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Iran: Freiheit hinter Gittern

Im Jahr 2007 beschloss Masood, seinen Bruder Reza ein letztes Mal im Gefängnis zu besuchen, bevor dieser exekutiert werden sollte. Er dachte, es wäre gut, wenn jemand aus der Familie ihm noch ein wenig Trost spendete, bevor er für den Mord bestraft werden würde, den er begangen hatte. Und Masood fühlte sich als Einziger in der Lage dazu. Aber ganz zu seiner Überraschung strahlte Reza bei seinem Besuch tiefen Frieden aus. Er musste nicht getröstet werden. „Ich dachte, ich würde ihn aufgewühlt und verängstigt vorfinden, aber er war ganz und gar ruhig und grüßte mich mit einem Lächeln im Gesicht. Er war voller Hoffnung“, erinnert sich Masood. „In der kurzen Zeit, die ihm noch bis zu seinem Tod blieb, sagte er zu mir: Weißt du, wo dieser Friede und diese innere Kraft herkommen?“ Und Reza berichtete von Amir, einem Pastor, der ihm im Gefängnis von Jesus erzählt hatte …

Die Behörden im Iran nutzen ein weitverzweigtes Netz an Informanten, um in jeder Stadt Pastoren sowie Evangelisten zu überwachen. Das Land wird von einer islamischen Theokratie regiert, die es ihren Bürgern verbietet, den Islam zu verlassen. Menschen, die andere zum Glauben an Jesus Christus führen, werden deshalb als Verräter angesehen und landen oft unter falschen Anschuldigungen im Gefängnis. Ihnen werden Verbrechen wie „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ vorgeworfen. Ungeachtet dieser Konsequenzen, vor allem da er bereits hinter Gittern war, erzählte Amir Reza mutig von Jesus.

„Vor zwei Tagen habe ich ein neues Leben geschenkt bekommen. Nun habe ich keine Angst mehr vor dem Tod“, erklärte Reza seinem Bruder. „Ich weiß jetzt, dass Jesus Christus mich angenommen hat und dass ich bei ihm sein werde.“ Dann drängte er Masood, ebenfalls sein Vertrauen in Jesus zu setzen und Vergebung für seine Sünden zu suchen, damit auch er gerettet würde. „Er hätte gern noch mehr zu mir gesagt“, berichtet Masood. „Aber der Gefängniswärter unterbrach uns, weil unsere Zeit abgelaufen war. Sie packten meinen Bruder und brachten ihn zu seiner Hinrichtung. Aber ich konnte beobachten, dass er tiefen Frieden hatte und innerlich betete, während er fortgeführt wurde.“

Nach Rezas Tod folgte Masood seinem Beispiel und wurde ebenfalls Christ. Er las Artikel über den christlichen Glauben im Internet und schaute christliche Satellitenprogramme. „Davor war ich drogenabhängig und verkaufte sogar Rauschgift“, erzählt er. „Aber Jesus hat mich von all dem befreit.“ Und er beschloss, den Pastor ausfindig zu machen, der seinen Bruder zum Glauben geführt hatte. Doch er wusste nicht, ob dieser nicht inzwischen schon wieder aus dem Gefängnis entlassen worden war. In diesem Fall, so glaubte er, würde er ihn niemals finden. Jahrelang suchte er nach Amir ohne eine Spur von ihm. Als er schließlich 2019 die Türkei besuchte, traf er auf einige iranische Christen, die aus ihrer Heimat geflohen waren. Sie gaben ihm den Namen eines Pastors aus dem Iran, von dem sie dachten, dass er ihm helfen könnte.

„Sie haben gesagt, dass Sie mir am besten helfen können“, sagte Masood zu dem Pastor, „und haben mir deshalb Ihre Nummer gegeben.“ Der Pastor antwortete, dass er Amir zwar kenne, aber nicht in Kontakt mit ihm stünde. Doch er hatte die Geschichte von Rezas Bekehrung schon einmal gehört – von Amir, im Jahr 2014. Den Erzählungen des Pastors zufolge hatte Amir Reza als einen der ruhelosesten Insassen des Gefängnisses erlebt. Er war unkontrollierbar und hatte immer schlechte Laune. Niemand mochte ihn. Aber als er von Amir das Evangelium hörte, spürte er einen Geist der Liebe und des Friedens. Das überzeugte ihn. „Mein Freund, warum bist du hier?“, hatte Reza Amir gefragt. „Wie kommt es, dass ein so guter Mensch wie du hier im Gefängnis landet? Ich habe jemanden ermordet, ich verdiene es, hier zu sein – aber du?! Was hast du getan?“ “Ich bin wegen dir hier”, hatte Amir geantwortet. „Damit du die Gute Nachricht von Jesus hören und gerettet werden kannst!“ Von Emotionen überwältig ergriff Reza Amir und sagte: „Glaubst du wirklich, dass eine derart schlechte und böse Person wie ich Gott so wichtig ist …. dass er extra jemanden wie dich hierherschickt, um sich mir vorzustellen?!“ Amir erzählte ihm das Gleichnis von dem verlorenen Schaf und erklärte, wie sehr sich die Engel über nur ein verlorenes Schaf, das wiedergefunden wird, freuen. Und weil es in die Situation von Reza so gut passte, erzählte er ihm auch von dem Dieb, der neben Jesus gekreuzigt worden war und kurz vor seinem Tod sein Leben Jesus übergeben hatte. „Bitte bete für mich“, antwortete Reza unter Tränen, „und hilf mir, Erlösung zu finden – wie dieser Dieb.“ An diesem Tag übergab Reza sein Leben Jesus und begann ein neues Leben. Sein Verhalten, die Art wie er redete – selbst sein Aussehen veränderte sich. Zwei Tage später wurde er in ein anderes Gefängnis verlegt, in dem am darauffolgenden Tag die Todesstrafe an ihm vollstreckt wurde.

Dem Pastor zufolge war Reza dankbar, dass der Herr ihm Amir ins Gefängnis geschickt hatte, um einen unwürdigen Sünder wie ihn zu retten. Bevor er hingerichtet wurde, entschuldigte er sich bei seinen Mitgefangenen für sein Verhalten und erzählte ihnen allen davon, dass er nun zu Jesus gehörte.

Nachdem Masood die Bekehrungsgeschichte seines Bruders kannte, fing er an, sie an seine muslimischen Freunde im Iran weiterzugeben – zusammen mit seiner eigenen Geschichte. Einige von ihnen kamen ebenfalls zum Glauben. Amir wird es vielleicht nie erfahren, aber dass er im Gefängnis treu Jesu Botschaft und Liebe weitergab, hat vielen Menschen die ewige Freiheit geschenkt.

Hilfsaktion Märtyrerkirche, www.verfolgte-christen.de