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24. Mai 2020 – ein neuer Segen, ein neuer Gott!

Das evangelische Gemeindeblatt meldet (21/2020, 29, epd): „Erste öffentliche Segnung. Zum ersten Mal wird ein gleichgeschlechtliches Paar in der Landeskirche gesegnet. Wie der Ev. Kirchenkreis Stuttgart mitteilte, handelt es sich um zwei Männer, die bereits standesamtlich verheiratet sind. Der Gottesdienst soll am 24. Mai in der Stuttgarter Leonhardsgemeinde stattfinden.“ Die Stuttgarter Zeitung berichtet (Online, 21. Mai 2020, 15.37 Uhr): „Nun steht am Sonntag (10.00 Uhr) zum ersten Mal ein gleichgeschlechtliches Paar in der Ev. Landeskirche in Württemberg vor dem Altar, um sich in einem öffentlichen Gottesdienst segnen zu lassen. Die beiden Männer sind bereits zivil verheiratet. ‚Wir wünschen uns für unsere Ehe den Segen Gottes, denn das ist uns beiden wichtig‘, zititert die Landeskirche das schwule Paar.“

Eine Homo-Ehe wird gesegnet? Einem schwulen Paar wird die Gnade Gottes zugesprochen? Nach der Ordnung der Landeskirche findet genau dies nicht statt. Die „Handreichung für Gottesdienste anlässlich der bürgerlichen Eheschließung zwischen zwei Personen gleichen Geschlechtes“, vom Oberkirchenrat im November 2019 herausgegeben, geht davon aus, dass der Begriff „Ehe“ nicht anwendbar ist auf homosexuelle Zweierschaften (20). Nach biblischem Sprachgebrauch ist die „Ehe“ eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau. Die Kirche kann an dieser Stelle aufgrund ihrer Bindung an das Bekenntnis nicht dem Staat folgen, der den traditionell-biblischen Begriff ausgeweitet hat (Schlagwort: „Ehe für alle“).

Ferner bestimmt die Handreichung folgendes: „Die Gottesdienstliturgie zeichnet sich dadurch aus, dass der Gottesdienst nicht dem Paar gilt, sondern den beiden Individuen, die sich zu einer lebenslangen Verbindung zusammenschließen.“ (22) Dementsprechend wird im Eingangsgebet der Anlass der Paarbindung nicht benannt. (23) Bei der Segnung des Paars „entfällt der Bezug auf den Ehebund“. „Die beiden Menschen werden – analog zur Konfirmation – individuell gesegnet. Die Formulierung ist traditionell, da es sich um eine Individualsegnung handelt.“ (25) Der jeweils einzelne Partner wird mit Gott in Verbindung gebracht. Die Partnerschaft als solche wird konsequent ausgeblendet. Nach dem Maßstab dieser Vorgabe ist die epd-Meldung unzutreffend, dass ein Paar gesegnet werden würde. Dem Wunsch des schwulen Paars nach dem Segen für seine Ehe wird nach der Ordnung der Landeskirche nicht entsprochen. Sollte die Kirchenleitung ihre Gottesdienstordnung ernst nehmen, müsste sie jetzt eine Richtigstellung veröffentlichen.

Diese Richtigstellung wird vermutlich nicht erscheinen. Warum nicht? Weil kein Mensch sie versteht, kein Journalist, kein Zeitungsleser, aber auch kaum ein Gemeindepfarrer. Es ist unbegreiflich, wie man auf die Idee kommen kann, dass ein bürgerlich verheiratetes bzw. verpartnertes Männerpaar oder Frauenpaar, das feierlich in die Kirche einzieht und zum Segen vor dem Altar niederkniet, nicht als Paar gesegnet wird, sondern dass jetzt angeblich zwei Einzelpersonen das Wohlgefallen und das Wohltun Gottes zugesprochen wird. Die liturgische Handlung wiederspricht einer liturgischen Theologie, die den diamantenen Widerspruch der Heiligen Schrift gegen eine „Homo-Ehe“ mit einer Gottesdienstform zu verbinden sucht, die gerade eine solche „Homo-Ehe“ voll und ganz bestätigt, wie das der gesellschaftliche Mainstream einfordert und mit jedem Tag intoleranter gegenüber jeder abweichenden Meinung durchsetzt. Feuer und Wasser lässt sich schlecht verbinden.

