden Ersatz darzustellen.[49] [49] Mit dem Hinweis auf das „Gebet im stillen Kämmerlein“ wird auf ein Wort aus der Bergpredigt Bezug genommen: „Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete …“[50] [50]

Wird der Text allerdings aus dem Zusammenhang gerissen, führt er in die Irre. In der Bergpredigt Jesu geht es nämlich nicht um Form oder Gestaltung des Gottesdienstes oder sogar um die Relativierung seiner Notwendigkeit. Bereits im Abschnitt davor ruft er dazu auf, Almosen unauffällig zu geben[51] [51]. Auch das Gebet soll nicht der Selbstdarstellung dienen: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.[52] [52] Wer zu solchem Verhalten neigt, dem wird empfohlen, sich in eine Kammer zurückzuziehen. Dieser Text dienst also ausdrücklich zur Abwehr von Hochmut und selbstsüchtiger Öffentlichkeit- Er taugt nicht als Beleg für eine generelle Empfehlung zu Einsamkeit im Gebet bzw. geistlichen Leben, erst recht nicht als Beleg gegen den öffentlichen Gottesdienst.[53] [53]

3. Vom Singen der ersten Christen

Gottfried Arnold zeichnete sich durch profundes, kirchengeschichtliches Wissen und äußerst gründliches Quellenstudium aus. Als sein bekanntestes Werk dürfte die Unparteyische Kirchen- und Ketzer-Historie von Anfang des Neuen Testaments biß auf das Jahr Christi 1688 gelten[54] [54]. Wenige Jahre zuvor gab er sein Werk „Die Erste Liebe der Gemeinen Jesu Christi, Das ist wahre Abbildung der ersten Christen nach ihrem lebendigen Glauben und Heiligen Leben.“ heraus, welches ihm hohe Anerkennung einbrachte, gefolgt vom Ruf an die Universität Gießen als Professor für Kirchengeschichte.

In diesem Buch widmet er ein ganzes Kapitel dem Gesang der ersten Christen. Bereits die Einordnung verdeutlicht, welches Gewicht er dem Thema beimisst. Im zweiten Buch des ersten Bandes schreibt er über den Gottesdienst[55] [55], wobei er sich im ersten Kapitel mit dem Gebet und bereits im zweiten mit dem Gesang befasst. Neben den Psalmen und Gesängen des Alten Testaments haben „die ersten Christen angefangen vor sich selbst Lieder zu machen“[56] [56]. „Das lieset man wol bey vielen, wie sie die Sache selbst von dem Herren und seine Aposteln herführen und auf ihre Exempel und Befehl gründen, auch sich dabey auf die allgemeine Gewohnheit der Christen getrost beziehen, dass also an dem Alterthum derselben gar kein Zweifel überbleibt.“[57] [57]

Der Gesang ist keineswegs lediglich eine äußerliche Angelegenheit, die man durch anderes ersetzen oder gar weglassen könne. Es ist vielmehr als eine innige Verbindung des Dreieinigen Gottes mit der singenden Gemeinde zu verstehen: „So war es doch bey den Alten insgemein eine ausgemachte Sache, daß sie ohne dem H. Geist und seine Regierung weder erhörlich beten noch Gott-gefällig singen könnten, und daß daher dieser der Ursprung ihres Gesanges sein müsse. Und wie die Zunge samt dem Hertzen ihn würdiglich besingen müsse, also müsse auch Gott alleine das schencken, was man singe.“[58] [58]

