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Predigt über Sach 9,9: Achtung! Adventsstolpersteine

Der Advent ist ja nicht nur eine Zeit, in der wir uns auf Weihnachten, das Ankommen Jesu vorbereiten, es ist auch eine gefährliche Zeit, da kann man auch heftig stolpern. Heute wollen wir von einigen Stolpersteinen im Advent hören. Wir lesen in Sacharia 9,9: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“

„Siehe,“ so fängt unser Bibelwort an. Siehe, d. h. jetzt pass auf, jetzt wird es ernst. Wenn wir den Anfang dieses neunten Kapitel im Sacharja lesen, dann hören wir: „So spricht der Herr, Herr!“ Der Herr, am Anfang aller Dinge sagte, es werde Licht, derselbe Herr, sagt uns heute morgen: Jetzt pass mal auf! Jetzt sieh zu! Jetzt kommt was wichtiges: „Dein König kommt zu Dir.“ Wo steigen denn eigentlich die Großkopfigen sonst ab. Jeder weiß, was ein Großkopfiger ist. Das ist nicht unbedingt ein Kahlköpfiger, auch nicht irgend ein Dickköpfiger, oder ein Schmalköpfiger, sondern ein Großkopfiger ist einer, der einen großen Namen hat. Der berühmt ist in dieser Welt, ein gekröntes Haupt. Und diese V.I.P. So heißt man sie, diese very important persons, diese sehr wichtigen Personen, die treten immer im ganzen Pulk von body guards, von Leibwächtern auf, von Adjudanten und von Fotographen … Wo sie hinkommen ist immer ein großer Bahnhof. Da wird ein roter Teppich ausgerollt, und da ist ein mordsmäßiges Dschingdarassabum.

Ich denke noch zurück, als die Queen von England nach Stuttgart kam. Da waren wir schon mit unserer Mutter Stunden bevor sie kommen sollte zur Heilbronner Straße gegangen, um die zu sehen. Dann nach ca. 1-2 Stunden des Wartens kamen 8 weiße Mäuse, das sind blaulichtfunkende Polizeimotorräder, ein furchtbar langer Konvoi, dann kam die Königin in einem Pullmann Daimler, und winkte so im Vorbeifahren allen zu. Das war ein Erlebnis, das weiß ich heute noch ganz genau. Die ist dann in einem Nobelhotel in Stuttgart ausgestiegen.

Aber heute kommt nicht nur ein Kanzler, oder gar ein Präsident, sondern heute kommt die Nr. 1. Der Kanzler aller Kanzler, der Präsident aller Präsidenten, der König aller Könige. Ihm kann keiner das Wasser reichen. Er ist einfach die Spitze aller, nämlich Jesus Christus. Er ist der Allergrößte, wie wird der denn empfangen, wo wird denn der absteigen, wo wird er denn Quartier nehmen? Wird er im Parkhotel oder im Atlantis-Hotel einkehren? Nun, er sucht eine andere Adresse. Er mag nicht diesen super Komfort, diesen englischen Stil und diese Gala Diners. Er mag Privatquartier, unser Gott mag Privatquartier. Er kommt zu dir.

„Siehe, dein König kommt zu dir! steht hier. Da ist ein viel größer König gemeint. Der Sohn Gottes, der aus der ewigen Welt kommt, der ist gemeint. „Siehe,“ steht davor, da sagt der lebendige Gott: „Pass doch auf,“ dass der König vorüber geht und du verpasst es vielleicht! Ich könnte mir denken, dass hier einige sitzen, die schon in der ganzen Adventszeit noch gar nicht gemerkt haben: Siehe, dein König kommt zu dir. Weil sie abgelenkt sind, von irgend etwas Unwichtigem. Und manche sind besonders im Advent von vielem abgelenkt. Viele haben es noch nicht richtig begriffen: „Siehe, dein König kommt zu Dir!“ Manch einer weiß, dass der König kommt, aber er hat ihn verfehlt. Du kannst es hören und du hast es nie richtig begriffen: „Dein König kommt zu Dir!“ Darum sagt Gott vorher: „Siehe! Aufgepasst! Ich möchte sie heute auf 2 Merkwürdigkeiten und auf 2 Stolpersteine aufmerksam machen.