Dass die angebliche Segnung von Einzelpersonen sicherlich als Segnung eines Homo-Paars aufgefasst wird, wurde vorausgesagt in der alternativen Handreichung des württ. Arbeitskreises für Bibel und Bekenntnis („Was Gott nicht segnet, kann die Kirche nicht segnen“ 2020, 15-19; siehe: www.confessio-wue.de): „Die These von der Einzelsegnung ist abwegig.“ Diese Voraussage bestätigen jetzt die zitierten Meldungen der Medien. Segnet Gott alles, was Menschen für segenswürdig halten? Segnet er Partner ohne Eheschluss, die sich für das Thema Segen nicht von ferne interessieren? Segnet er Ehegemeinschaften mit mehreren Frauen? Segnet er offene Ehen, in denen die Untreue von vornherein abgesprochen ist?

Das Alte Testament schildert immer wieder die Hinwendung des Volkes Israel zu den Baalen, zu den Naturgöttern, die alles absegneten, was der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse diente. Der Prophet Elia rief denen, die neben dem HERRN auch ihre vergötterten Bedürfnisse anbeteten, zu: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Ist JAHWE Gott, so wandelt ihm nach, ist’s aber Baal, so wandelt ihm nach.“ (1 Kön 18,21)

Der Apostel Paulus warnt davor, dass Menschen unter Gott einen Lebensstil nach „dem Fleisch“, also: nach ihren menschlichen Vorstellungen praktizieren. Wer zu Gott gehören möchte, muss sich mit den Vorstellungen Gottes von dem Guten, Reinen und Hilfreichen anfreunden. „Täuscht euch nicht! Gott lässt keinen Spott mit sich treiben. Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten. Wer auf den Boden seiner irdischen Gesinnung sät, wird aus seiner Gesinnung Verderben ernten. Aber wer auf den Boden des Heiligen Geistes sät, wird aus dem Geist das ewige Leben ernten.“ (Gal 6,7f Basisbibel) Demnach segnet Gott nicht alles, was Menschen für richtig und segenswürdig halten. Legt man ihm diesen Segen dennoch in den Mund, wird der Gottesdienst zum Götzendienst. Es spricht nicht mehr JAHWE, der Lebendige. Sondern Baal, die menschliche Gottes-Projektion.

„Über die beiden großen Urchristentumsforscher, den Liberalen Adolf von Harnack (1851-1930) und den Konservativen Adolf Schlatter (1852-1938), wird Folgendes erzählt: ‚Als Harnack im Kreise der Fakultätsangehörigen erklärte: ‚Vom Kollegen Schlatter unterscheidet mich nur die Wunderfrage!‘ … (rief) Schlatter daraufhin temperamentvoll dazwischen: ‚Nein, die Gottesfrage!‘“ (Rainer Riesner, Messias Jesus, Gießen 2019, 165) Es geht in der Segnungsfrage nicht um eine Nebenfrage. Sondern um die Frage nach dem innersten Wesen, Willen und Wohlgefallen des lebendigen Gottes. Der neue Segen weist hin auf einen neuen Gott, einen „Baal 2020“.

In der Stuttgarter Leonhardskirche predigte einst Ludwig Hofacker (1798-1828). Die Menschen wanderten von weither herbei, um in der überfüllten Kirche den „Schrei für Jesus“ dieses jungen Mannes zu hören. Was würde Ludwig Hofacker am 24. Mai 2020 tun? Vielleicht würde er zur Kirche hinausgehen, niederknien und weinen.

Pfr. Dr. Tobias Eißler, Ostfildern-Ruit, 22. Mai 20

Quelle: www.confessio-wue.de [1]