Der Gesang hat wie das Gebet die Fähigkeit, die Gläubigen in Notzeiten zu trösten: „Das Volck stehet des Nachts auf, gehet vor Tag in das Bet-Hauß, und wenn es vom Gebet aufgestanden, wird es zu den Lobgesängen geführet, da es in zwei Theile gesondert, eins ums andere singet und spielet, dadurch sie denn ihre Andacht stärcken und ihre Herzen fester machen.“[59] [59] Im Folgenden wird beschrieben, dass es sich dabei um Wechselgesänge zwischen einem Vorsänger und der Gemeinde handelte. Diese Form gottesdienstlichen Singens hat sich in der Liturgie bis in unsere Gegenwart erhalten. In Zeiten der Verfolgung, sogar und besonders in Todesnot ermutigte sich die Gemeinde durch den Gesang: „Als die Gemeine zu Meyland in großer Bedrängnis war wegen der Verfolgung: wachte das fromme Volck in der Kirche und war bereit vor seinen Auffseher zu sterben. Da stellte man an, daß Psalmen und Lob-Gesänge nach Art der Morgenländer gesungen würden. Und von der Zeit an hat dieser Brauch bis auff diesen Tag gewähret, indem es auch viel andere Heerden Gottes in der gantzen Welt nachthun.“[60] [60] Durchaus bedurfte es in den ersten Jahrhunderten der Standhaftigkeit, am gottesdienstlichen Singen festzuhalten: „In ihren Zusammenkünften vergaßen sie niemals das Singen und gestunden auch vor den Heyden, daß sie darinnen Gott zu Ehren süngen, und zwar nicht allein bey denen allgemeinen öffentlichen Versammlungen, sondern auch bei Ihren Liebes-Mahlen[61] [61] und anderen Gelegenheiten.“[62] [62]

Wie tief die Menschen durch Gebet und Gesänge ergriffen wurden und selbstverständlich immer noch werden, die sie als zu Herzen gehende Verkündigung verstehen, wird vielfach zusätzlich durch Einzelzeugnisse belegt: „O wie sehr, spricht er, weinte ich da über die Lob-Gesänge und Lieder, als ich durch die Stimmen der lieblich-singenden Gemeine beweget ward? Diese Stimmen flossen mir in meine Ohren und die göttliche Wahrheit wurde mir gleichsam in mein Hertz ausgegossen. Da entbrandte inwendig der Affect der Andacht und die Thränen schossen mir hervor, also daß mir mit ihnen recht wol dabey war.“[63] [63]

Im Gesang wird die Nähe Gottes in besonderer Weise spürbar, so habe man gesungen, um „vielmehr aus hertzlichem Verlangen immer mehr Vorschmack der göttlichen Süßigkeit zu haben und selbige also zu rühmen“[64] [64]. In den Liedern wirkt der Heilige Geist selbst Gutes für die Seele des betrübten, geängstigten Menschen: „Ja sie vertreiben den Trauer-Geist aus dem Hertzen in der Kraft des H. Geistes und die Trägheit zum Dienste Gottes.“[65] [65]

Im Gesang sind die Menschen verbunden mit den Engeln und auch mit denen, die bereits verstorben und im Reich Gottes sind. „Nehmlich ihnen war bekannt, wie dieses der Seeligen im Himmel süßeste Verrichtung sey und daher erinnerten sie sich auch bey ihrem schwachen Lob auf Erden. Daß sie gleichwol im Geist mit den Engeln zugleich vor Gott stünden[66] [66] und mit ihnen ihre Lob-Gesänge absungen.“[67] [67]

Eine ganz ähnliche Beschreibung gibt es aus dem Jahr 1587: „Christliche Musika auff erden anderst nichts ist denn ein Praegustus, vorschmack und vorlauff des ewigen lebens, da wir alhie nur intonirn und Antiphonas singen, bis wir durch den zeitlichen todt Introitus und Sequenz und im ewigen Leben das rechte completorium und hymnos singen werden in alle ewigkeit.“[68] [68]

Das Singen im Gottesdienst ist also als eigenständige heilige Handlung zu verstehen, die „gar nicht aus Gewonheit oder zum Zeit-Vertreib“[69] [69] getan wird.