1. Adventsmerkwürdigkeiten

Er kommt zu uns.

Das erste Merkwürdige, dass Gott in Jesus zu uns kommt. Liebe Gemeinde, ich habe mal ein Bild gesehen, wie der Papst so eine Delegation von Kindern aus aller Welt empfangen hat. Das war ein großartiges Bild. Der Papst hat einen wundervollen riesigen Thronsessel, ist angetan mit goldgestickten wunderbaren Gewändern und nun darf ein Kind nach dem andern zu ihm kommen, und er gibt ihm die Hand. Und seine ganze Umgebung, die ganzen Honoratioren, grinsen so wohlwollend. Das kann man sich so vorstellen, eine Menge Kinder und eine große Menge honoriger Männer mit so einem freundlichen Grinsen. Alles grinst wohlwollend über solche Herablassung.

Da dachte ich, mein König, der hat einen viel besseren Thron gehabt, als er von Ewigkeit her beim Vater war. Und er war von viel größerer Herrlichkeit umgeben, als wir es uns vorstellen können. Und der ist nun aufgestanden und hat seine Kleider abgeworfen und seine Herrlichkeit. Die Bibel sagt: „Er entäußerte sich und nahm Knechtsgestalt an.“ Und kam in diese Menschenwelt herein und ward ein Mensch, gleich wie anderer Mensch und ging hin und her. Zu den Aussätzigen und zu denen, die vom Teufel besessen waren. Ach und zu den Kindern und zu den Zöllnern und Huren und zu uns. Das ist eine Herablassung! Da vergeht einem das wohlwollende Lächeln und Gegrinse, da verschlägt es einem den Atem und wirft uns in den Staub. Dass dieser Gott die Herrlichkeit verlässt und in Jesus zu uns kommt.

Warum tun er das, warum kommt Jesus zu uns? In einem Wort gesagt: weil er weiß, dass wir ohne ihn kein Leben haben. Wir können vegetieren, und existieren, aber keiner hat das Leben in sich. Der große Philosoph Hamann (1730-1788) hat einmal gesagt: „Der Mensch kann eher ohne Kopf und ohne Hände leben, als ohne seinen Heiland!“ Weil es so steht, darum kam er zu uns. „Sieh dein König kommt zu Dir!“

Immer wieder habe ich das zu hören bekommen: Nicht wahr, im Grunde ist es doch gleichgültig, ob ich Muslim oder ob ich Hindu bin, oder ob ich Christ bin, das ist doch im Grunde gleichgültig, die glauben doch sowieso alle an den gleichen Gott!“ Dann kann ich nur lachen und sagen: O nein, nein, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht! In allen Religionen der Welt kriegt der Mensch gesagt: „Geh hin und such deinen Gott.“ Da werden ihm steile Treppen gezeigt, Stufe um Stufe musst du erklimmen, ob du es erreichst ist ungewiss. Luther war ja auch mal in Rom und hat für seinen Großvater eine Ablass erworben und ist dann die Pilatustreppe auf den Knien hinaufgerutscht. Als er oben ankam und zurückschaute, soll er gesagt haben: Wenn das jetzt doch nicht stimmt!

Und im Evangelium Gottes wird uns verkündigt: ER kommt zu Dir! Er eilt herab aus der ewigen Welt und kommst zu Dir! Das ist eine wundervolle Botschaft. Dein König kommt zu dir! Siehe, siehe, aufgepasst, dein König kommt zu dir! Ich möchte hier das Wörtlein Dir unterstreichen. Da müsste ich jeden jetzt hier mit Namen nennen. Er kommt zu Dir! Vielleicht träumst Du auch manchmal so vor Dich hin, wenn einem dann einer auf die Schulter tippt, dann wacht man auf. Ich wollte jetzt so durch die Reihen gehen und Dir auf die Schulter tippen und sagen: Merk doch, dein König kommt zu dir! Das ist atemberaubend! Egal, ob du gläubig oder ungläubig bist, gottlos oder in Sünden lebst, Gott tippt Dir auf die Schulter und sagte: Jetzt kommt dein König zu Dir!
Wir können das gar nicht persönlich genug nehmen.

