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Bundeszentrale für politische Bildung verbreitet Programmschrift für Linkspopulismus

Die Bundeszentrale für politische Bildung erhält vom Deutschen Bundestag als Hauptfinanzier 54 Millionen Euro jährlich zugewiesen (Stand 2018), um parteineutral für die Förderung von Demokratie und Menschenrechte in der Bildungslandschaft einzutreten und Extremismus in jeder Form zu bekämpfen. Das aus 22 Mitgliedern des Bundestages bestehende Kuratorium „kontrolliert“ unter anderem die „politisch ausgewogene Haltung“ der BpB.

Der Rechtspopulismus wird sehr häufig – und zu Recht – in Veröffentlichungen der Bundeszentrale kritisch kommentiert, in der Buchreihe der Bundeszentrale werden oft kritische Studien dazu nachgedruckt. Der Linkspopulismus wird dagegen nicht wie der Rechtspopulismus kritisch behandelt oder wenigstens wesentlich positiver dargestellt. Schon 2009 schrieb die Bundeszentrale in ihrer Definition von „Populismus“, dass der Linkspopulismus glaubwürdiger sei: „Gleichzeitig können wir in Europa seit einigen Jahren einen Aufschwung linkspopulistischer Parteien und Bewegungen beobachten, die vieles von dem, was die Wähler heute umtreibt, offenbar glaubwürdiger adressieren können als ihre rechten Kontrahenten.“ Der Rechtspopulismus wurde dort als „extremistisch“ eingestuft (wofür braucht man dann den Begriff überhaupt?), der Linkspopulismus nicht.

Immer wieder einmal wird der Linkspopulismus sogar gefördert, so jüngst durch die Aufnahme einer seiner Programmschriften in die allgemeine Publikationsreihe, nämlich das Buch Chantal Mouffe: Für einen linken Populismus, Bundeszentrale für politische Bildung: Bonn 2020.

Die belgische Politikwissenschaftlerin und Professorin für politische Theorie an der University of Westminster in London, 1943 im belgischen Charleroi geboren, ist zusammen mit ihrem Ehemann Ernesto Laclau Begründerin des Postmarxismus und lieferte die Ideen für linkspopulistische Protestparteien wie Podemos oder Syriza. Besonders umstritten ist, dass für sie zum Linkspopulismus die Idee eines starken Anführers gehört, eben nur eines Anführers von links.

Nils Markwardt schreibt zu Mouffe: „Chantal Mouffe liefert mit ihrer Theorie der ‚radikalen Demokratie‘, die seit Jahrzehnten linke Aktivisten beeinflusst, mittlerweile die Blaupause für Protestparteien wie Podemos oder Syriza. In ihren Werken plädiert sie für mehr demokratischen Widerstreit und zeigt, wie aus Feinden Gegner werden.“

Mouffe geht davon aus, dass unser Zeitalter „postpolitisch“ ist. Es gibt angeblich keine Unterschiede mehr zwischen Mitte-links und Mitte-rechts, die Bürger können nicht mehr wählen. Die sozialdemokratischen Parteien werden massiv angegriffen, weil sie längst dem Neo-Liberalismus und der kapitalistischen Globalisierung nachgegeben hätten.

In der taz fasst Mouffe ihr Buch zusammen: „Was ich postpolitisch nenne, ist die Tatsache, dass die Bürger nicht mehr zwischen unterschiedlichen Konzepten wählen können. Es gibt keine Unterschiede mehr zwischen Mitte-links und Mitte-rechts. Das ist wie eine Wahl zwischen Coca-Cola und Pepsi-Cola. Demokratie muss agonistisch sein, es muss Konfrontation geben und damit auch die Möglichkeit der Wahl. Wir haben einen Konsens der Mitte und der ist schlecht für die Demokratie.“ „Ja, das Postpolitische ist nur ein Aspekt der Postdemokratie. Unsere Gesellschaften sind natürlich immer noch demokratisch, aber die zentralen Eigenschaften der Demokratie, das Prinzip der Gleichheit und die Souveränität des Volkes gibt es nicht mehr.“ „Das betrifft den Aspekt des Postpolitischen, das Fehlen von Alternativen. Aber seit der Finanzkrise 2008 gibt es einen weiteren Aspekt, nämlich die Oligarchisierung unserer Gesellschaft: Sie stellt das Ideal der Gleichheit radikal in Frage.“

Die typisch klassenkämpferischen Töne mag die Bundeszentrale der Information halber veröffentlichen und sich dahinter verstecken, dass sie vorne erklärt, die Inhalte des Buches gäben nicht die Sicht der Bundeszentrale wieder. Würde man aber auch eine rechtspopulistische Programmschrift, die zur Gründung rechtspopulistischer Parteien geführt hat, ebenso unkommentiert nachdrucken und verbreiten? Und was hat dieses Buch mit dem Auftrag der Bundeszentrale zu tun?

Zwar schreibt die Bundeszentrale vorne im Buch, dass die Verantwortung bei der Autorin, nicht bei der Bundeszentrale liegt, aber das schreibt sie routinemäßig selbst auf solchen Webseiten und in solchen Büchern, die ausschließlich von bei ihr angestellten Autoren und Autorinnen im Auftrag der Bundeszentrale verfasst wurden.

Quelle:

BQ – Bonner Querschnitte bq@bucer.de vom 10.8.2020 (die ausführliche Fassung u.a. mit längeren Zitaten aus dem Buch von Ch. Mouffe ist dort abrufbar).