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Der kirchliche Auftrag in Zeiten der Pandemie. Thesen der Konferenz Bekennender Gemeinschaften

Montag 23. August 2021 von Konferenz Bekennender Gemeinschaften


Thesen der Konferenz Bekennender Gemeinschaften (KBG) für die Gemeinden und Christen als Orientierung und Ermutigung zum gemeinsamen Gottesdienst und hoffnungsvoller Seelsorge besonders auch in Pandemiezeiten

1.) Auch und gerade in Zeiten der Pandemie hat die Kirche den in Jesus Christus begründeten Auftrag, das Evangelium von dem Gekreuzigten und Auferstandenen in Wort und Tat zu bekennen für die vom Virus bedrohten Menschen, die Kranken, die Sterbenden, die Geängstigten, die Leidenden und für alle, die im Dienst am Menschen stehen.

2.) Die Viruspandemie zeigt, wie unverhofft gefährdet und bedroht menschliches Leben ist. Fragen nach Ursprung und Bekämpfung des Virus treten in den Fokus. Aber auch Fragen nach Gott und seiner Weltregierung sowie nach dem Menschen und seiner Gesundheit und Unversehrtheit ergeben sich. Es ist die altbekannte Frage nach dem Leid in der Welt und wie das mit der Gerechtigkeit und Güte Gottes zusammengeht. Es sind auch Fragen wie die, nach dem Gerichtshandeln Gottes und ob in der Pandemie der Ruf Gottes zur Umkehr zu hören ist.

3.) Christen lassen sich von der biblischen Botschaft leiten, dass Gott in allen Ereignissen gegenwärtig ist und in ihnen, mit ihnen und durch sie handelt und spricht. (vgl. Amos 3,6 u.a.) Das gilt auch für die Pandemie. Aus dieser Gewissheit wachsen Zuspruch und Hoffnung über Leid, Krankheit und Tod hinaus.

4.) Verkündigung und Seelsorge gehören zum Wesenskern der Kirche und bilden ihren zentralen Auftrag. Sie sind geboten und gefragt besonders in kritischen Zeiten. Dazu gehören elementar der sonntägliche Gottesdienst und die seelsorgerliche Begleitung von Geängstigten, Kranken, Alten und Sterbenden.

5.) Der Gottesdienst gehört zur Identität der Kirche und ist das Herzstück christlichen Gemeindelebens. (Apg 2,42 u. Augsburger Bekenntnis Art.7) Erlässt der Staat ein pauschales Verbot, sich zu Gottesdiensten zu versammeln, muss die Kirche dies hinterfragen, äußerst kritisch prüfen, ggf. widersprechen, zumal es das Grundrecht auf freie Religionsausübung berührt. Kirchen, die diesem Verbot zustimmen und von Präsenzgottesdiensten abraten oder sie ablehnen, beschneiden ihren wichtigsten Auftrag, den Verkündigungsauftrag. Staat und Kirche sind zu unterscheiden, und die Kirche hat immer zu bedenken: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg. 5.29)

6.) Selbstverständlich sollten Christen mit Rücksicht auf die durch das Virus Gefährdeten in Solidarität und Nächstenliebe die erforderlichen Hygiene- und Sicherheitsregeln einhalten. Gottesdienste sind verantwortbar, bei denen sich die Anzahl der Gottesdienstbesucher nach der Größe des Kirchraums bemisst. Gegebenenfalls sollten mehrere Gottesdienste hintereinander gehalten werden.

7.) Ein katastrophales Zeichen und seelsorgerlich unverantwortbar ist es, Kirchen in Zeiten der Pandemie selbst für ein stilles Gebet geschlossen zu halten. Gerade aus der Gebetsstille im Gotteshaus wächst Stärkung und Kraft. Geöffnete Kirchen sind ein wichtiger Teil der Seelsorge für den Einzelnen.

8.) Gottesdienste im Internet und Fernsehen sind zwar ein gutes Angebot für Menschen, die verhindert sind, am Gemeindegottesdienst teilzunehmen, aber kein Ersatz für den Gottesdienst in und mit der Gemeinde und schon gar kein Grund, Gottesdienste ausfallen zu lassen.