Es gibt ja moderne Theologen, die würden jetzt sagen: Lieber Freund, das kannst du doch nicht so persönlich nehmen. Das ist doch ein Wort, das in einer ganz bestimmten Situation, einer ganz bestimmten Lage vor vielen 1000 Jahren gesagt wurde, und zwar zum Volk Israel, da kannst du doch nicht auf einmal im Jahr 2020 sagen: Mir, mir gilt das! Da kann ich nur antworten: Ich werden nie aufhören zu glauben, dass es dem heiligen großen Gott gefällt, durch dieses Wort der Bibel mit mir persönlich zu reden. Und wir dürfen getrost die Bibel, das Wort Gottes, so nehmen, dass wenn ihr es aufschlagt, er mit euch spricht. Das ist allerdings dann zum Staunen, zum Verwundern. Es ist zum Entsetzen das Gott uns nicht in Ruhe lässt, dass er uns aufrüttelt: „Siehe, zu dir, mein Lieber, kommt jetzt Jesus, dein König, dein Heiland, dein Erlöser, dein Erretter, dein Seligmacher. Und jetzt die 2. Adventsmerkwürdigkeit:

Wie kommt er zu uns?

Es heißt: Sieh, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel. Liebe Gemeinde, das ist so merkwürdig, da sind eine Menge Eigenschaften von dem Sohne Gottes, die gar nicht zusammenpassen wollen. Ein König und arm, und reitet auf einem Esel. Wie reimt sich das zusammen? Entweder ist man ein König, dann ist man nicht arm, dann hat man eine Portokasse und kann austeilen. Oder man ist ein armer Bettler, dann kann ich nicht gut König sein. Wie reimt sich das? Oder ein Helfer, arm! Liebe Gemeinde, das Sozialamt in unserer Stadt, geht zu den armen Leuten hin und hilft ihnen. Aber kann doch ein armer Schlucker, der selber nichts hat, mir helfen? Ein Helfer und arm, das passt nicht zusammen! Und sehen Sie, das aller Merkwürdigste ist, was hier noch zusammengestellt ist: ein Gerechter, also ein Richter, der dem Rechte zum Siege verhelfen will. Und ein Helfer. Wie reimt sich das zusammen? Entweder ist er Richter, dem das Recht über alles geht, oder ein Helfer dem die Barmherzigkeit über alles geht. Das sind so gegensätzliche Behauptungen hier über Jesus, die gar nicht zusammenpassen wollen.

Es ist so merkwürdig, was hier über unsern Heiland gesagt wird. Wir wollen versuchen es zu verstehen. Ein Darmstädter Philosoph des letzten Jahrhunderts sagte: „Die Begriffe Gerechtigkeit und Wahrheit müssten aus dem deutschen Sprachgebrauch entfernt werden!“ Warum? Sie lassen sich nicht mehr inhaltlich füllen. Wie notvoll ist es und wie lange braucht es manchmal, bis ein Urteil bei Gericht gesprochen wird, das kann ja manchmal Jahre dauern. Das ist das Ärgste am Verbrechen, dass es Menschen zwingt über Menschen zu urteilen. Das ist die Not aller Justiz. Und nun kommt dein König von Gott legitimiert, gezeichnet als der Gerechte, der Richter und der kann über Menschen urteilen und der darf über Menschen urteilen und er tut es. Liebe Gemeinde, das ganze Neue Testament ist voll mit Geschichten, wo Leute in die Nähe Jesu kommen und auf einmal entlarvt, überführt und in den Staub geworfen werden, dass sie sagen müssen: Ich habe gesündigt! Ich greife einige Begebenheiten heraus:

Wir kennen die Geschichte von dem reichen Jüngling, der mit geschwollener Brust vor den Herrn hintritt und sagt: Ich habe alle Gebote Gottes gehalten von Jugend an. Fehlt mir noch was? Da macht ihm mit einem Wort Jesus klar: Nicht mal das 1. Gebot hast du gehalten: Ich bin der Herr, dein Gott, denn das Geld ist Dir lieber als dein Gott. Wie viele solcher Leute sitzen hier, denen ihr Geld wichtiger, lieber ist als Gott. Du bist schuldig schon am 1. Gebot Gottes.

