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Predigt über Jona 1,1-2,11

Liebe Gemeinde!

Wir befinden uns im 8. vorchristlichen Jahrhundert. Die Hauptperson ist wohl jener Jona Ben Amittai, der nach 2 Kön 14,25 die Wiederherstellung der alten israelitischen Nordgrenze durch König Jerobeam II. (781–742 v. Chr.) vorhergesagt hatte. Dieser Jona wurde nun von Gott als Prophet nach Ninive gesandt, um gegen diese Stadt zu predigen. Ninive war die Hauptstadt des assyrischen Weltreiches, gelegen in Mesopotamien, dem Zweistromland von Euphrat und Tigris, also im heutigen Irak.

Auch die Propheten Zefanja (2,13-15) und Nahum hatten den Auftrag bekommen, das göttliche Gericht über Assyrien und die Zerstörung der Hauptstadt zu verkündigen. In Nahum 3 folgt eine ganze Reihe von Gerichtsworten gegen Ninive, weil sie ihren Reichtum durch Krieg und Raub erworben haben und auch eine Stadt voller Bluttaten war, also viel Töten und Morden.

Assyrien hat dann später im Jahr 722 v. Chr. auch das Nordreich Israel erobert und vernichtet. Für Israel ist diese Großmacht die gottfeindliche Macht schlechthin, deren Bosheit vor Gott gekommen ist (Jon 1,1), deren Bewohner Gewalt an den Händen haben (Jona 3,8). Die Assyrer verehrten als ihren Staats- und Kriegsgott den Assur. Ein weiterer wichtiger Gott war Ischtar, in Ninive hatte man ihm zu Ehren einen großen Tempel errichtet. Weiter gab es einen Zaubergott, einen Wettergott und andere mehr. Nur einen Fußballgott hatten sie noch nicht.

Mitten in diese Situation hinein geschah dann also die Beauftragung Gottes an den Israeliten Jona. Er sollte Gottes Wort im Feindesland ausrichten. Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amittais: Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.

In vier Abschnitten betrachten wir das heutige Predigtwort aus Jona 1 und 2:

    1. Die Bosheit der Leute und Jonas Flucht
    2. Gottes zweifaches Eingreifen
    3. Einstimmung in Gottes Wille
    4. Das Zeichen des Jona

1. Die Bosheit der Leute und Jonas Flucht

Wir lesen die Bibel ja nicht nur historisch, sondern wir hören Gottes Wort ja immer auch in unsere Situation hinein. Gottes Wort für uns heute auszulegen, das ist prophetisches Reden. Nun ist die Situation von Ninive vor 2.800 Jahren nicht mit Deutschland und Europa unmittelbar vergleichbar. Zu viel ist seither geschehen: Wir leben nach der Zeitenwende des Kommens Jesu. Wir tragen die Bezeichnung christliches Abendland, auch wenn der Lack schon lange ab ist und vieles rostet. Wir haben die großartige, von Gott geschenkte Reformation im Rücken, die uns ausrichtet auf das vierfache Bekenntnis: solus Christus, sola gratia, sola scriptura, sola fide; allein Christus, allein aus Gnade, allein die Schrift, allein durch Glaube.

Und doch gibt es auch bei uns Vielgötterei, Gewalt und Bluttat, Raub. Ich will das gar nicht groß ausführen, nur kurze Hinweise: Leben wir mit unserer Staatsverschuldung prinzipiell und den Milliarden für die Pandemie, mit der drohenden Schuldenhaftung Deutschlands für ganz Europa, sowie dem maroden Rentensystem, bei dem die künftige Generation ins finanzielle Elend geschickt wird, leben wir damit nicht heute auf Kosten von morgen? Berauben wir dadurch nicht die junge Generation ihrer Zukunft? Stichwort Gewalt: Viele Morde, Anschläge und Straßenschlachten geschehen, nicht zuletzt, weil viele Menschen keinen Respekt mehr gegenüber der Staatsgewalt und Polizei haben. Und die Polizisten an der Front von der Politik im Stich gelassen werden, den Kopf hinhalten und sich hinterher auch noch anschuldigen lassen müssen. Stichwort Bluttat:

Allein in Deutschland werden jedes Jahr über 100.000 Kinder bestialisch aus dem Mutterleib gerissen. Stichwort Vielgötterei: Da errichtet der Staat in Berlin für über 43 Millionen Euro ein sogenanntes „House of One“ und tut so, als ob Christen und Muslime denselben Gott anbeten. Man wirbt für religiöse Toleranz, betreibt aber Religionsvermischung und Einheitsbrei. Und mitbeteiligt ist, es verwundert nicht mehr, die Evangelische Kirche.