9.) Zum Wesen des Gottesdienstes gehört auch das heilige Abendmahl. Aus Hygienegründen und Angst vor Ansteckung lassen Kirchen das heilige Abendmahl während der Pandemie ausfallen. Dies widerspricht dem Gottesdienstverständnis von Einheit in Wort und Sakrament und dem Gebot Jesu „Tut das zu meinem Gedächtnis!“ Dabei ist Jesus Christus als der Einladende dort real gegenwärtig, schenkt Gemeinschaft, Vergebung und Zuspruch des ewigen Lebens. Christen, die mit dem Altarsakrament leben, fühlen sich in ihrer geistlichen Not allein gelassen. Eine Reihe von Gemeinden praktizieren die Feier des heiligen Abendmahles unter Beachtung aller gebotenen Regeln unabhängig von Empfehlungen seitens der Kirchenleitung. Wir erwarten, dass die Kirchenleitungen diese Praxis akzeptieren und fördern.

10.) Ein digitales Abendmahl ist abzulehnen, weil es nicht der Stiftung Jesu Christi entsprechen kann und im Widerspruch zum Selbstverständnis des Sakramentes steht. Gerade die leibliche Dimension des heiligen Abendmahles ist von großer Wichtigkeit! Die versammelte Gemeinde darf nicht fehlen. Die Elemente Brot und Wein können nicht digital empfangen werden.

11.) Pandemiezeiten sind geprägt und bestimmt von Ängsten vor Krankheit, Isolation, Sterben und Tod. Die Kirchen dürfen in ihrem Reden und Handeln kein Angstverstärker sein. Im Gegenteil! Das Wort Jesu und der biblische Zuspruch „Fürchtet euch nicht!“ gilt in Zeiten der Angst und weist auf Christus, der alle Ängste mit seinem Leiden, Sterben und Auferstehen grundlegend überwunden hat. Wer auf Gott vertraut, hat Zuversicht und Hoffnung über Sterben und Tod hinaus.

12.) Pandemiezeiten sind besondere Zeiten des Gebets. Mit unseren Sorgen und Nöten wenden wir uns an Gott. Bittgottesdienste um das Ende der Katastrophe und Pandemie sind eine geistliche Hilfe. (siehe Ev. Gottesdienstbuch S. 466f.) Die Kirche darf sich nicht schämen, auch öffentlich davon zu reden, dass Gott Gebete erhört.

13.) Der Aufruf zur Solidarität ist in der christlichen Verkündigung wichtig. Noch wichtiger ist die Verkündigung von der Überwindung des Todes, die Verkündigung des ewigen Lebens, die Botschaft, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern Christus mit seinem Leiden und Sterben das Leben in der Vollendung und Gemeinschaft mit Gott erschlossen hat. Hier liegen Trost und Hoffnung, die die Kirche unüberhörbar sagen muss. Auch wenn die irdische Gesundheit ein Geschenk Gottes ist, so hat die Kirche gerade in Krisenzeiten zu verkündigen, wie der Mensch das ewige Heil und das ewige Leben erlangt.

14.) Gott, dem Herrn über Leben und Tod, gebührt Dank für alle Hilfe durch die Möglichkeiten von Medizin und Wissenschaft sowie durch Menschen, die anderen mit ihrem tatkräftigen Engagement dienen.

15.) Von den Verantwortlichen in den Kirchenleitungen erwarten wir, dass in Zukunft der kirchliche Auftrag in Verkündigung und Seelsorge nicht eingeschränkt wird und Konzepte entwickelt werden, die die Verkündigung und die Feier des heiligen Abendmahles sicherstellen.

17.) Ebenso dürfen in Zukunft Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern nicht mehr vollständig isoliert werden. Gerade ihnen gebührt besondere Zuwendung und Seelsorge.

Für die Konferenz Bekennender Gemeinschaften

Pastor Ulrich Rüß, Vorsitzender

Hamburg, im August 2021

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 23. August 2021 um 20:49 und abgelegt unter Corona, Gemeinde, Kirche, Medizinische Ethik.