Ich denke an die große Sünderin die ein paar mal den Heiland gehört hat und in seinem Licht geht ihr auf: Mein ganzes Leben getändelt und gespielt und geflörtet, gehurt, mein Leben ist in Gottes Augen eine große Schande! Entlarvt, überführt. Wie viel solcher Leute sitzen wohl dieser ehrbaren Versammlung voll mit Unreinigkeit, im Herzen Ehebruch, Hurerei. Es ist schon so eine Sache in Jesu Nähe zu kommen. Der ist der Gerechte, der als Richter uns überführt und alles aufdeckt.

Da war die Gemeinde in Laodizea, da sagt der Herr nach seiner Himmelfahrt zu diesen Christen: Du sprichst, ich bin reich und habe gar satt und weißt nicht, dass du bist elend, jämmerlich, arm, blind und bloß! Wie viele sitzen wohl hier, die im Lichte Gottes erkennen würden: Ich bin elend und jämmerlich, arm, blind und bloß. Mein ganzer Christenstand ist eine erbärmliche Angelegenheit. Jesus ein Gerechter, der ohne Ansehen der Person aufdeckt.

Das hat ein Apostel Paulus erfahren müssen, als er in das Licht Jesu kam. Sein ganzes Leben war verkehrt. Der Herr hat ihn und uns aufdeckt, entlarvt, überführt verurteilt. Ich frage Dich, ob Du dich diesem Gerichte Jesu stellen willst, oder so weitermachen willst wie bisher. Wer nicht will, braucht auch nicht. Ich würde sagen, stellen wir uns lieber hier, ehe Jesus im Gericht uns die Maske herunternimmt! Werden wir einmal still, und dann kommen wir in sein Licht und lassen uns richten. Hier haben wir nämlich einen Helfer. Und sie werden fragen, wer ist denn dieser Helfer? Das ist das Merkwürdige, das Fantastische und zugleich das Unglaubliche, dass der Richter Jesus zugleich der Helfer ist. Ein Gerechter und ein Helfer.

Hier steht ganz deutlich, dass der Herr Jesus ein Helfer sein will, nicht nur in kleinen Dingen, da ist er es auch, in den kleinen Nöten meines Lebens und in großen, aber er will vornehmlich und vor allem bei denen ein Helfer sein, die in seinem Licht überführt sind von ihrer Sünde, die in ihren eigenen Augen Sünder geworden. Jesus will Helfer sein bei denen, die sich fürchten gelernt haben vor dem Zorn Gottes. Die sagen: ich möchte nicht in die Hölle kommen. Wie soll ich das tun, ich bin auf dem besten Wege dahin. Dem erwachten Gewissen will Jesus Helfer sein. Nur bei einem erweckten Gewissen, nur da allein ist er ein wirklicher Helfer. Jetzt bitte ich Sie gehen mit mir hinaus nach Golgatha, sehen wir das Kreuz da, wo er angenagelt ist, uns sehen sie den Mann mit der Dornenkrone so lange an, bis Ihnen aufgeht. Gott warf unser aller Sünde auf ihn! Was mich verdammt, das hat Gott auf ihn geworfen. Meines Strafe liegt auf ihm, auf das ich Frieden hätte.

Jetzt verstehen wir auf einmal, warum dieser König arm ist. So arm wurde er, dass sie ihm die Kleider genommen haben, ihn nackt ans Kreuz gehängt haben. Er ist arm um unsertwillen geworden, dass wir durch seine Armut reich würden. Alle Schätze der Welt sind gering gegen den Anblick dieses Heilands, der meine Schuld wegträgt, um mich mit Gott zu versöhnen. Alle Schätze der Welt, von denen sie nichts mitnehmen können, sind gering gegenüber dem Anblick dessen, der Sünder erretten kann. Jetzt haben wir gesehen, dass dies ein anderer König ist, als wir es uns so vorstellen. Er ist so unscheinbar, dass wir ihn leicht übersehen. Er ist auch nicht so wie ein Vertreter: „Immer einen Fuß in der Tür!“

Da kommt es leicht vor:
Sieh, Dein König kommt zu Dir!
Doch Du lässt Ihn draußen vor der Tür!

