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Internationales Verbot von Leihmutterschaft ist ein Gebot der Stunde

Schockierende Bilder aus der Kiewer Wunschbabyklinik BioTexCom haben in Corona-Zeiten ein bezeichnendes Licht auf die entwürdigenden Praktiken der Leihmutterschaft geworfen. Die ukrainische Behörde schätzt, dass derzeit mehr als 1.000 Säuglinge aufgrund der Pandemie von ihren ausländischen Bestelleltern nicht abgeholt werden können. Die Babys wurden von ukrainischen Leihmüttern geboren – und liegen nun „quasi als Abholware bereit“. Die Wiener Bioethikerin Susanne Kummer kritisiert aus diesem Anlassfall die vielen blinden Flecken in der Leihmutterschaftsdebatte (vgl. Die Tagespost, online, 20.5.2020 [1]). Vor allem Armut und finanzielle Not treiben Frauen dazu, sich von Agenturen anheuern zu lassen und „als Gebärmutter zur Verfügung zu stellen“. Die Wirtschaftskrise nach Corona dürfte diese Situation noch verschärfen, so Kummer.

BioTexCom ist marktführende Wunschbaby-Klinik in der Ukraine, ihr Leiter Albert Tochilovsky, wurde im Mai 2018 kurzzeitig unter Hausarrest gestellt wegen des Vorwurfs von Kinderhandel, der Fälschung von Dokumenten und der Steuerhinterziehung. Bisher wurde noch kein Verfahren gegen ihn eingeleitet (vgl. Bioethik aktuell, online, 2.9.2019 [2]). Die Ukraine als eines der ärmsten Länder Europas ist weltweit eines der aktivsten Länder in Bezug auf Leihmutterschaft und „bekannt für besonders unwürdige Angebote geschäftstüchtiger Privatkliniken“, so die IMABE-Geschäftsführerin. Es gebe Pauschalangebote von bis zu 60.000 Euro – mit „100 Prozent-Baby-Garantie“. Das bedeute nichts anderes, als dass sowohl Leihmutter als auch Eizellenspenderin – falls eine nötig ist – so lange ausgetauscht werden können, bis eine Schwangerschaft hält und ein Kind geboren wird, so die Ethikerin.

Dass es Paare gibt, die sich nichts sehnlicher als ein Kind wünschen, rechtfertige nicht, auf Leihmutterschaft als Mittel zum Zweck zurückzugreifen. Damit sei „immer eine Ausbeutung von Frauen – körperlich und seelisch – verbunden“, betonte Ethikerin Kummer. Mütter würden über neun Monate hindurch eine tiefe Bindung zu ihrem Kind aufbauen, Leihmütter müssten hingegen „emotional, physisch und vertraglich wie eine Maschine funktionieren“. Sie würden „auf eine Art Brutkasten reduziert“ und depersonalisiert. Nicht umsonst werde die Praxis der Leihmutterschaft als eine „neue, moderne Form des Menschen- und Kinderhandels“ bezeichnet, gegen die nicht nur Feministinnen auf die Barrikaden steigen müssten, so die Ethikerin Kummer.

Auch die Kinder würden als Objekt, als Ware gegen Geld gehandelt: „Bestelleltern bezahlen, Agenturen verdienen und die Leihmutter erhält ihren (oft kargen) Lohn erst, wenn sie das (gesunde) Kind abgeliefert hat.“ Dieses Kind habe wie jedes andere auch ein international geschütztes Recht darauf, nach Möglichkeit bei den leiblichen Eltern aufzuwachsen, betonte Kummer. Dieses Recht werde durch Leihmutterschaft systemimmanent und aus Kindessicht ohne Notwendigkeit verwehrt. Dem Kind drohe eine lebenslang zu bewältigende Bürde.

Leihmutterschaft müsse deshalb international verboten werden, die gesetzlichen Schranken in Österreich und Deutschland gelte es abzusichern, fordert Kummer. „Weder der Körper der Frau noch die Geburt eines Kindes können in Form von Produktion und Warenaustausch gehandelt werden, ohne dass dabei die Rechte des Einzelnen grob verletzt werden. Frauen sind keine Gebärmaschinen, Kinder keine Handelsware.“

Namhafte klinische Psychologen aus Österreich warnen in einer aktuellen Stellungnahme davor, dass Leihmutterschaft die Persönlichkeitsrechte und emotionalen Bedürfnisse eines Kindes völlig außer Acht lässt (online, 23.5.2020 [3]). Auch die Vorsitzende des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP) und langjährige Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien, Beate Wimmer-Puchinger, setzt sich darin für eine Absicherung des Verbots von Leihmutterschaft ein.

Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik, 4.6.2020

www.imabe.org [4]