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Der Sonntagsgottesdienst ist kein Auslaufmodell

Freitag 24. Januar 2020 von Pfr. Dr. Hans-Gerd Krabbe


Pfr. Dr. Hans-Gerd Krabbe

Im folgenden Beitrag reagiert Pfarrer Dr. Hans-Gerd Krabbe auf einen Vorstoß des Vizepräsidenten des EKD-Kirchenamtes Thies Gundlach. Dieser hatte angesichts des Umstandes, dass nur drei bis vier Prozent aller evangelischen Kirchenmitglieder regelmäßig in den Sonntagsgottesdienst gehen, erklärt: „Der Sonntagsgottesdienst ist eine zentrale Veranstaltung, aber nicht die einzige. Das soll man in großer evangelischer Freiheit vor Ort reflektieren. Wir sollten den Kollegen nicht aufs Auge drücken, dass sie unbedingt jeden Sonntag einen Gottesdienst anbieten müssen, egal ob jemand kommt. Das ist eine Ideologie, die ich nicht teilen kann“ (1).

Das darf doch wohl nicht wahr sein!  Will sich die evangelische Kirche in Deutschland ihres Kerninhalts berauben, sich mehr und mehr von den sonntäglichen Gottesdiensten verabschieden, mit der Begründung, dass viel zu wenig Gottesdienstteilnehmer registriert werden? Dass sich der ganze Aufwand mit Personal- und Gebäude-, Betriebs- wie Unterhaltungskosten nicht lohnt? Wirtschaftlich also alles andere denn rentabel erscheint? Zum Ersten: Es mag Gottesdienstorte geben, wo die Zahl der Gottesdienstteilnehmer zu wünschen übrig lässt — Gott sei’s geklagt. Doch stimmt die weit verbreitete und stets neu zitierte ›Mär‹,  wonach die Sonntagsgottesdienste generell und zwar überall in Stadt und Land denkbar schlecht besucht seien? So dass der ›kw-Vermerk‹ angebracht sei, heißt: ›kann wegfallen‹? — Es dürfte nicht an mehr als nur genügend überzeugenden Gegenbeispielen mangeln, werden doch die meisten Gottesdienste stärker besucht, als ihr Ruf vermitteln will.  Zum Zweiten: Kirche Jesu Christi ist doch nicht abhängig von Quantität, also von (statistisch erhobenen) Zahlen (die man vorweisen kann), sondern von Qualität, heißt: von Gottes Heiligem Geist. Einmal unabhängig von konkreten Zahlen, es geht doch darum, dass sich Christen sammeln zu Wort, Gebet, Sakrament, Gotteslob, Segen — und seien es gemäß Mt. 18,20 auch nur zwei oder drei, die sich in Jesu Christi Namen zusammenfinden. Sie stehen unter der besonderen Verheißung der Gegenwart und der Wirksamkeit Gottes in Jesus Christus. Und diese großartige Verheißung sollte niemand geringachten (wollen). Sollte die evangelische Kirche in Deutschland die sonntäglichen Gottesdienste (sukzessive) aufgeben wollen, so wäre sie bereits dabei, sich selbst aufzugeben. Denn wozu bräuchte es dann schließlich noch Kirchen (es sei denn als Museen), theologische Fakultäten, Landeskirchen, Oberkirchenräte, Kirchenführer? Kirche Jesu Christi könnte sich wie in Urzeiten in Form von Hauskirchen sammeln — wird das gewollt und angestrebt?

Pfarrer Dr. Hans-Gerd Krabbe, Achern, Leserbrief: »Geht es auch ohne?« (›Zeitzeichen‹ 12/2019, 46-48) 

(1) Zeitzeichen – Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 24. Januar 2020 um 11:18 und abgelegt unter Kirche, Theologie.