Die Möglichkeit des Verbots des Singens der Christen wird von Gottfried Arnold durchaus gesehen und sogar mit Beispielen belegt, allerdings zugleich mit dem Bericht, dass die Christen dem nicht Folge leisteten: „Die Stärcke des Geistes war in ihnen offte viel zu starck, als daß sie sich von ein wenig Furcht vor Verspottung, Schaden oder Ungnade der Menschen zurücke halten ließ. Als die Christen unter Maximino, dem Tyrannen, Gottes Vorsorge so augenscheinlich über sich sahen, giengen sie als in Chören Hauffen-weis auf die Märckte und Straßen ungescheut und sungen ihrem Gott Lob-Gesänge und Psalmen mit hellen Stimmen.“[70] [70]

III Zusammenfassung

Glauben und damit der Gottesdienst stehen unter Gottes Gebot, welches nach Lutherischem Bekenntnis als von der einzigen Obrigkeit Gottes gesetzt anzusehen ist und folglich menschlichem Zugriff, insbesondere dem der weltlichen Obrigkeit, entzogen ist.

Die weltliche Obrigkeit hat in ihrem Bereich lediglich Sorge zu tragen, dass persönliches und gemeinschaftliches, insbesondere öffentliches geistliches Leben (Gottesdienste und Kasualien) die äußerlichen Bedingungen betreffend unter allen Umständen ungestört gewährleistet sind und bleiben.

Die geistliche Obrigkeit hat Sorge zu tragen, dass die Kirche Kirche ist und bleibt, d. h. gemäß CA 7 „die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden“[71] [71].

Im Gottesdienst, in der Verkündigung des Evangeliums, in den Sakramenten, in Gesang und Gebet vergegenwärtigt sich der auferstandene Christus und verbindet sich mit der Gemeinde. Der Gottesdienst ist damit das Ebenbild der ewigen, herrlichen Versammlung aller, die am jüngsten Tage vor dem Herrn Jesus Christus erscheinen und Gott loben werden.[72] [72]

Der lutherische Kultus (Gottesdienst) ist mehr als nur ästhetischer Art[73] [73]. Utilitaristischer Willkür wird kein freier Spielraum gewährt[74] [74], sodass auf die Versammlung oder den Gesang nach Gutdünken oder äußerlichen Erfordernissen bzw. Vorschriften verzichtet werden könnte. Die reformatorischen Kirchenordnungen schreiben das kultische Recht des Gemeindegesangs unter Hinweis auf Eph. 5, 19 fest.[75] [75] Das sollen und können auch die nachfolgenden Generationen für sich in Anspruch nehmen.[76] [76]

Pfarrer Martin Michaelis, Quedlinburg, den 27. Oktober 2021

Vorsitzender des Thüringer Pfarrvereins e.V.

Vorsitzender der Pfarrvertretung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland

Vorsitzender der Pfarrergesamtvertretung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands

Mitglied der Dienstrechtlichen Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland

Mitglied des Vorstandes des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V.

[1] [77] In seiner Auslegung zum 101. Psalm befasst sich Martin Luther im Jahr 1534 am mehreren Stellen ausführlich mit der Zwei-Reiche-Lehre und den Konsequenzen für Politik, Gesellschaft und Kirche. Zugrundegelegt wird in diesem Aufsatz die Fassung aus „D. Martin Luthers sowol in Deutscher als Lateinischer Sprache verfertigte und aus der letztern in die erstere übersetzte Sämtliche Schriften. Fünfter Teil“ Halle 1741, Spalten 1172 ff.

[2] [78] Näheres dazu auch in: Gerhard Müller, Einsichten Martin Luthers – damals und jetzt, Erlangen 2017, S. 175f.