Wo sind die von Gott beauftragten Leute, die unter uns gegen all diese Bosheiten predigen? Laufen sie gerade alle davon wie Jona? Oder gehen sie in Deckung, weil sie selbst auf Gottes Wort nicht hören wollen und auch nichts mehr zu sagen haben? Ist ihr Mund verschlossen worden? Jona versuchte sich damals durch Flucht dem Auftrag Gottes zu entziehen. Menschlich verständlich, wer will schon in der Höhle des Löwen die Bußpredigt halten und zur Umkehr rufen?

Wo sind wir auf der Flucht vor unserem Auftrag? Martin Luther ist nicht geflohen, in seiner ersten der 95 Thesen schreibt er: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht `Tut Buße` usw. (Mt 4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“ Und auch auf dem Reichstag zu Worms 1521, in der Höhle der Löwen von Staat und Kirche, Martin Luther ist nicht geflohen, sondern hat mutig Stand gehalten durch und mit Gottes Wort. Wie halten wir es mit unserem Auftrag durch Jesus (Mt 28,20): Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.

2. Gottes zweifaches Eingreifen

Wir lernen hier, man kann sich nicht aus dem Blickfeld Gottes schleichen. Das ist schon Adam und Eva nach dem Sündenfall nicht gelungen, als sie versucht hatten, sich vor Gott zu verstecken. Und wir lernen, es ist unklug, sich dem Auftrag Gottes entziehen zu wollen und zu flüchten. Jona kam zwar auf ein Schiff, um sich in die entgegengesetzte Richtung von Ninive abzusetzen. Aber dann heißt es: Da ließ der HERR einen großen Wind aufs Meer kommen, und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen. Die Seeleute schrien jeweils bei ihren Göttern um Hilfe. Wie aber sollen Götzen helfen können? Dann warfen sie das Los, es traf Jona, er war also der Schuldige. Nun fürchteten sich alle noch viel mehr, denn Jona hatte ihnen erzählt, dass er vor dem HERRN floh. Jona forderte sie auf, ihn über Bord zu werfen, damit Wind und Meer wieder still werden. Voller Angst, Blutschuld auf sich zu laden, zögerten die Seeleute, taten es dann aber doch. Jona über Bord. Und alles wurde ruhig.

Beim Schreiben der Predigt habe ich mich gefragt, was wäre passiert, wenn Jona und die Seeleute damals gesagt hätten, das mit dem Wind und dem wütenden Meer, das hat alles mit Gott nichts zu tun? Sind wir inzwischen so abgestumpft, dass wir in den Ereignissen dieser Welt, und sei es im Wetter, beim Brand von Notre Dame in Paris oder in einer Pandemie Gottes Eingreifen nicht mehr wahrhaben wollen oder können? Oder sind wir so in einem rationalen Denken gefangen, dass wir nur noch für wahr erachten können, was wir Menschen uns mit unserem eingeschränkten Verstand erklären können?

Es sei wie es sei, Gott handelt trotzdem! Nicht nur durch Wind, sondern auch durch einen Fisch. Wie oft wurde diese Geschichte im Kindergottesdienst erzählt und gespielt, in Kindermusicals gesungen und aufgeführt. Und was für Kinder eine schöne und anschauliche Rettung ist, ein Wunder Gottes, das ist für viele Erwachsene, … na ja, Ihr wisst schon, was ich jetzt sagen will. Deshalb sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.

Es geht für uns Menschen immer wieder darum, das ganze Vertrauen auf Gott zu werfen, ihm alles zuzutrauen, auch gegen allen Augenschein dieser Welt. Dabei halte ich Gottes zweifaches Eingreifen durch Wind und Fisch noch nicht mal für besonders erstaunlich. Denn im Schöpfungsbericht lesen wir ja, dass Gott selbst die Naturgewalten und die Lebewesen geschaffen hat. Wie sollte es ihm dann schwer sein, diese für seine Pläne auch zu gebrauchen?

3. Einstimmung in Gottes Wille

Jona blieb drei Tage und drei Nächte im Bauch dieses Fisches. Hier ist nun seine dunkelste Stunde. Zuvor musste er dreimal hinabsteigen. Dreimal kommt das hebräische Wort „yrd“ vor, es heißt hinabsteigen. Jona stieg hinab nach Jafo, um dort am Hafen in ein Schiff hinabzusteigen. Und später im Schiff stieg er weiter hinab in den Rumpf des Schiffes. Und im Bauch des Fisches dann sein Tiefpunkt. Aus dem Rachen des Todes schrie er zu Gott. Jona war voller Angst. In diesem Moment wurde nun Jona das Gericht Gottes bewusst. Er erkannte Gottes Handeln von Anfang an: Du warfst mich in die Tiefe des Meeres! Es waren nicht die Seeleute. Mitten im Gerichtshandeln Gottes, am tiefsten Punkt, erkennt Jona dann aber auch, dass der richtende Gott zugleich der gnädige Gott ist. Jona bekennt: Du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, HERR, mein Gott!

