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Buchempfehlung: Stefan Felber, Kein König außer dem Kaiser? Warum Kirche und Staat durch Zivilreligion ihr Wesen verfehlen

Stefan Felbers erhellendes Buch zur unheiligen Vermischung von Staat und Kirche empfehle ich dringend. Es ist klar formuliert und gut nachvollziehbar strukturiert. Es diagnostiziert kenntnisreich in klarer Gedankenführung und Sprache den Krebsschaden vor allem des gegenwärtigen landeskirchlichen Protestantismus, der sich als Megaphon der medial-politischen Mehrheitsmeinung in Staat und Gesellschaft anbietet, und zur notwendigen biblisch-prophetischen Staats- und Gesellschaftskritik nicht mehr fähig ist, weil er nicht mehr wagt, in Gottes Namen und Autorität zu sagen: „So spricht der Herr“. Schon in dieser Diagnose bietet Felber Schritte zur Therapie. Das gut gegliederte Buch ist überzeugend, aber auch mutig.

Überzeugend, weil Dr. Felber unter der Prämisse, daß Gott spricht, unverkürzt und unverfälscht in die Mitte das sola scriptura, die biblischen Kriterien zum Urteilen, gerückt hat und in der evangelischen Kirche vermißte biblische Lehrklarheit einfordert. Luthers Lehre der zwei Regierweisen Gottes (in den zwei Reichen) erweist sich ihm erneut als Hilfe zur Klarheit.Felbers Buch ist mutig, weil er es beispielsweise wagt, Ziegerts Einsichten zum sogenannten Stuttgarter Schuldbekenntnis als Erkenntnis fördernd und den theologisch präzis analysierten Fall des Bremer Pastors Latzel als exemplarisch aufzunehmen. Beides sind sehr heiße Eisen, die Felber sachgemäß anpackt und diskutiert. Ziegerts Beschreibung des in der Nazigeschichte verankerten Schuldkomplexes als dem zivilreligiösem Gründungsmythos der BRD ist nicht nur erhellend, er reißt schmerzende Wunden auf und verunsichert beruhigende Gewißheiten. Felber hat den Mut, dieses zivilreligiös-moralisch heiße Eisen geistlich-theologisch abgewogen zu diskutieren. Er fragt z.B. zur Stuttgarter Schulderklärung theologisch: „Steht dieser Charakter der Erklärung in Zusammenhang mit der liberal-theologischen Entleerung der Sühnetheologie, insofern Absolution nur von der Welt erteilt werden soll statt vom Wort vom Kreuz?“

Und Latzels Fall ist ein Paradebeispiel für die unheilige Allianz von Gesellschaft und Kirche, in der einerseits die Kirche Gott den Mund zu verschließen sucht und andererseits das staatliche Gericht sich theologische Urteile über wahre und falsche Lehre anmaßt, die ihm nicht zustehen. Latzel, der Mensch, Sünder und Gerechter zugleich, stammelte verletzt, zornig, erregt, verwirrt, lieblos, als er sprach, aber er sprach als Pastor materialiter Gottes Wort, denn Rechtfertigung von Homosexualität und Gender widersprechen dem eindeutigen Wort und Schöpferwillen Gottes und suchen das Menschenbild des Schöpfers anmaßend gottlos zu verändern.

Felbers Gender-Beispiele sind bei der Beschreibung gegenwärtiger Zivilreligion hervorragend geeignet. Sie betreffen keineswegs Adiaphora. Beeindruckend ist die Fülle von Literatur, die er heranzieht und auswertet, um die gewonnenen Einsichten abzusichern. Seine Zitate sind gut gewählt. Wichtig ist der Epilog „Martyrium“. Er weist darauf hin, daß Felbers Buch nicht ein weiterer interessanter Beitrag auf der theologischen Spielwiese ist, sondern ein geistlicher Warnruf: Zivilreligion, in der zweifellos totalitäre Tendenzen angelegt sind, könnte Christus treue Christen durchaus ins Martyrium zwingen. Der Latzelprozeß läßt aufhorchen. Auch der Kommentar des hellsichtigen Journalisten Kissler zur theopolitischen Lage der Republik bereichert das Buch.

Dr. theol. Dieter Müller, 03.10.2021

Das Buch kann hier bestellt werden. [1]

Quelle: Informationsblatt der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Norddeutschland (Oktober 2021)