2. Adventsstolpersteine

Habgier und Götzen (Mk. 5,1 – 20)

„Und es bat ihn die ganze Menge des umliegenden Landes der Gadarener, dass er von ihnen ginge; denn es war sie eine große Furcht angekommen. Und er trat in das Schiff und wandte wieder um.“ Ja, an dem Tage gab es wichtige Entscheidungen. Da hören wir zunächst von den Gadarenern. Die Hirten waren wohl inzwischen voller Entsetzen in das Städtchen geeilt und hatten die Kunde von dem Verlust der ganzen Herde dort mitgeteilt. Die ehrbaren Bürger der Stadt Gadara waren so entsetzt darüber, dass sie sich nun geschlossen aufmachten und Jesus baten, er möge doch ihr Land verlassen. Das war ein trüber Entschluss einer Bürgerschaft!

Wenn Jesus kommt, muss offenbar werden, was in uns steckt. In Gadara musste offenbar werden, dass den Leuten dort ihre Schweine viel wichtiger waren als der Herr Jesus. Ich sehe sie da sitzen. Sie hatten sich vielleicht so behaglich ausgerechnet, wie viel ihre Schweineherde wert sei, und dass sie nun einen großen Vorrat hätten, der sie glücklich und sorgenlos mache. Ihr armen Gadarener, mehr habt ihr nicht als eure Schweine? Wie schnell kann so ein Götze zerbrechen.

Sie baten ihn, dass er aus ihrer Gegend zöge. Ein erschütternder Anblick. Das war ja geradezu eine Gebetsversammlung in gewaltigem Ausmaß; aber eine Gebetsversammlung, die nicht um den Segen rang, sondern die sich in teuflischer Verblendung, in wahrer Besessenheit den Segen Gottes verbat. Das ist das Schrecklichste, wenn Menschen darüber eins werden, den Herrn Jesus zu bitten, er solle aus ihrer Gegend ziehen. Gott bewahre uns und unser Volk vor dieser schrecklichsten Sünde.

Was hindert die Bewohner, den Segen der Ankunft Jesu recht zu empfangen? Gerade war ja der Besessene von Jesus geheilt worden. Sie fürchten vor allen Dingen um ihr vergängliches Hab und Gut. Sie haben Sorge, dass noch mehr Verlust entstehen könnte bei einem längeren Verbleiben Jesu an ihrem Ort. Welch eine törichte Furcht! Jesu Nähe bringt doch unaussprechlichen Segen und Gewinn ein. Jesu Gegenwart gibt Ruhe und vertreibt die Furcht aus dem Herzen.

Es findet hier geradezu eine seltsame Umkehrung statt: Der unvernünftige Besessene wird der einzig vernünftige und kluge Mensch in jener Gegend; denn er bittet, dass er für immer in der Gemeinschaft mit Jesus bleiben dürfe (Vers 38). Die vorher vernünftigen Gadarener, die wahrscheinlich verächtlich auf den Besessenen geblickt haben, wie er nackt umherlief und bei den Gräbern hauste (Vers 27) – sie sind jetzt die wahrhaft Unvernünftigen. Indem sie Jesus bitten fortzugehen, lassen sie die höchste Weisheit und den größten Gewinn fahren.
Gott bewahre uns vor dem Adventsstolperstein der Habgier die Götzendienst ist.

Die Vielgeschäftigkeit (Lk. 10,38f)

„Martha aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen.“ Auch die Ankunft Jesu in Bethanien zeigt uns einen Adventsstolperstein. Welch wichtige Stunde hat für jenes Haus geschlagen! Da ist Martha. Sie steht innerlich anders als die Gadarener. Sie hängt nicht am Besitz. Sie stellt ihr Eigentum willig Jesus zur Verfügung. Und doch liegt auch bei ihr ein Hindernis für den rechten Adventssegen. Es heißt: Vielgeschäftigkeit.