Aufgepasst: Das alles betet und bekennt Jona als er noch im dunklen Buch des Fisches gefangen ist. Die Befreiung aus dem Verderben besteht also nicht in der Befreiung Jonas aus dem Bauch des Fisches, sondern die Befreiung aus dem Verderben besteht darin, dass Gott Jona wieder zu sich gerufen hat. So ausgerichtet auf den lebendigen Gott kommt das Gebet von Jona in den heiligen Tempel des HERRN. Hier im Tempel ist im allerheiligsten Bereich die Bundeslade und die irdische Gegenwart Gottes. Einmal im Jahr am Großen Versöhnungstag ging der Hohepriester ins Allerheiligste und sprengte das Blut des Sühnopfers auf die Bundeslade. Im Vertrauen darauf richtete Jona sein Gebet zu Gott, dass ihm sein Misstrauen gegen Gottes Wort, seine Flucht, sein Versagen gesühnt und vergeben würden. Die sich halten an das Nichtige, verlassen die Gnade! Wer sein Leben auf materielle Güter baut oder nichtigen Götzen folgt, der verlässt die Gnade Gottes. Das ist auch eine ernsthafte Frage an jeden von uns und ebenso an unsere Kirche. Jona hat sich bekehrt und baut nun ganz auf die Gnade Gottes. Jetzt kann er einstimmen in den Willen Gottes und beten: Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen dem HERRN, der mir geholfen hat. Und der HERR sprach zu dem Fisch und der spie Jona aus ans Land!

4. Das Zeichen des Jona

Die Erlebnisse von Jona haben auch Eingang gefunden ins Neue Testament. Jesus selbst nimmt sie auf und spricht von dem „Zeichen des Propheten Jona“. Hören wir hinein in Matthäus 12,39ff: „Da antworteten ihm einige von den Schriftgelehrten und Pharisäern und sprachen: Meister, wir wollen ein Zeichen von dir sehen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht fordert ein Zeichen, und es wird ihm kein Zeichen gegeben werden außer dem Zeichen des Propheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein. Die Leute von Ninive werden auftreten beim Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr als Jona.

Hier ist mehr als Jona! Was bedeutet „mehr“? Die drei Tage und Nächte im Bauch des Fisches nimmt Jesus her, um den Menschen prophetisch zu sagen, dass der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Bauch der Erde sein wird. So wie Jona dreimal hinabsteigen musste, so musste Jesus hinabsteigen, aus dem Himmel auf die Erde, aus dem Leben in den Tod am Kreuz, ja er musste sogar noch hinabsteigen in das Reich des Todes. Hier ist wahrlich mehr als Jona. Denn unser Herr und Heiland hat dies alles auf sich genommen, ohne Flucht, ohne Versagen, ohne Sünde. Unser Herr und Heiland ist freiwillig in den Tod am Kreuz gegangen im vollkommenen Gehorsam auf seinen himmlischen Vater. Unser Herr und Heiland war nicht nur im dunklen Bauch eines Fisches, sondern er hat die tiefste Gottverlassenheit erlitten, als er schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46)

Hier ist wahrlich mehr als Jona. Hier wurde nicht ein Mensch zur Buße und Umkehr geleitet,

sondern hier hat der Sohn Gottes unser aller Schuld und Versagen auf sich genommen, voller Schmerzen ans Kreuz getragen und mit hineingenommen in den Tod. Sein Opfertod ist geschehen zu unserem Heil, damit wir durch ihn und mit ihm und in ihm Eingang finden in die himmlische Herrlichkeit Gottes. Und das ist wahrlich das viel größere Wunder als einen Wind zum Gericht aufkommen zu lassen oder einen Fisch zur Rettung zu schicken. Kreuz und Auferstehung Jesu sind der Wendepunkt in der Heilsgeschichte Gottes mit uns Menschen. Deshalb sagte Jesus in seiner Todesstunde als letztes: „Es ist vollbracht.“ (Joh 19,30)

Seither hat auch der Tempel mit seinem Allerheiligsten als Gegenwartsort Gottes auf Erden ausgedient. Der Vorhang im Tempel ist zerrissen, es gibt jetzt freien Zugang zu Gott durch Jesus Christus. Und zwar allein durch Jesus Christus. Allein aus Gnade. Allein durch Glaube. Deshalb, liebe Brüder und Schwestern, sollen wir von Gott keine Zeichen fordern, sondern vielmehr von Herzen ihm und seinem Wort vertrauen, rein und uneingeschränkt und voller Freude wie die Kinder. Und beherzigen wir den Missionsauftrag, den Jesus uns allen gegeben hat, damit noch viele Menschen gerettet werden aus dem Tod ins Leben, aus der Verlorenheit ins Heil.

Und beherzigen wir auch täglich von neuem die erste These der Reformation: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht `Tut Buße` usw. (Mt 4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“ Denn so ermahnte Jesus damals seine Hörer: Die Leute von Ninive werden auftreten beim Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und wir? Wir haben doch viel mehr als Jona!