[3] [79] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V Spalte 1250 § 134: „Und sage darzu: Es muss ja alle Vernunft, auch wol ein Kind von sieben Jahren sagen, daß gebieten, und gehorsam seyn, sey zweyerley, gleichwie auch, herrschen, und dienen, zweyerley sind. Denn das eine heißt, Obrigkeit; das andere mögen wir heissen, Unterkeit: das ist deutlich genug und auch Deutsch darzu geredt. Nun werden wir müssen Gott unsern Herrn lassen seyn die einige Obrigkeit über alles, was geschaffen ist, und wir alle gegen ihm seyn (wollen wir nicht mit Liebe, so müssen wir mit Leid) eitel Unterkeit: da wird (Gott Lob) nichts anders aus. Denn er sagt selbst Psalm 68 V.5 „Herr sey sein Name“, und die Kinder nennen ihn im Glauben, den allmächtigen Gott und Vater.“

[4] [80] 1. Buch Mose 1,27: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“

[5] [81] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX Spalte 128 § 165 Fortsetzung des Zitats: „Über welches Wort GOttes die Kirche, als eine Creatur, nicht Macht hat etwas zu stiften, zu ordnen, oder zu thun; sondern sie soll gestiftet, geordnet und gemachet werden. Denn wer kann seinen Vater oder Mutter gebären? Wer hat seinen Anfänger zuvor gemachet?“

[6] [82] Confessio Augustana Art. 28, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 108

[7] [83] Ebd. S. 108f.

[8] [84] Ebd. S. 109

[9] [85] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V Spalte 1249 §133: „Ich muss immer solchen Unterscheid dieser zweyen Reiche einbleuen und einkäuen, eintreiben und einkeilen, ob es wohl so oft, daß (es) verdrüßlich ist, geschrieben und gesagt ist. Denn der leidige Teufel höret auch nicht auf, diese zwey Reiche ineinander zu kochen und zu bräuen. Die weltlichen Herren wollen ins Teufels Namen immer Christum lehren und meistern, wie er seine Kirche und geistlich Regiment soll führen; so wollen die falschen Pfaffen und Rottengeister, nicht in Gottes Namen, immer lehren und meistern, wie man solle das weltliche Regiment ordnen: und ist also der Teufel zu beyden Seiten fast sehr unmüßig, und hat viel zu thun. Gott wolle ihm wehren, Amen; so wir es werth sind.“

[10] [86] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V Spalte 1251 § 135

[11] [87] Ebd. § 135

[12] [88] Ebd. § 135

[13] [89] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V Spalte 1219 § 77 Im ersten Satz des Zitats beschreibt Luther, was die Obrigkeit zur Vorbereitung auf eine ordnungsgemäße Regierungstätigkeit zu tun hat. „Warten“ ist hier im Sinne von „wachen, das Wächteramt ausüben“ oder „sorgen“ zu verstehen. Der zweite Satz prangert die damalige Missachtung und Übergriffigkeit weltlicher Herrscher an.

[14] [90] Confessio Augustana Art. 28, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 71f.

[15] [91] Roland H. Bainton: Matin Luther, Berlin 1983, S. 273: „Der Kaiser wies sie an, ihre Pfarrer dürften in Augsburg nicht predigen. Die Fürsten lehnten ab. Der Kaiser bestand darauf, auf keinen Fall dürften die Pfarrer polemische Predigten halten. Die Fürsten lehnten abermals ab. Der Kaiser teilte ihnen mit, der folgende Tag werde die Corpus-Christi-Prozession sehen, bei der ihre Teilnahme erwartet werde. Die Fürsten lehnten nochmals ab. Der Kaiser drang weiter in sie, als der Markgraf vortrat und sagte: „Ehe ich mir das Wort Gottes nehmen lasse und meinen Gott verleugne, will ich niederknien und mir den Kopf abhauen lassen.“

[16] [92] Auch wenn die Bekennende Evangelische Gemeinde in Hannover, auf deren Bitte diese Schrift verfasst wurde, organisatorisch zu keiner Landeskirche gehört, gilt inhaltlich selbstverständlich dasselbe.