Bethanien ist ja nur ein Steinwurf weit weg von Jerusalem. Und dort lebte sie also, diese Martha, zusammen mit der sensiblen Schwester Maria und diesem kränklichen Bruder Lazarus. Und in diesem dreiblättrigen Kleeblatt war eindeutig die Martha, die eigentliche Mitte. In diesem 3-Personenhaushalt ging es nach ihrem Kopf. Martha heißt nämlich zu Deutsch: Herrin. Sie war der Herr im Hause. Sie zeigte auch, wo es lang gehen soll. Wie würden sie heute eine emanzipierte Frau nennen, die engagiert, die Dinge in die Hand nahm. Martha eine Frau. Und gerade die Adventszeit ist stressgefüllte Advents-Stolperstein-Zeit.

Diese Martha war ja nicht blind, sie hatte Augen im Kopf. Und Martha ging an die Tür als es klopfte und vielleicht hat sie gleich der Schreck gepackt. Da standen doch 13 ausgewachsene Männer und baten um Einlass. Jesus und seine Crew! Sie bat herein. Dann sah sie, diese Leute müssen zuerst die Füße waschen, und deshalb lief sie um Wasser zu holen. Und dann sah sie, dass diese Leute Hunger haben. Und deshalb lief sie in die Küche und dort ließ sie ihren ganzen Apparat der Gastlichkeit anspringen. Die Martha, die war voll im Stress. 13 Männer in einem Dreipersonenhaushalt. Wenn das kein Advents-Stress ist!

Vielleicht ist bei uns der Stressfaktor anders gelagert, zwischen Kassenschlangen und Küchenstress, Putzprogramm und Päckchen packen und viel zu viele Weihnachtsfeiern. Da vergessen wir schnell das Eine das Not tut: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ Martha tut so vieles für Jesus, dass sie darüber das Eine, das Not ist, um gesegnet zu werden, versäumt. Ihr eigenes Tun und Machen steht noch so stark im Vordergrund, dass die Stille zu Jesu Füßen darüber vergessen wird. Wer Jesus recht aufnehmen will, der lerne von Maria, die sich zu des Meisters Füßen niederlässt, um zu hören, was er ihr sagen will! Das bringt wahren Adventssegen und bereitet uns vor für den großen Advent, dem wir entgegengehen.

Was sollen wir tun? Paul Gerhardt fragt. „Wie soll ich dich empfangen und wie begegne ich dir?“ Aber eigentlich brauchen wir danach gar nicht mehr zu fragen. Das ist ja jetzt klar. Dein König kommt zu dir! Da gibt es doch nur eins: Nimm Ihn auf! Die Bibel sagt: Wie viele ihn aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu heißen. Es ist doch klar: Lass dich von Jesus richten. Höre auf mit den Ausreden! Und wenn Du am Ende auch jämmerlich und arm, blind und bloß dastehst – lass es geschehen! Dann erfährst du Ihn als Helfer. Und du darfst Sein Kreuz, Sein Blut, Seine Versöhnung für dich in Anspruch nehmen.

Dass es uns doch allen ginge wie dem Erweckungsprediger in der Lüneburger Heide, Ludwig Harms. Der sagte vor Tausenden bei einem Missionsfest: „Ich glaube, ich würde in Verzweiflung fallen, wenn ich diesen Trost nicht hätte: Alle Sünden sind vergeben; . . . wie ein Fisch, der, aus dem Wasser genommen, stirbt, so kann ich Jesus nicht missen, nicht eine Viertelstunde. Ich würde sterben.“

Sieh, dein König kommt zu dir!
Seele, das sind frohe Worte.
Sprich: Mein König, komm zu mir!
Sieh, ich öffne dir die Pforte.
(Zeuch mit deiner Sanftmut ein.
Was du findest, das ist dein!)

Prädikant Thomas Karker, Bremen, Adventspredigt vom 13.12.2020