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Safties, seid fair!

Als reisender Evangelist ist man vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Ich meine nicht bekehrungsscheue Pastoren, durchgelegene Folterbetten und Veranstalter, die einem kein Abendbrot geben usw. Das sind ja chronische Erscheinungen, die man ertragen oder durch Berufswechsel umgehen muss. Was ich meine, sind epidemieartig grassierende Gefahren, die sich wellenartig ausbreiten und sämtliche theologische Strömungen überschwemmen. Beispiel: die Saftschwemme. Wo man auch zum Abendmahl zusammenkommt, kommt statt Wein Saft auf den Tisch.

Ich bin nicht prinzipiell gegen den Saft, aber gegen das „statt“. Die ersatzlose Streichung des Weines führt zur Diktatur der Safties. Dem ist zu widersprechen, nicht nur so soft-bescheiden, sondern saftig-entschieden. Klar – Alkoholiker dürfen nicht zum Weintrinken gezwungen werden. Weintrinker aber auch nicht zum Safttrinken! Ich jedenfalls bestehe auf Wein. Es gibt gute historische, theologische und sprachliche Gründe, dass Wein biblisch ist (z. B. ist „Gewächs des Weinstocks“ Fachausdruck für Wein und nicht Oberbegriff für alles mögliche Unvergorene). Ich erwarte nicht, dass jeder meine Gründe anerkennt. Aber ich erwarte, dass die Saftmenschen anerkennen: Es gibt Leute, für die Saft eine Gewissensbelastung ist. Bisher wurden die Safttrinker unterdrückt. Jetzt werden die Weintrinker unterdrückt. Ich protestiere gegen die Alleinherrschaft der Saftpartei. Ich plädiere für zwei Kelche bzw. alkoholfreien Wein. Safties, seid fair!

Pfr. Dr. Theo Lehmann, Radebeul