[17] [93] Heinrich Boehmer: Der junge Luther, Leipzig, 7. Auflage 1955, S. 306ff: Das Kanonische Recht „war das mit religiöser Autorität umkleidete Gesetzbuch der lateinischen Christenheit und verpflichtete nach dem Glauben der Zeit, genau wie die Gebote Gottes, alle Christenheit sub gravi, d.h. seine Nichtachtung zog unweigerlich den Verlust der ewigen Seligkeit nach sich. Es bildete aber weiter einen reichsgesetzlich anerkannten Bestandteil des gemeinen Rechts, gehörte also zu den Gesetzbüchern, nach denen das Reichskammergericht laut seiner Instruktion Recht zu sprechen hatte. … Den Bestand dieses Rechts antasten hieß somit nicht nur den Bestand der öffentlich anerkannten Religion, sondern auch den Bestand der ganzen herrschenden Rechts- und Gesellschaftsordnung antasten. Das empfand man damals allgemein, und daher machte Luthers Tat in der ganzen abendländischen Welt einen unermeßlichen Eindruck. Die Stimmung am kaiserlichen Hofe spiegelt sich in dem Urteil des Venezianers Andrea Rosso: ‚In der Tat una cosa grande, ein gewaltiges Ereignis, dessen Bedeutung bei dem großen Anhang Martins nicht hoch genug veranschlagt werden kann!‘ …“

[18] [94] Gesetz über die religiöse Kindererziehung, Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 404-9, § 5: „Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs steht dem Kinde die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.“

[19] [95] Grundgesetz Art. 4: (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. https://dejure.org/gesetze/GG/4.html

[20] [96] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V Spalte 1219 § 88: „Darum ist nicht genug, wohl anheben und recht thun, sondern es gehöret darzu beständig bleiben, und sich davon nicht reißen noch reizen lassen, wie Christus spricht Matth. 24,13: Wer bis zu Ende beharret, der wird selig werden. … Und im weltlichen Stande geht es auch also: Wer nicht kann wehren, der wird auch nicht lange können nähren. Was hilft es, viel gewinnen und nicht vertheidigen, noch vor Feinden behalten können? Also, was hilfst es, GOttes Wort, Glauben und Dienst recht anfahen und krigen, und nicht können darbey bleiben, noch wider den Teufel behalten? Sondern läßt sich davon allerley Wind treiben …“

[21] [97] 1. Tagung der III. Landessynode vom 14. bis 18. April 2021 (Digitale Tagung) der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Drucksachen-Nr. 13.2/2 B, Beschluss der Landessynode zu TOP 13.2; https://www.ekmd.de/asset/6fiiIJlvRG6_GzWdA0xcfQ/ds-13-2-2-b-corona-krise.pdf?ts=1618748402002

[22] [98] Confessio Augustana Art. 5, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 63

[23] [99] Confessio Augustana Art. 13, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 69

[24] [100] Confessio Augustana Art. 7, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 64

[25] [101] Confessio Augustana Art. 5, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 63

[26] [102] AZ 26 AR (BD) 24/20, Amtsgericht Altenburg

[27] [103] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1209 § 6: Zum fünften, hat die Seele kein ander Ding, weder im Himmel noch auf Erden, darinne sie lebe, fromm, frey und Christen sey. Denn das heilige Evangelium, das Wort Gottes von Chtisto gepredigt, wie er selbst sagt, Joh. 11,25: ich bin das Leben und Auferstehung, wer da gläubt an mich, der lebet ewiglich; Item 14,6: Ich bin der Weg , die Wahrheit und das Leben; item Matt. 4,4: Der Mensch lebt nicht allein von dem Brod, sondern von allen Worten, die da gehen aus dem Munde Gottes.

[28] [104] In heutigem Sprachgebrauch: „außer dem Worte Gottes“

[29] [105] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1209 § 6

[30] [106] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1209 § 7

[31] [107] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1210 § 8

[32] [108] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1218 § 27

[33] [109] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1220 § 31

[34] [110] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band XIX, 1746, Spalte 1220f. § 32

[35] [111] Christian Scriver „Seelenschatz“ Erster Theil, Erste Predigt, Magdeburg und Leipzig 1731

[36] [112] Christian Scriver „Seelenschatz“ Erster Theil, Erste Predigt, Magdeburg und Leipzig 1731 S.3, §10

[37] [113] Christian Scriver „Seelenschatz“ Erster Theil, Erste Predigt, Magdeburg und Leipzig 1731 S.1, §1

[38] [114] Christian Scriver „Seelenschatz“ Erster Theil, Erste Predigt, Magdeburg und Leipzig 1731 S.1, §1

[39] [115] Christian Scriver „Seelenschatz“ Erster Theil, Erste Predigt, Magdeburg und Leipzig 1731 S.2, §2

[40] [116] Allein im Psalter finden sich 150 Lieder, z.T. mit Anweisungen, wie sie gesungen werden sollen, nach welchen damals bekannten Melodien. Dass ein ganzes biblisches Buch der Überlieferung der Lieder gewidmet ist, zeigt, welchen Stellenwert diese sowohl im Kultus als auch für den persönlichen Gebrauch genießen.

[41] [117] Das kann sogar bei fortgesetztem kultischen Handeln der Fall sein, wenn dieses äußerlich perfekt gestaltet aber glaubensleer geworden ist, so im Buch Amos, 5,21ff.: Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören!

Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

Wichtig ist die Kritik des Propheten Amos an der Beugung des Rechts, das zwar noch den Anschein einer funktionierenden Rechtsprechung erhebt, diese aber längst nicht mehr ist. An Gottesdiensten hat Gott keinen Gefallen, wenn im Lande nicht Recht und Gerechtigkeit strömen.

[42] [118] Zu prüfen wäre auch, ob das Verbot des Singens mit den Folgen für die psychische Gesundheit neben der Verletzung von Art. 4 GG auch eine Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 4 Abs. 2 GG) darstellt, weil keine psychische Belastung ohne Auswirkung auf die Gesundheit bleibt.

[43] [119] 1. Sam. 16,14-23

[44] [120] Art. 4 Abs. 2 GG: Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Dieser Artikel entfaltet eine Schutzwirkung, die keinesfalls vernachlässigt werden darf.

[45] [121] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V, 1741, Spalte 1274 § 178: „Also muss es doch zuletzt gehen, daß ein frommer Fürst bleibt, und die, so ihm feind sind, zuletzt untergehen, und er dennoch fromme Unterthanen findet, die bey ihm stehen. Exempel muß ich hier nicht anzeigen; denn der alten und fremden achtet man nicht, denen zu unserer Zeit gläubet man nicht.“

[46] [122] Martin Luther, Sämtliche Schriften Band V, 1741, Spalte 1187 § 14

[47] [123] Lutherbibel, Übersetzung von 2017, ebenso im Brief des Paulus an die Kolosser Kap. 3,16, vergl. auch Jak 5,13

[48] [124] Lutherbibel in der Übersetzung von 1912

[49] [125] https://www.meine-kirchenzeitung.de/c-feuilleton/sinnfluencerin-jana-highholder-ist-ihre-quarantaene_a18676 [126]: „Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bedauert, dass derzeit keine Gottesdienste stattfinden können. Der Politiker erinnerte daran, dass Jesus das Gebet im «stillen Kämmerlein» statt in der Öffentlichkeit empfohlen habe. Dem könne man jetzt folgen. Der Ministerpräsident betonte, dass durch die behördlichen Maßnahmen nicht das Beten eingeschränkt werde, sondern nur das Beten in Gemeinschaft. «Gott weiß ja auch, dass wir jetzt in einer Krise sind», so Kretschmann.“
https://www.meine-kirchenzeitung.de/c-kirche-vor-ort/gottesdienstbesuch-mit-negativtest-oder-impfnachweis_a26472 [127] Prof. Karlheinz Brandenburg, Ilmenau, Mitglied der EKM-Synode: „Theologisch kann ich damit leben, da wir im „stillen Kämmerlein“ beten können und solche Regeln nicht auf Dauer angelegt sind.“

[50] [128] Lutherbibel Mt. 6,6

[51] [129] Lutherbibel Mt. 6,1-4

[52] [130] Lutherbibel Mt. 6,5

[53] [131] So auch der Ministerpräsident von Thüringen: https://www.meine-kirchenzeitung.de/c-kirche-vor-ort/seelsorge-kontra-fuersorge-ueber-die-freiheit-der-religion_a19654: „Der Protestant Bodo Ramelow jedenfalls gewichtet Meinungs- und Religionsfreiheit gleich: ‚Das stille Kämmerlein reicht dafür nicht aus. Beides bedarf der sichtbaren Manifestation.‘“

[54] [132] erschienen in Frankfurt am Mayn, Teil 1 im Jahr 1699 und Teil 2 im Jahr 1700

[55] [133] Wahre Abbildung der ersten Christen Bd. 1, S. 145: Das Andere Buch / Von der ersten Christen gemeinen und sonderbaren Gottesdienst

[56] [134] Ebd. S. 158

[57] [135] Ebd. S. 158

[58] [136] Ebd. S. 158

[59] [137] Ebd. S. 160

[60] [138] Ebd. S. 160

[61] [139] Gemeint sind Feiern des Heiligen Abendmahls in den Häusern

[62] [140] Wahre Abbildung der ersten Christen Bd. 1, S. 160

[63] [141] Ebd. S. 161

[64] [142] Ebd. S. 164

[65] [143] Ebd. S. 166

[66] [144] Baulich wurde das beispielhaft 1899 in der Kirche zu Steinach/Thür. anschaulich umgesetzt: Der Altarraum der neoromanischen Kirche erhielt eine Ausmalung von Adolf Quensen (Braunschweig), die das himmlische Jerusalem zeigt. Wer also in diese Kirche geht, schaut gewissermaßen für die Zeit des Gottesdienstes in das Himmelreich, singt mit den Engeln und auch mit seinen seligen Vorfahren, feiert in deren Beisein das Heilige Abendmahl, um dann gestärkt und getröstet in den Alltag zurückzukehren. Es ist eine Vorstellung, die besonders in den orthodoxen Ostkirchen lebendig ist.

[67] [145] Wahre Abbildung der ersten Christen Bd. 1 S. 167

[68] [146] Zitiert nach Werner Elert, Morphologie des Luthertums, erster Band, München 1931, S. 297,
Anmerkung 1: N. Selnecker, Chr.: Psalmen, Lieder und Kirchengesenge, Leipzig 1587

[69] [147] Ebd. S. 164

[70] [148] Ebd. S. 168

[71] [149] Confessio Augustana Art. 7, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 64

[72] [150] Vergl. Werner Elert, Morphologie des Luthertums, erster Band, München 1931, S. 288 ff.; S. 297 Zitat aus der Pommerschen Agende von 1569: „Wente darinne see wi christen en evenbilde der ewigen herliken vorsammelinge aller uterwelden, de am jüngesten dage vor des minschen Söne, unserm herren Jesu Christo, erschinen werden“

[73] [151] Ebd. S. 285

[74] [152] Ebd. S. 287

[75] [153] Ebd. S. 288

[76] [154] Vorwort Martin Luthers zu den Schmalkaldischen Artikeln, 1537 geschrieben, gelten seit 1544 als Bekenntnisschrift, zitiert nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Gütersloh 1986 S. 444: „Ich will, dass diejenigen, die nach mir leben und bleiben werden, dieses mein Zeugnis und Bekenntnis vorzeigen können, …, auf dem ich auch noch bisher geblieben bin und auch künftig bleiben will mit Gottes Gnade.“